Medien - OUP 02/2020

Misslungene Interventionen in der Extremitäten- und Wirbelsäulenchirurgie
Buchrezension

Die operative Orthopädie und Unfallchirurgie hat sich in den letzten Dekaden zu einem absoluten Erfolgsmodell entwickelt. Hier sind als Beispiel zu nennen die osteosynthetischen Verfahren zur Frakturbehandlung, die arthroskopischen Techniken bei nahezu allen Gelenken sowie die Endoprothetik und vieles andere mehr. So ist beispielsweise die Hüftendoprothetik, auch aus gesundheitsökonomischen Aspekten, das erfolgreichste operative Verfahren im Bereich der Chirurgie. Trotz aller Bemühungen in Forschung und Entwicklung kommt es dennoch immer wieder zu Fehlentwicklungen, wie beispielsweise bei der Exeter-Hüftprothese oder im letzten Jahrzehnt bei Großkopf-Metall-Metall Gleitpaarungen. Leider verhalten sich die individuelle Biologie der Patienten und ihre Biomechanik oft nicht so, wie wir es in der Theorie und im Experiment vorherzusehen glauben.

Es ist uns durchaus allen bewusst, dass die individuelle Biologie und Biomechanik eines jeden Patienten nicht immer im Experiment vorherzusehen ist. Dazu kommt meines Erachtens, wie das vorliegende Buch auch sehr deutlich zeigt, auch die individuelle Erfahrung des Operateurs sowie die Interaktion zwischen Operateur und Patienten. Das vorliegende Buch zeigt sehr eindrücklich an 39 Fällen aus dem Bereich der Wirbelsäulen- und Extremitätenchirurgie dieses Spannungsfeld auf. Jeder Operateur – sei er selbstkritisch oder auch nicht – wird der Aussage zustimmen, dass er sich an eine Vielzahl von Patienten erinnert, bei denen er besser einen anderen therapeutischen Weg gewählt hätte. Die Ursache liegt oftmals gar nicht so sehr beim operativen Vorgehen selber, sondern ist oft auch schon bei der Indikationsstellung zu suchen. Daneben haben wir als Operateure den Reflex, dass wir beim Versagen eines Kollegen den Patienten doch einen besseren Weg vorschlagen möchten. Manchmal ist es durchaus hilfreich, vor einer operativen Indikationsstellung auch einmal nein zu sagen und Patienten von der Primäroperation oder der weiteren Revision abzuraten.

Jedem Operateur, sei er nun in der Ausbildung, Weiterbildung oder auch schon mit einer gewissen Seniorität behaftet, ist das vorliegende Buch extrem ans Herz zu legen. Ich bin sicher, dass durch dieses Buch bei einer Vielzahl von Patienten differentialtherapeutische Irrwege vermieden werden können.

Es passt auch deshalb hervorragend in unsere Zeit, da in unseren Institutionen und Kliniken u.a. durch die Einführung von Risk-Management- und CIRS-Systemen eine Zeitenwende beim Umgang mit unerwünschten Ereignissen eingetreten ist.

Jörg Jerosch

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