Originalarbeiten - OUP 09/2012

Chronische periprothetische Infektionen der Hüfte
mit Enterococcus faecalis – Therapie und Ergebnisse
Late periprosthetic infections of the hip with Enterococcus faecalis – treatment and results

Nach dem Absetzten der Antibiotika für 14 Tage wurden die Hüftgelenke neuerlich unter Röntgenkontrolle punktiert und das Punktat für mindestens 14 Tage bebrütet [7]. Voraussetzung für die Reimplantation waren ein negativer mikrobiologischer Befund, negative serologische Entzündungswerte und unauffällige Wundverhältnisse. Bei 2 Patienten war vor der Reimplantation eine Revision wegen Wundheilungsstörungen erforderlich. Die hierbei entnommenen Gewebeproben ergaben keinen Keimnachweis.

Die Reimplantationen nahmen wir durchschnittlich 3,5 Monate (2,3–4,2) nach der Explantation vor (Abb. 2). Wir verwendeten in allen Fällen konventionelle Pfannen (4 zementierte Polyethylen-Pfannen, eine zementfreie Pfanne). Die Stiele wurden stets zementfrei verankert (nicht modulare Revisionsstiele vom Typ Wagner). Die Kopfdurchmesser betrugen 28 bzw. 32 mm.

Nach der Reimplantation wurde eine neuerliche Antibiotikatherapie für 6 Wochen durchgeführt. Klinische, laborchemische (CRP, BB) und röntgenologische Nachuntersuchungen erfolgten anschließend in 3- bis 6-monatigen Abständen.

Die Nachbeobachtungszeit nach der Reimplantation betrug durchschnittlich 24,1 (15,3–28,6) Monate. Bei der letzten Nachuntersuchung wurde der Harris-Hip-Score [8] und der Schulthess-Hüft-Score [9] erfasst.

Der Harris-Hip-Score (HHS) wurde bei 90–100 Punkten als sehr gut, 80–89 Punkte als gut, 70–79 Punkte als befriedigend und unter 69 Punkte als schlecht klassifiziert. Im Schulthess-Hüft-Score (SHS) entsprechen hohe Punktwerte einem schlechten Ergebnis (0 Punkte = keine Einschränkung, 100 Punkte = extreme Einschränkung). Daher wurden 0–10 Punkte als sehr gut, 11–20 Punkte als gut, 21–30 Punkte als befriedigend und mehr als 31 Punkte als schlecht bewertet [8,9].

Ergebnisse

Reinfektionen

Bei einer 63-jährigen Patientin mit einer ursprünglichen Mischinfektion (Enterococcus faecalis und Staphylococcus haemaolyticus) zeigte sich 14 Tage nach der Reimplantation eine Frühinfektion mit beta-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe G. Diese wurde durch einen Austausch des Polyethylen-Inlays und der Kopf-Hals-Komponente sowie anschließender resistenzgerechter Antibiotikatherapie über 6 Wochen erfolgreich behandelt. Die Nachbeobachtungszeit für diesen Fall betrug 24,6 Monate.

In den anderen 4 Fällen zeigten sich klinisch, radiologisch und laborchemisch während der regelmäßigen Nachuntersuchungen keine Hinweise für Reinfektionen. Das Follow-up für diese Patienten betrug 23,9 Monate (15,3–28,6) Monate.

Komplikationen

Bei einer 80-jährigen Patientin trat postoperativ eine geschlossen nicht zu reponierende Luxation auf und es war eine offene Reposition notwendig. Nervenschäden oder Verletzungen der Gefäße traten in unserer Serie nicht auf, obwohl durch Narben- und Granulationsgewebe die Identifizierung anatomischer Strukturen bei den Reimplantationen erschwert war. Zug- und Dehnungsschäden an dem N. femoralis oder N. ischiadicus wurden nicht beobachtet.

Harris-Hip-Score (HHS) und Schulthess-Hüft-Score (SHS)

Nach durchschnittlich 24,1 (15,3–28,6) Monaten konnten alle Patienten nachuntersucht werden.

Der durchschnittliche Wert des untersucherorientierten HHS betrug 74 (53–88) von 100 erreichbaren Punkten. 2 Hüften wurden als gut, eine als befriedigend und zwei als schlecht klassifiziert. Der Punktwert für das Kriterium Schmerzen (maximal 44 Punkte) lag im Durchschnitt bei 38 (20–44) Punkten. Die Kriterien Funktion, Fehlstellung und Beweglichkeit erreichten in der Summe durchschnittlich 36 (33–48) Punkte von 56 möglichen Punkten.

