Informationen aus der Gesellschaft - OUP 04/2023

Editorial

Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Jörg Jerosch

Aus Gottes Hand empfing ich
mein Leben,

unter Gottes Hand gestalte ich
mein Leben,

in Gottes Hand gebe ich
mein Leben zurück.

 

Aurelius Augustinus

 

Wir, Redaktion und Schriftleiter der OUP, trauern um unseren Freund und Kollegen Prof. Dr. med. habil. Dr. h.c. mult. Jörg Jerosch.

Geboren und aufgewachsen ist Prof. Jerosch in Gelsenkirchen. Neben dem Johanna-Etienne-Krankenhaus Neuss waren das Krankenhaus Brilon, die Universitätskliniken Düsseldorf, München und Münster sowie seine Zeit mit Prof. Charles Neer, Prof. Robert Neviaser und Prof. Lenny Johnson in den USA wesentliche berufliche Stationen.

Hauptschriftleiter der OUP war er seit 2018. Mit Herz, Engagement und seinem ungewöhnlichen Erfahrungsschatz hat er die OUP geprägt und uns immer wieder inspiriert. In Deutschland hat er unsere Fachgesellschaften, v.a. den VSOU, NOUV, DVSE, die DAF, die IGOST etc. unterstützt und sich als Kongresspräsident engagiert. Auch war er international renommiert, lebte kosmopolitisch und setzte sich für den Austausch mit anderen Kulturen ein. Täglich waren mind. 2 Ärztinnen/Ärzte aus der ganzen Welt bei ihm zu Gast. Mehrere internationale Ehrendoktorate, Gastprofessuren, Ehrenmitgliedschaften und unzählige Trauerbekundungen in den sozialen Medien aus aller Herren Ländern sind Ausdruck der Wertschätzung und des Dankes vieler Menschen auch außerhalb von Deutschland.

Prof. Jerosch war ein herausragender Arzt, Chirurg und Wissenschaftler, der mit Hingabe gewirkt hat. Dabei hat er keineswegs nur seine Finger im Spiel gehabt. Vielmehr war er ein Macher, der ideenreich und konsequent präsent war. Seine Klarheit und v.a. seine Arbeitskultur eines „underpromise & overdeliver“ werden viele von uns vermissen.

Ein paar Zahlen mögen helfen, seinen Intellekt zu erfassen: > 800 Artikel als Autor/Coautor, > 50 Bücher, > 100 Buchkapitel, > 1200 Vorträge bei Weiterbildungen und > 1500 Kongressvorträge als Autor/Coautor. Einige könnten meinen, er sei mehr Theoretiker und weniger Arzt gewesen. Alle, die mit ihm zusammengearbeitet haben wissen aber, dass er täglich mit Freude und voller Konzentration, überragend viele OPs durchgeführt und ebenso ungewöhnlich viele Patientinnen und Patienten gesehen hat. Dies war der Kern seiner Arbeit; seine wissenschaftlichen Leistungen sind nichts anderes als das Produkt seines Engagements und seiner Erfahrung als Arzt.

Seinen Beitrag in der Orthopädie & Unfallchirurgie möchte ich auszugsweise in der Knie-, Hüft- und Schulterchirurgie aufzeigen. Als Vorreiter und Entwickler der Kurzschaft-Endoprothetik der Hüfte und der schaftfreien Endoprothetik der Schulter hat er als einer der ersten erkannt, dass hiermit die gewünschte Gelenkgeometrie genauer erzielt wird als mit gestielten Prothesen, und dass dies mit ungewöhnlich guten Ergebnissen einhergeht. Mit enormen Implantationszahlen, vielfältigen Studien und OP-Kursen hat er dazu beigetragen, dass sich diese Methoden weltweit zu anerkannten Versorgungsoptionen für ein breites Patientenspektrum avancierten. Mittlerweile bieten nahezu alle Hersteller solche Konzepte an.

Ähnlich war es bei den rekonstruktiven Verfahren. Als einer der ersten hat er arthroskopische Techniken auch an der Schulter und Hüfte mitentwickelt, wissenschaftlich begleitet und verbreitet. Auch bei den Kniescheibeninstabilitäten war er einer der ersten, die mit MPFL-Plastiken, knöchernen Gleitlagerkorrekturen etc. sinnvolle Methoden mitentwickelte und verbreitete. All dies sind Meilensteine der Schulter-, Knie- und Hüftchirurgie, an denen er maßgeblich beteiligt war.

Manch einer hat das Glück, im
Silicon Valley hautnah die technologischen Veränderungen unserer Zeit miterleben und mitgestalten zu können. Für einige von uns waren die Jahre mit ihm ihr persönliches Silicon Valley. Privat hatten Prof. Jerosch und seine Frau Liane immer ein offenes Ohr und eine offene Tür. Diese Momente, abseits vom Rummel, waren immer etwas Besonderes.

Die Erinnerung an diesen hingabevollen, aufrichtigen, klugen und freudvollen Mann, der gerne getanzt hat, ist stark. Es bleibt der Dank, Zeit mit einem einzigartigen, wertvollen Freund und Kollegen geteilt zu haben.

 

Prof. Dr. med. Lars Victor von Engelhardt

für die Schriftleiter der OUP

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