Originalarbeiten - OUP 01/2012

Experimentelle Kraftmessungen als Beitrag zur Wirksamkeitsbeurteilung
von Schienbeinschonern im Fußballsport
Experimental measurement of forces as a contribution to evaluate the effectiveness of shin guards in soccer

Insgesamt wurden sechs verschiedene Fallhöhen eingesetzt:

Zunächst wurden die maximalen Aufschlagkräfte auf die ungeschützte Walze bei den unterschiedlichen Fallhöhen ermittelt. Diese wurden später mit den Werten der Schoner und anderen Materialien verglichen und die relativen auftretenden Maximalkräfte bestimmt:

 

Rel.Fmax= ·100%

 

Zur Ermittlung der Kräfte wurden drei verschiedene Sensoren eingesetzt:

– ein Kraftsensor, der hinter der Walze angebracht wurde

– ein Winkelgeber, der am Pendelarm befestigt wurde

– ein Beschleunigungssensor, der am Pendelhammer angebracht wurde

Ergebnisse

Im Rahmen dieser Abhandlung werden die Untersuchungsergebnisse von vier verschiedenen Schienbeinschonern der Marken Adidas, Jako, Puma und Uhlsport sowie die Ergebnisse einer Verbindung aus einem Abstandsgewirke und einem Polymerwerkstoff aus Polypropylen dargestellt.

Die untersuchten Schienbeinschoner gleichen sich dabei deutlich im Aufbau: alle besitzen eine Hartschale und eine darunter liegende Polsterung. Die Polsterung scheint bei den meisten Schonern zum Großteil aus Polyestergewebe zu bestehen, was aber aufgrund ungenauer Angaben der Hersteller schwierig zu prüfen ist. Die Dicke variiert dabei
zwischen ca. 2 mm und ca. 6 mm.

Das Abstandsgewirk wurde vom Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland e.V., Greiz, zur Verfügung gestellt. Dabei handelt es sich um zwei textile Flächen, die durch Abstand haltende Fäden in einem druckelastischen Abstand gehalten werden. Unterschiede gibt es dabei sowohl in der Länge und Härte der Fäden als auch in den verwendeten textilen Flächen. Das hier getestete Gewirke wies eine Wabenstruktur mit offener Oberfläche auf und besaß eine Tiefe von 5 mm. Die Konfiguration der Abstand haltenden Fäden war als „stabil“ angegeben.

Bei dem untersuchten Polymerwerkstoff aus Polypropylen handelt es sich um „Curv“ des Unternehmens Propex Fabrics, Gronau. Der Thermoplast lag in Dicken von 1 mm, 2,02 mm und
2,95 mm vor und sollte eine hohe Schlagfestigkeit bei einem geringen Gewicht bieten.

Die Versuchsergebnisse der Schienbeinschoner sind in Abbildung 7 veranschaulicht.

Zunächst ist festzuhalten, dass alle Schoner die Untersuchung bestanden haben, ohne zerstört zu werden. Allerdings zeigte sich auch, dass einige Schoner bei großen wirkenden Kräften keine Wirkung mehr zeigen. Es zeigt sich deutlich, dass die Schoner bei geringen Fallhöhen von 5–15 cm (p = 2,05 Ns–3,56 Ns) sehr gut schützen und die Schlagkraft um bis zu 90% reduzieren können, aber die Schutzwirkung ab einer Fallhöhe von 25 cm (p = 4,59 Ns) rapide abnimmt.

Die Versuchsergebnisse legen den Schluss nahe, dass gerade bei höheren Kräften eine vollständige Hartschale wirksamer ist: So reduzieren die Schoner Adidas Predator und Puma Vencida auch bei einer Fallhöhe von 45 cm (p = 6,16 Ns) die Maximalkraft noch auf
58,42% bzw. 64,67%. Eine vollständige Hartschale allein scheint jedoch nicht entscheidend zu sein. Dies zeigt sich am Beispiel des Jako Master: Dieser kann bei einer Fallhöhe von 25 cm (p = 4,59 Ns) die Maximalkraft nur auf 69,23% reduzieren. Dies ist der schlechteste Wert der gezeigten Schoner nach dem Uhlsport Sockshield Light (84,57%). Beim letztgenannten Schoner scheint die Schale wohl einfach weich zu sein: Während er bei einer Fallhöhe von 5 cm (p = 2,05 Ns) mit einer Reduzierung auf 10,51% noch den besten Wert aller Schoner erreicht, kann bereits bei einer Fallhöhe von
15 cm (p = 3,56 Ns) die Kraft nur noch auf 58,77% reduziert werden. Bei einer Fallhöhe von 45 cm (p = 6,16 Ns) ist keine Schutzwirkung mehr gegeben (99,9%).

Die Versuchsergebnisse der Materialien sind in Abbildung 8 veranschaulicht.

Alle getesteten Zusammenstellungen haben zwar den Test ebenso wie die Schoner zerstörungsfrei überstanden. Allerdings wird sofort ersichtlich, dass hier in keinem Fall ähnlich gute Werte wie bei den Schonern erreicht werden. Lediglich in den unteren Kraftbereichen konnten akzeptable Werte erzielt werden. So konnte die Kraft bei einer Fallhöhe von 5 cm (p = 2,05 Ns) durch die Kombination „Curv 2,02 mm + Gewirk stabil“ auf 27,45% der Maximalkraft reduziert werden. Auffällig ist, dass die beste Reduzierung der Kräfte nicht mit dem stärksten Material Curv 2,95 mm erzielt wird, sondern mit Curv 2,02 mm.

Diskussion

Der Vergleich der Versuchsergebnisse der getesteten Schienbeinschoner mit denen der gestesten Werkstoffe lässt darauf schließen, dass es bei der Konstruktion eines Schoners, der gute Dämpfungseigenschaften besitzt, auf das „richtige Zusammenspiel“ von Schale und Polsterung ankommt: Es hat sich gezeigt, dass eine harte Schale allein nicht unbedingt auch eine gute Polsterung bedeutet. Dies wird deutlich daran, dass weder mit dem stärksten Curv-Material noch mit dem Schoner Jako Master, der eine der härtesten Schalen hat, gute Schutzwirkungen erzielt werden.

Bei Fallhöhen von 5–35 cm lieferte der Puma Vencida die besten Ergebnisse. Dies dürfte darin begründet liegen, dass der Schoner keine ebene Hartschale hat, sondern die Schale „Auswölbungen“ besitzt, was dadurch eine bessere Dämpfung der Kraft bewirkt. Allerdings hat der Schoner somit auch Schwachstellen zwischen den Auswölbungen.

Die Werte des Adidas Predator liegen bei Fallhöhen von 5–35 cm nur relativ gering oberhalb denen des Vencida und erreichen bei einer Fallhöhe von 45 cm den Bestwert aller gestesteten Schoner. Dieser Schoner verfügt über eine ebene Hartschale und einen relativ harten Polymerschaum zur Polsterung. Der Nachteil einer harten Polsterung zeigt sich allerdings durch den Vergleich mit dem Uhlsport Sockshield: Bei niedrigen Fallhöhen werden mit den härteren Polsterungen schlechtere Werte erzielt. So wirkt der Uhlsport Sockshield bei einer Fallhöhe von 5 cm (p = 2,05 Ns) nahezu doppelt so gut wie der Adidas Predator.

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