Übersichtsarbeiten - OUP 10/2014

Die Behandlung der Facettengelenk- arthrose mit Hyaluronsäure

H. Keller1

Zusammenfassung: Das sog. Facettensyndrom ist ein chronisches Schmerzsyndrom aufgrund einer Reizung der in der Gelenkkapsel liegenden Nozizeptoren, hervorgerufen durch chronische Überlastungen, degenerative Bandscheibenschäden oder Arthrosen. In einer offenen,
prospektiven, monozentrischen Studie wurden 80 ambulante konsekutive Patienten im Alter von 36 bis 89 Jahren mit chronischer Facettengelenkarthrose mit dem Hyaluronsäurepräparat (HA) Curavisc mini (1 ml Fertigspritze zu 10 mg durch Fermentation gewonnene HA) behandelt (3 Injektionen in wöchentlichem Abstand). Nach der jeweils letzten
Injektion wurde die Wirksamkeit anhand Visueller Analogskalen (VAS) mit einer Skalierung von 0–10 bewertet.
Ausgewertet werden konnten 79 Patienten, für die nach 3
Injektionen (n = 74 Pat.), resp. 2 Injektionen (n = 5 Patienten) alle Angaben komplett vorlagen. Die Schmerz- und Beschwerdesymptomatik nahm während des 3-wöchigen
Behandlungszyklus bei allen Kriterien kontinuierlich ab. Die intraartikuläre Injektionstherapie mit dem gut zu handhabenden HA-Präparat Curavisc mini scheint eine den
Patienten wenig belastende und nachhaltige Alternative in der Behandlung des chronischen Facettensyndroms zu sein.

Schlüsselwörter: Facettensyndrom, Facettengelenkarthrose, Hyaluronsäure, Curavisc

Zitierweise
Keller H. Die Behandlung der Facettengelenkarthrose mit Hyaluronsäure.
OUP 2014; 10: 484–489 DOI 10.3238/oup.2014.0484–0489

Summary: The facet syndrome is a chronic pain syndrome caused by an irritation of the nociceptors in the joint capsule. Major causes are chronic overloading, intervertebral disc degenerations or osteoarthritis. In an open, prospective monocentre study 80 consecutive out-patients between 36 and 89 years with chronic facet joint arthropathy were treated by 3 intraarticular injections with the hyaluronic acid (HA) product Curavisc mini (1 ml pre-filled syringe à 10 mg hyaluronic acid gained by fermentation) in weekly intervals. After the last injection the efficacy of the treatment was evaluated with visual analog scales (VAS) with a scaling from 0–10. 79 patients could be evaluated after 3 injections (n = 74 pat.), or after 2 injections resp. (n = 5 pat.) where all data were complete. All criteria of pain and complaints continuously improved during the 3 weeks’ course of the treatment. The intra-articular injection treatment with hyaluronic acid seems to be an uncomplicated, clinically effective and enduring alternative to systemic or topical anti-inflammatories or antirheumatics in the treatment of the chronic facet syndrome.

Keywords: facet syndrome, facet joint arthropathy, hyaluronic acid, Curavisc

Citation
Keller H. Treatment of facet joint arthropathy with hyaluronic acid. OUP 2014; 10: 484–489 DOI 10.3238/oup.2014.0484–0489

Einleitung

Chronische Schmerzen gehören zu den häufigsten Gesundheitsstörungen in der Bevölkerung der Industrieländer und verursachen enorme Kosten für die Wirtschaft und die Versicherungssysteme. Dabei nehmen Rückenschmerzen in nahezu allen Statistiken eine führende Rolle ein. Werden alle durch Rückenschmerzen verursachten Produktivitätsausfälle zusammengerechnet, dann summieren sich die wegen Arbeitsunfähigkeit oder Frühberentung verlorenen Erwerbstätigkeitszeiten in einem Zeitraum von 12 Monaten auf rund 600.000 Erwerbstätigkeitsjahre – oder umgerechnet auf jährlich etwa 10–15 Mrd. Euro. Dazu müssen dann noch die eigentlichen Behandlungskosten hinzugerechnet werden [1]. Der facettengelenkbedingte Schmerz stellt in ca. 15 – 20 % die Ursache der Rückenschmerzen dar [2].

