Übersichtsarbeiten - OUP 06/2016

Gegenüberstellung modularer versus Monoblockpfannen

Sabine Mai1

Zusammenfassung: Modulare zementfreie Pfannen sind weltweit führend. Das Inlay kann primär nach Material und Form ausgewählt und bei Bedarf gewechselt werden. Allerdings ist dieser reine Inlaywechsel nicht sehr häufig notwendig und bei Verschleiß nach vielen Jahren eventuell sogar nicht mehr möglich, weil das Inlay nicht mehr hergestellt wird oder der Verklemmungs- oder Verschlussmechanismus nicht mehr funktioniert. Mit der Modularität geht man jedoch das Risiko des Backside-wear ein, das Risiko vermehrter Osteolysen und der Bruchgefahr des Inlays bei dünnem PE und vor allem bei Verwendung von Keramik.

Zementfreie Monoblockpfannen sind hingegen verzeihender auch bei unterschiedlicher Positionierung. Es können die meisten Indikationen damit versorgt werden. Ein Wechsel ist relativ einfach und muss bei Verschleiß erst erfolgen, wenn Probleme auftreten. Sie haben sich über viele Jahre bewährt mit guten Ergebnissen.

Schlüsselwörter: Monoblock-Pfannen, modulare Pfannen,
PE-Abrieb, Osteolysen, Inlaywechsel

Zitierweise
Mai S: Gegenüberstellung modularer versus Monoblockpfannen. OUP 2016; 6: 354–357 DOI 10.3238/oup.2016.0354–0357

Summary: Cementless modular cups are common all over the world. There is a choice of various inlays made of different materials that can be exchanged if required. But the necessity is not very often and in case of wear after several years it may not be possible because the system is not produced anymore or the mechanism to hold the inlay does not function anymore. Modularity includes the risk of backside wear, increased osteolysis and breakage of the inlay especially when using ceramics.

Cementless monoblock cups in contrary are forgiving also when implanted in different positions. The majority of the indications can be addressed. Revision is relatively easy and in case of wear only necessary when problems occur. Monoblock cups have been used over many years with good results.

Keywords: monoblock cups, modular cups, PE wear, osteolysis, inlay revision

Citation
Mai S: Comparison of modular vs monoblock cups.
OUP 2016; 6: 354–357 DOI 10.3238/oup.2016.0354–0357

Einleitung

Bei der Hüftendoprothetik werden üblicherweise modulare Metal-backed-Hüftpfannen verwendet. Dies spiegelt sich auch in den Registern wieder. Die Idee der Modularität ist bestechend. Es können Inlays verschiedener Materialien (PE, XLPE, Keramik, Metall) und verschiedener Formen wie z.B. zur Überdachung bei Dysplasie-bedingter steiler Metallschalen-Positionierung verwendet werden. Sie können bei Revisionen und Frühinfekten gewechselt werden, ohne dass die Metallschale entfernt werden muss. Das können Monoblockpfannen nicht bieten. Trotzdem gibt es nicht zu übersehende Vorzüge der Monoblockpfannen, die erfolgreich seit über 30 Jahre verwendet werden.

