Originalarbeiten - OUP 09/2012

Chronische periprothetische Infektionen der Hüfte
mit Enterococcus faecalis – Therapie und Ergebnisse
Late periprosthetic infections of the hip with Enterococcus faecalis – treatment and results

T. K. Lichtinger1, A. Anders3, F. Szabados3, H. Herrmann2, S. Esenwein4, W. Teske2

Einleitung: Chronische periprothetische Infektionen der Hüfte mit Enterococcus faecalis sind selten und schwer zu therapieren.

Patienten und Methode: 5 Hüftgelenke mit chronischen periprothetischen Infektionen mit Enterococcus faecalis wurden retrospektiv erfasst. Die Gelenke wurden zweizeitig gewechselt. Für die Interimsphase wurde ein Vancomycin enthaltender Knochenzement-Spacer implantiert. Es erfolgte eine
systemische Antibiotikatherapie mit Ampicillin bzw. Amoxicillin für 6 Wochen.

Ergebnisse: Der durchschnittliche Zeitraum zwischen TEP-Ausbau und Reimplantation betrug 3,5 Monate. Eine Frühinfektion mit Erregerwechsel erforderte eine Revision. Nach 24,1 Monaten waren alle Gelenke saniert. Der Harris-Hip-Score betrug 74 Punkte der Schulthess-Hip-Score 44 Negativpunkte.

Schlussfolgerungen: Mit einem zweizeitigen Wechsel konnten alle chronischen periprothetischen Infektionen mit Enterococcus faecalis an der Hüfte saniert werden. Da eine intrinsische Resistenz gegen Gentamicin bestand (in 4 Fällen eine Gentamicin high-level-Resistenz) war ein Zusatz von Vancomycin zum Spacer erforderlich. Eine systemische Monotherapie mit Amoxicillin bzw. Ampicillin über 6 Wochen war ausreichend.

Schlüsselwörter: Enterococcus faecalis, periprothetische Infektion, zweizeitiger Wechsel, Spacer

Background: Chronic periprosthetic infections of the hip with Enterococcus faecalis are rare and difficult to treat. We
report about a case series.

Patients and Methods: 5 patients with chronic periprosthetic infections caused by Enterococcus faecalis were analysed. All patients were treated with two-stage revison arthroplasty. A vancomycin-loaded spacer block was used in the interim. We administered a systemic antibiotic therapy for 6 weeks (ampicillin followed by amoxicillin).

Results: The average time between removal and reimplantation of the prosthesis was 3,5 months. In one case an early infection caused by a different organism was successfully treated by early revision. After 24,1 months the infections were cured in all cases. The average Harris-hip-score was 74 points and the average Schulthess-hip-score was 44 negative points.

Conclusion: Staged revision arthroplasty cured the chronic periprosthetic infection with Enterococcus faecalis. The pathogen was intrinsic resistant to gentamicin (4 cases with gentamicin high-level-resistance). Therefore vancomycin should be added into the bone cement spacer. A systemic monotherapy (ampicillin, amoxicillin) for 6 weeks is adequate.

Keywords: enterococcus faecalis, periprosthetic infection, two-stage revision, antibiotic spacer

Einleitung

Enterokokken sind Mikroorganismen, die den menschlichen Gastrointestinaltrakt kolonisieren und eine Reihe von Infektionen verursachen. Insbesondere unter antimikrobiellem Druck oder in einem geeigneten nosokomialen Umfeld sind urologische Infektionen, abdominale Infektionen, Bakteriämien, Endokarditiden, orthopädische bzw. fremdkörperassoziierte Infektionen möglich [1].

Bei Infektionen des Bewegungsapparates finden sich häufig Enterokokken, wobei eine Unterscheidung zwischen einer Kolonisation und einer Infektion oft schwierig ist [2]. Periprothetische Infektionen mit Enterokokken sind selten. Ihre Häufigkeit wird auf 3–7 % der periprothetischen Gelenkinfektionen geschätzt und sie sind als „difficult to treat“ zu betrachten [3].

