Übersichtsarbeiten - OUP 10/2014

Die arthroskopische Therapie der spinoglenoidalen Zyste bei SLAP-Läsion der Schulter – ein systematischer Review

Im November 2013 wurde eine systematische Durchsicht der U.S. National Library of Medicine/National Institutes of Health (PubMed) Datenbank durchgeführt. Als Suchwörter dienten „spinoglenoid“, „cyst“ und „arthroscopy“. Hiermit konnten 27 Treffer generiert werden. Anhand der Durchsicht der Abstracts konnten 7 Artikel mit Fallserien und einem Evidenzlevel von mindestens IV in englischer Sprache identifiziert werden, die sich spezifisch mit den Ergebnissen nach arthroskopischer Versorgung von spinoglenoidalen Zysten beschäftigten. Fallberichte oder technische Beschreibungen wurden nicht weiter analysiert. Die verbliebenen 7 Artikel wurden weitergehend inhaltlich analysiert (s. Tab. 1). In 5 Fällen lag eine Level-IV-Studie vor, in 2 Fällen eine Level-III-Studie. Die Fallzahl lag zwischen 8 und 73. Bis auf 2 Studien aus dem Jahr 2012 und 2011 waren alle weiteren Studien vor 6 oder mehr Jahren veröffentlicht worden. Wegen der heterogenen Patientenkollektive wurde auf eine detaillierte quantitative statistische Analyse im Sinne einer Metaanalyse verzichtet. Es wurde lediglich qualitativ deskriptiv analysiert.

Originalarbeiten

Kim et al. [6] veröffentlichten 2012 eine prospektive, vergleichende Studie (Evidenz-Level III) von 28 Patienten mit einer spinoglenoidalen Zyste und einer SLAP-Läsion. Das Patientenkollektiv wurde in 2 Gruppen eingeteilt. In der einen Gruppe wurde lediglich eine Refixation des Bizepsankers durchgeführt. In der anderen Gruppe wurde zusätzlich eine Entlastung der Zyste vorgenommen. Die Patienten wurden klinisch nachuntersucht. In beiden Gruppen kam es zur signifikanten Verbesserung des Constant- und des Rowe-Scores durch die Operation. Ein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen konnte nicht festgestellt werden. Die Autoren schlussfolgerten, dass eine zusätzliche Entlastung der Zyste nicht zu unterschiedlichen Ergebnissen führt.

Pillai et al. [7] veröffentlichten 2011 eine retrospektive vergleichende Studie (Evidenz-Level IV) von 12 Patienten: 6 mit SLAP-Läsion und spinoglenoidaler Zyste und weitere 6 lediglich mit einer SLAP-Läsion. Eine weitere Vergleichsgruppe mit Fällen, die eine spinoglenoidale Zyste hatten und bei denen keine Entlastung der Zyste vorgenommen wurde, existierte allerdings nicht. Nach mittleren 15,2 Monaten wurde die Außenrotationskraft zwischen beiden Gruppen verglichen. Die durchschnittliche Zunahme der Außenrotationskraft in der Gruppe mit SLAP-Läsion und Zyste betrug 40 % im Vergleich zur Gegenseite. Die durchschnittliche Zunahme der Außenrotationskraft in der Gruppe mit isolierter Refixation des Bizepsankers betrug 10 %. Die Autoren schlussfolgerten trotz fehlender Vergleichsgruppe mit Zyste ohne Entlastung hieraus, dass die Zunahme der Außenrotationskraft am ehesten der Entlastung der Zyste zuzuordnen wäre. Sie sprachen sich gegen eine isolierte Refixation des Bizepsankers ohne Entlastung der Zyste aus bei Patienten mit Vorliegen beider Pathologien.

Westerheide et al. [4] veröffentlichten 2006 eine Studie (Evidenz-Level IV) von 14 Patienten, bei denen eine spinoglenoidale Zyste und eine obere Labrumläsion vorlagen. In 10 Fällen lag klinisch eine Atrophie des Infraspinatus vor. In allen 14 Fällen lag eine Muskelschwäche vor. In allen Fällen wurde eine arthroskopische Entlastung der Zyste vorgenommen. Eine Refixation des oberen Labrums erfolge in 7 Fällen bei Nachweis einer SLAP-II-Läsion. In 7 Fällen erfolgte ein bloßes Debridement des oberen Labrums bei SLAP-I-Läsion. Eine Zunahme der Außenrotationskraft konnte in allen Fällen beobachtet werden. Die Autoren schlussfolgerten, dass die arthroskopische Entlastung der spinoglenoidalen Zyste ein sicheres und effektives Verfahren mit guten Ergebnissen sei.

