Übersichtsarbeiten - OUP 03/2015

Hüftsonografie von Knochen- und Weichteilpathologien

H. Reimers1

Zusammenfassung: Die Untersuchung von Gelenken mittels Ultraschall, auch „Arthrosonografie“ genannt, erlaubt eine strahlenfreie Darstellung von Veränderungen am Gelenk und am Weichteilgewebe. Im Gegensatz zum Röntgen kann man mit dem Ultraschall neben der Knochenoberfläche insbesondere die Weichteile sehr gut darstellen. So ist es möglich, die Gelenkkapsel, die Muskulatur und die Sehnen zu beurteilen. Alltagsbeispiele hierfür sind Sehnenreizungen nach schweren körperlichen Tätigkeiten oder sportlichen Belastungssituationen. Des Weiteren erkennt man, ob sich ein Gelenk in einem synovialitischen Reizzustand befindet oder ob ein Gelenkerguss vorliegt. Auch besteht sonografisch die Möglichkeit, funktionelle Untersuchungen durchzuführen, das heißt, man kann Gelenke und Sehnen dynamisch beurteilen, um eine Aussage über die Ursache einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung zu treffen. Gerade hierbei ist die Sonografie der primär statischen Röntgen- und MRT-Diagnostik deutlich überlegen.

Schlüsselwörter: Hüftschmerz, aktivierte Coxarthrose,
Cam-Impingement, freier Gelenkkörper, Bursitis, Weichteiltumor, Tractus-Irritation

Zitierweise
Reimers H: Hüftsonografie von Knochen- und Weichteilpathologien. OUP 2015; 03: 150–153 DOI 10.3238/oup.2015.0150–0153

Summary: The examination of joints by means of ultrasound, also called „arthrosonography“, allows a radiation-free presentation of changes in the joint and soft tissue. In contrast to the X-ray, ultrasound can present the soft tissues very well next to the bone surface. In contrast to the x-ray, ultrasound shows good pictures of the soft tissue, as well as of the bone surface, thus enabling an evaluation of the joint capsule, the muscles and the tendons. Tendon irritations after severe physical activities or stress situations during sports are good examples. Furthermore synovial irritation or a joint effusion can be seen. There is also the possibility of performing functional examinations by ultrasound, i.e. dynamic joints and tendons can be assessed to make a statement about the cause of a painful movement restriction. Especially in this case, ultrasound is significantly superior to the primary static X-ray and MRI diagnostics.

Keywords: hip pain, activated coxarthrosis, cam-impingement, loose body, bursitis, soft tissue tumor, tract irritation

Citation
Reimers H: Ultrasound of bone and soft-tissue pathologies in the hip. OUP 2015; 03: 150–153 DOI 10.3238/oup.2015.0150–0153

Pathologien im
Hüftgelenkbereich

Typische Pathologien am Hüftgelenk können einerseits knöcherner Genese, andererseits aber auch pathologische Veränderungen im umliegenden Weichteilgewebe sein. Sonografisch sichtbare knöcherne Pathologien sind typischerweise Veränderungen der Knochenoberfläche wie die Entrundung der knöchernen Leitlinie des Hüftkopfs im Sinne einer Coxarthrose oder die Entrundung am Caput Collum-Übergang im Sinne eines Cam-Impingements.

Durch definierte Standardschnittebenen des Hüftgelenks (ventral, lateral und dorsal) kann man neben den genannten Veränderungen der Knochenleitlinie (Hüftkopfentrundung, Cam-Impingement, freier Gelenkkörper) schon in frühen Krankheitsphasen eine entzündliche Gelenkschleimhaut und Entzündungen anderer Genese nachweisen, und somit eine rasche Therapie einleiten. Beispiele im Bereich der Hüfte sind synovialitische Reizzustände bei aktivierten Coxarthrosen sowie Entzündungen von Schleimbeuteln (Bursitiden), insbesondere der Bursa iliopsoas, der Bursa trochanterica oder der Bursa glutaeus medius. Als Korrelat des entzündlichen intraartikulären Reizzustands lässt sich sonografisch eine Distension der Gelenkkapsel nachweisen. Diese Kapseldistension findet sich signifikant in Höhe des proximalen Schenkelhalses am Übergang zum Hüftkopf.

