Übersichtsarbeiten - OUP 10/2014

Die arthroskopische Therapie der spinoglenoidalen Zyste bei SLAP-Läsion der Schulter – ein systematischer Review

M. von Knoch1, W. Schultz2

Zusammenfassung: Eine spinoglenoidale Zyste geht
häufig von einer Läsion des oberen Labrums – einer SLAP-Läsion – aus und kann durch Kompression des Nervus suprascapularis neben Schmerzen eine Schwäche, Atrophie und Degeneration des Musculus infraspinatus bedingen. Im Rahmen eines systematischen Reviews wurden die zur Verfügung stehenden Informationen über die arthroskopische Therapie der spinoglenoidalen Zyste in Kombination mit einer SLAP-Läsion untersucht. Nach primärer Identifikation von 27 Treffern in der Datenbank PubMed der U.S. National Library of Medicine/National
Institutes of Health mit den Suchwörtern „spinoglenoid“, „cyst“ und „arthroscopy“ wurden 7 Artikel mit Fallserien und einem
Evidenzlevel von mindestens IV in englischer Sprache identifiziert, die sich spezifisch mit den Ergebnissen nach arthroskopischer Versorgung von spinoglenoidalen Zysten beschäftigten. Der Evidenzlevel der untersuchten Studien betrug Level III in 2 Studien und Level IV in 5 Studien. Im Wesentlichen wurden die klinischen
Ergebnisse nach Operation als gut bezeichnet. In den meisten
jüngeren Studien wurde davon ausgegangen, dass eine zusätzliche Entlastung der Zyste bei Versorgung der SLAP-Läsion nicht
unbedingt notwendig ist. Die analysierten Studien gingen nicht auf prognostische Faktoren hinsichtlich der Wiedererlangung der Außenrotationskraft des Infraspinatus ein. Die analysierten Studien gingen nicht auf die Frage ein, inwieweit ein längerer konservativer Therapieversuch vor einer Operation unternommen werden kann, ohne den Patienten der Gefahr einer irreversiblen Schädigung des Nervus suprascapularis oder einer nicht reversiblen
fettigen Degeneration des Infraspinatus auszusetzen.

Schlüsselwörter: Schulter, Arthroskopie, spinoglenoidale Zyste, SLAP Läsion

Zitierweise
von Knoch M, Schultz W. Die arthroskopische Therapie der spinoglenoidalen Zyste bei SLAP-Läsion der Schulter – ein systematischer Review.
OUP 2014; 10: 462–465 DOI 10.3238/oup.2014.0462–0465

Abstract: A spinoglenoid cyst may originate from a superior
labral lesion – a SLAP lesion – and may lead to compression of the suprascapular nerve. This may cause pain, weakness, atrophy, and degeneration of the infraspinatus muscle. A systematic
review was performed to collect the available evidence on
arthroscopic treatment of spinoglenoid cysts in combination with a SLAP lesion. A search within the PubMed database of the U.S. National Library of Medicine/National Institutes of Health, using the search words “spinoglenoid”, “cyst”, and “arthroscopy”, identified 27 articles. Seven articles in English were identified with case series with a level of evidence of at least IV, dealing specifically with the results of arthroscopic treatment of spinoglenoid cysts. The level of evidence of the retrieved studies was III in
2 articles and IV in 5 articles. In general, reported clinical results after arthroscopic surgery were good. In the majority of recent studies the authors concluded that a formal decompression of the cyst may not be necessary as long as the SLAP-lesion was
repaired. The studies did not analyze potential prognostic factors with regard to restoration of external rotation strength after surgery. The studies did not analyze if prolonged non-operative treatment prior to surgery was possible without permanent
damage to the suprascapular nerve or without permanent fatty degeneration of the infraspinatus muscle.

Keywords: shoulder, arthroscopy, spinoglenoid cyst, SLAP lesion

Citation
von Knoch M, Schultz W. Arthroscopic treatment of spinoglenoid cysts and associated SLAP-lesions of the shoulder – a systematic review.
OUP 2014; 10: 462–465 DOI 10.3238/oup.2014.0462–0465

Einleitung

Vom oberen Labrum der Schulter ausgehende Zysten können durch Ausdehnung in den spinoglenoidalen Recessus zu einer Kompression des Nervus suprascapularis führen. Der Nerv liegt hier nur ca. 1,8 cm medial vom oberen Glenoidrand [1]. Der Bizepsanker liegt in unmittelbarer anatomischer Nähe hierzu. Daher können sich von den Läsionen des Bizepsankers, den sogenannten SLAP- (Superior Labrum Anterior to Posterior) Läsionen – welche erstmals von Snyder 1990 beschrieben und initial klassifiziert wurden [2] und von Maffet et al. 1995 weitergehend klassifiziert wurden [3] – ausgehende Zysten in den spinoglenoidalen Recessus ausdehnen. Die SLAP-I-Läsion, die lediglich eine Degeneration des oberen Labrums ohne Ablösung des Bizepsankers darstellt, und die SLAP-II-Läsion, welche eine einfache Ablösung des Bizepsankers darstellt, kommen am häufigsten vor. Höhergradigere, also komplexere SLAP-Läsionen ab Grad III, kommen seltener vor. Sowohl die obere Labrumläsion (= SLAP-Läsion) an sich als auch die Kompression des Nervus suprascapularis können Schmerzen verursachen. Eine Kompression des Nervus suprascapularis im spinoglenoidalen Recessus kann zu elektromyografischen Veränderung des Musculus infraspinatus führen. Kernspintomografisch können spinoglenoidale Zysten dargestellt werden. Bei chronischer Kompression des Nervus suprascapularis kann auch eine Atrophie des Musculus infraspinatus erkennbar sein, ggf. auch eine fettige Degeneration als Denervationszeichen. Die Therapie der spinoglenoidalen Zyste kann konservativ oder operativ erfolgen. Die nichtoperative Therapie besteht z.B. aus Belastungsanpassung, der Gabe von Nichtsteroidalen Antirheumatika sowie Krankengymnastik. Als invasive Therapie steht die Nadelaspiration zur Verfügung. Operativ kann eine Entlastung oder Entfernung einer spinoglenoidalen Zyste offen oder arthroskopisch erfolgen (Abb. 1–5). In der Regel erfolgt eine gleichzeitige Versorgung einer oberen Labrum- bzw. SLAP-Läsion [4, 5].

Ziel dieser Arbeit war es, anhand eines systematischen Reviews die zur Verfügung stehenden Informationen über die arthroskopische Therapie und zu erwartende Ergebnisse bei kombinierter spinoglenoidaler Zyste und SLAP Läsion zusammenzutragen.

Material und Methode

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