Übersichtsarbeiten - OUP 10/2014

Alter und Indikation zur Hüftendoprothese beeinflussen das Risiko einer periprothetischen femoralen Fraktur

Im klinisch nachuntersuchten Patientenkollektiv (n = 23) lag bei 13 Patienten (57 %) eine Johansson-III-Fraktur, bei 7 Patienten (30 %) eine Johansson-II-Fraktur und bei 3 Patienten (13 %) eine Johansson-I-Fraktur vor. Es zeigte sich bei 7 (30 %) Patienten eine Lockerung der Prothese. Bei diesen Patienten lagen 2 Johansson-I-Frakturen, 3 Johansson-II-Frakturen und 2 Johansson-III-Frakturen vor. Ursächlich für die periprothetische Fraktur war in 17 Fällen (73,9 %) ein Sturzereignis. Bei 2 Patienten (8,7 %) ereignete sich die Fraktur intraoperativ bei Implantation einer zementierten Endoprothese. Bei einem Patienten (4,3 %) lag eine Prothesenluxation vor und bei 3 Patienten (13,1 %) ließ sich die Frakturursache retrospektiv nicht eruieren (Abb. 1).

Die primäre Operation erfolgte bei 18 Patienten (78 %) mit einer Hüfttotalendoprothese, 3 Patienten (13 %) erhielten eine Duokopfprothese und 2 Patienten (9 %) wurden mit einem proximalen Femurersatz behandelt. Die Indikation der Prothesenimplantation ist in Tabelle 1 dargestellt.

Statistik

Aufgrund fehlender Normalverteilung werden Median und der Interquartilbereich (IQB) angegeben. Der IQB umfasst die mittleren 50 Prozent der nach Größe geordneten Messwerte. Das Signifikanzniveau wurde bei p < 0,05 angenommen.

Ergebnisse

Die Prothesenstandzeit aller Patienten bis zur periprothetischen Fraktur betrug 5 Jahre (IQB 0,8–11,0). Bei Patienten, welche die Hüftendoprothese aufgrund einer Coxarthrose erhielten, betrug die Standzeit im Median 10 Jahre (IQB 1,8–12,8). Bei Patienten, bei denen die Implantation als Folge einer proximalen Femurfraktur erfolgte, war diese mit nur einem Jahr (IQB 0,1–9,0) signifikant geringer (Student-T-Test: p: 0,03; n = 28).

Das mediane Alter dieser beiden Patientengruppen (Coxarthrose 75 Jahre, proximale Femurfraktur 81 Jahre) unterschied sich nicht signifikant voneinander, wies jedoch einen deutlichen Trend auf (p: 0,09). Dennoch scheint das Alter indirekt einen negativen Einfluss auf die Standzeit zu haben. Je älter die Patienten bei der Endoprothesenimplantation waren, umso früher trat bei Ihnen eine periprothetische Fraktur auf (signifikante Korrelation Pearson: p: 0,03; n = 34) (s. Abb. 2). Das Geschlecht hatte keinen statistisch signifikanten Einfluss auf die Standzeit (p: 0,44, Student-T-Test).

Die Versorgung der periprothetischen Frakturen erfolgte in Abhängigkeit von der Prothesenfestigkeit. Bei 15 Patienten (65 %) erfolgte bei festem Prothesensitz eine winkelstabile Plattenosteosynthese:

4-mal Großfragmentplatte (Synthes), Abb. 3a,

5-mal NCB (Zimmer), Abb. 3b,

6-mal LISS (Synthes), Abb 3c.

Bei 6 Patienten (26 %) wurde aufgrund einer Prothesenlockerung ein Prothesenwechsel durchgeführt – zementiert 2, unzementiert 4 – eine intraoperativ aufgetretene Johanson-I-Fraktur wurde mit einer Drahtcerclage versorgt und bei einem Patienten erfolgte die Implantation eines zementierten proximalen Femurersatz (s. Abb. 4).

