Informationen aus der Gesellschaft - OUP 06/2023
Nachruf Prof. Dr. med. Volker Bühren
Prof. Dr. med. Volker Bühren
Tiefbetroffen nehmen wir Abschied von einem großen Chirurgen, einem passionierten Lehrer, einem hochrangigen Wissenschaftler und einem
lieben Freund.
Prof. Dr. med. Volker Bühren wurde am 18. September 1952 in Celle geboren. Von 1971–1977 studierte er an der Medizinischen Hochschule Hannover sowie in London und Edinburgh. Seine Facharztweiterbildung absolvierte er im Nordstadt Krankenhaus Hannover unter der Leitung von Prof. Otmar Trentz, dem er 1983 an das Universitätsklinikum Homburg/Saar folgte. Hier blieb er bis 1993, zuletzt als kommissarischer Direktor der Abteilung für Unfallchirurgie der Chirurgischen Universitätsklinik Homburg/Saar.
1993 wechselte er als Ärztlicher Direktor an die BG-Unfallklinik Murnau, der er bis 2018 vorstand. Am 17. August 2023 verstarb Prof. Dr. med. Volker Bühren völlig unerwartet. Mit ihm verliert die Deutsche Unfallchirurgie einen ihrer ganz großen Chirurgen und visionären Gestalter der letzten 30 Jahre.
Prof. Bühren setzte sich zeitlebens unermüdlich für die Verbesserung der Therapie von Unfallopfern in Deutschland ein. Geleitet von dem Ziel einer hoch strukturierten und wissenschaftlich fundierten Versorgung, wirkte er als Kliniker, als Berufspolitiker, als Wissenschaftler und als Lehrer weit über die Grenzen der deutschsprachigen Unfallchirurgie
hinaus und wurde so zum Botschafter für die Weiterentwicklung der Daseinsfürsorge in Unfallchirurgie und Orthopädie.
In diesem Zusammenhang fungierte er unter anderem 2001 als Vorsitzender der Vereinigung Bayerischer Chirurgen mit Jahrestagung in Murnau, als Präsident der AIOD Deutschland und 2018 als Präsident der OTWorld, der weltgrößten Veranstaltung für Heilmittelversorgung mit Kongress- und Messeorganisation in Leipzig mit mehr als 10.000 Besucherinnen und Besuchern. Seine jährlichen hochkarätigen unfallmedizinischen Tagungen für den Landesverband Südost der DGUV für die Fortbildung der D-Ärzte in Süddeutschland sind uns allen in guter Erinnerung.
2015 übertrugen wir als VSOU, Volker Bühren das Amt des Kongresspräsidenten der Vereinigung der Süddeutschen Orthopäden und Unfallchirurgen, verbunden mit der Ausrichtung der 63. Jahrestagung in
Baden-Baden. Es handelte sich hier um eine wegweisende Präsidentschaft, da erstmals in der Geschichte unserer Fachgesellschaft durch Realisierung einer Doppelspitze beiden Schwerpunkten des gemeinsamen Fachgebietes gleicher Stellenwert eingeräumt wurde. Volker Bühren gelang es bei diesem Kongress, unter Wertschätzung der historischen Ausrichtung der VSOU, die Unfallchirurgie in unsere Jahrestagung einzupflegen und ihr nachhaltig eine gleichwertige Stellung zu sichern.
Als Mitglied im Stiftungsrat der Association for Orthopedic Research von 1995–2019 bemühte sich Prof. Bühren auch außerhalb der VSOU für den engen fachlichen und wertschätzenden Austausch zwischen Orthopädie und Unfallchirurgie.
Er sorgte jedoch nicht nur für eine hochqualitative individuelle Versorgung seiner Patientinnen und Patienten vor Ort, sondern engagierte sich erfolgreich dafür, dass die Versorgungstrukturen der Krankenhauslandschaft in Bayern und darüber
hinaus, nachhaltig auf die Bedürfnisse der Unfallchirurgie ausgerichtet wurden. Er gründete 2006 das erstes Traumanetzwerk in Bayern und organsierte so die Polytraumaversorgung neu. Als beratender Arzt des Landesverbandes Südost der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung nahm er wesentlichen Einfluss auf die Krankenhauslandschaft und deren unfallchirurgische Versorgungsstrukturen in Bayern und Sachsen wie wir sie heute kennen.
