Übersichtsarbeiten - OUP 06/2016

Die endoprothetische Versorgung zerstörter Hüftgelenke bei juvenilen rheumatischen Erkrankungen*

20-jährige Patientin mit JIA seit ihrem 3. Lebensjahr mit Schmerzen, Destruktion und ausgeprägten Beugekontrakturen des rechten Hüft- und Kniegelenks. Die Patientin sitzt deshalb seit 3 Jahren im Rollstuhl. Wir stellten die Indikation zur Hüft- und Knieendoprothesenimplantation mit Tenotomie der Adduktoren, des Rectus femoris sowie der ischiokruralen Muskulatur. Nach ausführlicher Aufklärung und Wunsch der Patientin führten wir die Operationen an Hüfte und ipsilateralem Knie simultan in einer Sitzung durch. Nach intensiver physiotherapeutischer Nachbehandlung ist die Patientin nun im häuslichen Bereich wieder gehfähig und schmerzfrei.

Fazit für die Praxis

Aufgrund verbesserter medikamentöser Therapiemöglichkeiten von Patienten mit juveniler idiopathischer Arthritis kann heutzutage in vielen Fällen die Gelenkdestruktion verhindert oder länger aufgehalten werden. Wenn trotzdem – z.B. aufgrund von entsprechenden Schmerzen, Funktionsdefiziten und radiologischen Veränderungen – die Implantation einer Hüftendoprothese notwendig wird, sollte nicht ungebührlich lange mit der Operation gewartet werden. Besonderheiten sind das junge Alter bei Implantation, anatomische Formveränderungen durch Wachstumsstörungen (dysplastische Anatomie) oder Zysten, der osteoporotische Knochen und die besondere Medikation. Die Ergebnisse im Hinblick auf Standzeit und Funktion sind zwar schlechter als bei Arthrosepatienten, jedoch kann aufgrund von Schmerzlinderung, Verbesserung der Beweglichkeit und des Aktivitätslevels häufig eine sehr hohe Patientenzufriedenheit erreicht werden. Bei Befall des kontralateralen Hüftgelenks oder des ipsilateralen Kniegelenks kann ein simultaner einzeitiger Gelenkersatz beider Gelenke sinnvoll sein.

Zusammenfassung

Bei Patienten mit juveniler idiopathischer Arthritis besteht häufig ein Befall der Hüftgelenke mit Gelenkdestruktion und entsprechenden Funktionseinschränkungen, sodass die Indikation zur Implantation einer Hüftendoprothese nicht selten gestellt werden muss. Im Vergleich zu Arthrosepatienten sind Patienten mit JIA zum Zeitpunkt der Prothesenimplantation im Schnitt deutlich jünger. Durch Beginn der Erkrankung im Kindes- bzw. Jugendalter und der häufigen Glukokortikoidtherapie sind bei den Patienten nicht selten Wachstumsstörungen bzw. anatomische Formveränderungen zu finden. Auch die Knochendichte ist bei dieser Patientengruppe häufig schon in jungen Jahren gemindert. Der perioperative Umgang mit der besonderen Medikation ist zu planen. Spezielle Implantate für „Rheumatiker“ existieren nicht, aber die oben genannten Besonderheiten dieser Patientengruppe sollte beim operativen Vorgehen, der Implantat- bzw. Materialwahl berücksichtigt werden. Insgesamt sind die Ergebnisse der Hüftendoprothetik bei juvenilen rheumatischen Erkrankungen im Hinblick auf Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung gut. Problematisch ist die begrenzte Standzeit der Prothesen.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Stefan Rehart

Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie

Agaplesion Markus Krankenhaus

Akademisches Lehrkrankenhaus
der Goethe-Universität

Wilhelm-Epstein-Straße 4

60431 Frankfurt

Rehart@fdk.info

Literatur

1. Adelani MA, Keeney JA, Palisch A et al. Has total hip arthroplasty in patients 30years or younger improved? A systematic review. Clin Orthop Relat Res 2013; 471: 2595–2601

2. Arnold P, Schüle B, Schroeder-Boersch H, Jani L: Review of the results of the ARO multicenter study. Orthopäde 1998; 27: 324–332

3. AWMF-Leitlinien: Aktualisierte, interdisziplinäre S2-Therapieleitlinie der Juvenilen Idiopathischen Arthritis, 2. Auflage oJ

4. Brabnikova Maresova K: Secondary osteoporosis in patients with juvenile idiopathic arthritis. J Osteoporos. 2011; 2011: 569417

5. Bridges SL, Moreland LW: Perioperative use of methotrexate in patients with rheumatoid arthritis undergoing orthopaedic surgery. Rheumatic disease clinics of North America 1997; 23;: 981–993

6. Delank KS, Hansen T, Eysel P et al.: Infektionen des Bewegungsapparates bei der chronischen Polyarthritis während einer Kombinationstherapie mit Methotrexat und Leflunomid. Z Orthop 2002; 140: 555–560

7. De Ranieri A, Wagner N, Imrie SN et al.: Outcome of primary total hip arthroplasty in Charnley Class C patients with juvenile idiopathic arthritis: a case series. J Arthroplasty 2011; 26: 1182–1188

8. den Broeder AA, Creemers MC, Fransen J et al.: Risk factors for surgical site infections and other complications in elective surgery in patients with rheumatoid arthritis with special attention for anti-tumor necrosis factor: a large retrospective study. J Rheumatol 2007; 34: 689–695

9. Doran MF, Crowson CS, Pond GR et al.: Frequency of infection in patients with rheumatoid arthritis compared with controls: a population-based study. Arthritis Rheum 2002; 46: 2287–2293

10. Galloway JB, Hyrich KL, Mercer LK et al.: Risk of septic arthritis in patients with rheumatoid arthritis and the effect of anti-TNF therapy: results from the British Society for Rheumatology Biologics Register. Ann Rheum Dis 2011; 70: 1810–1814

11. Goodman SB, Hwang K, Imrie S: High complication rate in revision total hip arthroplasty in juvenile idiopathic arthritis. Clin Orthop Relat Res 2014; 472: 637–644

12. Goodman SB, Oh KJ, Imrie S et al.: Revision total hip arthroplasty in juvenile chronic arthritis: 17 revisions in 11 Patients followed for 4–12 years. Acta Orthop 2006; 77: 242–250

13. Jolles BM, Bogoch ER: Juvenile arthritis patients report favorable subjective outcomes of hip arthroplasty despite poor standard outcome scores. J Arthroplasty 2012; 27: 1622–1628

14. Kaandorp CJ, Van Schaardenburg D, Krijnen P et al.: Risk factors for septic arthritis in patients with joint disease. A prospective study. Arthritis Rheum 1995; 38: 1819–1825

SEITE: 1 | 2 | 3 | 4 | 5