Übersichtsarbeiten - OUP 02/2019

Knorpeltherapie am oberen Sprunggelenk

1994 von Steadman [27] beschrieben, beruht die Mikrofrakturierung im Grunde genommen auf der 1959 von Pridi beschriebenen Bohrung des Knochens, mit dem Ziel, die pluripotenten mesenchymalen Zellen aus dem Markraum an die Knochenoberfläche zu mobiliseren, wo sie den Ersatzknorpel produzieren. Die Technik kann arthroskopisch durchgeführt werden. Zunächst erfolgt das Debridement des chondromalazisch veränderten Bezirks. Das Debridement sollte so weit durchgeführt werden, bis der Defekt von einem stabilen und festen Knorpelrand umgeben ist. Es dürfen keine unterminierten und flotierenden Knorpelanteile den Defekt umgeben. Anschließend erfolgt mit einer Ahle das Perforieren der subchondralen Lamelle etwa 4 mm tief und in 4 mm Abstand. Wir setzen diese Technik nicht mehr ein, weil es durch Zystenbildung infolge der gestörten subchondralen Architektur zu einer Schwächung der knorpeltragenden subchondralen Platte kommt [20, 24]. Auch eine Konversion auf andere Verfahren, z.B. auf OATS, ist nach Mikrofrakturierung mit deutlich schlechterem Ergebnis verbunden [14].

Autologe matrixinduzierte Chondroplastik (AMIC)

Bei dieser Technik wird der Knorpeldefekt bis zur subchondralen Platte debridiert. Anschließend erfolgt die Mikrofrakturierung der subchondralen Platte. Der Knorpeldefekt wird mit einer Matrix (z.B. aus Hyaluronsäure) bedeckt. Verschiedene Arbeiten konnten zeigen, dass die aus dem Markraum austretenden pluripotenten Zellen sich in dem Geflecht der bedeckenden Matrizen verfangen und sich dort in Knorpelzellen umwandeln [21]. Die Zellen unterscheiden sich nur marginal von den Zellen, welche durch die wesentlich aufwendigere ACT gebildet werden [11]. Die Indikation für diese Technik wird ab einer Defektgröße von 1,5 cm² gesehen. In der Regel ist für diese Technik eine Mini-Arthrotomie erforderlich.

Nachteil dieser Technik aus unserer Sicht ist die Tatsache, dass auch hier eine Mikrofrakturierung erforderlich ist und wie oben beschrieben, die Mikrofrakturierung in einem hohen Prozentsatz zur Bildung von intraläsionalen Osteophyten bzw. zur Zystenbildung führt mit Schwächung der Grundplatte [4, 16].

Retrogrades Anbohren

Erfolgt im Stadium I nach Berndt und Harty die konservative Therapie in Form einer 6-wöchigen Entlastungsphase verbunden mit physiotherapeutischen Bewegungsübungen und ggf. oraler Antiphlogistikagabe [5], so erfolgt im Stadium II bei Versagen der konservativen Behandlungspalette die operative Therapie. Hierbei gilt es, die subchondrale Sklerose zu entfernen. Ist die Knorpeloberfläche noch intakt, ist ein retrogrades Vorgehen sinnvoll (Abb. 2).

Bei einer Anbohrung bevorzugen wir das retrograde Vorgehen unter BV-Kontrolle (Abb. 3). Als Weiterentwicklung der einfachen retrograden Anbohrung kann mit einer Hohlfräse die subchondrale Sklerosezone durchbrochen (unter BV-Kontrolle oder navigiert [22]) und der entstandene Kanal mit Spongiosa aufgefüllt werden. Diese Methode scheint der alleinigen Anbohrung überlegen zu sein [23].

Osteochondrale
Transplantation (OCT)

Hierzu ist jedoch in der Regel eine Arthrotomie über eine Malleolarosteotomie notwendig (Abb. 4). In den seltenen Fällen mit lateraler OD reicht oftmals eine ausreichende Plantarflexion, um den Defekt zu erreichen (Abb. 5). Liegt der Defekt medial und sehr weit ventral, genügt es auch gelegentlich, mit einer hochtourigen Fräse kleinere Osteophyten abzutragen, um den OCT-Defekt dann in Plantarflexion erreichen zu können.

Nach Debridement des osteochondralen Defekts wird der Durchmesser ermittelt. Mit einer Hohlfräse in entsprechender Größe wird die Empfängerstelle ausgestanzt. Mit einer Spender-Hohlfräse in entsprechender Größe wird aus der Entnahmestelle der Zylinder entnommen und in Press-fit-Technik in die Empfängerstelle eingebracht.

Der osteochondrale Zylinder wird in der Regel aus dem ipsilateralen Knie (laterales Patellalager) entnommen. Die Nachteile der OCT liegen in der begrenzten Verfügbarkeit des Transplants, unterschiedlichen Knorpeldicken des Kniegelenkknorpels und des Talusknorpels. Ein weiteres Problem kann die unterschiedliche Krümmung der Spender- und der Empfängeroberfläche sein.

Die Indikation zur OCT besteht bei Knorpeldefekten ab 6 mm mit zystischem subchondralem Defekt. Scranton et al. [26] berichten in einer Serie von 50 Typ-V-OCDs mit einer Läsionsgröße 8–20 mm über eine 90%ige Erfolgsrate (gut bis sehr gut, Karlsson-Peterson-Ankle-Score) über eine mittlere Nachbeobachtungszeit von 36 Monaten. Imhoff et al. [14] berichten auch über eine signifikante Verbesserung der AOFAS- und Tegner-Score mit deutlicher Verringerung der Schmerzen in der visuellen Analogskala (VAS) von 7,8 auf 1,5 (26 osteochondrale Transplantationen, mittlere Nachbeobachtung von 84 Monaten). Gobbi et al. [12] haben im Rahmen einer prospektiv randomisierten Studie keinen signifikanten Unterschied zwischen Chondroplastie, Mikrofrakturierung und osteochondraler Transplantation gesehen.

Es besteht bei größeren Defekten bis 4 cm² die Möglichkeit, mehrere Zylinder im Sinne einer Mosaikplastik zu implantieren [13].

Wir haben die Technik der OCT seit Jahren zugunsten der Defektauffüllung mit autologer Spongiosa (selten mit keramischem Knochenersatz) und Auftragen einer zellfreien Kollagen-Matrizes (Chondrofiller) verlassen.

Autologe matrixassozierte

Chondrozytentransplantation

(ACT)

Vollständigkeitshalber wird noch über die ACT am Talus berichtet. In unserer Klinik führen wir diese nicht durch. Diese Therapie wird seit 2010 von den GKV nicht mehr bezahlt. Die technische Durchführung ist identisch mit dem Vorgehen am Knie. Gianini et al. [10] berichteten über eine Serie von 46 Patienten (mittleres Alter 31,4 ± 7,6), welche in der Zeit von 2001–2006 eine ACT erhielten. Der AOFAS-Score hat sich von präoperativ 57,2 ± 14,3 auf postoperativ 92,0 ± 11,2 verbessert und am Ende der Nachbeobachtungszeit von 87,2 ± 14,5 Monaten verbessert. Auch andere Arbeitsgruppen kommen zu ähnlich guten Ergebnissen.

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