Lesermeinungen - OUP 09/2013

Linden A, Fischöder M, van Laack W, Staat M: Einschränkung von Taluskippung und -vorschub durch Sprunggelenkorthesen nach fibularer Bandruptur. OUP 2013; 6: 306–309Stellungnahme der Autoren zum Schreiben der NEA International bv

R. MüllerA. Linden1, M. Fischöder1, W. van Laack2, M. Staat1

 

Stellungnahme der Firma Nea international zum Beitrag

Wir haben den Artikel in Ihrer Zeitschrift zur Kenntnis genommen. Nach der Lektüre dieses Artikels sehen wir uns veranlasst, Ihnen, gestützt auf die Analyse unseres Beraters Dr. A. de Lange (leitender Wissenschaftler an der Fontys University of Applied Sciences, Eindhoven) Folgendes mitzuteilen:

  • Die Verwendung eines Modells aus Holz wie im Artikel beschrieben, ist zu beanstanden. Es liegen keine konkreten Informationen vor, inwieweit dieses Modell das tatsächliche anatomische und funktionale Verhalten eines (durchschnittlichen) Fußes repräsentiert. Ferner liegen keine Informationen über die Validität des Modells vor. Die auf den Abbildungen 2 und 3 gezeigten Röntgenbilder lassen bereits vermuten, dass die Formgestaltung der Holzelemente des Modells nicht die komplexe 3D-Geometrie der betroffenen Knochenstücke im Knöchel repräsentiert. Die Repräsentation des mechanischen Verhaltens von viskoelastischen Strukturen wie Bändern durch das von Lederbändern kann keineswegs als wirklichkeitsgetreu bezeichnet werden. Aus dem Vorgenannten ist zu entnehmen, dass das Modell nicht die spezifischen biomechanischen Eigenschaften des menschlichen Knöchelgelenks repräsentiert. Die Entwicklung von Knöchelorthesen ist jedoch gemeinhin gerade auf diese Eigenschaften abgestimmt. Orthesen, bei deren Entwicklung diese Eigenschaften hinreichend berücksichtigt wurden, sind im Nachteil gegenüber Orthesen, bei denen dies in geringerem Maße der Fall ist.
  • Die Wirkung der Orthesen auf das Modell wurde für jede Orthese nur einmalig gemessen. Es wurden offensichtlich keine Wiederholungstests durchgeführt, um die Reproduzierbarkeit bzw. Zuverlässigkeit der Messungen festzustellen. Auch wurde keinerlei Statistik erstellt. Die erhobenen Daten der vorliegenden Tests (n = 1) haben somit keine Aussagekraft.
  • · Die Produkte wurden in unbelastetem Zustand getestet. Die Funktion vieler Orthesen ist hingegen vom Bodenkontakt abhängig. Für eine bessere Simulierung der Wirklichkeit sollten Orthesen stets in belastetem Zustand getestet werden.
  • Im speziellen Fall der Push ortho Aequi und der Push med Aequi flex hat der Prüfer die mitgelieferten Gebrauchsvorschriften nicht beachtet. Entgegen der Gebrauchsvorschriften wurden beide Orthesen ohne Schuhe getestet. Der Schuh fixiert die Bandage – eine Funktion, die bei der Entwicklung des Produkts sorgfältig bedacht wurde. Diese Orthesen dürfen nur im Schuh getragen werden; dies ist von grundlegender Bedeutung für die beim Tragen der Aequi tatsächlich erzielte Stabilisierung.

Aufgrund der obenstehenden Argumente kommen wir zu dem Ergebnis, dass die Studie nicht den wissenschaftlichen Ansprüchen genügt und bewerten das Gutachten somit als unzulänglich.

Die Extrapolation der Testergebnisse auf ein Gutachten über die Anwendbarkeit der untersuchten Orthesen für die konservativ frühfunktionelle Behandlung der fibularen Bandruptur ist somit unseres Erachtens unzulässig.

 

R. Müller

Geschäftsführer Nea International bv

Korrespondenzadresse

R. Müller

Nea International bv

Europalaan 31

NL 6199 ZN Maastricht-Airport

Niederlande

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Zu dem o.a. Schreiben der Firma Nea nehmen wir als Autoren nachfolgend Stellung:

  • ad 1) Das den maßgeblichen Experimenten zugrunde liegende Unterschenkel-Fuß-Modell kann natürlich nicht die realen biomechanischen Eigenschaften abbilden. Jedes Modell vereinfacht die Biomechanik, hat aber den Vorteil, die biologische Variabilität bei einem Vergleich auszuschließen. Bei den vorliegenden Experimenten handelt es sich auch ausschließlich um vergleichende Messungen. Und diese Vergleiche am Modell zeigten bereits große qualitative Unterschiede auf. Zudem zeigte sich, dass die Messungen am Versuchsmodell ohne fixierte Orthesen Werte ergaben, die laut Literatur physiologischen Werten sehr nahe kamen. In der Arbeit wird nicht behauptet, dass es sich um absolute Werte handelt. Die generelle – qualitative – Tendenz wird aber auch bei einem verfeinerten Modell nicht grundsätzlich anders ausfallen.
  • ad 2) Unsere wiederholten Messungen im Rahmen von Stichprobenprüfungen ergaben keine Unterschiede zu den veröffentlichten Messergebnissen. Natürlich würden mehr Messungen zu einer größeren statistischen Aussagekraft führen. Das war aber in der vorliegenden Studie nicht vordringlich, weil keine biologische Variation untersucht wurde. Zudem basiert die Untersuchung allein auf einem qualitativen Vergleich.
  • ad 3) Gerade bei einem verletzten Sprunggelenk ist zu fordern, dass angebrachte Orthesen auch ohne vertikale Bodenreaktionskräfte den Fuß sicher stabilisieren können. Alles andere macht in der Therapie keinen Sinn und wäre höchstens ein Aspekt in der Prohylaxe von Verletzungen und Schäden. Zudem bietet auch dieser Einwand nichts Neues, da es sich um rein qualitative Vergleichsmessungen handelt, bei denen sich herausstellte, dass es sehr wohl Orthesen gibt, die genau diesen orthopädischen Anforderungen gerecht werden können, auch ohne derartige Kräfte ausreichend zu stabilisieren.
  • ad 4) Der Einwand läuft aus verschiedenen Gründen ins Leere: Zum einen gibt es auch in den „Gebrauchsanleitungen“ der Orthesenhersteller keine genauen Schuhdefinitionen. Bei einem guten Bergschuh bräuchte man womöglich gar keine Orthese. Da der Begriff „Schuh“ nirgendwo genauer definiert ist, wurde in der Studie der ungünstigste Fall, der nicht beschuhte, nackte Fuß angenommen. Hinzu allerdings kommt auch, dass gerade ein „Stabilschuh“ in der Studie am wenigsten überzeugen konnte, ein Grund, weshalb die Wirkung eines „undefinierten“ Schuhs nicht überschätzt werden sollte.
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