Übersichtsarbeiten - OUP 11/2018

Der Sportarztkoffer
Besonderheiten und Empfehlungen zur AusstattungSpecials contents and recomendations for equipment

Merke: Es gibt nicht den einen Universalkoffer. Vielmehr kann man von einer individuellen und variablen Zusammenstellung mit einigen Grundausstattungsmerkmalen sprechen.

Erfahrungen in der jeweiligen Sportart und die Kenntnis der sportartspezifischen Anforderungsprofile sind für den betreuenden Arzt unumgänglich und nicht nur für die Zusammenstellung der Materialauswahl zwingend notwendig. Diese sportart- und disziplinspezifischen Kenntnisse sind die Grundlage, um auftretende Beschwerden frühzeitig zu erkennen und daraus adäquate diagnostische und behandlungstechnische Schritte einzuleiten.

Bei größeren Veranstaltungen, an denen mehrere Personen an der medizinischen Betreuung beteiligt sind, empfiehlt es sich, eine zentrale Koordination vorzunehmen, und es sollte eine Absprache bezüglich der Material- und Medikamentenauswahl mit den zuständigen Ärzten und Physiotherapeuten erfolgen. Dies gewährleistet eine optimale Ressourcennutzung und vermeidet Situationen, in denen einige Dinge doppelt und dreifach, andere hingegen gar nicht vorhanden sind, da es in der jeweiligen Ausrüstung typischerweise Überschneidungen gibt.

Es empfiehlt sich, die Medikamentenzusammenstellung („Apotheke“) selbst vorzunehmen und persönlich mitzuführen, um beispielsweise nicht im Ausland Medikamente käuflich erwerben zu müssen. Dies hat unterschiedliche Gründe. Ein relevanter Faktor ist eine nicht zu kalkulierende unmittelbare Verfügbarkeit und der ohne Zeitverzögerung durchzuführende Behandlungsbeginn bei der jeweiligen Betreuungsmaßnahme. Zum anderen sollte gewährleitet sein, dass der Arzt und ggf. auch der Athlet auf für ihn bekannte Medikamente zurückgreifen kann. Dies erhöht die Anwendungssicherheit und reduziert das Risiko einer Fehlmedikation oder Fehldosierung. Ebenfalls ist das Risiko einer Medikamentenverunreinigung, die in einigen Ländern nicht ausgeschlossen werden kann, minimiert.

Die Ausrüstung ist häufig, u.a. aus logistischen Gründen, auf das Notwendige zu beschränken.

Merke: Bei allen Medikamenten und dem Sterilgut (Spritzen, Nadeln etc.) ist das Verfallsdatum zu beachten und vor jedem Einsatz zu überprüfen.

Anti-Doping-Richtlinien

Grundsätzlich sei darauf hingewiesen, dass in der Sportbetreuung selbstverständlich die gültigen Anti-Doping-Richtlinien gelten (WADA, 2017). Es ist darauf zu achten, dass keine Medikamente mitgeführt werden, die auf der NADA/WADA-Verbotsliste stehen. Dies verhindert eine versehentliche Fehlmedikation mit schwerwiegenden Folgen. Ebenfalls ist auf die Art und Menge der Notfallmedikamente zu achten. So ist beispielsweise das Mitführen von mehreren (großvolumigen) Infusionen mit einer reinen Notfallversorgung kaum zu rechtfertigen.

Der Sportarzt muss sich regelmäßig über die aktuellen Anti-Doping-Richtlinien informieren und ist inzwischen von den Sportverbänden angewiesen, die Teilnahme an entsprechenden Fortbildungsmaßnahmen nachzuweisen. Ein hilfreiches und praxisnahes Tool ist die NADA-App, die auf dem Smartphone oder dem Tablet nutzbar ist. Hier kann sehr einfach geprüft werden, welche Medikamente sicher zur Anwendung kommen können.

Der Koffer

Da es sich bei der akuten Behandlung mehr oder weniger um eine geplante Erste Hilfe bei einer Sportverletzung handelt, sind ebenfalls Richtlinien und Vorschriften bezüglich der Minimalausstattung des Sportarztkoffers zu berücksichtigen. Diese sind in den DIN-Normen geregelt.

