Übersichtsarbeiten - OUP 10/2018

Untersuchung der thermischen Auswirkung von therapeutischem Ultraschall

Sabine Keutmann1, Manfred Staat1, Walter van Laack1

Zusammenfassung: In der Orthopädie zählt der therapeutische Ultraschall als Mittel zur Prävention und Therapiebegleitung. Er hat mechanische, thermische und physiko-chemische Auswirkungen auf den menschlichen Körper. Um mehr Erkenntnisse über die thermischen Auswirkungen zu erlangen, wurden Versuche an einem Hydrogel-Phantom und an Probanden durchgeführt. Dabei entstand eine signifikante Erwärmung des Gewebes, welche beim Probandenversuch an der Oberfläche und beim Hydrogelversuch in der Tiefe gemessen wurde.

Schlüsselwörter: Ultraschall, therapeutischer Ultraschall,
Diathermie, Mechanotherapie, Infrarotthermografie

Zitierweise
Keutmann S, Staat M, van Laack W: Untersuchung der thermischen Auswirkung von therapeutischem Ultraschall.
OUP 2018; 7: 518–522 DOI 10.3238/oup.2018.0518–0522

Summary: In orthopaedics, therapeutic ultrasound is a tool of prevention and therapy support. It has mechanical, thermal and physico-chemical effects on the human body. Tests with a hydrogel phantom and with human probands have been performed in order to obtain more knowledge about their thermal effects. Both tests measured temperature increases in cell tissue, on the surface with the human proband test and in depth with the hydrogel phantom test.

Keywords: ultrasound, therapeutic ultrasound, thermography, diathermy, mechanotherapy, infrared thermography

Citation
Keutmann S, Staat M, van Laack W: Research about the thermal
effects of therapeutic ultrasound.
OUP 2018; 7: 518–522 DOI 10.3238/oup.2018.0518–0522

1 Labor Biomechanik der FH Aachen, FB9, Campus Jülich

Einleitung

Bei therapeutischem Ultraschall handelt es sich um hochfrequenten Ultraschall, welcher in der Orthopädie als Mittel zur Prävention und Therapiebegleitung eingesetzt wird. Durch die thermischen, mechanischen und physiko-chemischen Wirkungen werden beispielsweise Verspannungen gelöst und Heilungen angeregt. Doch zur Prävention von möglichen Verbrennungen des Periosts wird der Ultraschall nicht oder lediglich als Impulsschall angewendet, bei dem die mechanischen Wirkungen im Vordergrund stehen [6, 11].

Durch die genaue Erforschung der thermischen Wirkung von therapeutischem Ultraschall könnte dem Verbrennungsrisiko entgegengewirkt werden. Wenn genau bekannt ist, wann und nach welcher Anwendungszeit es zu Verbrennungen kommt, kann die Behandlung daran angepasst werden und die Patienten können von den positiven Effekten wie Wärme, Massage oder Stoffwechselanregungen profitieren.

Hierbei muss beachtet werden, dass jeder menschliche Körper anders ist. Der Abstand zwischen Ultraschallkopf und Knochen ist aufgrund der verschiedenen Körpergrößen bei jedem Menschen anders. Hinzu kommen noch das individuelle Wärmeempfinden sowie die unterschiedlich schnellen Stoffwechselprozesse. Diese Unterschiedlichkeit der Menschen erschwert es, eine allgemeine, für jeden Menschen gleich wirkende Behandlungsform zu definieren. Es ist sehr aufwendig und kostenintensiv, eine individuelle Behandlungsform zu erstellen.

Um mehr Verständnis über die thermische Wirkung von therapeutischem Ultraschall zu gewinnen, werden Versuche an Phantomen durchgeführt – basierend auf einschlägigen Quellen [2, 3, 5, 7, 8]. Zusätzlich werden Ultraschalltests, wie sie in orthopädischen Praxen angewendet werden, an Probanden durchgeführt und dabei die Temperatur durch Infrarotthermografie gemessen.

Therapeutischer Ultraschall

In der Medizin unterscheidet man den diagnostischen und den therapeutischen Ultraschall. Hier wird auf Letzteren näher eingegangen. Ultraschall wird seit 1939 als physikalische Therapie an Patienten angewendet – meist mit einer Frequenz von 800 kHz [9: p. 191; 4: p. 387].