Unter dem Begriff „Facettensyndrom“ versteht man einen chronischen Schmerzzustand aufgrund einer Reizung der in der Facettengelenkkapsel liegenden Schmerzrezeptoren, hervorgerufen durch chronische Überlastungen, bzw. Gelenkinkongruenzen als Folge von degenerativen Bandscheibenschäden oder Arthrosen. Am häufigsten ist erfahrungsgemäß die LWS betroffen. Die Patienten klagen meist über bereits lange bestehende, hartnäckige, häufig schwer zu behandelnde Schmerzen. Klinisch-diagnostisch ist das Facettensyndrom schwer abgrenzbar.

Typisch sind jedoch ein schmerzhafter Muskelhartspann und ein lokaler Druck- und Klopfschmerz über den Dornfortsätzen sowie ein bewegungsabhängiger Schmerz im Bereich der paravertebralen Muskulatur. Bei den bildgebenden Verfahren spielen neben dem konventionellen Röntgen der Wirbelsäule in 2 Ebenen insbesondere die Computertomografie und die Kernspintomografie eine wesentliche Rolle.

Im Frühstadium der Facettengelenkarthrose ist zunächst eine konservative Behandlung angezeigt, wofür sich verschiedene physikalische Maßnahmen bis hin zur Extension am Schlingentisch anbieten, ggf. unterstützt durch orale Analgetika- oder Antiphlogistikagabe. Die weiteren therapeutischen Optionen bestehen in Facettengelenkinfiltrationen mit Lokalanästhetika und/oder Corticoiden sowie der perkutanen Thermo- und Kryodenervation, seit einiger Zeit werden zunehmend auch intraartikuläre Behandlungen mit Hyaluronsäurepräparaten durchgeführt – ein Behandlungsverfahren, das insbesondere in Frühstadien der Gonarthrose erfolgreich angewandt wird. Ziel der hier berichteten Studie war es, die vielversprechenden Anwendererfahrungen bei intraartikulärer Injektionstherapie arthrotisch veränderter Facettengelenke im Rahmen einer prospektiven Studie zu evaluieren.

Methodik

Die Studie wurde monozentrisch, offen und prospektiv bei ambulanten Patienten von einem in der Injektionstherapie besonders erfahrenen Orthopäden durchgeführt. Einschlusskriterium war die klinisch und radiologisch gestellte Diagnose einer Facettengelenkarthrose. Ausschlusskriterien waren neben allgemein-internistischen und Infektionskrankheiten insbesondere Bandscheibenvorfall, radikuläre Symptomatik, schwere LWS-Skoliose, Z.n. LWS-Fraktur und Z.n. einer Wirbelsäulenoperation. Die Patienten wurden über die Infiltrationsbehandlung, mögliche Alternativen und das Verhalten nach der Maßnahme aufgeklärt und gaben ihr schriftliches Einverständnis. Nach streng aseptischer Denervierung des am stärksten betroffenen WS-Segments sowie der jeweils darüber und darunter gelegenen Facettengelenke mit hochprozentiger Glukoselösung erfolgte anschließend eine 3-malige Behandlung mit dem Hyaluronsäurepräparat (HA) Curavisc mini (curasan AG) in wöchentlichen Abständen. Die beidseitigen intraartikulären Injektionen der Facettengelenke der 3 Wirbelsäulenetagen erfolgten unter streng sterilen Kautelen und wurden unter Röntgen-Bildwandlerkontrolle durchgeführt (Abb. 1). Curavisc mini ist ein zur intraartikulären Injektion zugelassenes Medizinprodukt (CE 0483). Eine vorgefüllte Spritze mit 1 ml viskoelastischer Lösung zur Injektion enthält 10 mg Natriumhyaluronat EP (durch Fermentation gewonnene HA). Das mittlere Molekulargewicht beträgt ca. 1,2–1,4 Millionen Dalton.