Der Anwendungsbereich kann sehr unterschiedlich sein und ist eben nicht eingeschränkt auf ein großes Fußballstadion. Für Schulen und Tageseinrichtungen für Kinder sollen neben dem klassischen Verbandskasten auch weitere geeignete Verbandmittelbehältnisse genutzt werden, sofern sie die gleichen Eigenschaften (Verschließbarkeit, Dichtigkeit, keine scharfen Ecken etc.) aufweisen. Der Sportarzt kann seine Utensilien also in einem geeigneten Sportarztkoffer mitnehmen und ist nicht auf einen Verbandskasten oder -koffer angewiesen. Zu berücksichtigen ist, dass klassische Verbandskoffer aufgrund ihrer räumlichen Kompaktheit in der Regel nicht auf eine individuelle Zusatzbestückung oder auf regelmäßige Entnahmen/Bestückungen ausgelegt sind.

Verbandskästen, mit den Maßen 25,5 x 16,6 x 8 cm (L x B x H) tragen die Bezeichnung „Verbandskasten DIN 13157-C“, andere Behälter die Bezeichnung „Inhalt DIN 13157“. Beides ist vom Gesetzgeber zur Anwendung freigegeben.

Die DIN 13164 regelt die gesetzliche Anforderung für Fahrten zu Training und Spiel und entspricht lediglich dem Kfz-Verbandskasten, der ohnehin vorhanden sein sollte.

Die Vorschrift DIN 13157 beschreibt die notwendige Ausstattung des Koffers nach Arbeitsschutz-Richtlinien (ggf. auch Betriebssport). Die Verantwortlichen in den Vereinen und im Betriebssport weisen mit diesem Kofferinhalt nach, dass alle Verbandmaterial-Anforderungen zum Schutz von Trainern, Betreuern, Spielern und Mitarbeitern zur Verfügung stehen. In den meisten Fällen sind hierfür der Veranstalter und der Sportstättenbetreiber und nicht der Arzt verantwortlich. Bei einigen Trainingslagern in durchaus abgelegenen Regionen, wie beispielsweise beim Wildwasser-Kanu, kann eine einfache Notfallversorgung allerdings sehr schnell zur logistischen Herausforderung werden, und der Sportarzt ist gut beraten, eine eigene Grundausstattung mitzuführen (Abb. 3).

Ausstattung und Inhalt
des Arztkoffers

Basisausstattung

Bezüglich der Erste-Hilfe-Ausstattung gibt es für Sportvereine keine spezifischen Vorschriften. Weder die Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (GUV-V A 1, insbesondere §§ 24–28) noch die Arbeitsstättenverordnung bestimmen, welches und wie viel Erste-Hilfe-Material im Einzelnen bereitzustellen ist. Gleiches gilt für den Sportarztkoffer. Hinzu kommt, dass der Arzt den Koffer meist ohnehin individuell zusammenstellt.

Von folgenden Richtwerten kann ausgegangen werden (Erste-Hilfe-Minimalausstattung):

Bis 50 Personen: kleiner Verbandskasten nach DIN 1315751.

Bis 300 Personen: großer Verbandskasten nach DIN 13169.

Für je weitere 300 Personen: großer Verbandskasten nach DIN 13169.

Der Inhalt des Verbandskoffers nach DIN 13157 ist insgesamt 65-teilig und besteht aus folgenden Einzelkomponenten:

Augenkompressen

Fingerverbände

Schere

Dreiecktücher

Heftpflaster

Verbandpäckchen

Einmalhandschuhe

Verbandtücher

Kälte-Sofortkompresse

Vliesstofftücher

Kompressen

Wundschnellverbände

Fixierbinden

Pflasterstrips

Fingerkuppenverbände

Rettungsdecke

Folienbeutel

Erste-Hilfe-Broschüre

Inhaltsverzeichnis

Der Verbandskasten nach DIN 13169 unterscheidet sich vom Inhalt eines Verbandskastens nach DIN 13157 lediglich in der Menge der Produkte.

Zusatzausstattung
für den Sportarztkoffer

1. Allgemeine Akutversorgung

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