Übersichtsarbeiten - OUP 09/2014

Konservative Therapie bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises

P. Grebe1, A. Trimborn1, M. Henniger1, S. Rehart1

Zusammenfassung: Bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises stellen, neben der operativen Versorgung, konservative Therapiemaßnahmen eine unverzichtbare Komponente eines umfassenden Behandlungsplanes dar. In Kombination mit den in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelten medikamentösen Therapieverfahren sollen mögliche Funktionseinbußen des Patienten in vollem Ausmaß verhindert werden, zusätzlich ist eine vollständige Remission mit einhergehendem Schmerzverlust anzustreben. Dafür steht ein breites Spektrum von therapeutischen Möglichkeiten zur Verfügung, die nach einer eingehenden Anamnese und Befunderhebung jeweils individualisiert an den einzelnen Patienten angewendet werden können.

Schlüsselwörter: Remission, konservative Therapie, interdisziplinäres Team, Aktivitäten des täglichen Lebens

Zitierweise
Grebe P, Trimborn A, Henniger M, Rehart S. Konservative Therapie bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises.
OUP 2014; 9: 420–425 DOI 10.3238/oup.2014.0420–0425

Abstract: The management of the rheumatic diseases is beside the surgical care, a conservative therapy measure an inalienable component of a comprehensive plan of treatment. In combination with the medicamental therapy procedures, clearly developed during the last years, possible functional losses of the patient should be thereby prevented in full magnitude. Additionally, an entire remission reducing pain should be aimed. A wide spectrum of the therapeutic possibilities which should be brought after a detailed anamnesis and findings elevation in each case individualized to the single patient in use is available for it.

Keywords: remission, conservative treatment, interdisciplinary team, activities of daily life

Citation
Grebe P, Trimborn A, Henniger M, Rehart S. Conservative therapy for rheumatic diseases.
OUP 2014; 9: 420–425 DOI 10.3238/oup.2014.0420–0425

Einleitung

Nach der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie leitet sich der Begriff Rheuma aus dem Griechischen „rheo“ („ich fließe“) ab und beschreibt mehr als 100 verschiedene rheumatische Erkrankungen, die abhängig vom Beschwerdebild das Bewegungssystem, die Haut, innere Organe oder auch das Nervensystem betreffen können.

Anhand der Beschwerdebilder lassen sich 4 Hauptgruppen des rheumatischen Formenkreises einteilen:

  • 1. Entzündlich-destruierende Erkrankungen (z.B. Rheumatoide Arthritis, Spondyloarthritis – im Endstadium als ankylosierender M. Bechterew – Kollagenosen und Vaskulitiden),
  • 2. Degenerative rheumatische Erkrankungen (z.B. die Arthrose als Gon- oder Koxarthrose),
  • 3. Erkrankungen des Bewegungssystems durch Störungen des Stoffwechsels (z.B. Kristallarthropathien, Arthropathien bei Bluterkrankungen),
  • 4. Weichteil-rheumatische Erkrankungen (z.B. Tendomyopathien, Engpasssyndrome).

Bei den o.a. entzündlich-destruierenden Erkrankungen ist die Ätiologie im Sinne eines Auslösers meist unbekannt. Bei 80 % der Patienten wird im Erkrankungsverlauf eine rheumatoide Arthritis diagnostiziert. Es handelt sich hierbei um Autoimmunreaktionen, die durch das Auftreten von autoreaktiven B- und T-Zellen bestimmt sind. Faktoren, die das Entstehen von Autoimmunerkrankungen begünstigen, stellen die genetische Disposition und Umweltfaktoren (z.B. Schadstoffexposition, Rauchen, Infektionserkrankungen) dar [1].

Pathophysiologie

Bei entsprechender genetischer Disposition sowie durch verschiedene Umwelteinflüsse mit Exposition unbekannter Antigene, kann es zu einer intraartikulären Entzündungsreaktion kommen. Unter Beteiligung von Lymphozyten, Makrophagen und Zytokinen kommt es an den Gelenken zu einer Synovialitis mit Ergussbildung. Es kommt im Verlauf zu einer zunehmenden sekundären Gelenkdestruktion durch chondro- und osteoklastische Enzyme sowie Destruktionen von Kapseln und Ligamenten [1].