Die klinische Bewertung erfolgte nach Abschluss der Behandlung (nach jeweils 3 bilateralen Infiltrationsbehandlungen der 3 Wirbelsäulenetagen) mittels eines Score-Systems (von „Beschwerdefreiheit“ mit 1 Punkt bis „deutliche Verschlechterung“ mit 6 Punkten) sowie bei allen Patienten durch Erfassung von unerwünschten Ereignissen zu den Behandlungs- und Kontrollterminen. Der individuelle Schmerzstatus wurde erhoben anhand von Visuellen Analogskalen (VAS) (mit einer Skalierung von 0–10) für die Kriterien „Ruheschmerz“, „Anlaufschmerz“ und „Bewegungsschmerz (Wandern, leichtes Radfahren)“ zu folgenden Zeitpunkten: vor Therapiebeginn (T0), nach Denervierung vor der ersten (T1), vor der zweiten (T2), vor der dritten Injektion (T3) und bei einer Nachuntersuchung nach Therapieende (T4), wobei diese nach ca. 12 Wochen erfolgen sollte. Die statistische Auswertung erfolgte rein deskriptiv.

Es handelte sich um eine Studie nach § 23b MPG mit einem CE-gekennzeichneten Medizinprodukt. Diese Prüfung hatte keine andere Zweckbestimmung des Medizinprodukts zum Inhalt und es wurden auch keine zusätzlichen invasiven oder andere belastenden Untersuchungen durchgeführt. Aufgrund des nicht invasiven Charakters dieser Studie wurde kein bestimmtes Therapie- oder Applikationsschema vorgegeben, sondern auf die in der Gebrauchsinformation des Produkts enthaltenen Angaben verwiesen.

Ergebnisse

Bei allen Patienten war eine Facettengelenkarthrose diagnostiziert worden. Sie waren deshalb gezielt an das Orthopädische Zentrum zur intraartikulären Injektionsbehandlung überwiesen worden. Eine weitere Behandlung oder Betreuung sollte dort nicht erfolgen. Diese blieb vielmehr bei den behandelnden Hausärzten und Orthopäden. Teilnehmer der Praxisstudie waren 80 konsekutive Patienten im Alter von 36–89 Jahren (Durchschnittsalter 65,4 Jahre, Median 66 Jahre; 35 Frauen, 45 Männer) mit chronischem Facettengelenksyndrom (71 LWS, 7 HWS, 2 BWS). Die Dauer der Schmerzen wurde in 4 Zeitintervalle eingeteilt (s. Tab. 1).

Fast alle Patienten gaben an, orale Antiphlogistika/Antirheumatika (in den meisten Fällen „gelegentlich“) eingenommen zu haben. Da die Patienten von ihren behandelnden Ärzten jedoch gezielt zu dieser Injektionstherapie überwiesen worden waren, und häufig keine weiteren Informationen erfolgten, konnten nur sporadisch Daten zu der systemischen Antiphlogistikagabe erhoben werden. Am häufigsten wurden von den Patienten auf Befragung folgende Medikamente genannt: Diclofenac, COX-2-Inhibitoren, Ibuprofen. Keiner der Patienten hatte topische Antiphlogistika erhalten.

Klinische Bewertung

Ausgewertet werden konnten 79 Patienten, für die alle Angaben in den standardisierten Dokumentationsbögen vollständig vorlagen. 74 Patienten wurden 3-mal in wöchentlichen Abständen mit HA behandelt, 5 Patienten wurden nur 2-mal behandelt, da eine ausreichende Besserung bzw. Beschwerdefreiheit bereits eingetreten war. Ein Patient brach die Behandlung ab. Insgesamt erfolgten 1392 Injektionen. Eine Begleittherapie erhielten 51 Patienten (63,75 % des Gesamtkollektivs) bei 61 Nennungen (da bei einigen Patienten mehrere Therapieformen angewendet wurden). Am häufigsten genannt wurden Krankengymnastik (mit segmentaler Stabilisierung) bei 47 Patienten (58,7 %) und physikalische Therapie bei 11 Patienten (13,75 %). Zwei Patienten wurde wegen geringem bzw. ausbleibendem therapeutischen Erfolg eine Wirbelsäulen-Operation empfohlen. Sie erhielten daher auch keine Begleittherapie. Lediglich 2 der Patienten erhielten systemische Antirheumatika/Antiphlogistika. Nach der jeweils letzten Injektion wurde anhand eines 6-stufigen Score-Systems (von 1–6 Punkten) das globale Wirksamkeitsurteil erhoben (Abb. 2). Nimmt man die Angaben „Beschwerdefreiheit“ und „deutliche Besserung“ zusammen, so erfuhren fast 90 % der Patienten ein sehr gutes Behandlungsergebnis.

