Originalarbeiten - OUP 01/2012

Die Veränderung ausgewählter ganganalytischer
Parameter nach der Implantation von Endoprothesen
The Change of selected gaitanalytical parameters after
the implantation of endoprothesis

Trotz des relativ geringen Zeitraumes zwischen dem Einsatz der Endoprothese und der zweiten Messung von gerade einmal 6 Wochen sind Veränderungen in der Beweglichkeit von Becken und Oberschenkel erkennbar. Es ist anzunehmen, dass sich diese Veränderungen zu späteren Messzeitpunkten noch deutlicher ausprägen würden. Durch die Steigerung der Beweglichkeit verlängerte sich tendenziell auch der Anteil der Standphase, woraus mehr Stabilität im Gangbild der Patienten ableitbar ist. Ebenfalls ist davon auszugehen, dass eine Vergrößerung der Probandenzahl die erkennbaren Veränderungen sicherlich noch untermauern und an Deutlichkeit gewinnen lassen würde. Kritisch anzumerken ist mit Sicherheit die Tatsache, dass sich aufgrund stark geschwollener Gelenke nicht immer ganz exakt die Markierungspunkte treffen ließen, wodurch es in Einzelfällen zu stark abweichenden Ergebnissen kam. Diese fanden in der Auswertung demzufolge keine Erwähnung.

Da bislang kaum Untersuchungen mit gleichem Untersuchungsgegenstand und dem Zebris-Messsystem vorliegen, lassen sich nur wenige Parallelen mit anderen Arbeiten feststellen. Nur vereinzelte Studien befassten sich mit Untersuchungen des Ganges auf dem Laufband nach Implantation eines künstlichen Gelenkersatzes. Hinzu kommen messmethodische Unterschiede in Bezug auf Messzeitpunkte und unterschiedlicher erfasster Parameter. Des Weiteren besteht ein Defizit an Referenzdaten, da präoperative Werte mit gesunden Probanden verglichen werden, die keine kompensatorischen Ausgleichbewegungen im Gangbild aufweisen [3]. Allerdings wurde in der Untersuchung von Luchs [3] deutlich, dass sich auch hier keine signifikanten Veränderungen der Variablen Doppelschrittzeit und Kadenz finden ließen. Im Gegensatz zu unserer Untersuchung konnte aber eine signifikante Zunahme der Schrittlänge der operierten Seite verzeichnet werden, wohingegen auf der nichtoperierten Seite ebenfalls keine signifikanten Veränderungen erkennbar waren. Die Schrittlänge stieg ebenfalls nicht signifikant an. Weitere Veränderungen ließen sich in anderen Variablen finden, die mit unserem Messsystem jedoch nicht erfasst werden können, da bei dieser Untersuchung EMG-Elektroden zu Hilfe genommen wurden.

Es zeigt sich, dass das breite Feld der Ganganalyse bislang bei weitem nicht ausreichend untersucht wurde. Eine Kombination der unterschiedlichen Messsysteme würde zu detaillierteren Ergebnissen führen und den äußerst komplexen menschlichen Gang insbesondere vor und nach Implantation eines künstlichen Gelenkersatzes noch weiter aufschlüsseln.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dr. h.c. Jörg Jerosch

Chefarzt

Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin

Am Hasenberg 46

41462 Neuss

E-Mail: j.jerosch@ak-neuss.de

Literatur

1. Perry, Jacquelin (2003). Ganganalyse. Norm und Pathologie des Gehens. München, Jena: Urban & Fischer.

2. Pathokinesiology Department, Physical Therapy Department (1989). Observational Gait Analysis Handbook. Downey, CA: The Professional Staff Association ov Rancho Los Amigos Medical Center.

3. Luchs, Antje (2006). Minimalinvasiver Operationszugang bei Hüfttotalendoprothesen – Verlaufskontrolle mittels biomechanischer Ganganalyse. Halle.

Fussnoten

1 Savita Rehabilitations- & Gesundheitszentrum, Neuss

2 Institut für Sportmedizin, Westfälischen Wilhelms-Universität, Münster

3 Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin, Johanna-Etienne-Krankenhaus, Neuss

DOI 10.3238/oup.2012.0023-0028

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