Übersichtsarbeiten - OUP 03/2014

Konservative versus operative Therapie des Morton Neuroms

Die Differenzialdiagnosen können grob in 2 Kategorien eingeteilt werden, diejenigen, welche durch die gleiche Therapie medizinisch korrekt behandelt werden und solche, die präoperativ soweit abzuklären sind, dass die sich anschließende Therapie zielgerichtet und somit medizinisch sinnvoll ist. Die Symptome werden durch die regionale Enge der anatomischen Strukturen ausgelöst. Zwischen den Metatarsaleköpfchen ist kein Platz für einen raumfordernden Weichteilprozess. Ob es sich um eine chronische, interdigitale Bursitis oder ein Ganglion handelt, ist dann irrelevant, wenn die konservative oder operative Therapie zum Ziel führt, der Beschwerdefreiheit.

Die Erkrankungen der 2. Kategorie dürften sich durch die o.g. Maßnahmen nicht sinnvoll therapieren lassen. Eine Abgrenzung einer Metatarsalgie ist nicht immer möglich. Unspezifisch sind die Angaben der Patienten in Bezug auf die Art und den Ort der Beschwerden. Bei der körperlichen Untersuchung gelingt es nicht, durchgehend das Punktum maximum des Schmerzes aufzufinden, selbst in kurzem Abstand wiederholte Untersuchungen tragen zur Verwirrung bei. Eine Ruptur der plantaren Platte ist gekennzeichnet durch eine entzündliche Schwellung des Gelenks und kann im frühen Stadium kernspintomografisch nachgewiesen werden. Im fortgeschrittenen Verlauf der Erkrankung sind klinisch und radiologisch Subluxation oder Luxation des MTP-Gelenks erkennbar. Eine plantare Schwielenbildung ist häufig mit einer Metatarsalgie verbunden, schließt im Umkehrschluss ein Morton Neurom nicht aus. Seltener kommen Ermüdungsfrakturen in Betracht, die nach nicht gewohnten Belastungen auftreten können oder Ausdruck einer zunehmenden Fehlstatik des Vor- und Mittelfußes anzusehen sind. Sehr selten sind die in der Literatur durchgängig angeführten synovialen Zysten, Riesenzelltumore oder Fibromatosen.

Therapie

Es gibt keine gesicherten Erkenntnisse, ob eine konservative Therapie besser ist als eine operative Behandlung. Eine Cochrane Database Abfrage weist nur eine kontrollierte Studie von Thomson und Gibson auf, die eine unzureichende Evidenz für die Überlegenheit der konservativen oder operativen Therapie sieht [9]. Kontrollierte Studien zur Injektionsbehandlung mit Steroiden gibt es in der Cochrane Library nicht.

Dennoch steht die konservative Therapie am Anfang der Behandlung, da sie vermeintlich das geringere Behandlungsrisiko darstellt.

Als nichtinvasive Therapie mag die Einlagenversorgung eine Methode der ersten Wahl darstellen. Verschiedene Versorgungsmöglichkeiten stehen zur Disposition: Einlagen mit Hohllegung, retrokapitalen, überhöhten Pelotten sowie Pro- oder Supinationskeile. Wesentliche Vorteile konnten in Studien nicht nachgewiesen werden [10]. Eine Reihe verschiedener Therapieformen aus dem Bereich der Physiotherapie wird ebenfalls regelhaft als Empfehlung zitiert. Iontophorese, Eisapplikationen, Stoßwellenbehandlung, Kinesiotaping, Akupunktur, manuelle Therapie oder Spiraldynamik. Eine Evidenzlage für diese konservativen Maßnahmen existiert nicht. Saygi et al. [11] verglichen die Einlagenversorgung und Schuhzurichtungen mit Steroidinjektionen. Die Injektionen waren signifikant besser. Fridman und Weil [12] konnten in einer kontrollierten Studie anhand der VAS-Skala nachweisen, dass die Stoßwellentherapie erfolgreich sein kann.