Der individuelle Schmerzstatus wurde anhand der oben angegebenen Visuellen Analogskalen zu den genannten Zeitpunkten beurteilt. Wobei der Nachuntersuchungstermin nach Therapieende (T4) bei den meisten Patienten, nicht wie vorgesehen bei 12 Wochen, sondern zwischen 3–28 Wochen (Median 12 Wochen, Mittelwert 11,5 Wochen) lag.

Die Schmerz- und Beschwerdesymptomatik nahm während des 3-wöchigen Behandlungszyklus bei allen Kriterien kontinuierlich ab, beim Ruheschmerz von 5,8 auf 1,3 (s. Abb. 3); beim Anlaufschmerz von 7,8 auf 1,8; beim Bewegungsschmerz von 7,8 auf 1,8 Skalenpunkte (s. Abb. 4). Der Therapieerfolg hielt bei den meisten Patienten bemerkenswerterweise auch nach Abschluss der 3-wöchigen Behandlungsserie weiterhin an.

Die Erhöhung der Durchschnittswerte zum Zeitpunkt T4 gegenüber T3 ist dadurch erklärlich, dass bei 26 Patienten die Nachuntersuchungen erst 13 bis 28 Wochen nach der letzten Injektion erfolgten, also in einem Zeitraum, in dem erwartungsgemäß mit einem Nachlassen des therapeutischen Effekts zu rechnen ist. Die Behandlung mit Curavisc mini wurde generell sehr gut vertragen. Keiner der 80 Patienten gab während oder nach der Behandlung Beschwerden an, die in Zusammenhang mit den Injektionen stehen könnten.

Diskussion

Chronische oder chronisch-rezidivierende Lumbalgien können vielfältige Ursachen haben und von unterschiedlichen anatomischen Strukturen der Wirbelsäule ausgehen. Vor jedem Therapieversuch gilt es daher, eine genaue Diagnose zu stellen, wobei körperlicher Befund, Erfahrung des Therapeuten einerseits und apparative Diagnostik, insbesondere in Form bildgebender Verfahren zusammenzuführen sind. Viele Untersuchungen und Beurteilungen weisen dabei auf eine Kombination von Beschwerden der Facettengelenke mit Bandscheibenvorfällen hin und damit letztendlich auf eine Störung des gesamten Bewegungssegments und/oder einer Spinalkanalstenose.

Die Facettengelenke werden durch die oberen und unteren Gelenkfortsätze der benachbarten Wirbelkörper zusammengeschlossen. Sie sind echte synoviale Gelenke mit einer Gelenkfläche aus hyalinem Knorpel und einem Gelenkspalt, der von einer fibrösen Kapsel umgeben ist. Die Innervation der Facettengelenke erfolgt durch die medialen Äste der Rami dorsales der Spinalnerven. Hierbei wird jedes Facettengelenk aus 2 Segmenten innerviert. Die gebräuchlichste Definition des Facettensyndroms bezeichnet ein Schmerzbild, welches seinen Ursprung in den kleinen Wirbelgelenken hat und hier zu chronisch-rezidivierenden mechanischen Schmerzen der Lendenwirbelsäule führt [2]. Durch die mit dem Alter zunehmende Bandscheibendegeneration kommt es zu einer erhöhten Belastung der Facettengelenke [3]. Arthrosen der lumbalen Facettengelenke sollen bereits bei 57 % der Erwachsenen unterhalb des 30. Lebensjahres vorkommen, in 82 % bei den 40– bis 49-Jährigen und zu 100 % bei den über 60-Jährigen. Die häufigste Lokalisation ist die Etage L 4/5. Männer sind häufiger betroffen als Frauen [4].