Die Philosophie
der Monoblockpfannen

Die Monoblockpfannen zeichnen sich dadurch aus, dass das Polyethylen (PE) direkt beschichtet ist und keine zusätzliche Kontaktfläche besteht. Die RM-Pfanne (Mathys) (Abb. 1) wurde von Robert Mathys Ende der 60er Jahre entwickelt. Die Idee war, eine Isoelastizität ähnlich der Knochenbeschaffenheit zu erzielen, um so eine optimale Einheilung und Haltbarkeit zu bekommen [1]. Die anfänglich unbeschichtete PE-Pfanne hatte allerdings katastrophale Ergebnisse. Die Pfanne wurde daraufhin mit einem Titanpuder beschichtet, das durch die Mikro- und Makrostruktur eine gute Osteointegration und damit Sekundärstabilität gewährleistet. Die Primärstabilität erreicht sie durch 2 Zapfen. Zusätzlich können Schrauben eingebracht werden. Die sphärische Form sorgt für einen guten Knochenkontakt, wobei eine vollständige Überdachung oder ein vollständiger fester Knochenring nicht zwingend erforderlich sind. So kann auch in Dysplasiefällen das anatomische Rotationszentrum rekonstruiert werden [2]. Die Langzeitergebnisse sind mit einer Überlebensrate für aseptische Lockerung von 100 % nach 10 Jahren [3], 98 % nach 14 Jahren [4] und 94 % nach 20 Jahren [5] sehr gut. Eine Weiterentwicklung der RM classic sind die RM pressfit (Abb. 2) und Vitamys-Pfannen, die am Äquator verdickt und am Pol abgeflacht sind und auf die beiden Zapfen verzichten. Es können bei den RM-Pfannen je nach Größe und Modell Kopfdurchmesser von 28–36 mm verwendet werden.

Es wurden über die Jahre weitere Monoblockpfannen auf den Markt gebracht, die zwar ebenfalls sehr gute Ergebnisse erzielten, aber wegen geringer Anwendungszahlen nicht mehr produziert werden (Abb. 3a–c). Die Marburger Pfanne, auch Gris-Pfanne genannt nach Prof. Gris aus Marburg und die Morscher PressFit Cup (Protek, Sulzer) wurden mit einem Multilayer-titanium-mesh-coating versehen. Die Morscher-Pfanne erreichte nach 9–13 Jahren eine Überlebensrate von 96,8 % für alle Revisionsgründe bei 125 Patienten [6]. Die Trabecular Metal Cup (TM, Zimmer) wurde, wie der Name schon sagt, mit TM beschichtet mit sehr guter Performance auch bei Dysplasiepatienten. Nach bis zu 112 Monaten wird eine Überlebensrate bei 245 Hüften von 98,75 % für alle Revisionsgründe beschrieben [7]. Monoblock elliptical (Implex) wurde mit 3 Lagen Titankügelchen beschichtet. Die Nachuntersuchung bis zu 15 Jahren an 258 Hüften zeigt niedrige Abriebraten und ebenfalls sehr gute Langzeitergebnisse [8].

Polyethylen (PE), Osteolysen

Osteolysen als Reaktion auf PE- oder Metall-Abrieb sind einer der häufigsten Gründe für eine aseptische Lockerung [9]. Die Monoblockpfannen haben in der Regel ein deutlich dickeres Polyethylen als modulare Pfannen, sodass es wesentlich länger dauert, bis es „durchgelaufen“ ist. Dabei konnte nachgewiesen werden, dass die oben beschriebenen Monoblockpfannen sehr wenig Osteolysen produzieren [8, 10] – selbst bei steiler Implantation [2, 5]. Joung et al. [11] konnten im Vergleich von Matched groups mit 41 modularen und 41 Monoblockpfannen bei Letzteren eine niedrigere Abriebrate, eine geringere Varianz des Abriebs und signifikant weniger Osteolysen (2 % vs. 22 %) nachweisen. Als Ursache für die häufigeren Osteolysen bei den modularen Pfannen wird in dieser sehr interessanten Arbeit u.a. die Micromotion zwischen Inlay und Metallschale gesehen, die mitunter durch die notwendige Fertigungsintoleranz zwischen Inlay und Schale zustande kommt. Auch der Klemmmechanismus zwischen Inlay und Schale sowie Klemmringe können dazu beitragen. Eine In-vivo-Analyse konnte bei 35 Explantaten einen 10-mal stärkeren Backside-wear feststellen als experimentell vorausgesagt worden war [12]. Monoblockpfannen hingegen haben eine feste Verbindung zwischen PE und Metallschale bzw. -beschichtung. Moen [13] beschreibt ebenfalls die geringere Osteolyserate einer Monoblockpfanne nach 10 Jahren, die er durch computertomografische Untersuchungen nachweist.

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