Seine stets wertschätzende und kollegiale Art zwischen den umfangreichen strukturellen gesetzlichen Anforderungen einerseits und den bürokratischen Hürden vor Ort anderseits konstruktiv zu vermitteln, ermöglichte es, in vielen Kliniken die Unfallchirurgie nach und nach zu stärken und die Versorgungsqualität somit nachhaltig zu verbessern.
Federführend wirkte Volker Bühren an der Umstrukturierung und Neuordnung des BG-lichen Heilverfahrens mit, welche wir analog auch in den heutigen Versorgungshierarchien der Traumanetzwerke und in den Regelungen des Gemeinsamen Bundesauschusses zu einem gestuften System von Notfallstrukturen in Krankenhäusern wiederfinden.
Lange Jahre und bis zuletzt war er in der Bayrischen Landesärztekammer in der Weiterbildungskommission und Prüfungskommission aktiv. Er war somit maßgeblich daran beteiligt, die Rahmenbedingungen der Ausbildung junger Kolleginnen und Kollegen zu gestalten und dafür zu sorgen, dass eine hochqualitative Weiterbildung zur Unfallchirurgin/zum Unfallchirurgen und Orthopädin/Orthopäden gewährleistet bleibt.
Diejenigen, die das große Glück hatten, ihn als chirurgischen Lehrer zu erleben, waren fasziniert von einem hochbegabten und maximal strukturierten Chirurgen, dem es gelang, wissenschaftlich fundierte und evidenzbasierte ärztliche Behandlung praxisorientiert anzuwenden und zu lehren. Oft war Volker Bühren dabei seiner Zeit weit voraus, was seine zahlreichen Innovationen, z.B. auf den Gebieten der Implantatentwicklung und OP-Techniken, belegen. Dabei lag ihm eine wissenschaftlich fundierte Herangehensweise in der Chirurgie ausgesprochen am Herzen. Er publizierte mehr als 600 wissenschaftliche Artikel in Büchern und Zeitschriften und war Mitherausgeber zahlreicher führender Zeitschriften unseres Fachgebietes.
Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie verlieh Prof. Bühren 2015 die Johann-Friedrich Dieffenbach-Büste als ihre wichtigste wissenschaftliche Auszeichnung sowie 2017 die Ehrenmitgliedschaft. Auch die Vereinigung der Bayerischen Chirurgie sowie die Österreichische Gesellschaft für Unfallchirurgie verliehen ihm die Ehrenmitgliedschaft.
Im privaten Bereich nahm für Volker Bühren seine Familie die erste Stelle ein. Zuletzt widmete er sich intensiv der Betreuung seiner Enkelinnen. Nach einer erfolgreichen Karriere als Ruderer mit Gewinn der Goldmedaille bei der Weltmeisterschaft 1975 in Nottingham blieb er zeitlebens sportlich ambitioniert. Er war zudem ein ausgesprochener Fußballkenner, und egal wo er sich gerade auf der Welt befand, die Spiele seines Lieblingsvereins, dem FC Bayern München, besaßen stets höchste Priorität.
Wir verlieren mit Volker Bühren einen herausragenden Chirurgen und Lehrer, eine Lichtgestalt der Deutschen Unfallchirurgie, einen Nordstern für viele Unfallchirurginnen/
-chirurgen und Orthopädinnen/Orthopäden und einen lieben Freund. Dieser Verlust schockiert uns und er macht uns tief betroffen. Wir trauern gemeinsam mit seiner Frau Astrid, seinen Kindern und Enkelinnen und allen persönlichen Freundinnen und Freunden.
Wir gewinnen durch sein Lebenswerk jedoch auch die Zuversicht, dass wir mit beharrlichem und weitsichtigem Engagement positive Veränderungen der Versorgungsstrukturen unseres Gesundheitssystems herbeiführen und so eine zunehmende Verbesserung der Versorgung unserer Patientinnen und Patienten erreichen können.
Prof. Dr. Volker Bühren bildete Generationen von Ärztinnen und Ärzten aus, die in seinem Geiste den Gedanken einer umfassend organisierten und wissenschaftlich fundierten Traumaversorgung weitertragen werden.
Univ.-Prof. Dr. med.
Mario Perl
Schatzmeister
für den Vorstand der VSOU e.V.
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