Übersichtsarbeiten - OUP 07/2018

Anmerkungen zur Mittelfußknochenosteotomie nach Weil
Anforderungen an die Indikationsstellung, Dokumentation und RisikoaufklärungRate of mistakes and malpractice claims

Schließlich besteht häufig Anlass, auf Behandlungsalternativen hinzuweisen (§ 630e Abs. 1 Satz 3 BGB), wozu auch konservative Maßnahmen gehören5, 6. Eine echte Behandlungsalternative, über die ungefragt aufzuklären ist, besteht, wenn für eine medizinisch sinnvolle und indizierte Therapie mehrere gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, die zu jeweils unterschiedlichen Belastungen des Patienten führen oder unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen bieten7. Das ist vor einer Osteotomie nach Weil eben häufig ein konservatives Vorgehen.

Dokumentationspflicht

Die Behandlungsdokumentation ist die zentrale Erkenntnisquelle für die Beurteilung, ob dem Behandelnden ein vorwerfbarer Fehler unterlaufen ist; für die Gutachterkommission sogar im Wesentlichen die einzige, weil sie keine Beweise durch Partei- oder Zeugenvernehmung erhebt. Das muss sich jeder Arzt schon aus Gründen des Selbstschutzes stets vor Augen halten, zumal der Gesetzgeber Versäumnisse auf diesem Gebiet zum Nachteil des Arztes streng sanktioniert, denn nach § 630h Abs. 3 BGB wird widerlegbar vermutet, dass der Behandelnde eine medizinisch gebotene Maßnahme nebst Ergebnis nicht getroffen hat, die er pflichtwidrig nicht aufgezeichnet oder aufbewahrt hat. Der Umfang der Dokumentationspflicht ergibt sich aus § 630f Abs. 2 BGB. Danach sind sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen, insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen. Diese Pflicht trifft jeden Arzt bei jeder Behandlung, also nicht nur bei der Krankenhausbehandlung. Auch der ambulant operierende Arzt muss eine entsprechende Dokumentation führen. Der Gesetzgeber gestattet es ihm nicht, davon abzuweichen, etwa weil er nicht – wie ein Krankenhaus – über einen entsprechenden „Apparat“ verfügt. Die Dokumentation dient der Sicherheit des Patienten während der Behandlung und in der Nachbehandlung. Durch sie erfüllt der Arzt ferner seine ihm dem Patienten gegenüber obliegende Rechenschaftspflicht8. Dokumentationsfehler können unmittelbar zu einer Haftung führen, haben im Übrigen beweisrechtliche Konsequenzen zum Nachteil des Behandelnden9. Die Behandlung muss anhand der Dokumentation nachvollziehbar sein. So darf z.B. die Indikation nicht bloß „behauptet“ werden, sie muss sich aus den zu dokumentierenden Befunderhebungen und deren Ergebnissen ableiten lassen.

Zusammenfassung

Die Verkürzung der Metatarsalia 2–4 nach Weil ist zwar bei einer klinisch gesicherten Metatarsalgie und röntgenologisch vorliegendem negativen Metatarsalindex eine bewährte Operationsmethode, jedoch belastet durch eine hohe Rate klinisch und optisch unbefriedigender Ergebnisse bezüglich Stellung und Beweglichkeit der operierten Kleinzehen trotz meist erfolgreicher Beseitigung der Metatarsalgie. Durch strenge Beachtung der Indikation und der Operationsmethode sowie durch eine konsequent kontrollierte Nachbehandlung lassen sich typische Fehler und Komplikationen vermeiden und die Ergebnisse verbessern.

Kommen alternative Behandlungsmethoden in Betracht, muss der Patient im Gespräch über die Vor- und Nachteile informiert werden, auch über eine eventuell versuchsweise konservative Therapie, falls diese noch nicht ausgeschöpft wurde, und über geeignetes Schuhwerk/Einlagen.

Auf die hohe Rate dennoch oft eintretender, insbesondere den Patienten nicht befriedigende Kleinzehenfehlstellungen muss präoperativ unbedingt im Aufklärungsgespräch hingewiesen werden, damit der Patient keine zu hohe Erwartungshaltung entwickelt. Auch auf die Bedeutung der aktiven Mitarbeit des Patienten zur Sicherung des primären und dauerhaften Ergebnisses ist unbedingt mittels Sicherungsaufklärung hinzuweisen.

Interessenkonflikt: Prof Dr. med. Christian Holland ist stellvertretendes geschäftsführendes Kommissionsmitglied der Gutachterkommission Nordrhein, Rainer Rosenberger ist stellvertretender Vorsitzender der Gutachterkommission, und Dr. Beate Weber ist Mitarbeiterin der Geschäftsstelle der Gutachterkommission Nordrhein.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Christian Holland

St. Willibrord Spital, 46446 Emmerich

holland-emmerich@t-online.de

Literatur

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7. Fuhrmann RA, Leutloff A: Differentialdiagnose und Therapie der Metatarsalgie. Orth Mitteil 2002; 4: 229–33

8. Fuhrmann RA, Roth A, Venbrocks RA: Metatarsalgie. Differentialdiagnose und Therapie. Orthopäde 2005; 34: 767–75

9. Fuhrmann RA: Degenerative Erkrankungen des Vorfußes – Hallux valgus und Kleinzehendeformitäten. Orthop Unfallchir up2date 2006; 1: 143–166

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