Übersichtsarbeiten - OUP 01/2020

Intraartikuläre Eigenfetttransplantation in das Daumensattelgelenk
Wie wird diese Therapie eingeschätzt?

Falko von Stillfried

Zusammenfassung:

Die Behandlung der Rhizarthrose mit Übertragung von Eigenfett wurde als neuer Therapieansatz in den letzten Jahren entwickelt und die Anwendung im Rahmen von Studien veröffentlicht. Nach juristischer Einschätzung handelt es sich dabei jedoch nicht um eine Gewebeübertragung, sondern um die Herstellung eines Medikaments. Aufgrund der arzneimittelrechtlichen
Konsequenzen sollte diese Therapie derzeit nicht angeboten werden.

Schlüsselwörter:
Arthrose, Daumensattelgelenk, Rhizarthrose, Eigenfett, Therapie

Zitierweise

von Stillfried F: Intraartikuläre Eigenfetttransplantation in das Daumensattelgelenk. OUP 2020; 9: 032–035. DOI 10.3238/oup.2019.0032–0035

Summary: The treatment of thumb carpo-metacarpal joint osteoarthritis with transplantation of autologous fat has been developped as a new therapeutic approach in recent years. The application was published in the context of studies. However, according to legal opinion, this is not a tissue transfer but the production of a drug. Due to the pharmaceutical law consequences in Germany, this therapy should not be offered there at present.

Keywords: arthrosis, thumb carpo-metacarpal joint osteoarthritis, autologous fat, therapy

Citation: von Stillfried F: Intra-articular autologous fat transplantation into the thumb carpo-metacarpal joint. OUP 2020; 9: 032–035. DOI 10.3238/oup.2019.0032–0035

Klinik für Rekonstruktive und Plastische Chirurgie, Handchirurgie, Sankt Vincentius Krankenhaus, Speyer

Einleitung

Eine neue Behandlungsoption für Patienten mit Arthrose des Daumensattelgelenks? Das erscheint interessant, denn die schmerzhafte Rhizarthrose ist eine häufige Erkrankung, von der über ein Drittel der Frauen postmenopausal betroffen sein können (Abb. 1a, b) [2, 19]. Es gibt zahlreiche konservative und operative Behandlungsmöglichkeiten mit dem Ziel der Beschwerdelinderung und Funktionsverbesserung. Zeigen sich trotz Therapie mit Orthesen, Analgetika, Physio- und Ergotherapie [20] weiterhin Schmerzen, sind auch operative Maßnahmen in Betracht zu ziehen. Die Entfernung des großen Vieleckbeins kommt als Standardtherapie häufig zur Anwendung. Dabei wird einer der gegeneinander reibenden Gelenkpartner entfernt, und so die Schmerzen reduziert (Trapezektomie).

Eigenfett

Mit Hilfe von Eigenfett, welches an Oberschenkel oder Unterbauch entnommen und in das Sattelgelenk eingebracht wurde, konnte in den letzten Jahren eine neue Behandlungsmethode entwickelt und darüber berichtet werden. Die Anwendung in Fallbeschreibungen [1] und im Rahmen von klinischen Studien [6, 7, 11, 5] konnte differenzierte Ergebnisse zeigen. Die Resultate sprachen für eine vielversprechende Behandlungsoption im frühen Stadium der Erkrankung, um eine Operation am Knochen zu vermeiden oder erst im späteren Verlauf durchführen zu müssen. Schmerzen konnten länger reduziert werden als mit Infiltrationen von Hyaluronsäure oder einem Kortikoid. Der Therapieansatz wurde auch international aufgenommen und weiterentwickelt [12]. Dies auch, weil die Verwendung von Eigenfett eine kostengünstige Therapie ist, bei der keine teuren Medikamente oder Implantate benötigt werden [12].

Die Übertragung von Eigenfett ist eine seit Jahren eingesetzte Behandlungsmethode für verschiedene Erkrankungen, z.B. zum Volumenausgleich nach Brust erhaltender Operation, zur Narbentherapie oder zur Behandlung chronischer Wunden [16, 21, 13, 10].

