Originalarbeiten - OUP 03/2012

Der kindliche idiopathische Klumpfuß
The idiopathic clubfoot

Obwohl in der Regel anfangs gute Korrekturen der Klumpfußdeformität durch Manipulationen, Gipse und ggf. eine Achillessehnentenomie erzielt werden, treten Rezidive auf [8, 10]. Beispielsweise werden bei der Ponseti-Methode in bis zu über einem Drittel der Fälle Rezidive angegeben [8, 11]. Hauptursache hierfür ist eine mangelde Compliance bei der Schienenversorgung, die bis zum vierten Geburtstag des Kindes empfohlen wird [10]. Ein Teil der Rezidive lässt sich durch eine neuerliche Ponseti-Gips-therapie erfolgreich behandeln, die restlichen müssen letztendlich doch operativ angegangen werden [8, 12].

Bei der „französischen Methode“ werden ähnliche Rezidivraten wie bei der Ponseti-Methode erzielt, wobei hier aber fast alle Rezidive eine Operation erfordern [8, 12, 13].

Allerdings ist die Unterscheidung zwischen einer unvollständigen Korrektur und einem echtem Rezidiv nicht leicht. Zusätzlich können nicht erkannte neurologische Grundkrankheiten und das Vorliegen eines sogenannten „rebellischen Klumpfußes“ (schwere Klumpfußdeformität, die immer wieder Rezidive entwickelt) die Beurteilung erschweren.

Sollte ein operatives Vorgehen bei einem Klumpfußrezidiv erforderlich sein, so richtet sich die Wahl des Verfahrens nach dem Einzelfall. Grundsätzlich haben sich die nachfolgenden Verfahren bewährt: die Ponseti-Methode, die peritalare Arthrolyse über den Cininnati-Zugang, Sehneneingriffe (z.B. der Versatz der Tibialis anterior-Sehne auf den Fußrücken), Mittelfußosteotomien (z.B. die Kuboidkeilosteotomie und kombinierte Mittelfußosteotomien), Rückfußosteotomien (z.B. die Kalkaneusosteotomie nach Dwyer), die schrittweise Fußkorrektur mittels Ringfixateur (Ilizarov), Teilarthrodesen (z.B. die subtalare Korrekturarthodese) und in manchen Fällen eine Derotationsosteotomie an der Tibia. Die Nachbehandlung besteht in der Regel in einer Gipsruhigstellung für 6–8 Wochen, physiotherapeutischen Übungen, Schienenversorgungen und Schuh- bzw. Einlagenversorgungen.

Klumpfußüberkorrekturen sind vor allem bei den peritalaren Releases beschrieben und präsentieren sich als Hackenfuß als Knick-Senkfuß oder als Knick-Senk-Hackenfuß. Sie treten hin und wieder nach primären Eingriffen auf und finden sich deutlich häufiger nach Rezidivoperationen. Die Behandlungsoptionen sind sehr eingeschränkt.

Ergebnisse

Die Beurteilung der unterschiedlichen Therapieverfahren ist schwierig, da sich zum einen jeder Klumpfuß vom anderen unterscheidet und andererseits sich die unterschiedlichen Einteilungssysteme nur teilweise vergleichen lassen. Allgemein verdrängen die guten Langzeitergebnisse der weniger invasiven Methoden die aggressiven Operationen.

Beispielsweise werden für die Ponseti-Methode gute bis exzellente Ergebnisse in 78% der Fälle nach 30 Jahren Beobachtungszeit angegeben [14]. Beim Vergleich zwischen Ponseti-Methode und posterior-medialem Release fanden sich nach 19 Jahren Beobachtungszeit in 81% der Fälle gute und exzellente Ergebnisse bei der Ponseti-Methode und nach 25 Jahren in nur 41% gute und exzellente Ergebnisse beim posterior-medialem Release [15]. Hierzu passend zeigte sich im Langzeitverlauf nach 30 Jahren bei einem ausgedehnten peritalarem Release eine schlechtere Funktion des Fußes als nach einem limitierten Eingriff. [9].

Zusammenfassend kann auch durch eine optimale Therapie kein vollkommen normaler Fuß erreicht werden. Häufig muss man eine dünnere Wadenmuskulatur, eine vermehrte Adduktion des Vorfußes, eine Bewegungseinschränkung im oberen und unteren Sprunggelenk und einen im Vergleich zur Gegenseite kleineren Fuß akzeptieren. Meist sind die verbliebenen Deformitäten funktionell nicht störend aber kosmetisch auffällig und machen die Schuhversorgung aufwändiger als bei gesunden Füßen.

Ärzte, Therapeuten und Eltern müssen deshalb von Anfang ihre Erwartungen an die möglichen Ergebnisse anpassen.

Fazit

Aufgrund der sehr guten funktionellen Ergebnissen und der niedrigen Komplikationsraten haben sich heutzutage die nicht operative Therapie und das minimalinvasive Vorgehen als Methoden der Wahl etabliert. Entscheidend für eine gute Korrektur sind die adäquate Gipsredression, eine fein dosierte Operation und die konsequente langfristige Nachbehandlung.

Korrespondenzadresse

Dr. med. T.K. Lichtinger

Universitätsklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie der Ruhr Universität Bochum im St. Josef Hospital

Gudrunstrasse 56

44791 Bochum

E-Mail: thomas.lichtinger@web.de

Literatur

1. Westhoff B, Krauspe R: Ätiologie und Pathogenese. In: Krauspe R, Westhoff B, Wild A (Hrsg.) Der Klumpfuß (2006) S. 3 – 6.

2. Diméglio A, Bensahel H, Souchet P, Mazeau P, Bonnet F: Classification of clubfoot. J Pediatr Orthop B 4 (1995) 129–36.

3. Simons GW: Analytical radiography of club feet. J Bone Joint Surg Br Nov 59-B (1977) 485–9.

4. Hamel J:Ultrasound diagnosis of congenital foot deformities. Orthopade 31 (2002) 326–7.

5. Jowett CR, Morcuende JA, Ramachandran M: Management of congenital talipes equinovarus using the Ponseti method: a systematic review. J Bone Joint Surg Br. 93 (2011) 1160–4.

6. Kite JH: Nonoperative treatment of congenital clubfoot. Clin Orthop Relat Res 84 (1972) 29–38.

7. Diméglio A, Bonnet F, Mazeau P, De Rosa V: Orthopaedic treatment and passive motion machine: consequences for the surgical treatment of clubfoot. J Pediatr Orthop B 5 (1996) 173–80.

8. Richards BS, Faulks S, Rathjen KE, Karol LA, Johnston CE, Jones SA: A comparison of two nonoperative methods of idiopathic clubfoot correction: the Ponseti method and the French functional (physiotherapy) method. J Bone Joint Surg Am 90 (2008) 2313–21.

9. Dobbs MB, Nunley R, Schoenecker PL: Long-term follow-up of patients with clubfeet treated with extensive soft-tissue release. J Bone Joint Surg Am 88 (2006) 986–96.

10. Morcuende JA, Dolan LA, Dietz FR, Ponseti IV:Radical reduction in the rate of extensive corrective surgery for clubfoot using the Ponseti method. Pediatrics. 113 (2004) 376–80.

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