Originalarbeiten - OUP 07-08/2012

Schraubenlage bei navigierter perkutaner Verschraubung des Sakroiliakalgelenkes
Screw position of navigated percutaneous iliosacral screws

P.H. Richter1, T. Rahmanzadeh1, F. Gebhard, G. Krischak2,3, M. Arand4, S. Weckbach1, M. Kraus2,3

Einleitung: Die navigierte perkutane SI-Verschraubung wird zunehmend bei Verletzungen des hinteren
Beckenrings eingesetzt. Ziel dieser Studie war die Analyse der Position navigiert eingebrachter Schrauben.

Material und Methoden: Insgesamt konnten 74 navigiert eingebrachte Sakroiliakalschrauben radiologisch ausgewertet werden. Der Grad der Perforation und der Grad der Winkelabweichung von der S1-Deckplatte wurde in der postoperativen Computertomografie bestimmt. Alle dokumentierten Komplikationen wurden erfasst.

Ergebnisse: Insgesamt lagen 84% aller Schrauben intraossär. In der Transversalebene perforierten 7 Schrauben nach ventral, 5 Schrauben (7%) zeigten eine Perforation des Neuroforamens. Größere Abweichungen von der Optimallage zeigten sich in der Frontalebene, hier wurde nur in 61% der Fälle eine Deviation kleiner 5° (Grad 0) erzielt. Insgesamt 5 Schrauben des Gesamtkollektivs (7%) wurden wegen schraubenbezogener Komplikationen operativ revidiert.

Zusammenfassung: Perforationen der Sakroiliakalschrauben kommen auch bei der navigierten Verschraubung vor. Insgesamt bietet sie aber eine vergleichsweise hohe Sicherheit. In der Frontalebene kam es häufig zu Abweichungen der Optimalroute, ohne Perforationen zu verursachen. Insgesamt zeigt das minimal-invasive Vorgehen eine geringe postoperative Komplikationsrate.

Schlüsselwörter: navigierte Sakroiliakalschraube, Computernavigation, Beckenfraktur

Introduction: The computer-assisted implantation of ilio-sacral screws becomes more important in the treatment of dorsal pelvic ring fractures. The purpose of this study was to analyze the postition of navigated SI-screws.

Methods: In the study group 74 screws were implanted and radiologically analysed. In all screws we determined the

degree of perforation and angular deviation in the postoperative CT-scans.

Results: Altogether 84% of the screws showed an intraosseous position (grade 0). In the axial plane 7 screws perforated ventrally, 5 screws penetrated the adjacent neuroforamen. In the frontal plane the screws showed greater variations, 61% deviated less than 5° (grade 0). In the study group 5 screws needed surgical revision.

Conclusion: The computer-assisted implantation of iliosacral screws is a safe method in relation to screw perforation. There is a frequent angular deviation in the frontal view without appearance of screw perforation. The minimal-invasive procedure shows a low postoperative revision rate.

Keywords: sacroiliacal screw, computernavigation, pelvis fracture

Einleitung

Isolierte Verletzungen des Sacrums sind selten, meist treten diese in Kombination mit weiteren ossären Verletzungen des Beckenrings auf. Beckenfrakturen entstehen vor allem bei Hochrasanztraumata wie Verkehrsunfällen oder Stürzen aus großer Höhe. Überaus häufig sind Beckenbrüche auch mit weiteren Begleitverletzungen und Frakturen assoziiert [3].

Die früher bevorzugte ventrale Plattenosteosynthese wurde aufgrund der Verbesserung der intraoperativen Bildgebung und Dank ihrer guten Handhabung mittlerweile fast vollständig von der minimal-invasiven Iliosakralschraube (SI-Schraube) abgelöst. Die ventrale Plattenosteosynthese findet in der Regel nur noch bei dislozierten Sacrumfrakturen mit Kompression neuronaler Strukturen Anwendung [1]. Die Vorteile dieses minimal-invasiven Vorgehens sind die Verringerung der Pseud-arthrosenrate sowie eine Reduktion der postoperativen Wundheilungsstörungen und der tiefen Infektionen [5].

Zur Einbringung der Schrauben ins Sakroiliakalgelenk (SI-Gelenk) sind in der Literatur verschiedene Methoden beschrieben. Im Wesentlichen wird zwischen navigierten und nicht-navigierten Prozeduren unterschieden. Bei beiden Verfahren hat sich dabei die Anwendung eines mobilen Röntgengerätes (C-Bogen) durchgesetzt [4].

Bei der konventionellen Technik sind verschiedene Einstellungen wie die Inlet- und Outlet-Aufnahmen zur optimalen Darstellung von Schraube und Knochen erforderlich [2]. Dabei tritt eine nicht unerhebliche Strahlenbelastung für Patient und Personal auf [10].

In neuerer Zeit werden daher als wesentliche Vorteile der computernavigierten Techniken im Vergleich zu konventionellen Verfahren die Verminderung der Strahlenbelastung sowohl für Patient aber auch für das OP-Personal bei gleichzeitig erhöhter Genauigkeit der Schraubenplatzierung postuliert [8, 10].

Den zahlenmäßig in der Traumatologie größten Einsatz erfährt die Computernavigation nach wie vor bei der dorsalen Spondylodese von Wirbelfrakturen. Hier zeigt sich die Tendenz der Lateralisierung navigierter Schrauben im Gegensatz zu eher medialer Schraubenposition bei konventionell eingebrachten Implantaten [6].

Ziel dieser Untersuchung war die Analyse der Position navigiert eingebrachter Schrauben zur Versorgung von Verletzungen des hinteren Beckenrings. Diese wurden in einem einzigen Traumacenter eingebracht.

Material und Methoden

In einer retrospektiven Untersuchung wurden alle Patienten im Klinikinformationssystem (KIS) und den OP-Büchern identifiziert, die zwischen 2003 und 2009 eine navigierte Verschraubung des SI-Gelenkes erhielten.

Dadurch konnten insgesamt 58 Fälle eingeschlossen werden, bei denen insgesamt 89 Schrauben navigiert eingebracht worden waren.

Die Daten der Patientenakten wurden ausgewertet hinsichtlich allgemeiner Parameter (demografische Daten, Nebenerkrankungen, Body-Mass-Index [BMI], Begleitverletzungen, Dokumentation der Röntgendauer intraoperativ) sowie des postoperativen Verlaufs zur Erfassung eventueller Komplikationen. Alle Operationen wurden 3D-navigiert durchgeführt.

Die Navigation erfolgte in allen Fällen mit demselben C-Bogen zur Durchführung des 3D-Scans (ARCADIS Orbic 3D, Siemens, Erlangen, Deutschland) sowie demselben Navigationssystem (BrainLAB Vector Vision, Brainlab, Feldkirchen, Deutschland) (Abb. 1a?d).

Bei 9 Patienten mit 15 Pedikelschrauben lag keine postoperative Computertomografie (CT) vor. Zur radiologischen Auswertung konnten daher 49 Patienten (74 Schrauben) eingeschlossen werden.

Erfasst wurde dabei die Schraubenlage hinsichtlich des Bezugs zur ventralen und dorsalen Kortikalis, zum angrenzenden Neuroforamen und zu der jeweiligen Grund- und Deckplatte des sakralen Wirbels. Dabei wurde die Winkelabweichung der eingebrachten Schrauben bezogen auf die Deckplatte von S1 vermessen, um die Varianz der Schraubenposition quantitativ darstellen zu können [9].

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