Die medikamentöse Therapie besteht zunächst in der Gabe von Antiphlogistika. Das Prinzip der nichtsteroidalen Antiphlogistika besteht in der Behandlung des Schmerzes, des entzündlichen Prozesses sowie der Abschwellung des Gewebes. Ist diese Therapie nicht zielführend oder besteht eine Unverträglichkeit für NSAR, ist die Injektionsbehandlung die Methode der Wahl. Die Injektionen erfolgen von dorsal in den intermetatarsalenen Raum. Eine sonografische Unterstützung ist hilfreich, aber nicht zwingend erforderlich. Es gibt 2 unterschiedliche Verfahren.

Die Injektion einer Ethanollösung beruht auf der Affinität des Alkohols zu neuronalen Strukturen [5]. Die chemische Neurolyse soll durch Dehydratation und Nekrose des Nerven erfolgen. Die Literaturangabe zur Konzentration des Alkohols variieren von 4–30 %. Hughes [13] beschreibt 4 Injektionen in 2-Wochen-Abständen. Er beobachtete in 81 % eine Beschwerdefreiheit, in 17 % passager mehr Schmerzen und in 30 % eine Verkleinerung des Neuroms im Ultraschall.

Die Injektion von Steroiden ist in ihrer Wirkung weiterhin nicht entgültig geklärt [14]. Verschiedene Theorien werden diskutiert. Es soll eine Leukozytenreduktion eintreten, die lysosomalen Membranen werden stabilisiert, die Cytokininausschüttung unterdrückt und das Interleukin 1 Alpha reduziert. Letztendlich wird hier die Evidenz der Eminenzentscheidung untergeordnet, da Kortison hilft. Zur Anwendung kommen in der Regel Triamcinolon oder Dexamethason, beide haben eine lange Wirkungsweise und unterscheiden sich durch das Hydrocortisonäquivalent. In der Literatur ist die Zahl der Injektionen uneinheitlich beschrieben. Es werden einmalige bis dreimalige Injektionen beschrieben [15, 16, 17]. Die Ergebnisse nach Injektion variieren von 30 % komplett beschwerdefrei [15] über 47 % Besserung [17] und 50 % [15] bis zu enttäuschenden Langzeitergebnissen von 53 % [16]. Allen gemeinsam ist das Risiko der Fettgewebsnekrose, die innerhalb von Wochen bis Monaten auftreten kann, unabhängig von der Zahl der Injektionen. Fettgewebsnekrosen sind in der Regel irreversibel und können, wenn sie plantar auftreten, zu erheblichen Problemen mit der plantaren Stoßdämpfung führen. Je nach Ausprägungsgrad ist das dauerhafte Tragen einer Weichbettung im Schuh oder eines Schuhs mit entsprechender Sohlenzurichtung notwendig. Weiterhin können Hyperpigmentierungen nach Steroidinjektionen auftreten, welche mehr oder weniger störend empfunden werden. Die Indikationsstellung zur Durchführung und vor allem zur Anzahl der Steroidinjektionen sollte kritisch gestellt werden.

Die operative Therapie ist bei ausgereizten konservativen Behandlungen angezeigt. Ziel ist es, das Neurom zu entfernen oder eine Neurolyse durchzuführen.

Die Diskussion über die Möglichkeiten des operativen Zugangs zum Neurom ist fortwährend. Befürworter des dorsalen oder plantaren Zugangs sehen ihre Methode der anderen als überlegen an und führen dabei die jeweilige Vorteile oder Nachteile ins Feld. Beide Methoden haben ihr spezifischen Vor- und Nachteile. Der dorsale Zugang bietet eine besser Darstellung des Nerven in seinen proximalen Abschnitten, postoperativ ist der Fuss sofort belastbar, da die Narbe nicht in der Belastungszone liegt. Der plantare Zugang gewährt eine exaktere Darstellung des „Neuroms“ sowie eines accessorischen Nervenastes, der in ca. 10 % der Fälle vorliegen kann und als mögliche Ursache für ein Rezidiv angesehen wird. Bei der Durchführung des plantaren Zugangs wird empfohlen, die Narbe nicht über das Metatarsaleköpfchen zu legen. Indurierte Narben sowie Hyperkeratosen im Narbenbereich können postoperativ ein Problem darstellen, s. Abb. 2.

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