Übersichtsarbeiten - OUP 06/2022

Ein Jahr G-BA-Beschluss proximales Femur
Was gibt es Neues?

Daphne-Asimenia Eschbach, Carl Neuerburg

Zusammenfassung:
Mit Inkrafttreten der verabschiedeten Richtlinie zur Qualitätssicherung der Versorgung hüftgelenknaher Femurfrakturen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) wurde zu Beginn des Jahres 2021 eine alterstraumatologische Strukturanpassung aller orthopädisch-/unfallchirurgischen Abteilungen erforderlich, in denen Patienten mit proximaler Femurfraktur behandelt werden. Es existieren Übergangsfristen, die ein Hineinwachsen in die Strukturanforderungen ermöglichen sollen, allerdings ist gerade im Bereich der geriatrischen Fachkompetenz, die in Deutschland benötigt wird, um diese Strukturanforderungen zu erfüllen noch ein erhebliches Mismatch zu verzeichnen. Neben einigen kleineren Änderungen in den Mindestanforderungen sind auch erhebliche Stolpersteine im Nachweisverfahren aufgetreten. So steht beispielsweise die Software zur Richtlinien- und spezifikationskonformen Erhebung und Übermittlung der Daten, die elektronisch erfolgen soll bisher nicht zur Verfügung, sodass hier ein Aufschub des vorgesehenen Verfahrensstartes des Nachweisverfahrens und der Strukturabfrage der QSFFx-RL erwirkt wurde. Wie sich in den nächsten Jahren die gesetzten Übergangsfristen, insbesondere in Bezug auf die Verfügbarkeit geriatrischer Kompetenz entwickeln werden, bleibt abzuwarten. Zunächst gilt es, die Anlaufschwierigkeiten, die bei einem derartig flächendeckend greifenden Umstrukturierungsprozess natürlicherweise nicht ausbleiben, zu überwinden und die Re-Evaluation nach 5 Jahren abzuwarten.

Schlüsselwörter:
Geriatrisches Trauma, Alterstrauma, G-BA-Beschluss, Richtlinie zur Versorgung der hüftgelenknahen
Femurfraktur

Zitierweise:
Eschbach D-A, Neuerburg C: Ein Jahr G-BA-Beschluss proximales Femur – was gibt es Neues?
OUP 2022; 11: 244–246
DOI 10.53180/oup.2022.0244-0246

Summary: With the entry into force of the adopted guideline on quality assurance in the care of femur fractures close to the hip joint by the Joint Federal Committee (G-BA), a structural adjustment of all orthopaedic/accident surgery departments in which geriatric trauma patients with proximal femur fractures are treated became necessary at the beginning of 2021. Transitional periods exist that should enable the structural requirements to be met, but there is still a considerable mismatch in the area of geriatric expertise that is needed in Germany to meet these structural requirements. In addition to some minor changes in the minimum requirements, considerable stumbling blocks have also arisen in the verification procedure. For example, the software for collecting and transmitting the data electronically in conformity with the guidelines and specifications is not yet available, so that the planned start of the verification procedure and the structural query of the QSFFx-RL was postponed. It remains to be seen how the transition periods set will develop in the next few years, especially with regard to the availability of geriatric competence. First of all, it is necessary to overcome the teething problems that naturally arise with such a comprehensive restructuring process and to wait for the re-evaluation after 5 years.

Keywords: Geriatric trauma, Federal Joint Committee, guideline for the treatment of hip related femoral fractures

Citation: Eschbach D-A, Neuerburg C: One year since the Resolution of the Federal Joint Committee regarding the treatment of proximal femur fractures – what has happened so far?
OUP 2022; 11: 244–246. DOI 10.53180/oup.2022.0244-0246

D.-A. Eschbach: Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Standort Marburg

C. Neuerburg: Unfallchirurgie, MUM – Muskuloskelettales Universitätszentrum München

Mit Inkrafttreten der verabschiedeten Richtlinie zur Qualitätssicherung der Versorgung hüftgelenknaher Femurfrakturen durch den gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) wurde zu Beginn des Jahres 2021 eine alterstraumatologische Strukturanpassung aller orthopädisch-/unfallchirurgischen Abteilungen erforderlich, in denen ältere Hüftfrakturpatienten behandelt werden.

Die wesentlichen Ziele, welche im Sinne der bestmöglichen Versorgung von Hüftfrakturpatienten somit erreicht werden sollen, sind:

  • 1. Die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen und frühestmöglichen operativen Versorgung von Patienten mit einer hüftgelenknahen Femurfraktur in der Regel innerhalb von 24 Stunden nach Aufnahme oder nach Auftreten eines Inhouse-Sturzes.
  • 2. Die Sicherung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der Versorgung, Vermeidung oder Minderung der perioperativen Morbidität/Mortalität sowie Pflegebedürftigkeit und Institutionalisierung sowie Erhalt der Lebensqualität.

Der Anstoß für eine derartige Richtlinie beruht im Wesentlichen auf einer Bundesauswertung des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG), welches jährlich in der obligatorischen BQS-Dokumentation die Behandlungsergebnisse von Hüftfrakturpatienten subsumiert. Die Analysen der sog. „Strukturierten Dialoge“ von Kliniken mit rechnerischen Auffälligkeiten in der Versorgung dieser Patienten zeigten auch organisatorische klinikinterne Mängel auf, die zu einem Operationsaufschub führten.

Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung unserer alternden Gesellschaft, einer zunehmenden Inzidenz von geriatrischen Patienten mit Hüftfrakturen und der enormen gesundheitsökonomischen Bedeutung wurde in der Richtlinie die präoperative Verweildauer als einer der ältesten Indikatoren der „Externen Stationären Qualitätssicherung“ des G-BA adressiert.

Im Beschluss-Text der G-BA-Richtlinie (QSFFx-RL), welche gesetzlich in § 108 SGB V für zugelassene Krankenhäuser in der Versorgung von Patienten-/innen mit Hüftfrakturen fixiert ist, wurden daher allgemeine/spezifische Mindestanforderungen definiert. Darin enthalten ist auch die erforderliche Einbindung einer täglichen geriatrischen sowie physiotherapeutischen Kompetenz.

In den sog. „Mindestanforderungen an die Prozessqualität“ ist zudem der Nachweis von insgesamt 7 SOPs (Standard Operating Procedures) gefordert, in denen krankenhausspezifische Behandlungsalgorithmen im Umgang mit älteren Hüftfrakturpatienten schriftlich fixiert sein müssen.

Nachdem die gemeinsame interdisziplinäre Versorgung der älteren unfallchirurgischen Patienten das Kernkonzept der alterstraumatologischen Versorgung darstellt, haben derartige SOPs eine übergeordnete Bedeutung, um die vielen Zahnräder der oftmals komplexen Herausforderungen bei älteren Patienten mit proximaler Femurfraktur ineinander greifen zu lassen. Da derartige Behandlungsalgorithmen in zertifizierten Alterstraumazentren bereits langjährig etabliert sind, wurde von der Sektion Alterstraumatologie eine interdisziplinäre Expertengruppe zusammengerufen, die adaptiert an Evidenz basierte Behandlungsempfehlungen spezifische SOP-Vorlagen erstellt hat. Diese SOP-Vorlagen können online auf der Seite der Akademie der Unfallchirurgie (AUC) im Downloadbereich abgerufen werden und entsprechen den Anforderungen der G-BA-Richtlinie (QSFFx-RL). Sie wurden nach Ablauf von 1 Jahr im Sommer 2021 bereits einmalig aktualisiert und sind in der jetzigen Version gültig bis zum 30.06.2024.

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