Diagnostik

Zu den am häufigsten auftretenden entzündlich-rheumatischen Erkrankungen gehört die hier exemplarisch aufgeführte chronische Polyarthritis (CP) oder Rheumatoide Arthritis (RA). Sie betrifft ca. 1 % der Erwachsenen [2]. Eine frühzeitige Diagnose ist Voraussetzung für eine gute Prognose, da schon innerhalb der ersten Monate irreversible, destruierende Gelenkschäden neben massiver Schmerzhaftigkeit entstehen können.

Patienten, die an Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises leiden, zeigen oft nur unspezifische Allgemeinsymptome:

Müdigkeit,

Appetitlosigkeit,

Subfebrile Temperaturen,

Intermittierende Parästhesien der Hände und Füße,

Abgeschlagenheit.

Die betroffenen Gelenke präsentieren meist die klassischen Entzündungszeichen: Schwellung, Überwärmung, Rötung, Schmerz und gestörte Funktion. Im Kontext müssen entsprechend bestehende Gelenkbeteiligungen sorgsam analysiert und gedeutet werden, um den Verdacht auf eine rheumatische Erkrankung zu bekräftigen:

mono-, oligo-, polyartikulärer Gelenkbefall,

symmetrischer/asymmetrischer Gelenkbefall,

Größe der betroffenen Gelenke,

Weichteilschwellung,

Morgensteifigkeit,

Alter,

zeitlicher Verlauf der Gelenkbeschwerden,

extraartikuläre Manifestationen,

nächtliche Schmerzen.

Generell sollte ein Patient mit unklar geschwollenen Gelenken über mehrere Wochen und ohne erkennbare Ursache bei einem internistischen oder orthopädischen Rheumatologen vorgestellt werden. Zur weiteren Sicherung der Diagnose können laborchemische und radiologische Untersuchungen durchgeführt werden.

Folgende laborchemische Parameter weisen auf entsprechende Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises hin, wobei CRP und BSG als Screening-Parameter zu behandeln sind und sich bei Bedarf weitere laborchemische Marker anschließen (vgl. Leitlinien DGRh):

C-reaktives Protein (CRP),

Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG),

Rheumafaktor,

Cyclische-Citrullin-Peptid-Antikörper (CCP-AK),

HLA-B-27,

antinukleäre Antikörper (ANA),

Doppelstrang-DNS-Antikörper (ds-DNS-AK),

Autoantikörper gegen extrahierbare nukleäre Antigene (ENA-AK),

Granulozyten-Cytoplasma-Antikörper (ANCA).

Radiologische Diagnostik

Die Sonografie ist eine schnelle sowie kostengünstige Methode und eignet sich zur Frühdiagnostik und Therapiekontrolle entzündlich-rheumatischer Erkrankungen. Mittels der Arthrosonografie können entsprechende Gelenkveränderungen (Gelenkerguss, Bursitis oder eine Tenosynovialitis) dargestellt und der Verlauf beobachtet werden. Über eine Doppler-Untersuchung lassen sich hyperämische Veränderungen akuter entzündlicher Prozesse nachweisen. Zudem hat die Sonografie mittlerweile einen wichtigen Platz zur Diagnostik von Vaskulitiden eingenommen.

Konventionelles Röntgen: Hier lassen sich bereits einsetzende Knochenveränderungen wie Gelenkspaltverschmälerung, Entkalkungen, Erosionen und periartikuläre Weichteilschwellungen nachweisen sowie Konzepte operativer Behandlungsindikationen anhand der radiologischen Einteilung nach Larsen, Dale und Eek („LDE-Klassifikation“ aller Gelenke) ableiten.

Schnittbilddiagnostik: Diese Verfahren (MRT) eignen sich hervorragend, um Aussagen über Veränderungen an der Schulter, vor allem aber auch bei neurologischen Symptomen an der Wirbelsäule zu treffen. Weiterhin lassen sich bei unklaren Befunden die Weichteile sehr gut darstellen. Außerdem wird die MRT heutzutage bei entzündlichen Gelenk- und Wirbelsäulenveränderungen in der Frühdiagnostik, zur Differenzialdiagnostik, bei der Abschätzung der Prognose (Nachweis des Knochenödems) und zur Therapiekontrolle eingesetzt [3].

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