Zur Behandlung der Facettengelenkarthrose können verschiedene Verfahren verwendet werden. Im Frühstadium ist zunächst eine konservative Behandlung angezeigt, wofür sich verschiedene physikalische Maßnahmen anbieten, wie z.B. die Elektrotherapie, Wärmebehandlung, manuelle Therapie, krankengymnastische Übungen/Rückenschule bis hin zur Extension am Schlingentisch, ggf. unterstützt durch orale Analgetika- oder Antiphlogistikagabe. Zur Anwendung kommen auch transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) und Akupunktur [2]. Die weiteren therapeutischen Optionen bestehen in Facettengelenkinfiltrationen mit Lokalanästhetika und/oder Corticoiden sowie Hyaluronsäurepräparaten. Davon zu unterscheiden sind gewebezerstörende Maßnahmen wie die als perkutane Facettendenervation bezeichnete Thermo- und Kryodenervation, wobei das Gewebe koaguliert und damit die Schmerzleitung ausgeschaltet wird [5]. Der Erfolg einer perkutanen lumbalen Thermo-Facettendenervation bei Patienten mir einer Facettengelenkarthrose und chronischen LWS-Beschwerden bleibt im Wesentlichen jedoch auf die ersten 6 Monate postoperativ beschränkt [6]. In fortgeschrittenen Stadien und nach Ausschöpfung der konservativen Behandlungsmöglichkeiten kommen operative Verfahren zum Einsatz, wie die Rhizotomie, bei der multiple bilaterale lumbale Facettennerven durchtrennt werden, die Wirbelkörperfusion oder das Einbringen interspinöser Implantate [2].

Der Vorteil einer intraartikulären Injektionstherapie arthrotisch veränderter Facettengelenke mit Hyaluronsäure besteht darin, dass sie intervall- oder kurweise mehrfach angewendet werden kann und keinerlei Gewebeschädigung bewirkt. In zahlreichen Arthrosestudien (insbesondere bei Gonarthrose) zeigten Hyaluronsäure-Produkte einen positiven Einfluss auf die Beschwerdesymptomatik und die Gelenkfunktion, der in der Regel mindestens das Niveau von NSAR und Kortikoiden erreichte [7, 8, 9]. In der Regel wird Hyaluronsäure im wöchent lichen Abstand in einer Serie von 3–5 intraartikulären Injektionen appliziert. Bei 65–80 % der Patienten kommt es zu einer Schmerzreduktion, die über mehrere Monate anhält [10]. Neuere Studien zeigen auch einen „Disease modifiying“-Effekt [11]. Während die Behandlung der Gonarthrose mit Hyaluronsäure-Präparaten weit verbreitet und gut belegt ist, gibt es zur Behandlung sog. kleiner Gelenke nur wenige Berichte. Vor einigen Jahren wurden die Ergebnisse einer Untersuchung zur Behandlung des Daumensattelgelenks mit einem HA-Präparat publiziert [12], in der eine Besserung der Arthrosesymptome und -zeichen erzielt werden konnte, wobei der Nachuntersuchungszeitraum jedoch nur 3 Monate betrug. Eine jüngst publizierte Studie mit dem auch in der hier berichteten Studie verwendeten HA-Produkt kam zu vergleichbar guten und anhaltenden Ergebnissen, wobei der Nachuntersuchungszeitraum und damit der dokumentierte therapeutische Effekt nunmehr 6 Monate betrug [13].

In der Literatur gibt es jedoch kaum Publikationen zur Behandlung des Facettensyndroms mit HA-Präparaten. DePalma und Mitarbeiter berichten über eine kleine offene Pilotstudie mit 15 Patienten, die im Abstand von 10 Tagen
2 – und wenn der Effekt noch nicht zufriedenstellend war – eine 3. Facettengelenkinfiltration mit einem HA-Präparat erhielten. Erfolgskriterien waren u.a. Schmerzen bei Stehen und Laufen, bestimmt mit Visuellen Analogskalen, der Oswestry-Score, Analgetikaverbrauch, allgemeine Patientenzufriedenheit, gemessen nach 1, 3, 6 und 12 Monaten. Bei allen Kriterien zeigten sich (unterschiedlich ausgeprägte) Verbesserungen, insbesondere beim Analgetikaverbrauch, der vom Ausgangswert mit 80 % signifikant auf 33 % nach 6 Monaten abnahm. Die Befundbesserungen hielten überwiegend bis zu 6 Monaten an [14].

