Industrie und Handel - OUP 10/2015

Werden in Deutschland zu viele Patienten an der Wirbelsäule operiert?

Medtronic

Stark gestiegene Zahlen von Wirbelsäulen-Operationen1 sind Gegenstand der derzeitigen gesundheitspolitischen Diskussion. Doch wie kommen diese Steigerungen zu Stande? Als Ursachen werden unter anderem die Anreizwirkungen des G-DRG-Systems und eine alternde Gesellschaft vermutet. Prof. Dr. Thomas Niemeyer, Orthopäde in der Asklepios Klinik St. Georg in Hamburg, sieht die Verdoppelung der Fallzahlen seit 2005 kritisch. „Die Zahlen sind nicht valide, sie sind unscharf, denn es ist nicht nachvollziehbar, wie diese erhoben wurden. Zudem hat sich in genau diesem Zeitraum die Abbildung solcher Eingriffe im DRG-System erheblich geändert. 2005 gab es keinen Unterschied für eine Skoliosekorrektur über 3, 6, 8 oder 9 Segmente. Heute wird berücksichtigt, welchen Zugang der Operateur wählt und über wie viele Segmente die Korrektur erfolgt“, erklärt Niemeyer. Eine Studie zu aktuellen Fallzahlen in der Wirbelsäulenchirurgie zeigt, wie durch die Methodik OPS-Codes zu zählen das tatsächliche Ergebnis verzerrt wird4. Sieht man genauer hin, so nimmt die OPS-Zählung an: 1 OP-Fall = 1 OPS-Zählung. Diese Annahme ist für die Mehrheit der Wirbelsäulen-Operationen nicht zutreffend. Aktuell wird ein Fall, der an der Wirbelsäule operiert wird, mit mehr als einem wirbelsäulenspezifischen OPS-Code dargestellt. Es ist daher notwendig die Fallzahl zu ermitteln und nicht die Anzahl der erbrachten Prozeduren (OPS-Codes). Werden die Fallzahlen im Bereich der operativen Wirbelsäulentherapien in Deutschland ohne die Zählung von OPS-Codes betrachtet, ergibt sich eine deutliche Verschiebung der Zahlen nach unten. Die oben genannte Studie4 identifiziert somit nur 307.916 Fälle für das Jahr 2011.

Nach Angaben der Techniker Krankenkasse sind zudem auch noch vier von fünf Operationen an der Wirbelsäule überflüssig2. Und Daten der OECD aus 2012 lassen auch vermuten, dass sich die deutsche Gesellschaft in einer Situation der medizinischen Überbehandlung befindet3. Deutsche Wirbelsäulenchirurgen fühlen sich hier ins falsche Licht gerückt, besonders da Aspekte, wie die medizinische Zweitmeinung, die viele Ärzte und Kliniken zur Vermeidung von unnötigen OPs selbst anbieten, ausgeklammert werden. Der pauschale Vorwurf, „dass wir Wirbelsäulen-Chirurgen lediglich aus wirtschaftlichen Anreizen statt aufgrund medizinischer Indikationen operieren, trifft nicht zu“, stellt Niemeyer klar. „Daher wehrt sich die Deutsche Wirbelsäulengesellschaft auch gegen dieses Pauschalurteil. Mein Wunsch wäre, dass die Kassen, die unsere Leistungen abfordern, sich mit uns Ärzten zusammentun und neue Regeln schaffen, damit die Patienten nach wie vor Vertrauen in uns Ärzte haben“, so Niemeyer weiter.

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Fussnoten

1 Statistisches Bundesamt (Destatis), DRG-Statistik

2 http://www.tk.de/tk/bremen/pressemitteilungen-2014/pressemitteilungen-2013/574600; Abrufdatum 23.9.14

3 http://www.bmg.bund.de/ministerium/presse/pressemitteilungen/2013–02/daniel-bahr-eroeffnet-oecd-konferenz.html, Abrufdatum 23.9.14

4 S. Sauermann, F. Meyer, R. Sobottke: How many cases of spinal surgery are carried out in Germany? Eur Spine J (2013) 22:2582–2669

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