Originalarbeiten - OUP 06/2012

Die arthroskopische Naht der bursaseitigen Ruptur der Rotatorenmanschette – systematischer Review und Vorschlag einer Klassifikation
Arthroscopic treatment of bursal-sided rotator cuff tears –
systematic review and classific

M. von Knoch1, W. Schultz2

Zusammenfassung: Partialrupturen der Rotatorenmanschette der Schulter können auf der artikulären Seite vorkommen, auf der bursalen Seite und auch intratendinös. Dieser Artikel analysiert systematisch die aktuelle Literatur zur arthroskopischen Therapie der bursaseitigen Ruptur der Rotatorenmanschette. Meist ist die Supraspinatussehne betroffen. Der primäre Therapieansatz ist immer die konservative Therapie. Wenn diese nach einem ausreichend langen Zeitraum fehlschlägt, können auch operative Verfahren zur Anwendung kommen. Die Naht der bursaseitigen Partialruptur der Supraspinatussehne ist arthroskopisch möglich und führt zu guten Ergebnissen. Die genähten Sehnen zeigen sich im Ultraschall oder in der Kernspintomografie in über 80% der Fälle intakt. Dies gilt sowohl für die bursaseitige Naht mit weitgehender Schonung der gelenkseitig intakten Sehnenanteile, als auch für die Konversion in eine Komplettruptur mit nachfolgender Naht. Vergleichende Studien für die beiden Operationstechniken gibt es allerdings bislang nicht.

Folgende Klassifikation der bursaseitige Partialrupturen wird vorgeschlagen: Die Rupturen können quer zur Sehnenrichtung konfiguriert sein (Typ I); sie können längs zur Sehnenrichtung konfiguriert sein ohne Retraktion (Typ II); sie können auch längs zur Sehnenrichtung konfiguriert sein mit Retraktion nach medial, dorsal und ventral (Typ III). Eine Typ I Ruptur kann durch einfache oder modifizierte Mason-Allen-Naht mit Fadenanker versorgt werden. Eine Typ II-Ruptur kann durch eine Seit-zu-Seit-Naht ohne Fadenanker versorgt werden. Eine Typ III-Ruptur kann durch eine Seit-zu-Seit-Naht mit Fadenanker therapiert werden.

Schlüsselwörter: Schulter, Rotatorenmanschette, Ruptur, bursaseitig, Arthroskopie, Naht, Klassifikation

Abstract: Partial rotator cuff tears are observed on the articular or bursal side or intratendinous. This article systematically reviews the current literature on arthroscopic repair of partial bursal sided lesions of the rotator cuff. The supraspinatus tendon is involved mainly. Primary treatment is conservative. If this fails, surgical therapy may be indicated. Bursal partial tears of the supraspinatus tendon can be repaired arthroscopically with good results. Repaired tendons appear intact in 80% of cases by ultrasound or MR-imaging. This goes for both bursal sided repairs as well as for conversion of the partial leasion to a full thickness lesion with subsequent repair. Studies comparing both techniques have not been reported yet.

The following classification of bursal sided partial rotator cuff tears is suggested: Tear configuration can be perpendicular to the tendon (type I); tear configuration can be longitudinal without retraction (type II); tear configuration can be longitudinal with retraction medially, dorsally or ventrally. A type I tear can be repaired by simple or modified Mason-Allen suture with anchor. A type II tear can be repaired by side-to-side suture without anchor. A type III tear can be repaired with a side-to-side suture with anchor.

Keywords: shoulder, rotator cuff, tear, bursal, arthroscopy, repair, classification

Einleitung

Partialrupturen der Rotatorenmanschette der Schulter können auf der artikulären Seite vorkommen, auf der bursalen Seite und auch intratendinös. Meist ist die Supraspinatussehne betroffen. Der primäre Therapieansatz ist immer die konservative Therapie. Wenn diese nach einem ausreichend langen Zeitraum fehlschlägt, können auch operative Verfahren zur Anwendung kommen. Hinsichtlich der arthroskopischen Therapie von Partialrupturen der Rotatorenmanschette kommen die einfache Acromioplastik, das Debridement der Rotatorenmanschette mit oder ohne Acromioplastik, die transtendinöse Naht oder die Konvertierung in eine vollschichtige Ruptur mit dann nachfolgender Naht in Betracht [1]. Traditionell wird bei Rupturen von weniger als 50% der Sehnendicke davon ausgegangen, dass ein bloßes Debridement der Sehne mit oder ohne Acromioplastik ausreichen kann. Bei Rupturen, die mehr als 50% der Sehnendicke betreffen, wird wegen der zu erwartenden fortschreitenden Sehnendegeneration traditionell eine Sehnennaht empfohlen. In diesen Fällen sind die Ergebnisse nach Sehnennaht besser als für ein bloßes Debridement der Sehne mit Acromioplastik [2].

Hinsichtlich der artikulären Partialrupturen gibt es bereits zahlreiche Publikationen und auch Reviews. Hinsichtlich der bursaseitigen Rupturen gibt es nur wenige Arbeiten und noch keine Reviews. Der hier vorliegende Artikel untersucht daher die aktuelle Literatur zur arthroskopischen Therapie der bursaseitigen Ruptur der Rotatorenmanschette durch einen systematischen Review.

Methode

Im Februar 2012 wurde eine systematische Durchsicht der PubMed Datenbank durchgeführt. Als Suchwörter dienten „shoulder“ und „rotator“, „cuff“, „arthroscopic“, „repair“ und „bursal“. Mit diesen Suchworten ergaben sich 23 Treffer mit Arbeiten, die zwischen dem Mai 1995 und dem Dezember 2011 erschienen sind. Hiernach wurden die in PubMed veröffentlichten Abstracts analysiert. Darüber hinaus wurden aktuelle Review-Artikel zum Thema der arthroskopischen Therapie von partiellen Rotatorenmanschettenläsionen ebenso analysiert, um weitere Arbeiten zu identifizieren. Schließlich konnten 9 Arbeiten gefunden werden, die sich mit der arthroskopischen Therapie von bursaseitigen Läsionen beschäftigen oder bei denen zumindest ein Teil der Fälle rein bursaseitige Läsionen waren. In 6 Arbeiten wurde über das Debridement mit und ohne Acromioplastik bei bursaseitiger Ruptur der Rotatorenmanschette berichtet [2, 3, 4, 5, 6, 7]. 3 Artikel beschrieben lediglich die chirurgische Technik der Naht von bursaseitigen Partialrupturen ohne klinische Ergebnisse [8, 9, 10]. 3 Arbeiten berichteten spezifisch über die arthroskopische Naht der bursaseitigen Ruptur der Rotatorenmanschette mit klinischen Ergebnissen [11, 12, 13]. Die Artikel von Kamath und Koh waren in Englisch verfasst, der Artikel von Xiao lediglich in Chinesisch, so dass bei der letzteren Arbeit nur der Abstract in die Analyse gelangte. Auffällig war hierbei, dass Level IV-Studien (Fallserien) spezifisch zur arthroskopischen Naht von bursaseitigen Rupturen in PubMed erst ab 2009 veröffentlicht wurden. Die 3 zuletzt genannten Arbeiten wurden hinsichtlich des gesamten zur Verfügung stehenden Informationsgehaltes zum aktuellen Stand der arthroskopischen Therapie der bursalen Partialruptur der Rotatorenmanschette analysiert.

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