Arzt und Recht - OUP 02/2019

Ermächtigte Krankenhausärzte müssen nicht teilnehmen
Ärztlicher Notdienst

Torsten Nölling

Mit Urteil vom 12.12.2018 hat der für das Vertragsarztrecht zuständige 6. Senat des BSG entschieden, dass ermächtigte Krankenhausärzte nicht zum ärztlichen Notdienst (auch „KV-Notdienst“ oder „Ärztlicher Bereitschaftsdienst“) herangezogen werden dürfen (B 6 KA 59/17 R).

Urteilsgründe

Soweit es sich aus der bisher allein vorliegenden Presseerklärung entnehmen lässt, begründet das BSG seine Entscheidung mit dem qualitativen Unterschied zwischen der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung einerseits und der Ermächtigung andererseits. Während die Zulassung als umfassendes Rechtsinstitut ausgestaltet ist, der zugelassene Vertragsarzt also grundsätzlich das gesamte Spektrum seines Fachgebiets abdecken darf und muss, berechtigt die Ermächtigung regelhaft nur zur befristeten Erbringung einzelner, im Ermächtigungsbescheid aufgeführten Leistungen. Sie dient dazu, Lücken in der vertragsärztlichen Versorgung zu schließen. Daraus ergibt sich nach der Lesart des BSG ein qualitativ anderer Grad der Einbeziehung in die vertragsärztliche Versorgung.

Zudem, so das BSG, übe der ermächtigte Krankenhausarzt die ambulante Behandlung im Rahmen der erteilten Ermächtigung nur in „Nebenbeschäftigung“ aus. Hauptberuflich sei er angestellter Krankenhausarzt, der dem Direktionsrecht seines Arbeitgebers unterliege und über seine Arbeitszeit nicht frei verfügen könne. Daher sei er – im Unterschied zu zugelassenen Vertragsärzten – auch im Grundsatz nicht verpflichtet, für die Sicherstellung des Versorgungsauftrags „rund um die Uhr“ zur Verfügung zu stehen.

Befreiung auch für ermächtigte Ärzte, die nicht Krankenhausärzte sind?

Rechtsgrundlage für die Ermächtigung von Krankenhausärzten sind die §§ 95, 116 SGB V i.V. m. § 31, 31a Ärzt-ZV. Während § 116 SGB V allein von „Krankenhausärzten“ spricht, kennen die übrigen Vorschriften diese Einschränkung nicht. § 31 Abs. 1 Ärzte-ZV spricht explizit von „weiteren Ärzten, insbesondere in Krankenhäusern, Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, stationären Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation...“ Damit können auch andere als die im „Insbesondere-Katalog“ genannten Ärzte ermächtigt werden. Zudem wird das Instrument der Ermächtigung nach § 24 Abs. 3 S. 6 Ärzte-ZV auch genutzt, um zugelassenen Vertragsärzten die Teilnahme an der Versorgung in einem anderen KV-Bezirk zu ermöglichen.

Aus der bisher allein veröffentlichten Presseerklärung ist nicht eindeutig zu entnehmen, wie das BSG solche Fälle beurteilt. Die Klage richtete sich gegen eine Regelung der Ärztlichen Bereitschaftsdienstordnung der KV Hessen. In dieser ist allein von „ermächtigten Krankenhausärzten“ die Rede, sodass das Urteil des BSG sich auch nur zu diesen verhalten konnte.

Sofern und soweit die Ärzte zwar nicht in einem Krankenhaus, dafür aber andernorts fest angestellt sind und einem vergleichbaren Direktionsrecht unterliegen, dürften die Erwägungen des BSG zu Krankenhausärzten übertragbar sein. Es spricht alles dafür, dass auch diese Ärzte von der Verpflichtung zur Teilnahme am ärztlichen Notdienst zu befreien sind. Anderes kann hingegen bei zugelassen Vertragsärzten gelten, die nach § 24 Abs. 3 S. 6 Ärzte-ZV in einem weiteren KV-Bezirk ermächtigt sind. Bei dieser Gruppe greift das Argument der abhängigen Beschäftigung und des Direktionsrechts nicht. Andererseits nehmen diese Ärzte bereits am ärztlichen Notdienst im eigenen KV-Bezirk teil und sind damit auch nicht mehr gänzlich frei in der Gestaltung ihrer Arbeitszeit.

Ausblick

Eventuell ergeben sich aus den Urteilsgründen Anhaltspunkte, wie das BSG zu dieser Frage steht. Die Veröffentlichung dieser Urteilsgründe sollte daher abgewartet werden. Andernfalls wäre auch diese Frage ggf. gerichtlich zu klären. Argumente für eine Befreiung auch dieser Gruppe der ermächtigten Ärzte liefert bereits die Presseerklärung in nennenswerter Zahl.

Korrespondenzadresse

Rechtsanwalt Torsten Nölling

Fachanwalt für Medizinrecht

Rödelstraße 13

04229 Leipzig

TNoelling@RA-Noelling.de

Torsten Nölling: Kanzlei Nölling, Leipzig, Medizinrecht

SEITE: 1