Fuchs et al. publizierten eine doppelblinde, randomisierte Vergleichsstudie, in der jeweils 30 Patienten mit chronischen nichtradikulären Prozessen an den Facettengelenken der LWS eine intraartikuläre Facettengelenkinfiltration entweder mit 10 mg Hyaluronsäure oder 10 mg Triamcinolonacetonid erhielten. In wöchentlichen Abständen erfolgten 3 Infiltrationen, anschließend Kontrolluntersuchungen 7–10, 90 und 180 Tage nach der letzten Infiltration. Dabei wurden die Schmerzintensität sowie Wiedergewinnung alltäglicher Tätigkeiten, die Befindlichkeit und die Leistungsfähigkeit in Beruf oder Sport geprüft. Das Gesamtergebnis zeigte eine vergleichbare Verbesserung aller Ausgangsdaten. Dabei erreichten Corticosteroide einen etwas schnelleren Wirkeintritt, allerdings hielt die Wirkung der Hyaluronsäure länger an, und das HA-Präparat ist nicht durch mögliche Begleit- und Wechselwirkungen oder die nicht zu unterschätzende „Corticoid-Phobie“ belastet [15].

Diese Studie bestätigte die klinische Erfahrung, dass im Gegensatz zu einer Behandlung mit Steroid-Präparaten, die zwar schnell wirken, deren Wirkung aber nicht so lange anhält, Hyaluronsäure zu einer Schmerzreduktion für mehrere Monate führen kann. Wobei eine HA-Behandlung offensichtlich anfangs schwächer wirken kann und 3–5 wöchentliche Injektionen voraussetzt [16 ]. Allerdings sollte die Anzahl der intraartikulären Corticoid-Injektionen auf 4 pro Jahr beschränkt werden, da Steroide neben ihrer antiphlogistischen Wirkung auch einen negativen Einfluss auf den Proteoglykanstoffwechsel haben können [17]. Zu beachten ist auch, dass nicht nur eine langfristige Gabe von Triamcinolonacetonid, sondern möglicherweise auch eine einmalige Injektion eine klinisch-manifeste sekundäre Nebennierenrindeninsuffizienz auslösen kann [18].

Resümee

Die Hyaluronsäure-Behandlung mit dem Präparat Curavisc mini wurde von allen Patienten sehr gut vertragen und erwies sich in fast 90 % der Fälle als sehr gut wirksam, insbesondere, wenn die degenerativen Beschwerden noch nicht sehr stark ausgeprägt waren – somit bei Patienten, welche die klassische Zielgruppe für eine Viskosupplementation mit Hyaluronsäure-Präparaten darstellen. Die Schmerz- und Beschwerdesymptomatik nahm während des 3-wöchigen Behandlungszyklus kontinuierlich ab. Besonders bemerkenswert ist jedoch, dass nicht nur während dieser Zeit bei den meisten Studienteilnehmern ein Behandlungserfolg erzielt werden konnte, sondern dass die Besserung bei vielen Patienten nach Therapieende noch anhielt – und im weiteren Verlauf während des Nachbeobachtungszeitraums sogar noch zunahm.

Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Korrespondenzadresse

Dr. med. Hermann Keller

Grünewaldstraße 7
63739 Aschaffenburg
vormals GF der Grünewaldklinik

Literatur

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11. Stöve J. Konservative Therapie der Arthrose. Der Orthopäde 2005; 34: 613–622

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17. Lehmann L, Stöve J. Aktuelle Aspekte zur Ätiologie und Therapie des Arthroseschmerzes. Schmerz 2004; 18: 453–462

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Fussnoten

1 Grünewaldklinik, Aschaffenburg

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