Übersichtsarbeiten - OUP 12/2014

Anwendung von Cerasorb Foam in der Orthopädie – eine prospektive Studie

Insgesamt war die Knochenneubildung sehr zufriedenstellend. So ergab sich nach einem Jahr ein Durchschnittswert von 3,2 (3 = ausgeprägt). Bei der Resorption ergab sich ein Durchschnittswert von 1,8 (2 = komplett). Bei 86 % der Patienten zeigte sich eine vollständige Resorption. Lediglich bei einzelnen Patienten, insbesondere solchen mit größeren Defekten und viel eingebrachtem Material, war noch Keramik sichtbar. Die Zugabe von autologer Spongiosa zeigte keinen relevanten Unterschied.

Bei der Betrachtung der Indikationen zeigte sich, dass Cerasorb Foam für alle gewählten Anwendungen sehr gut geeignet ist. Bei den Frakturen bestätigte sich die Beobachtung, dass sich bei jüngeren Patienten eine zügige, ausgeprägte Knochenneubildung beobachten lässt (Abb. 10, 12). Bei den älteren Patienten erfolgte die Neubildung etwas verzögert, schlussendlich jedoch befriedigend. Auch bei den Arthrodesen waren die Ergebnisse durchweg zufriedenstellend. Die Defektauffüllungen bei Entnahmen oder Zysten zeigten ebenfalls gute Ergebnisse (Abb. 6, 8 und 9, 11, 13, 14). Ähnliches galt für die Umstellungsosteotomien.

Diskussion

In der Orthopädie und Unfallchirurgie besteht ein nicht unerheblicher Bedarf an Knochenersatzmaterialien zur Füllung von Defekten oder Anlagerung an Defekte oder Frakturen. Der Goldstandard ist sicherlich die autologe Spongiosa. Diese verfügt als einziges Knochenersatzmaterial über osteokonduktive, osteoinduktive und osteogenetische Potenzen, wenn auch bei nicht vaskularisierten Knochenspänen nur eingeschränkt. Die Verfügbarkeit des Materials ist jedoch begrenzt, was bei großen Defekten oder wiederholten Defektauffüllungen limitierend ist. Auch die Qualität des Knochens nimmt mit zunehmenden Alter ab, was in Anbetracht eines immer älter werdenden Patientenguts zu Problemen führt. Die Entnahme der Spongiosa ist mit einem 2. Eingriff und einer Verlängerung der OP-Zeit und damit einer Kostensteigerung verbunden. Zusätzlich ist die Entnahme auch mit Risiken wie Blutungen, Infektionen und insbesondere Schmerzen verbunden.

Zur Lösung dieser Probleme gibt es unterschiedliche Ansätze. Generell kann man zwischen Fremdknochen und synthetischen Ersatzmaterialien unterscheiden. Auch Fremdknochen ist nicht uneingeschränkt verfügbar, die Gewinnung und Lagerung ist relativ aufwendig, und es gibt immer ein Restrisiko für die Übertragung von Infektionen. Bei den synthetischen Materialien sind die Kalziumphosphate eine bewährte und lang erprobte Gruppe. Hierzu gehört auch das Tricalciumphosphat, welches in dieser Studie in einer Verbindung mit porcinem Kollagen untersucht wurde.

Die Verarbeitung des Materials war unproblematisch. Vor dem Durchtränken mit Blut ließen sich bei Bedarf problemlos kleinere Stücke aus dem Schwamm herausschneiden. Nach dem Durchtränken ließen sich sowohl der mouldable als auch der flexible Foam leicht am Ort des Defekts einbringen und anlagern. Dank der schwammartigen Konsistenz blieb das Material am gewünschten Ort verhaftet. In den postoperativen Röntgenkontrollen wurde keine Positionsänderung des Materials beobachtet. Auch Fehlanlagerungen im umgebenden Gewebe entfielen.

Die Verträglichkeit des Materials war sehr zufriedenstellend. Es kam zu keinen Infektionen, Abstoßungsreaktionen oder sonstigen Cerasorb-assoziierten Komplikationen. Die Neubildung von Knochen und die Resorption des Materials erfolgten ebenfalls sehr zufriedenstellend. Bei allen Patienten war es nach 12 Monaten zu einer weitestgehenden Resorption des eingebrachten Granulats gekommen. Lediglich bei sehr großen Mengen Cerasorb Foam waren Reste von Keramik zu sehen. Parallel zum Abbau des Granulats zeigte sich eine nahezu vollständige Knochenneubildung nach 12 Monaten. Es konnten keine Unterschiede in dem Integrationsverhalten der flexiblen oder der mouldablen Form festgestellt werden. Auch das Körpergewicht der Patienten hatte keinen Einfluss auf die Integration. Lediglich ein hohes Patientenalter bewirkte eine langsamere Neubildung und einen verzögerten Abbau nach einem halben Jahr. In der Jahreskontrolle waren jedoch auch bei älteren Patienten keine Unterschiede mehr feststellbar. Dies überrascht nicht, da der Knochenstoffwechsel, insbesondere die Neubildung, im alten, meist osteoporotischen, Knochen reduziert ist. Alles in allem wurden damit die bereits in vorangegangenen Studien beobachteten Eigenschaften des Granulats bezüglich der Integration bestätigt [8, 6]. Durch die Kombination mit Kollagen ließen sich eine eindeutige Verbesserung des Handlings und zumindest kein Nachteil der Effektivität feststellen.

Abschließend muss Cerasorb Foam durchaus als Alternative zur autologen Spongiosa angesehen werden. Das Material zeigte gute Eigenschaften bezüglich der Integration, wurde nach 12 Monaten nahezu vollständig abgebaut und vermied die Entnahmemorbidität der autologen Spongiosa. Sowohl in den im Rahmen dieser Studie durchgeführten orthopädischen als auch in den unfallchirurgischen Anwendungen zeigte es sich als sehr effektiv. Ob bei bestimmten Indikationsstellungen oder Patientengruppen besondere Eignungen des Materials vorliegen, muss jedoch noch weiter untersucht werden. Die Einbettung in porcines Kollagen verbesserte die Verarbeitungseigenschaften und erlaubte gute Ergebnisse in Bezug auf die knöcherne Integration, eine Überlegenheit gegenüber Granulat ohne Kollagen sollte jedoch noch weiter untersucht werden.

Interessenkonflikt: Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jörg Jerosch

Abteilung für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin

Johanna Etiennne Krankenhaus

Am Hasenberg 46, 41452 Neuss

J.Jerosch@ak-neuss.de

Literatur

1. Jäger M, Westhoff B, Wild A, Krauspe R. Knochenspanentnahme am Becken. Techniken und Probleme. Der Orthopäde 2005; 34; 976–994

2. Horch H, Pautke C. Regeneration statt Reparation. Eine kritische Bewertung des autogenen Knochentransplantates als „Goldstandard“ bei der rekonstruktiven Chirurgie im Kieferbereich. Mund Kiefer GesichtsChir 2006; 10; 213–220

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