Schulterendoprothetik
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in allen Branchen erleben wir den Wunsch nach weniger Bürokratie, weniger Regulierung und mehr Mitbestimmung. Spannend ist in diesem Zusammenhang die Gesundheitsreform. Ziele sind ein beschleunigter Patientenzugang sowie eine hohe Qualität und Transparenz. Ebenso wertvoll ist der Fokus auf eine flächendeckende ambulante und stationäre Versorgung. Um dies zu ermöglichen, sollen bürokratische Hürden vermindert und die Rahmenbedingungen erleichtert werden. Somit kann das Reformvorhaben eine wertvolle Entwicklung einleiten.
Ein anderes Thema ist die angedachte Regulierung durch die Zuweisung von Leistungsgruppen. In NRW erfolgten aufgrund aktueller Feststellungsbescheide bis dato 95 Klagen und 28 Eilanträge; einigen wurde vorläufig Recht gegeben. In unserem Fach haben wir in den letzten Jahren erkannt, dass die Zusammenführung der Orthopädie und Unfallchirurgie für eine international anerkannte Weiterbildung, v.a. aber aus fachlicher Sicht nötig ist. So wurde 2008 die gemeinsame DGOU und 3 Jahre später ebenso die VSOU aus der Taufe gehoben. Die Gesundheitsreform birgt die Gefahr, unser gemeinsames Fachgebiet erneut aufzuspalten, diesmal in Leistungsgruppen. Die Folgen des Reformvorhabens auf unser Fach, unsere tägliche Arbeit und v.a. auf nachfolgende Generationen sind schwer abzuschätzen. Letztlich hängt eine nachhaltige flächendeckende Versorgung von einer ebenso flächendeckenden Weiterbildung sowie umfassenden orthopädisch-unfallchirurgischen Alltagskompetenz ab. In Anbetracht der Unsicherheiten ist es wichtig, dass unsere Fachvereinigungen, Berufsverbände, Ärztekammern und KV-Organe bei der Umsetzung der Reform nun einbezogen werden. Auf politischer Seite bleibt zu hoffen, dass die Vertreter öffnender und v.a. gemeinsamer Ansätze sich gegenüber einer weiteren Regulierung durchsetzen.
Für die Schulterchirurgie ist keine Leistungsgruppe vorgesehen, so dass es uns alle angeht. Nachdem das erste Heft dieses Jahr die Schulterarthroskopie thematisierte, geht es nun zur Endoprothetik. Es beginnt mit einem eigenen Artikel zur schaftfreien, inversen Schulterendoprothetik. Neben der knochensparenden Einbringung ist dies für die im Langzeitverlauf physiologischere Knochenbelastung wertvoll. Auch werden die guten Möglichkeiten, die Gelenkgeometrie zu optimieren anhand eigener Untersuchungen und der Studienlage aufgearbeitet.
Im Weiteren geht es um die Frage, inwieweit nach einer Schulterendoprothese Sport, einschließlich Sportarten mit hohen Belastungen, möglich sind. Hier danke ich Sebastian Siebenlist und Lucca Lacheta und Kollegen für die Ausarbeitung maßgeblicher Einflussfaktoren wie Prothesentyp und andere individuelle Faktoren. Der Artikel hilft, fundierte Empfehlungen abzuleiten.
Auch wenn die klinischen Ergebnisse anatomischer Schulterendoprothesen sehr gut sind, bleibt die Lockerung zementierter Glenoide ein wesentliches Problem. Daher behandelt der Beitrag von Robert Hudek und mir zementfreie Konzepte. Neuere Metal-back Glenoide zeigen aufgrund trabekulärer Rückflächen ein hervorragendes Einwachsen mit entsprechenden Standzeiten. Dies bringt zementfreie oder hybride Varianten und auch sog. „Full-metal“ Glenoide in den Fokus; auch wird der Nutzen dieser Implantate zur Versorgung der häufigen Problemglenoide beschrieben.
Anna-Katharina Nolte, Lars Lehmann und Michael Kimmeyer danke ich für ihren Artikel zur Endoprothetik bei den Instabilitätsarthrosen. Anhand eigener Untersuchungen und der Studienlage wird gezeigt, wie hier Komplikations- und Revisionsraten reduziert werden können.
Zuletzt bieten uns Robert Hudek und seine Co-Autoren eine aktuelle Übersicht zur Diagnostik und Therapie der infizierten Schulterendoprothese. Wesentliche Aspekte, wie das besondere Keimspektrum, akute und chronische Verlaufsformen und die vielfältigen Therapieansätze sind dargestellt.
Die Artikel sind für unsere klinischen Entscheidungen und die Auswahl von Implantaten von Relevanz, hierfür danke ich allen Autorinnen und Autoren.
Ihr
Lars Engelhardt
Prof. Dr. med.
Lars Victor von Engelhardt
Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Sportmedizin am Klinikum Peine &
Universität Witten/Herdecke
Hauptschriftleiter OUP