Medien - OUP 09/2013

Wundatlas
Hans Lippert: Wundatlas – Kompendium der komplexen Wundbehandlung. 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage 2012, Georg Thieme Verlag Stuttgart, 31,6 x 23,6 cm, 390 Seiten, 854 Abbildungen, gebunden, erhältlich als Buch und PDF-Datei. ISBN Buc

Die Behandlung von Wunden ist eine der ältesten medizinischen Behandlungen der Geschichte der Menschheit. Die Besonderheit ist hier, dass das Problem visuell erfassbar ist und deswegen auch von Patienten und von Laien beurteilt wird. Diesem Aspekt stellt sich das großformatige Werk mit sehr vielen farbigen Abbildungen, so kommen auf 390 Seiten 854 Abbildungen. Man kann jetzt schon herausheben, dass die Abbildungen von sehr guter Qualität sind und es den Autoren sicherlich mit großem Fleiß gelungen ist, Fotos von den typischen Situationen zu fotografieren – seien es Verletzungen oder chronische Erkrankungen – einschließlich der therapeutischen Maßnahmen.

Das Buch ist von Prof. Dr. Hans Lippert aus dem Universitätsklinikum Magdeburg herausgegeben. Die einzelnen Kapitel sind von verschiedenen namhaften Autoren in Deutschland und Österreich verfasst worden, ein Großteil aus dem gleichen Haus wie der Herausgeber. Der Untertitel „Kompendium der komplexen Wundbehandlung“ erhebt einen Anspruch, den das Buch schon beim ersten orientierenden Durchblättern sicherlich voll erfüllt, denn es wird eine unglaubliche Vielfalt von Wundproblemen dargestellt.

Spannend ist schon das Eingangskapitel über die Geschichte der Wundbehandlung zu lesen. Es wird einem klar, dass die Fortschritte der modernen Medizin noch nicht sehr alt sind und was die Menschen früher, besonders im Rahmen kriegerischer Auseinandersetzungen, mit ihren Wunden erleiden mussten.

Das nächste Kapitel gibt einen Überblick über die verschiedenen Wundarten mit ihren mechanischen Unterscheidungen der Einwirkkräfte. Schon jetzt ist man gefesselt, zum Teil auch abgeschreckt und irritiert durch die teils drastischen Bilder. Neben den mechanischen Verletzungsmustern werden auch Stromeinwirkungen, thermische Verletzungen und strahlungsbedingte Wunden aufgeführt.

In den folgenden Kapiteln werden Grundlagen abgehandelt, wie die Physiologie der Wundheilung mit ihren Störfaktoren – sowohl systemisch als auch lokal – und die Komplikationen der Wundheilung.

Bei den Kapiteln der Therapie von Wunden geht es über die Prinzipien der operativen Wundbehandlung zur Lokalbehandlung sekundär heilender Wunden bis zu Infektionen und Antiseptik.

Spannend zu lesen ist die Vielfalt der Therapeutika für schlecht heilende Wunden. Neben den zeitgemäß bekannten Mitteln wird auch die Anwendung von Honig, Fliegenmaden und Silber beschrieben.

Ein großer Umfang hat die Darstellung der Wundauflage. Hier wird der Versuch unternommen, die unüberschaubaren Angebote der Industrie einschließlich der Vakuumbehandlung in ihren Wertigkeiten einzuordnen. Dazu gehören auch die Elektrostimulation, Ozon-, Nass- und hyperbare Oxygenierungstherapie.

Separat abgehandelt wird die aerobe und anaerobe Infektion mit ihren typischen Lokalitäten.

Weiterhin werden herausgestellt die Therapie von Verbrennungswunden und postoperative Problemwunden. Zu den iatrogenen Wunden gehört auch die Behandlung von Extravasaten nach Infusions- oder Injektionstherapie, mit Bildern wird das Ausmaß der möglichen Nekrose in bedrückender Weise dokumentiert.

Eigene Kapitel finden auch Verletzungen an Problemzonen des Körpers, wie im Gesicht, an den Augen, perianal und an der Hand.

Umfangreich werden die Folgen von Schussverletzungen an verschiedenen Körperregionen abgehandelt. In dem Kapitel über die Wunden im Kindesalter wird auch auf Aspekte der Kindesmisshandlung hingewiesen.

Einen großen Umfang findet die Pathogenese und Therapie chronischer Wunden. Sowohl durch Lokalbehandlung als auch die Intervention durch plastisch-chirurgische Maßnahmen und die Sanierung von venösen und arteriellen Durchflussproblemen.

Wegen seiner Häufigkeit wird das diabetische Ulkus speziell hervorgehoben und behandelt. Die Behandlung von Wunden obliegt völlig zu Recht auch der Krankenpflege, auf die besonderen Anforderungen einschließlich der Dokumentation wird umfassend eingegangen.

Als letztes therapeutisches Kapitel wird über die Narben und Narbenkorrektur abgeheilter Wunden berichtet, wieder mit sehr eindrucksvollem Bildmaterial.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass sehr oft die Wunden auch aus forensischen Gründen sehr gut dokumentiert werden müssen. Hier werden typische Beispiele gebracht bis hin auf den Hinweis, dass es sinnvoll sein kann, DNA-haltiges Material aus Wunden zu asservieren, was für die Überführung eines Täters wichtig sein kann.

Im Anhang findet sich ein ausführliches Sachverzeichnis. Nach jedem Kapitel ist immer die dazugehörende Literatur auch in erschöpfender Weise aufgeführt.

Zusammengefasst handelt es sich hier um ein außerordentlich sorgfältig zusammengestelltes Handbuch über die komplexe Wundbehandlung in allen ihren Facetten mit einer beeindruckenden Sammlung von farblichen Bildern, zum Teil von bedrückender Deutlichkeit.

Dieses Buch ist jedem Arzt oder jeder Ärztin, die sich mit der Behandlung von Problemwunden befassen müssen, sehr zu empfehlen, da es sehr viele Lösungsmöglichkeiten von problematischen Wunden anbietet. Da die Erstbehandlung von Verletzungen oft entscheidend ist, gehört es auch in die Bibliothek einer unfallchirurgischen Ambulanz oder zentralen Notaufnahme.

B. Mai, Kassel

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