Aktuelles - OUP 01/2017

Konsequent systemisch und lokal vorgehen
Antibiose bei periprothetischen Gelenkinfektionen

Ein sich veränderndes Keimspektrum mit vermehrter Resistenzbildung macht periprothetische Gelenkinfektionen (PPI) zu den am meisten gefürchteten Komplikationen in der Endoprothetik. Der Schlüssel zum Therapieerfolg für eine effektive Antibiose und die OP-Planung ist der Keimnachweis, meinte Dr. Akos Zahar, Helios Endo-Klinik, Hamburg, auf dem DKOU-Kongress 2016. Mithilfe antibiotikahaltiger Zemente werden lokal ausreichende Wirkstoffkonzentrationen ohne systemische Belastungen auch bei Problemkeimen erzielt.

Prof. Georg Matziolis, Waldkrankenhaus Eisenberg, sieht Infektionen als neue Erkrankung, die interdisziplinär zusammen mit Mikrobiologen/Infektiologen und dem Klinikapotheker gezielt angegangen werden muss. Die wichtigsten Herausforderungen in der Keimdiagnostik sind heute Low-grade-Infekte, sehr schlecht zugängliche Bakterien, die sehr langsam proliferieren (sog. „Small Colony Variants“) sowie eine steigende Rate von Mischbesiedelungen. Die Keimdiagnostik kann heute sehr geringe Konzentrationen von Erregern detektieren. Hier fällt es manchmal schwer zu entscheiden, ob es sich um einen echten, oft schwer therapierbaren Infekt handelt, oder um eine Kontamination der Proben, so Matziolis.

Vermehrte Resistenzen, fragile Patienten

Bei den weiterhin vermehrt auftretenden Resistenzen hat sich das Keimspektrum verändert – weg von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) hin zu multiresistenten gramnegativen Erregern gegen 3 oder 4 der 4 Antibiotikagruppen (3/4 MRGN) und Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE). Gleichzeitig nimmt die Zahl älterer und kränkerer Patienten mit labil kompensiertem Organismus zu. Dies limitiert den Einsatz einer systemischen Antibiose, jede Dosisreduktion begünstigt aber die Resistenzbildung. Umso wichtiger ist hier eine effektive lokale Antibiose, betonte Matziolis.

Bei Patienten mit schmerzhaften Prothesen gerät die präoperative Standarddiagnostik vor allem bei den zunehmenden chronischen „Low-grade“-PPI an ihre Grenzen. Synoviale Biomarker wie ?-Defensin setzen sich hier immer mehr zur Differenzierung aseptischer von (chronischen) septischen sowie implantatallergischen Beschwerden durch, berichtete Prof. Johannes Holinka, Universitätsklinik für Orthopädie, Wien. Alpha -Defensin besitzt eine hohe Sensitivität von 96 % und Spezifität von 97 % und ist als Schnelltest prä- und intraoperativ einsetzbar. Das Ergebnis ist nicht beeinflussbar durch systemische Erkrankungen oder Antibiotika-Vorbehandlung [1]. Der Leukozytenesterase-Test ist eine preisgünstigere Alternative (Sensitivität: 80 %; Spezifität: 100 %), ist aber anfällig gegen Verschmutzungen und Blut.

Bei bestätigter Infektion ist der Keimnachweis ausschlaggebend für eine frühestmögliche effektive Antibiose und die OP-Planung. Allerdings lässt sich in 10–30 % der Fälle kein Keim anzüchten [2]. Mit der Sonifikation lassen sich auch Keime erfassen, die mit der Punktion entgingen. Problematisch ist der Zeitverzug bei mikrobiologischer Anzüchtung. Eine neue Methode zur raschen Infektionsdiagnostik mit Antibiogramm bietet die Unyvero i60 ITI Multiplex PCR [3]. Sie ermöglicht mit einer Sensitivität von 90 % einen Keimnachweis für ein vordefiniertes Keimspektrum innerhalb von 5 Stunden mit Resistenzmarkern aus Punktaten, Gewebe und Sonikaten – auch bei langsam wachsenden niedervirulenten Keimen. Sie ist mit geringem Arbeitsaufwand ohne molekularbiologische Fachkräfte und spezielle Infrastruktur durchführbar.

Beim ein- oder zweizeitigen Wechsel waren statische Spacer, Fisteln, Weichteildefekte und Infektionen mit Gram-negativen Bakterien mit einem erhöhten Infektionsrisiko assoziiert. Der einzeitige Wechsel ist eine gute Option, wenn die Patienten die Voraussetzungen erfüllen. Beim zweizeitigen Wechsel wurde eine Mortalität von 4 % zwischen Prothesenausbau und Reimplantation beobachtet.

Antibiotika

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Neben der systemischen Antibiose auch die lokale Gabe von Antibiotika in Spacern oder im Knochenzement zum therapeutischen Standard, um hohe Wirkstoffkonzentrationen ohne systemische Belastungen zu erzielen, so Matziolis. Für die klinische Routine hat sich der Knochenzement COPAL® G+C bewährt, der mit Gentamicin und Clindamycin das normale Keimspektrum abdeckt. Der Anstieg multiresistenter Keime macht auch den verstärkten lokalen Einsatz von Reserve-Antibiotika wie Vancomycin notwendig, wie sie im Knochenzement COPAL® G+V (Gentamycin und Vancomycin) verfügbar sind.

Matziolis verwies auf die Überlegenheit von Spacern aus industriell gefertigtem antibiotikahaltigem Knochenzement. Dabei ist die Antibitoikafreisetzung von Gentamicin und Clindamycin aus dem Spacer aus industriell gefertigtemen Knochenzuement (COPAL® G+C) zu allen Zeitpunkten höher. Eine aktuelle Vergleichsstudie unterstreicht die Vorteile einer gezielten, hochdosierten Antibiotika Kombination. Bei 848 versorgten Schenkelhalsfrakturen traten unter der Antibiotikakombination mit 1,1 % signifikant weniger tiefe Infektionen auf als mit einfach beladendem Gentamicin-haltigen Zement (3,5%) [4].

Literatur

1. Chen A et al.: J Knee Surg 2014; 27: 259–265

2. Corvec S et al.: Int J Artif Organs. 2012; 35: 923–934

3. Sigmund IK et al.: DKOU 2016; Abstract M0336

4. Sprowson AP et al.: Bone Joint J 2016; 98: 1534–1541

Quelle: Satellitensymposium von Heraeus Medical, DKOU Berlin, 27. Oktober 2016

Bericht: Dr. Alexander Kretzschmar, München

Veranstalter: Heraeus Medical GmbH, 61273 Wehrheim

Die Rubrik „Bericht der Industrie“ enthält Beiträge, die auf Unternehmensinformationen basieren. Einzelne Beiträge sind ganz oder teilweise von einem Unternehmen gesponsert und separat gekennzeichnet. Diese Rubrik erscheint außerhalb der Verantwortung der Schriftleitung der OUP – Orthopädische und Unfallchirurgische Praxis.

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