Informationen aus der Gesellschaft - OUP 03/2020

Reisebericht USA Fellowship 2020

Axel Malischewski, Florian Völlner

Nach erfolgreicher Bewerbung um das 1. USA-Reisestipendium 2020 der VSOU war es nun an uns,
Dr. Axel Malischewski (BG Klinik Ludwigshafen) und Dr. Florian Völlner (Universität Regensburg),
die Organisation anzugehen. Die Reise sollte in der Mayo-Clinic in Rochester (Minnesota) beginnen
und über das Hospital for Special Surgery (HSS) in New York City nach Orlando (Florida)
zum Kongress der American Academy of Orthopaedic Surgeons (AAOS) 2020 führen.

Dr. med. Axel Malischewski, BG Klinik Ludwigshafen

Dr. med. Dipl.-Ing. Florian Völlner, Universität Regensburg

Da das Stipendium in dieser Form erstmalig ausgeschrieben wurde, konnten wir auf keine Vorerfahrungen zurückgreifen. Die Anforderungen der zu besuchenden Kliniken waren umfangreich, die Vorbereitungszeit von sieben Wochen kurz. Es mussten diverse Nachweise über den Gesundheitszustand und die beruflichen Zeugnisse eingereicht, Flüge gebucht und Unterkünfte gesucht werden. Hier konnten wir uns schon jetzt über die Unterstützung von Frau Sabine Kastner der VSOU und den Kollegen der Mayo Clinic und des HSS freuen. Vielen Dank an dieser Stelle! Nachdem schlussendlich auch ein Apartment in Manhattan eine Woche vor Abflug gefunden wurde, stand der Reise nichts mehr im Wege.

Dr. Florian Völlner reiste aus Regensburg und Dr. Axel Malischewski aus Heidelberg zum Frankfurter Flughafen an. Ein gestandener Vollblut-Orthopäde trifft angehenden Herzblut-Unfallchirurgen. O und U in Perfektion. Es konnte also losgehen und die 16 stündige Anreisezeit wurde zum ersten Kennenlernen genutzt.

Der bemerkenswert kleine Flughafen in Rochester gab den ersten Hinweis auf die dominante Stellung der Mayo Clinic in Rochester. Nach einer kurzen Nacht zeigte ein Stadtrundgang am Sonntag den beeindruckenden Campus der Mayo Clinic, der zusammen mit diversen Hotelgebäuden im ansonsten überschaubaren Rochester das Zentrum der Stadt bildet. Die Stadt selbst dagegen war nahezu menschenleer.

Am ersten Tag in der Klinik wurden wir von Frau Naomi Atkinson empfangen, welche nicht nur im Vorfeld des Stipendiums, sondern auch über die ganze Woche eine perfekte Organisation und Unterstützung an den Tag legte. Nach einem kurzen Briefing wurden wir zu unseren Wunsch-Hospitationen gebracht. Während Dr. Malischewski im Bereich der Sportmedizin bei Dr. Aaron Krych und der Traumatologie bei Dr. Brandon Yuan Einblicke in die Arbeit der berühmten Mayo Clinic gewinnen konnte, konnte Dr. Völlner bei Dr. Michael Yaszemski und seinem Team der Wirbelsäulenchirurgie und bei Dr. Noelle A. Larson bei den Kinderorthopäden über die Schulter schauen.

Man hat im Vorfeld des Stipendiums schon von den Gepflogenheiten in einem amerikanischen Operationssaal gehört, aber der Umgang mit der OP-Kleidung – den scrubs – in der auch ohne weiteres in die Mensa gegangen oder mit dem Bus zwischen den beiden Campus gependelt werden kann, war für uns zunächst sehr gewöhnungsbedürftig. Abgesehen davon konnten wir viele neue Eindrücke und Details für unsere Arbeit in Deutschland lernen und mitnehmen. So fiel uns im Vergleich mit dem deutschen System die konsequente Präsenz der überaus kompetenten physican assistants oder auch die Unterstützung von Thorax- oder Abdominalchirurgen beim Zugang zur Wirbelsäule auf. Ein weiterer auffälliger Punkt war die schier unendliche Verfügbarkeit etwaiger Transplantate (Meniskustransplantate, Fibula), Implantate oder medizinischer Gerätschaften. Aber nicht nur im OP wurden wir wärmstens empfangen. So hat uns Dr. Dan Berry zum Dinner eingeladen und brachte uns das nahrhafte Essen des mittleren Westens näher.

Nach einwöchigem Aufenthalt in Rochester, der für die Größe der Klinik im Übrigen viel zu kurz ausgefallen war, stand uns nun ein Kulturschock bevor. Aus dem beschaulichen Rochester wechselten wir in das faszinierende New York City. Unser 38-stöckiger Apartmentkomplex bot von seiner Dachterrasse einen imposanten Blick direkt über den East River und die Skyline von Midtown Manhattan. Im Vergleich zu den New Yorker Wolkenkratzern wirkten die großzügigen Klinikgebäude der Mayo Clinic im Nachhinein geradezu winzig. Auch hier stand zunächst ein Rundgang durch Manhattan und den Central Park an. Fußläufig gelangten wir problemlos zum Hospital for Special Surgery (HSS) an der Upper East Side. Von dort ging es weiter mit dem Rad durch den Central Park und abends zum Spiel der New York Knicks in den Madison Square Garden.

Doch in der Unbeschwertheit des ersten Tags zogen erste Gewittervorboten am Horizont auf. Dr. Böttner teilte uns mit, dass das Reisestipendium wohl nicht wie geplant weitergeführt werden könne, da der AAOS 2020 in Orlando aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden werde. Dennoch begannen wir unseren ersten Tag planmäßig und wurden von Dr. Friedrich Böttner freundlich begrüßt. Auch hier erfolgte zunächst die Aufteilung zu unseren Hospitationswünschen (Traumatologie für Dr. Malischewski, Wirbelsäulenchirurgie und Endoprothetik für Dr. Völlner). Angepasst durch unsere Vorerfahrung in Rochester, fielen der Arbeitsablauf und die Organisation im OP nicht mehr schwer. Auch hier wurde Medizin auf höchstem Niveau praktiziert. Besonders gefiel uns das konsequente debriefing durch den Operateur und das gesamte OP-Team, in dem sämtliche Punkte der Operation und Nachbehandlung besprochen wurden. Eine sinnvolle Ergänzung zum etablierten team-time-out vor Operationsbeginn.

New York City selbst zeigte zu Beginn unseres Besuchs in der zweiten Märzwoche nur wenige Einschränkungen, jedoch war die Anspannung und Vorbereitung auf die Corona-Pandemie nach und nach spürbar. So wurden öffentliche Großveranstaltungen wie z.B. NBA-Spiele Mitte der Woche eingestellt, gefolgt von den Schließungen der Museen. Gegen Ende der Woche schlossen dann erste Restaurants und Bars, die Straßen leerten sich langsam. Nach dem positiven Test eines Klinikmitarbeiters des HSS am Samstag wurde leider, aber konsequent und richtig, das academic visitor program am HSS eingestellt, sodass wir bereits nach zwei Wochen frühzeitig nach Deutschland zurückkehren mussten.

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