Übersichtsarbeiten - OUP 03/2024

Indikation und Langzeitergebnisse verschiedener Knorpeltherapien am Knie

Die matrixgestützte autologe Knorpelzelltransplantation (mACT) zeigt erfolgreiche Ergebnisse in der Therapie von großen Knorpeldefekten am Kniegelenk. Sie ist die einzige regenerative Knorpeltherapiemethode, mit der es nach derzeitiger Studienlage möglich ist, auch Knorpeldefekte größer als 4,5 cm2 erfolgreich zu behandeln. Das Outcome scheint nach einer mACT sogar unabhängig von der Defektgröße zu sein. Histologische Auswertungen von Biopsien nach MACT zeigen eine gute Regeneratqualität mit der Entwicklung von hyalinartigem Knorpel [22, 23].

Die hohe wissenschaftliche Evidenz und Effektivitätsanalyse der mACT führte dazu, dass die AG Klinische Geweberegeneration der DGOU ihre Empfehlung zum Einsatz dieser Methode 2022 anpasste. Aufgrund der guten Datenlage wird der Einsatz einer mACT nun bereits ab einer Knorpeldefektgröße von 2 cm2 vor allem bei aktiven Patientinnen und Patienten empfohlen [22]. Dies gilt für alle in Deutschland verfügbaren Produkte (Spherox und Chondrosphere der co.don GmbH; Novocart 3D und Novocart Inject der Tetec AG).

Langzeitdaten nach mACT zeigen eine herausragende Evidenz bezüglich Funktionsverbesserung und Schmerzreduktion. In aktuell 12 von uns in einer Metaanalyse über Pubmed analysierten Studien mit einem mittleren Follow-up von 11,8 Jahren konnte nach mACT am Knie eine stetige Verbesserung der Ergebnisse im IKDC, dem EQ-VAS und Tegner Activity-Score beobachtet werden. In diesen Studien waren insgesamt 643 Patientinnen und Patienten mit einem mittleren Alter von 31 Jahren zum Zeitpunkt der OP erfasst. Bei 81 % der Patientinnen und Patienten kann das funktionelle Ergebnis nach über 10 Jahren Beobachtungszeitraum als gut beurteilt werden [5, 25–33].

In einer Analyse mit einem mittleren Nachbeobachtungszeitraum von über 10 Jahren berichteten 77 % der Patientinnen und Patienten, mit dem Ergebnis zufrieden oder sehr zufrieden zu sein [34]. Auch in radiologischen Langzeitbeobachtungen der Ergebnisse nach mACT im MRT nach über 10 Jahren werden komplette Defektfüllungen mit homogenem Regeneratgewebe in über 80 % der Fälle in Zusammenhang mit einer Patientenzufriedenheit von 93 % gesehen [35].

Daneben wurden zahlreiche Studien publiziert, in denen sich die ACT/mACT als zuverlässige Methode erwiesen hat, selbst bei größeren Läsionen und schwierigen Indikationen (wie z.B. der „focal early OA“ oder patellofemoral) über viele Jahre hinweg klinisch relevante Beschwerdereduktion, auch mit dem Ziel des Gelenkerhalts, zu erreichen[36–42]. Auch bei Jugendlichen zeigt sich im Long-term Follow-up 10 Jahre nach Knorpelzelltransplantation eine Verbesserung von Funktion und Schmerz bei hoher postoperativer Zufriedenheit [43].

Während die Mikrofrakturierung auch bei kleineren Defekten und Methoden wie der Mosaikplastik bei Läsionen über 2–3 cm2 im Laufe der Zeit ihre Wirksamkeit häufig verliert [16, 44], scheint dies nach mACT nicht in gleicher Weise der Fall zu sein. Im korrekten Indikationsbereich größer 2 cm2 zeigen sich in systematischen Reviews und 2 Level-1-Metaanalysen signifikant bessere klinische Ergebnisse und signifikant geringere Versagens- und Reoperationsraten für die ACT/mACT im Vergleich zur Mikrofrakturierung und Mosaikplastik im mittel- bis langfristigen Follow-up [45–47]. In einer Metaanalyse von 89 Studien mit insgesamt 3894 Patientinnen und Patienten mit verschiedenen Knorpeltherapieverfahren konnte gesehen werden, dass lediglich die Knorpelzelltransplantation bezüglich IKDC, Lysholm und VAS eine klinisch relevante Verbesserung in allen 3 untersuchten Qualitäten zusammen im Langzeitvergleich größer 10 Jahre zeigte [48].

Diese Ergebnisunterschiede nach längeren Verlaufszeiten sind der Grund dafür, warum die mACT trotz initial höherer Kosten, 2 operativen Eingriffen und der notwendigen Zellkultivierung für ihren zunehmend evidenzbasierten Indikationsbereich mittlerweile als wirtschaftlich gilt (Abb. 6) [49, 50].

Potenzialverfahren minced-cartilage

Das „minced-cartilage“-Verfahren wird aktuell als Potenzialbehandlung gewertet. Obschon in den 80ger Jahren beschrieben [51], erlebt dieses operative Verfahren erst jetzt seine Renaissance. Im Rahmen eines einzeitigen Eingriffes wird der Knorpeldefekt gereinigt, kleine Chips aus dem Defektrand entnommen und entweder maschinell oder manuell mit dem Skalpell extrakorporal zerkleinert. Die kleinen ca. 1 mm großen Knorpel-Chips werden dann in den Defekt eingebracht und können durch körpereigenes Thrombin oder Gewebekleber fixiert werden. Inzwischen gibt es auch die Kombination dieses Verfahrens mit azellulären Matrices. Laut der AG Klinische Geweberegeneration DGOU wird das Verfahren für Defekte zwischen 1,0–3,5 cm2 als Potenzialmethode angegeben. Die Studienlage zu diesem Verfahren ist noch nicht sehr aussagekräftig. Es liegen aktuell nur 3–4 Jahres-Ergebnisse vor, die teilweise widersprüchlich sind. Deshalb kann von uns hierzu keine klare Empfehlung ausgesprochen werden (Abb. 5, 10).

Langzeitergebnisse und Behandlung osteochondraler Defekte

Subchondrale Knochenläsionen finden zunehmend Beachtung in der Knorpeltherapie. Die AG Klinische Geweberegeneration DGOU empfiehlt das Adressieren des subchondralen Knochens ab Substanzdefekttiefen von 2–3 mm, bei Sklerosierung, subchondraler Zystenbildung und hypertropher Knochenbildung [2].

Kleinere osteochondrale Läsionen 1–1,5 cm² lassen sich mittels Knorpel-Knochenzylinder sehr gut behandeln, wohingegen zur Behandlung größerer Läsionen „Sandwichtechniken“ mit Biomaterialien oder die mACT in Kombination mit einem Knochenaufbau Anwendung finden sollte. Für den Knochenaufbau kommen kortikospongiöse Transplantate vom Beckenkamm, des Femurs oder der Tibia sowie autologe oder allogene Spongiosa in Frage. Eine Sonderstellung nimmt die Osteochondrosis dissecans (OCD) ein, da hier in vielen Fällen die interkondyläre Begrenzung fehlt und sich in diesem Fall die Verwendung eines kortikospongiösen Beckenkammspans zur Rekonstruktion und Stabilisierung des Defektareals anbietet [52].

OCT – osteochondrale
Transplantation

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