Youm et al. [5] veröffentlichten 2006 eine retrospektive Fallserie (Evidenz-Level IV) von 10 Patienten mit spinoglenoidaler Zyste und SLAP-Läsion. In allen Fällen erfolgte eine Refixation des Bizepsankers. Eine Dekompression der Zyste erfolgte nicht. Nach mittleren 10,2 Monaten erfolgte eine Nachuntersuchung. In den Fällen, in denen präoperativ eine Neuropathie des Nervus suprascapularis elektrophysiologisch nachgewiesen wurde, kam es zur Rückbildung der Außenrotationskraft und zur Normalisierung des elektrophysiologischen Befunds. In 8 von 10 Fällen zeigte die letzte kernspintomografische Untersuchung eine komplette Rückbildung der spinoglenoidalen Zysten. Alle Patienten waren arbeitsfähig und mit dem Operationsergebnis zufrieden. Die Autoren schlussfolgerten, dass die bloße Labrumrefixation der entscheidende Schritt der Behandlung der spinoglenoidalen Zyste darstellt.

Abboud et al. [8] veröffentlichten 2006 eine retrospektive vergleichende Studie (Evidenz-Level III) von 18 Fällen mit spinoglenoidalen Zysten. In 9 Fällen lag eine isolierte spinoglenoidale Zyste, in weiteren 9 Fällen zusätzlich eine obere Labrumläsion vor. In den Fällen mit isolierter spinoglenoidaler Zyste wurde eine arthroskopische Entlastung der Zyste vorgenommen. In den Fällen, die zusätzlich eine obere Labrumläsion aufwiesen, wurde zusätzlich zur Entlastung der Zyste eine Refixation des oberen Labrums vorgenommen. Ein Unterschied hinsichtlich der klinischen Ergebnisse zwischen beiden Gruppen konnte von den Autoren nicht festgestellt werden.

Lichtenberg et al. [9] veröffentlichten 2003 eine retrospektive Fallserie (Evidenz-Level IV) von 8 Patienten mit spinoglenoidaler Zyste und arthroskopischer Behandlung. In allen Fällen zeigten sich präoperativ eine Außenrotationsschwäche und eine Muskelatrophie. In 6 Fällen fand sich neben der Zyste eine obere Labrumläsion. In 2 Fällen lag eine Zyste ohne obere Labrumläsion vor. In allen Fällen wurde die Zyste entlastet. Bei Vorliegen einer oberen Labrumläsion wurde diese refixiert. In allen Fällen kam es zur Verbesserung der Schmerzen, der Kraft und der Funktion. Die Autoren schlussfolgerten, dass die arthroskopische Technik effektiv ist bei der Behandlung von Zysten im Bereich der spinoglenoidalen Notch.

Piatt et al. [10] veröffentlichten 2002 eine retrospektive Fallserie (Evidenz-Level IV) von 73 Patienten mit einer spinoglenoidalen Zyste. Alle Patienten hatten Schulterschmerzen. Bei 25 Patienten lag eine Atrophie des Infraspinatus vor. In 65 Fällen konnte eine obere, hintere Labrumläsion nachgewiesen werden. In 19 Fällen wurde eine konservative, nicht invasive Therapie durchgeführt. In 11 Fällen wurde eine Aspiration der Zyste vorgenommen. In 6 Fällen wurde eine arthroskopische Versorgung des Labrums vorgenommen ohne Entfernung der Zyste. In 27 Fällen wurden eine arthroskopische Versorgung des Labrums und eine Entfernung der Zyste vorgenommen, teilweise in offener Technik. Nach mittleren 20,5 Monaten waren 53 % der Patienten mit der konservativen Therapie zufrieden. 64 % der Patienten mit Aspiration der Zyste waren zufrieden. 67 % der Patienten mit arthroskopischer Versorgung des Labrums waren zufrieden. 97 % der Patienten mit kombinierter arthroskopischer Versorgung des Labrums bei gleichzeitiger Entfernung der Zyste waren zufrieden.

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