Für den Oxford Hip Score ergab sich zur Nachuntersuchung ein medianer Wert von 31,5 Punkten (IQB 21,5–45,0). In Bezug auf den Frakturtyp erreichten Patienten mit Johansson-I-Fraktur im Median 27 Punkte (IQB 15,0–41,0), Patienten mit Johansson–II-Fraktur 39,5 Punkte (IQB 20,5–51,0) und Patienten mit Johansson–III-Fraktur 32 Punkte (IQB 22,0–44,0) im Oxford Hip Score, ohne signifikanten Unterschied zwischen den Frakturtypen. Im Vergleich der Versorgungsarten erzielten Patienten mit Plattenosteosynthese einen Medianpunktwert von 33 (IQB 20,5–50,3), diejenigen mit Revisionsendoprothesen einen Medianpunktwert von 31,5 (IQB 19,0–38,8), jener mit Cerclagefixierung 27 Punkte und der Patient mit proximalem Femurersatz 44 Punkte. Ein signifikanter Unterschied lag ebenfalls nicht vor. Im Harris Hip Score wurden im Median 68 Punkte (IQB 34,8–81,8) erreicht und im Merle’ Aubigne-Score 6,5 (IQB 2,0–9,0). Wie beim Oxford Hip Score fanden sich auch in diesen Scores keine Abhängigkeiten zum Frakturtyp oder der Versorgungsart.

Bei der Patientenmobilität zeigte sich ein angestiegener Hilfsmittelbedarf nach periprothetischer Fraktur verglichen zur Situation vor der Fraktur (s. Abb. 5). Von den 23 erfassten Patienten benötigten 52,2 % vor der periprothetischen Fraktur zeitweise oder ständig Gehhilfen. Nach der Fraktur und zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung stieg der Bedarf an Hilfsmitteln auf einen Anteil von 87 % an. Beim Gangbild wiesen nahezu alle Patienten ein hinkendes Gangbild auf. Nur bei einem Patienten bestand ein normales Gangbild. Drei (16,7 %) der nachuntersuchten Patienten benötigten keine Gehstützen, 10 Patienten waren auf diese angewiesen. Drei Personen benötigten einen Rollator, 6 Patienten waren mit dem Rollstuhl mobil und ein Patient war bettlägerig.

Komplikationen

Bei 7 der 23 Patienten (30 %) traten 9 revisionspflichtige Komplikationen auf (s. Tab. 2). Zwei Patienten wiesen einen Plattenbruch nach Osteosynthese auf (s. Abb. 6), bei einem Patienten kam es zu einer Verbiegung der Platte. Eine Auslockerung der Schrauben nach winkelstabiler Plattenosteosynthese wurde bei weiteren 2 Patienten beobachtet. Zwei osteosynthetisch versorgte Patienten zeigten eine prolongierte Sekretion und erhielten einmalig ein Weichteildebridement. Darüber hinaus wurde bei einem Patienten ein Hämatom revidiert. Ein Patient wies einen Frühinfekt nach Implantation einer Revisionsendoprothese auf. Hier heilte die Infektsituation nach einem Kopf- und Inlaywechsel ohne weitere Revisionen aus.

Diskussion

In der aktuellen Untersuchung untersuchten wir die klinischen Ergebnisse und den Mobilitätsgrad von Patienten nach periprothetischer Femurfraktur. Besondere Berücksichtigung fand die ursprüngliche, zur Implantation der Hüftendoprothese führende Indikation. Unsere Hypothese einer längeren Prothesenstandzeit bei Patienten, bei denen die Hüftendoprothesenimplantation aufgrund einer Coxarthrose erfolgte, verglichen zu Patienten mit Frakturprothesen, bestätigte sich. Als ursächlich sehen wir hier eine höhere Knochenmineraldichte bei Patienten mit Arthrose verglichen zu Patienten ohne arthrotische Veränderungen [4–6], eine möglicherweise höhere Sturzneigung bei Patienten mit proximaler Femurfraktur und, auch wenn kein statistisch signifikanter Unterschied vorlag, so waren Patienten mit Coxarthrose zum Zeitpunkt der Implantation der Primärprothese im Mittel 6 Jahre jünger. In diesem Zusammenhang weisen unserer Daten eine signifikante negative Korrelation der Prothesenstandzeit mit dem Alter des Patienten zum Zeitpunkt der Prothesenimplantation auf. Je älter ein Patient war, desto eher drohte eine periprothetische Fraktur. Dies ist in Übereinstimmung mit Angaben anderer Arbeitsgruppen [9], die ebenfalls ein altersabhängiges Risiko einer periprothetischen Fraktur zeigen konnten. Als Ursache ist eine Kombination aus intrinsischer Ursache wie reduzierter Knochendichte und extrinsischen Faktoren wie einer erhöhten Sturzneigung mit zunehmenden Alter oder ein reduzierter Body-Mass-Index anzunehmen [10]. Hinzu kommen altersassoziierte und sekundär verstärkend wirkende Begleitumstände wie Demenz, reduzierte Compliance, Sehschwäche oder eine eingeschränkte Mobilität mit bestehender erhöhter Sturzneigung.

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