Übersichtsarbeiten - OUP 04/2016

Bildwandler-assistierte lumbale transforaminale, epidurale und periradikuläre Injektion

Vad et al. [2] zeigten das Outcome einer Patientengruppe mit transforaminalen Injektionen von Kortikosteroiden, verglichen mit einer Gruppe mit paraspinaler Injektion von Kochsalzlösung. In einem 12-monatigen Follow-up konnten sie nachweisen, dass 84 % der mit Steroid behandelnden Patienten mehr als 50 % Schmerzreduktion zeigten, bei der Patientengruppe mit der paraspinalen Injektion waren es lediglich 48 %. Ghahreman at al. [7] veröffentlichten 2010 eine Studie, in welcher sie aufführten, dass im Langzeiteffekt von 12 Monaten die transforaminale Injektion von Steroiden und Lokalanästhetika einer Placebogruppe mit i.m. Injektionen um 50 % überlegen war. 2013 wurden von Manchicanti et al. [8] im Rahmen von Guidelines zu interventionellen Techniken an der Wirbelsäule ein Review über 15 RCT-Studien betreffend die transforaminale Injektion veröffentlicht. Dieser kam zu dem Gesamtergebnis, dass die Evidenz gut ist für die Behandlung des radikulären Schmerzes bei Bandscheibenprolaps, mit Lokalanästhetika und Steroiden, mittelmäßig für die Behandlung nur mit Lokalanästhetika. Betreffend die Spinalstenose ergaben sich mittelmäßige Ergebnisse für Lokalanästhetika und Steroide. Für das Post-Surgery-Syndrom wurde sowohl mit der Kombination von Lokalanästhetika und Steroiden als auch mit Lokalanästhetika alleine ein mittelmäßiger Effekt gezeigt. Sämtliche Effekte waren im sogenannten Short- und Long-term Relief erreichbar.

Komplikationen

Die üblichen Komplikationen bei der transforaminalen Injektion, wenn auch selten, beziehen sich auf eine Nervenverletzung, eine Gefäßverletzung, eine intravaskuläre Injektion und die Infektion. Es bestehen an der LWS einzelne Case Reports mit intravaskulären Injektionen von Steroiden, welche höchstwahrscheinlich für eine Spinal-cord-Läsion mit Paraplegie verantwortlich sind [9, 10].

Indikationen für die
transforaminale Injektion

  • 1. Ein radikulärer Schmerz wird anamnestisch, klinisch und eventuell auch elektrophysiologisch nachgewiesen. Dabei muss attestiert werden, dass die Elektrophysiologie teilweise hier keinen Nachweis erbringen kann.
  • 2. Patienten, die auf eine bereits im Vorfeld stattgefundene konservative Behandlung mit dementsprechender Medikation, physikalischen Maßnahmen und Physiotherapie nicht angesprochen haben.

Kontraindikationen

Absolute Kontraindikationen:

  • 1. Der Patient kann oder will nicht in die Intervention einwilligen.
  • 2. Es besteht eine anaphylaktische Reaktion auf Kontrastmittel in der Vorgeschichte.
  • 3. Ein nicht behandelter lokaler Infekt im Bereich der Intervention ist vorhanden.
  • 4. Koagulopathie.
  • 5. Der Patient kann nicht unter der Maßnahme kooperieren.

Relative Kontraindikationen:

  • 1. Medikamentenallergie
  • 2. Schwangerschaft
  • 3. Antikoagulantien
  • 4. Systemische Infektion
  • 5. Massive kardiovaskuläre oder respiratorische Einschränkungen
  • 6. Immunsupression.

Benötigtes Equipment

Eine Fluoroskopie mit C-Arm ist erforderlich, optimal ist die Ausrüstung mit einer zusätzlichen digitalen Subtraktionsangiografie. Die notwendige Notfallausrüstung zur Reanimation sowie das notwendige Monitoring mit Blutdrucküberwachung, Pulsoxymetrie sowie EKG sind selbstverständlich.

Materialien

Nadeln:

Es bieten sich Nadeln mit einer kleinen Gauge an (23G bis 26G), welche optimalerweise mit einem Mandrain ausgerüstet sein sollten, Länge 80–120 mm.

Hautdesinfektionsmittel, ohne Jod

Sterile Handschuhe

Mindestens 2 Spritzen mit 2 bzw. 5 ml.

Verbindungsröhrchen, um eine immobile Lage der Nadel zu gewährleisten.