Auch bei Verdacht auf Weichteiltumore kann die Sonografie ein Erstdiagnostikum sein, um dann rasch weitere Schritte einleiten zu können, aber auch Verläufe schnell und engmaschig zu erfassen, z.B. Beispiel bei der Lipom-Diagnostik und dem Verdacht auf dessen Atypie.

Postoperative Kontrollen, therapeutische
Interventionen

Bei postoperativen Verlaufskontrollen dient die Arthrosonografie dazu, schnell und sicher hüftgelenknahe pathologische Weichteilveränderungen zu erkennen und auch eine pathomorphologische Aussage zu tätigen, um das weitere Prozedere festzulegen. Typische pathomorphologische Weichteilformationen im postoperativen Verlauf sind z.B. Hämatome, gelenknahe Volumenzunahmen, Serome aber auch funktionelle Weichteilirritationen bei einliegendem Osteosynthesematerial.

Des Öfteren ist zur Behandlung eines entzündlichen Hüftgelenkergusses, eines Hämatoms/Seroms oder einer Bursitis eine Punktion bzw. Infiltrationstherapie erforderlich. Hierbei hilft die Sonografie, die richtige Gelenkstelle bzw. Lokalisation aufzusuchen, um sonogestützt gezielt und erfolgreich zu intervenieren.

Fallbeispiele

Fall 1

Patient: 60-jähriger Mann, rezidivierender belastungsabhängiger linksseitiger Leistenschmerz.

Sonografische Diagnostik: Ventraler Longitudinalschnitt linkes Hüftgelenk.

Röntgendiagnostik: Linke Hüfte a.p.

Bildgebender Befund: Sonografisch im Longitudinalschnitt deutlich sichtbare, echoreiche Formation mit Schallschatten in Nachbarschaft zum oberen Pfannenerker, keine Kapseldistension.

Radiologisch sichtbarer intraartikulärer Gelenkkörper, in Lokalisation und Ausmaß korrelierend zum sonografischen Befund.

Fall 2

Patient: 41-jähriger Mann, schmerzhafte Bewegungseinschränkung im linken Hüftgelenk, insbesondere bei Abduktions- und Rotationsbewegungen

Sonografische Diagnostik: Ventraler Longitudinalschnitt linkes Hüftgelenk

Röntgendiagnostik: Linke Hüfte axial

Bildgebender Befund: Sonografisch findet sich am Übergang Hüftkopf zum Schenkelhals eine stufenförmige Entrundung der knöchernen Leitlinie mit Pseudousur. Die Gelenkkapsel verläuft parallel zur knöchernen Leitlinie. Kein Hinweis für Kapseldistension im Sinne einer intraartikulären Volumenzunahme.

Radiologisch deutliche Zeichen für eine Cam-Impingementformation im dorsalen und ventralen Caput Collum-Bereich. Der sonopathologische Befund der knöchernen Leitlinie korreliert signifikant mit dem radiologischen Befund eines Cam-Impingement.

Fall 3

Patient: 72-jähriger Mann, hüfttotalendoprothetischer Ersatz links vor 2 Jahren, rezidivierender belastungsabhängiger Leistenschmerz mit Ausstrahlung in die Oberschenkelvorderseite, insbesondere Provokation bei Hüftbeugung

Sonografische Diagnostik: Ventraler Longitudinal- und Transversalschnitt linke Hüfte

Röntgendiagnostik: Linke Hüfte in 2 Ebenen

Bildgebender Befund: Sonografisch findet sich in beiden ventralen Standardschnittebenen eine extraartikuläre echofreie Raumforderung im M. iliopsoas, gut abgrenzbar vom umliegenden muskulären Weichteilgewebe. Die stark echogene Reflexgebung der einliegenden Hüft-TEP ist in beiden Ebenen sichtbar. Sonografisch kein Hinweis für eine intraartikuläre Volumenzunahme. Diagnose: Bursitis iliopsoas.

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