Arzt und Recht - OUP 07/2019

Arzthaftung
Keine Pflicht des Patienten zum ausdrücklichen Widerruf einer unwirksamen Einwilligung in den Eingriff – neue Arztpflicht

Grundsätzlich erachtet das Gericht zunächst einmal das Abverlangen der Einwilligung unmittelbar nach der stationär erfolgten Aufklärung als für „nicht unbedenklich“. Der Verfasser geht davon aus, dass dieser oberlandesgerichtlichen Beurteilung folgend, ein Großteil der alltäglichen Aufklärungs- und Einwilligungspraxis in Krankenhäusern als angreifbar zu beurteilen sein dürfte. Darüber hinaus hat sich die Behandlerseite organisatorisch darauf einzustellen, dass gegebenenfalls bewiesen werden muss, dass nach bereits erteilter Einwilligung des Patienten dieser auch zum Operationszeitpunkt die Einwilligung nicht zu widerrufen beabsichtigt. Diese konkrete Herangehensweise ist nach Ansicht des Verfassers völlig systemfremd. Selbstverständlich kann ein Patient seine erteilte Einwilligung widerrufen, wenn er nicht operiert werden möchte. Jedoch hat dies beispielsweise nichts mit dem Widerruf eines Verbrauchers im Kaufvertragsrecht zu tun, der unbestritten rechtlich möglich ist.

Der Ärzteschaft eine vertragliche Pflicht aufzuerlegen, zu überprüfen, ob gegebenenfalls vor einem Eingriff die erteilte Einwilligung durch den Patienten eventuell widerrufen werden soll, auch, wenn der Widerruf nicht erklärt wird, entbehrt aus hiesiger Sicht jeder Rechtsgrundlage.

Diese Absurdität wurde allerdings vom Oberlandesgericht nicht gesehen.

Korrespondenzadresse

Rechtsanwalt Heiko Schott

Fachanwalt für Medizinrecht

Leithestraße 39

45886 Gelsenkirchen

Mail@Schmelter-Schott.de

1 Beispielhaft BGH, Urteil vom 17. März 1998 , Az. VI ZR 74/97; BGH, Urteil vom 7. April 1992, Az. VI ZR 192/91.

2 OLG Köln, Urteil vom 16.01.2019, Az. 5 U 29/17.

3 OLG Köln, Urteil vom 16.01.2019, Az. 5 U 29/17.

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