Venöse Verweilkanüle.

Physiologisches Monitoring mit Blutdruckmessung, EKG und Pulsoxymetrie.

Injektionsmedikamente

Lokalanästhetika

Bupivacain, 0,25–0,5 %

Ropivacain, 0,2–0,75 %

Lidocain, 1–2 %

Steroide wasserlöslich

Betamethason, 6–18 mg

Triamcinolon, 20–80 mg

Dexamethason, 8 mg

Dokumentation
präinterventionell

Erhebung der Ausgangsdaten:

  • 1. Schmerzdokumentation mittels NRS (Numerous Rating Scale)
  • 2. Dokumentation der Funktionen des täglichen Lebens (ADL), welche durch den Schmerz beeinträchtigt sind.

Patientenaufklärung

Der Patient muss verstehen, warum die Intervention durchgeführt wird und was sowohl die potenziellen Risiken als auch das Benefit sind.

Dabei muss er über Infektion, allergische Reaktion, Hämatom, unveränderte Schmerzsymptomatik oder Schmerzzunahme, Punktion des Duralsacks mit spinalem Kopfschmerz und Arachnoiditis sowie eine Verletzung des Rückenmarkes aufgeklärt werden. Außerdem sollte der Patient über eine eventuelle kurzfristig auftretende Schwäche oder Gefühllosigkeit in den unteren Extremitäten informiert werden. Alternative Therapien müssen erörtert werden.

Prämedikation

Diese ist notwendig, falls eine i.v.-Sedation erfolgen soll. Ebenso sollte der Patient bei bekannter Allergie auf Kontrastmittel mit H1- oder H2-Blockern vorbehandelt werden.

Lagerung

Die Lagerung des Patienten erfolgt in Bauchlage.

Interventionstechniken

Es werden in der internationalen Literatur 2 verschiedene Varianten der Intervention beschrieben. Die historisch ältere Technik beschreibt einen sogenannten subpedikulären Zugang. Als 2. Technik ist eine retroneurale Lage der Nadelspitze möglich. Diese Variante wurde entwickelt, da es häufig bei frischen Diskushernien zu einer Verlagerung der Zielnerven nach kranial kommt. Bei einem subpedikulären Approach kann hier der Nerv verletzt werden. Außerdem kann mit dem retroneuralen Approach sicher die Injektion in die Arteria radikularis vermieden werden.

Der Vorteil des subpedikulären Zugangs liegt darin, dass der Zielpunkt sicher mit der Hinterkante des betreffenden Wirbelkörpers identifiziert werden kann. In den meisten vorab geschilderten RCT-Studien wurde diese Technik benutzt. Der Nachteil dieser Technik ist die Möglichkeit der intraarteriellen Injektion.

Beim retroneuralen Zugang wird insbesondere die Arteria radicularis anterior vermieden. Der Nachteil dieser Technik ist, dass es eine höhere Erfahrung erfordert, die Nadelspitze korrekt zu platzieren. Dabei darf die Nadelspitze, um eine Nervenverletzung zu vermeiden, nicht zu weit nach ventral ins Neuroforamen vordringen. Andererseits muss das Neuroforamen, hier insbesondere die vorhandene Fascia cribriformis, erreicht werden, um einen Effekt zu erzielen. Ein weiterer Nachteil ist, dass es für den retroneuralen Zugang keine Evidenz gibt.

Subpedikuläre Technik

Zunächst sollte eine p.a.-Fluoroskopie der lumbalen LWS erfolgen. Dabei werden im betreffenden Segment die jeweiligen Deck- und Grundplatten orthograd eingestellt. In dieser Einstellung liegt der optimale Zielpunkt am unteren Pol des kreisrunden Pedikelabbilds in 6-Uhr-Position. Der Zielpunkt liegt damit im sog. oberen sicheren Dreieck, welches an der Spitze durch den Pedikel, seitlich durch eine sagittal-tangentiale Linie der äußeren Wirbelkörperkante sowie als Basis durch den Nerv selbst geformt wird. Normalerweise wird der Zielpunkt vom oberen Facettengelenkfortsatz des unteren Segments überdeckt, sodass eine leicht oblique Einstellung mit 10–15° obligat ist. Dadurch verlagert sich der Zielpunkt für linksseitige Nervenwurzeln auf circa 7 Uhr, für rechtsseitige Nervenwurzeln auf 5 Uhr.

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