Originalarbeiten - OUP 10/2012

Behandlung von chronischen Tendinosen durch
ultraschallgesteuerte peritendinöse Hyaluronsäureinjektion -
Eine interventionelle, prospektive, einarmige multizentrische Studie

N. Lynen1

Zusammenfassung: Chronische Tendinopathien sind eine häufig auftretende Problematik, die mit den gängigen Therapien oftmals nicht zufriedenstellend behandelt werden können. In vorliegender Studie wurde anhand von 35 Patienten, welche seit mindestens 6 Wochen an einer deutlich schmerzhaften Tendinopathie im Bereich der Achillessehne, des Epicondylus humeri radialis oder der Peronealsehne litten, die klinische Wirksamkeit und Sicherheit einer 2-maligen, in wöchentlichem Abstand peritendinös injizierten 2 %-igen Hyaluronsäurelösung überprüft (Fertigspritze OSTENIL TENDON, TRB Chemedica AG, Haar). Die Studienergebnisse zeigen, dass durch die Behandlung sowohl eine signifikante Schmerzreduktion als auch eine signifikante Besserung erkrankungsspezifischer Symptome erzielt wird. Die sehr gute Verträglichkeit und Sicherheit des Prüfproduktes konnte im Verlauf der Studie eindeutig belegt werden.

Schlüsselwörter: Tendinopathie, Tendinose, Hyaluronsäure, Hyaluronan, Achillessehne, Peronealsehne, Epikondylus, Tennisarm

Abstract: Chronic tendinopathies are a common problem that often cannot be treated satisfactorily with current therapies. In the present clinical study, the clinical efficacy and safety of a 2-injection regimen of 2 % sodium hyaluronate (pre-filled syringe OSTENIL TENDON, TRB Chemedica AG, Haar) was assessed in 35 patients with definite painful tendinopathy persistent for at least 6 weeks at the Achilles tendon, Epicondylus humeri radialis or the peroneal tendon. Study results show that the treatment achieves a significant pain relief and significant improvement of disease-specific symptoms. In the course of the study, the very good tolerability and safety of the product was reliably shown.

Keywords: tendinopathy, tendinosis, sodium hyaluronate, hyaluronan, achilles tendon, peroneal tendon, epicondylus, tennis elbow

Einleitung

Überlastungsschäden der Sehnen sind ein häufiger Grund für Beschwerden im Bereich der Extremitäten, insbesondere bei jüngeren aktiven Personen. Ursächlich ist hierfür häufig eine Überlastung durch sportliche Aktivität [1]. Aber auch im Rahmen körperlicher Arbeit bzw. aufgrund von Fehlbelastungen treten sogenannte Tendinosen auf. Typisch für die krankhaften Sehnenveränderungen ist ein deutlich protrahierter Verlauf, welcher eine Dauer von 6 Monaten und länger aufweist [2] und bei dem es zu einem fließenden Übergang von der gesunden Sehne über die akute entzündliche Achillodynie bis hin zur chronischen Tendinose kommt. Insbesondere die über einen längeren Zeitraum persistierenden Sehnenbeschwerden zeigen hierbei eine erhebliche therapeutische Problematik. So steht zwar eine Vielzahl verschiedener konservativer Behandlungsmethoden zur Verfügung, die meisten zeigen jedoch, insbesondere bei längerem Krankheitsverlauf, kaum nachhaltige Erfolge [3]. Ein wichtiger Grund hierfür ist sicherlich, dass pathogenetisch nur zu Beginn des Krankheitsgeschehens eine aseptische Entzündungsreaktion vorliegt. Wie in aktuellen Studien gezeigt, spielt die Entzündungskomponente bereits nach einem kurzen Krankheitsverlauf eine nur noch untergeordnete Rolle, sodass die entzündungshemmenden Eigenschaften von Kortikosteroiden oder nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) in dieser Phase therapeutisch unwirksam sind [4, 5]. Im weiteren Verlauf der Erkrankung entwickelt sich zunehmend eine Fibrose mit vermehrter Ausbildung von Kollagen zwischen den Gewebsschichten, welche zu einer Verklebung der Sehnen und somit zu einer schmerzhaft verminderten Sehnengleitfähigkeit führt. Durch die Verklebung kommt es zusätzlich zu einer Reduktion der Nutrition der bradytrophen Sehnen, da sich die Synoviaflüssigkeit nicht mehr bedarfsgerecht verteilen kann. Es kommt zu metabolischen Störungen mit Veränderung der Faserstruktur und Dedifferenzierung von Kollagen Typ I zu Kollagen Typ III sowie dem Einsprossen von nozizeptiven Nervenendigungen.

Die peritendinöse Applikation von Hyaluronsäure (HS) scheint hierbei, wie in verschiedenen Studien gezeigt werden konnte, eine wirksame Therapieoption in der Behandlung von chronifizierten Tendinosen darzustellen [6, 7, 8]. HS ähnelt in ihrer molekularen Zusammensetzung der Synovialflüssigkeit, welche unter physiologischen Bedingungen in Sehnenscheiden und dem die Sehne umgebenden Gewebe enthalten ist und unter anderem für die Nutrition der Sehne verantwortlich ist [9].

Ein weiterer wesentlicher Therapieeffekt der HS ergibt sich aus ihren viskoelastischen Eigenschaften. So kann HS bei Sehnen, die durch Mikrorisse und Verklebungen in ihrer Gleitfähigkeit eingeschränkt sind, zu einer Verbesserung der Oberflächengleitfähigkeit beitragen. Die Verbesserung der physikalischen Eigenschaften der Sehnengleitfähigkeit erklärt sich, wie in neueren Studien festgestellt, dadurch, dass es durch die Applikation von HS zu einer Vernetzung der oberflächlichen Zellen an den Sehnen kommt, welche zu dem beschriebenen „gliding effect“ führt [10, 11, 12].

Ein weiterer Effekt ergibt sich auf zellulärer Ebene durch die Aufweitung des extrazellulären Raumes. So ist HS aufgrund der hohen anionischen Ladung in der Lage, in hohem Maße Wassermoleküle zu binden und so durch Quellung eine bis zu 10.000-mal größere Raumbeanspruchung zu haben, als es das Volumen des Moleküls selbst hat [13]. Durch den somit ansteigenden osmotischen Druck bilden sich Räume in der Extrazellulären Matrix sowie zwischen den Zellschichten, was zu einer vermehrten Zellbeweglichkeit und damit zu einer vermehrten Zellmigration beiträgt [14]. Des Weiteren wirken die engmaschigen HS-Makromoleküle ähnlich einem molekularen Sieb, welches die freie Passage von Entzündungszellen und Prostaglandinen sowie Zytokinen gezielt unterbindet, aber gleichzeitig den Transport von nutritiv relevanten Metaboliten von der Synovialmembran zur Sehne kanalisiert [9, 15].

Zudem bietet HS aufgrund der hohen Affinität zur Extrazellulären Matrix eine ideale Umgebung für die Zellproliferation und Differenzierungen der Zellen [16, 17]. Durch die verbesserten Umgebungsbedingungen kommt es zu einer erhöhten Zellaktivität, wodurch die Zellen ihrerseits vermehrt Extrazelluläre Matrix produzieren, welche wiederum zu einer Optimierung der Reparaturprozesse führt [15].

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