Medizinische und
juristische Beurteilungen
unterschiedlich

Zur Behandlung der Arthrose mit diesem neuen Ansatz mittels eigenem Fettgewebe gab es in den letzten Jahren kontroverse Veröffentlichungen [3, 4, 15, 17]. Strittig waren viele Begriffe von medizinischer und juristischer Bedeutung. Als Beispiele seien die „Point-of-care Behandlung/Einhandprinzip“, die „substanzielle Verarbeitung eines Gewebes“ oder die „im wesentlichen selbe Funktion“ von Zellen genannt. Insbesondere die Frage, ob Fettgewebe ein Gewebe oder ein Arzneimittel ist, wurde u.a. von der Deutschen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie (DGPRÄC) anders eingeschätzt als von behördlicher Seite. In wie weit und an welcher Stelle das Arzneimittelgesetz, Transplantationsgesetz und Transfusionsgesetz für eine solche Therapie anzuwenden ist, wurde umfangreich dargestellt [3, 4, 15, 17].

In seinem Urteil von 21.06.2018 entschied das Verwaltungsgericht Oldenburg, „dass es sich bei der Behandlung einer Rhizarthrose am Sattelgelenk durch die Transplantation von Eigenfett um eine neuartige Therapie im Rahmen des Arzneimittelgesetzes (AMG) handelt, die eine Erlaubnis der zuständigen Behörde nach § 13 AMG bedarf. Das implantierte körpereigene Fettgewebe ist in diesem Fall ein Arzneimittel (7 B 2260/18)“ [22, 9].

Eine Beschwerde gegen den Beschluss wurde Anfang 2019 zurückgewiesen [14]. Auch die durchgeführte Zentrifugation der Fettzellen wurde als „Änderung der stofflichen Beschaffenheit“ gewertet. Es bedarf einer Herstellungserlaubnis nach dem Arzneimittelgesetz.

Einer der Anwender und Autor einer der klinischen Studien reagierte mit einem entsprechenden Verweis auf der Homepage seiner Praxis und bietet die Therapie nicht mehr an. Dort schreibt er: „Das Verfahren der Eigenfetttransplantation zur Behandlung der Rhizarthrose (Daumensattelgelenksarthrose) wurde aktuell durch die zuständige Bundesoberbehörde, dem Paul- Ehrlich-Institut (PEI), als Herstellung eines Arzneimittels für neuartige Therapien (ATMP-Advanced Therapy Medicinal Product) im Sinne des § 4 Abs. 9 AMG eingestuft. Daher ist die Durchführung einer Eigenfetttransplantation bei Arthrose in Deutschland aktuell nicht möglich, da es einen Verstoß gegen das Arzneimittelrecht bedeuten würde. Sowohl auf rechtlicher Ebene als auch wissenschaftlich fundiert auf fachlicher Ebene über unsere Fachgesellschaft, die DGPRÄC, versuchen wir hier eine Lösung herbeizuführen, denn aus chirurgischer ärztlicher Sicht handelt es sich bei der Eigenfetttransplantation um einen klassischen Gewebstransfer und keine Herstellung eines Medikaments“ [8].

Diskussion

Auf der einen Seite stehen die für Therapeuten und Patienten erfreulichen Ergebnisse der bisherigen Studien. Allerdings liegen noch keine langfristigen Untersuchungsergebnisse über einen Zeitraum von vielen Jahren vor. Dies ist bei einem neuen Behandlungsansatz auch nicht zu erwarten. Die wissenschaftliche Begleitung und Untersuchung von neuen Therapieansätzen ist eine Voraussetzung für eine sichere Anwendung am Patienten [18]. Dieser Prämisse wurde für die Eigenfettbehandlung der Rhizarthrose berücksichtig, denn sie wurde in entsprechenden Fachzeitschriften publiziert.

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