Trampuz und Zimmerli [3] empfehlen deshalb bei diesen Patienten grundsätzlich die zweizeitige Wechseloperation. Für Infektionen an der Hüfte schlagen sie eine Interimsphase von mindestens 8 Wochen vor. Ferner wird von der Verwendung eines Spacers abgeraten, sodass das Gelenk frei von Fremdkörpern ist. Die Dauer der Antibiotikatherapie wird für 6 Wochen während der Interimsphase und für weitere 3–6 Monate nach der Reimplantation empfohlen.

Wir führen als Standardverfahren bei chronischen periprothetischen Infektionen an der Hüfte einen zweizeitigen Wechsel durch. Abweichend von Trampuz und Zimmerli [3] implantieren wir auch bei Infektionen mit Enterokokken während der Interimsphase einen nicht artikulierenden Knochenzement-Spacer mit Beimischung von Vancomycin zur gezielten lokalen Keimbekämpfung [4,5]. Zusätzlich soll der Platzhalter auch eine Totraumverkleinerung bewirken und die anatomische Orientierung bei der Reimplantation erleichtern.

Anhand einer Fallserie mit chronischen periprothetischen Infektionen mit Enterococcus faecalis bei Hüftendoprothesen stellen wir unsere Ergebnisse für diese seltene Gruppe [6] von periprothetischen Infektionen dar und diskutieren diese anhand der Literatur.

Patienten und Methode

In einer retrospektiven Recherche anhand der Klinikdatenbank konnten 5 Patienten mit einer chronischen periprothetischen Infektion der Hüfte mit Enterococcus faecalis erfasst werden. Bei 3 Männern und 2 Frauen wurde wegen einer chronischen periprothetischen Infektion mit Enterococcus faecalis eine
Hüftendoprothese zweizeitig gewechselt. Der Altersdurchschnitt betrug 74 (63–80) Jahre. Die Hüftendoprothesen (4 zementiert, eine zementfrei) waren durchschnittlich 11,5 Monate (2–27 Monate) in situ. Die Diagnose wurde bei einem pathologischen Punktat (positiver mikrobiologischer Befund) und gleichzeitig erhöhten serologischen Entzündungsparametern (CRP, Blutbild) gestellt. Nur bei länger als 4 Wochen bestehenden klinischen Symptomen wurde die Infektion als chronisch klassifiziert [3].

4 der 5 Infektionen waren monomikrobakteriell durch Enterococcus faecalis verursacht. In einem Fall lag eine Mischinfektion mit Staphylococcus haemolyticus vor. In allen Fällen wurde der mikrobiologische Befund durch die bei der Explantation entnommenen intraoperativen Gewebeproben bestätigt.

Nach Explantation der Endoprothesen erfolgte ein ausgiebiges Debridement an Knochen und Weichteilen. Das Acetabulum wurde mit Knochenzement (Palacos R+G, Heraeus Medical Gmbh Wehrheim, Deutschland) ausgefüllt, wobei vom Hersteller bereits Antibiotika (Gentamicin) beigemengt sind (Abb. 1). In das Knochenzementpulver wurde beim Anmischen zusätzlich Vancomycin-Pulver im Verhältnis 1/10 in das Polymer-Pulver eingerührt. Funktionell entsprachen die Gelenke einer Resektionsarthroplastik.

Wir behandelten über 6 Wochen resistenzgerecht mit Antibiotika. Nach Auswertung der Antibiogramme und Beratung durch die Kollegen des lokalen Institutes für Mikrobiologie erfolgte in allen Fällen die Therapie Ampicillin intravenös und danach Amoxicillin oral für insgesamt 6 Wochen. Bei der Patientin mit einer Mischinfektion mit Stapylococcus haemolyticus erfolgt zusätzlich die Gabe von Cotrimoxazol. Die bei der Explantation entnommenen Gewebeproben zeigten in allen Fällen eine Sensibilität der Enterococcus faecalis-Isolate auf Ampicillin bzw. Amoxicillin und Vancomycin. Neben der bekannten intrinsischen Resistenz fand sich in 4 Fällen eine Gentamicin high-level-Resistenz.

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