Beim patientenorientierten SHS lag der durchschnittliche Wert bei 45 (30–60) von 100 zu vergebenden Negativpunkten. Bei analoger Auswertung zum HHS wurden eine Hüfte als durchschnittlich und 4 Hüften als schlecht bewertet. Es wurden gute Ergebnisse für die Schmerzfreiheit erzielt. 3 Patienten waren komplett schmerzfrei. Der mittlere Punktewert für das Item Schmerzen lag bei 2,8 von 20 Negativpunkten. Die Wahrnehmung der Gelenkfunktion im SHS war deutlich schlechter. Alle Patienten bemerkten subjektiv ein mehr oder weniger starkes Hinken und alle gaben Beeinträchtigungen bei der Führung des Haushaltes oder bei Freizeitaktivitäten an.

Diskussion

Der zweizeitige Wechsel einer Hüftendoprothese hat sich als Verfahren zur Sanierung einer chronischen Infektion einer Hüfte mit künstlichem Gelenk bewährt und in den meisten Zentren durchgesetzt [10]. Er kann gegenüber dem einzeitigen Wechsel auch bei unbekanntem Erreger und ungünstigen Weichteilverhältnissen durchgeführt werden [3]. Eine zementierte Implantatverankerung ist nicht erforderlich [11].

Es finden sich in der Literatur bezüglich der Infektionsausheilung nach zweizeitigen Wechseloperationen gute Ergebnisse. Beispielsweise beobachteten Sanchez-Sotelo et al. [12] nach über 10 Jahren Beobachtungszeit eine langfristige Sanierung der Infektionen in 87,5% bei 169 Fällen. Allerdings sinken die Erfolgsraten bereits kurz- und mittelfristig bei resistenten Keimen und Patienten mit eingeschränkter Immunabwehr auf unter 80% [13,14].

In unserem Kollektiv mit 5 als „schwer zu therapieren“ eingeschätzten [3] periprothetischen Infektionen mit Enterococcus faecalis konnte in allen Fällen die Infektion saniert werden. Abgesehen von einer erfolgreich behandelten Frühinfektion mit einem Erregerwechsel traten keine Reinfektionen im Nachuntersuchungszeitraum von durchschnittlich 24,1 Monaten auf. Die Verwendung von Gentamicin-enthaltenden Knochenzement-Spacern ist nicht sinnvoll, da in 4 von 5 Fällen in unserer Kohorte eine Gentamicin high-level-Resistenz bestand. Diese high-level-Resistenzen sind möglicherweise auf den Kontakt der Erreger mit dem bei der Primäroperation verwendeten Knochenzement zurückzuführen. Auf das zugegebene Vancomycin waren die Enterokokken in allen Fällen sensibel.

Unsere Ergebnisse decken sich mit den Beobachtungen von Fink et al. [15], die zweizeitige Wechseloperationen mit einer Kombination aus systemischer und gezielter lokaler Antibiotikatherapie durchführten. Nach dem Ausbau der Prothese wurden Antibiotika enthaltende artikulierenden Spacer für 6 Wochen implantiert, wobei das Antibiotikum im Zement entsprechend dem Resistogramm des Erregers gewählt wurde. Nach der Reimplantation wurde nochmals eine mehrwöchige systemische Antibiotikatherapie durchgeführt. Die Autoren fanden bei 36 Hüften nach durchschnittlich 35 Monaten Nachbeobachtung keine Reinfektionen.

Die Verwendung von Antibiotika-enthaltenden Platzhaltern ermöglicht nicht nur eine lokale Bekämpfung der Infektion. Durch sogenannte artikulierende Spacer kann zusätzlich die Beinverkürzung während der Interimsphase und die Verkümmerung der das Hüfgelenk führenden Muskulatur vermindert werden. Hsieh et al. [16] verglichen zweizeitige Wechseloperation mit und ohne artikulierende Spacer. Bei Hüften mit artikulierenden Spacern zeigten sich während der Interimsphase höhere Hüft-Scores und zudem war der Krankenhausaufenthalt kürzer. Nach der Reimplantation betrug bei vorheriger Verwendung artikulierender Spacer die Luxationsrate 1,8% und bei vorheriger Verwendung nicht-artikulierender Spacer 14,4%.

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