Bei der Ultraschalltherapie treten 3 Wirkeffekte auf: ein mechanischer, ein thermischer und ein physiko-chemischer Effekt [11: p. 605]. Bei der mechanischen Wirkung kann von einer Wechselwirkung des inneren Gewebes mit den Longitudinalwellen des Ultraschalls ausgegangen werden. Dadurch kommt es durch Kavitation zu einer Art inneren Massage des Gewebes und durch den mechanischen Druck zu Zellaktivierungen in den Knochen [6: p. 40]. Die thermische Wirkung entsteht beim therapeutischen Ultraschall durch das Phänomen der Absorption und der Reflexion. Das Gewebe absorbiert und reflektiert den Ultraschall, und es entsteht an den Grenzflächen zwischen den verschiedenen Gewebearten Wärme [4: p. 391; 11: pp. 606–607]. Bei der physiko-chemischen Wirkung steht die Alkalisierung des Gewebes im Mittelpunkt. An den Zellmembranen kommt es zu einer Permeabilitätsänderung, welche eine Steigerung der Diffusion zur Folge hat. Dadurch kommt es wiederum zur Hyperämie und zu einer Stoffwechselsteigerung [11: p. 607].

Bei der Ultraschalltherapie werden 2 verschiedene Ultraschallarten verwendet: der kontinuierliche und der pulsierende Ultraschall. Beim kontinuierlichen Ultraschall – oder auch Gleichschall – wirkt die Schallwelle kontinuierlich, also ohne Unterbrechung, auf das zu behandelnde Gewebe ein. Diese Form wird angewendet, wenn die Wärmewirkung im Vordergrund der Therapie steht. Hier wird mit dem geringsten technischen Aufwand die größte Energie auf das Gewebe übertragen. Wenn jedoch die mechanische Wirkung des Ultraschalls im Vordergrund steht, wird der pulsierende Ultraschall, auch Impulsschall genannt, angewendet. Hierbei wird die Ultraschallintensität periodisch unterbrochen und das Gewebe thermisch geschont [6: pp. 17–18]. Außerdem besitzt der Impulsschall eine muskelrelaxierende Wirkung [3: p. 271].

Wie die meisten medizinischen Anwendungen hat auch der therapeutische Ultraschall Nebenwirkungen. Eine objektive Dosierung ist nicht möglich [4: p. 387]. Jeder Mensch empfindet Temperatur, umgangssprachlich Wärme, anders. Und Wärme ist der Richtwert für die richtige, stets individuelle Dosierung des therapeutischen Ultraschalls. Dennoch dürfen bestimmte Grenzwerte nicht überschritten werden. Wird ein zu hoher Schall appliziert, sind sogar gravierende thermische und mechanische Schäden möglich. Bei einer starken Überhitzung kann es so zur Denaturierung von Eiweißmolekülen im Gewebe kommen. In Bereichen, in welchen der Patient eine gestörte Sensibilität hat, sollte also keine Anwendung des therapeutischen Ultraschalls erfolgen. Außerdem sollte hochfrequenter Ultraschall (800 kHz bis 1 MHz) nicht angewendet werden, wenn Veränderungen der Haut vorliegen. Ebenso wenig bei akuten, entzündlichen und fieberhaften Erkrankungen, Gefäßerkrankungen, malignen Tumoren, Kreislaufstörungen, Herzerkrankungen und Störungen der Blutgerinnung. Bei einer schwangeren Patientin sollte die Beschallung des Bauchbereichs mit hochfrequentem Ultraschall auf jeden Fall vermieden werden. Es sollte auch darauf geachtet werden, dass keine metallischen Gegenstände wie z.B. Prothesen oder Herzschrittmacher im zu beschallenden Bereich liegen, da es durch die mechanische Wirkung zur Lockerung kommen kann. Darüber hinaus sollte die Beschallung von empfindlichen Drüsen, Hoden, Ovarien, Augen, größerer Organe (Herz, Gehirn, Leber, Milz oder Lunge) und Wachstumszonen vermieden werden [6: pp. 102–103; 11: p. 608].

Infrarotthermografie

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