Übersichtsarbeiten - OUP 09/2015

Kyphoplastie – effektive Behandlungsmethode für die Versorgung akut-traumatischer osteoporosebedingter Wirbelkörperfrakturen
Eine Zweipunkterhebung in den operativen FachdisziplinenEvaluation of data collected from different surgical specialties at two different times

Martin Bergmann1, Ludwig Oberkircher2, Hanna Daniel3, Juliane Priese2, Steffen Ruchholtz2, Antonio Krüger2

Zusammenfassung

Einleitung: Indikationen sowie Nutzen der Ballonkyphoplastie werden bisweilen kontrovers diskutiert. Diese Studie hatte zum Ziel, Veränderungen in der Versorgung mittels Kyphoplastie zu untersuchen.

Methodik: In den Jahren 2008 und 2012 erfolgte eine bundesweite Erhebung in den operativen Disziplinen.

Ergebnisse: 111 Abteilungen nahmen an beiden Erhebungen teil (35,35 % 2008 und 34,69 % 2012). Es konnten keine Unterschiede in der Anzahl der Wirbelkörperaugmentationen evaluiert werden. 2011 führten ebenso viele Chirurgen mehr als 100 Kyphoplastien durch wie im Jahr 2008 (6,73 % vs. 7,26 %, p = 1). Während bei einer Vielzahl osteoporosebedingter Wirbelkörperfrakturen ohne erinnerliches Trauma zunächst ein mindestens 3-wöchiger konservativer Therapieversuch erfolgt (70,58 %), wird die Indikation zur operativen Versorgung bei Patienten mit akuten Wirbelkörperfrakturen früher gestellt, innerhalb von 7 Tagen (70,58 %). Kyphoplastieanwender führen zu einem Großteil auch weitere stabilisierende Operationen an der Wirbelsäule durch (89 % 2008 vs. 91 % 2012, p = 0,332).

Fazit: Kyphoplastie wird überwiegend von Ärzten mit Erfahrung auf dem Gebiet der Wirbelsäulenchirurgie angeboten. Sie stellt eine effektive Therapieoption für die Behandlung akut traumatischer osteoporosebedingter Wirbelkörperfrakturen dar. Die jährlichen Fallzahlen blieben konstant hoch. Patienten mit akuten Wirbelkörperfrakturen und immobilisierenden Schmerzen werden frühzeitig operativ behandelt. Nachfolgende Studien sollten osteoporosebedingte Sinterungsfrakturen und akut-traumatische osteoporosebedingte Wirbelkörperfrakturen differenzieren. Begriffe, wie „adäquates Trauma”, sollten klar definiert werden.

Schlüsselwörter: Kyphoplastie, Osteoporose, osteoporosebedingte Frakturen, Wirbelkörperfrakturen

Zitierweise
Bergmann M, Oberkircher L, Daniel H, Priese J, Ruchholtz S, Krüger A. Kyphoplastie – effektive Behandlungsmethode für die Versorgung akut-traumatischer osteoporosebedingter Wirbelkörperfrakturen. Eine Zweipunkterhebung in den operativen Fachdisziplinen.
OUP 2015; 9: 426–431 DOI 10.3238/oup.2015.0426–0431

Summary

Purpose: Indications and benefits of kyphoplasty have often been the subject of discussion. This study aimed at determining changes in the supply by kyphoplasty.

Methods: In the years 2008 and 2012 nationwide data from all surgical specialties were evaluated.

Results: 111 departments participated in both surveys (35.35 % 2008, 34.69 % 2012). No changes were observed in the number of vertebral body augmentations. In 2011 just as many centers carried out more than 100 cement augmentations in fractured vertebral bodies as in 2007 (6.73 % vs. 7.26 %, p = 1). The majority of respondents first try conservative treatment in outpatients without memorable cause of trauma for at least 3 weeks (70.58 %). In acute trauma patients, the decision for surgery is taken earlier. 73.33 % perform surgery within the first 7 days following fracture. The proportion of surgeons performing other stabilization procedures besides cement augmentation remained consistently high (89 % vs. 91 %, p = 0.332).

Conclusion: Kyphoplasty is offered by physicians whose experience comprises cement augmentation as well as other spinal procedures. Surgeons deem kyphoplasty an effective therapeutic option in the treatment of acute traumatic osteoporotic fractures. The annual number of interventions remained consistently high. Patients with fresh vertebral body fractures with immobilizing pain are quickly submitted to surgery. In upcoming studies osteoporotic fractures have to be clearly distinguished from acute traumatic fractures in patients with osteoporosis. Terms like adequate trauma have to be clearly defined.

Keywords: Kyphoplasty, osteoporosis, osteoporotic fracture, vertebral body fracture

Citation
Bergmann M, Oberkircher L, Daniel H, Priese J, Ruchholtz S, Krüger A. Kyphoplasty – an effective method of treatment for acute traumatic osteoporotic vertebral body fractures. Evaluation of data collected from different surgical specialties at two different time points
OUP 2015; 9: 426–431 DOI 10.3238/oup.2015.0426–0431

Einleitung

Galibert und Deramond aus dem radiologischen Institut des Universitätskrankenhauses Amiens, Frankreich, veröffentlichten 1987 erstmals eine Arbeit zur transkutanen Wirbelkörperzement-augmentation [1]. 1998 wurde in den USA durch Mark A. Reiley die Ballonkyphoplastie vorgestellt [2]. Seit der letzten Jahrtausendwende werden die perkutane Vertebroplastie sowie Ballonkyphoplastie auch in der Bundesrepublik Deutschland in zunehmenden Maße von Chirurgen angewendet [3]. Aufgrund der ungenügenden Datenlage bezüglich Risiken, Komplikationsraten und Effektivität dieser Operationsverfahren und den gegenüberstehenden ansteigenden Operations- und Fallzahlen, führten wir im Jahr 2008 eine Erhebung zum Thema Anwenderverhalten und -meinung der Vertebroplastie und Ballonkyphoplastie in Deutschland durch [3]. Nach der Veröffentlichung von 2 Studien im New England Journal of Medicine im Jahr 2009 [4, 5] wurde viel über Indikationen und Nutzen dieser Operationsverfahren diskutiert. Aus diesem Grund erfolgte eine erneute bundesweite Umfrage im Jahr 2012. Hierdurch konnte für einen Teil der befragten Zielgruppe eine Zweipunkterhebung evaluiert werden. Ziel dieser Studie war es, nach Veränderungen der jährlichen Fallzahlen sowie dem Operationszeitpunkt zu suchen, vor dem Hintergrund, dass nach der Veröffentlichung der Studien von Kallmes et al. [4] und Buchbinder et al. [5] Forderungen nach einer kritischeren Indikationsstellung sowie einer konsequenten konservativen Frakturtherapie bei osteoporosebedingten Sinterungsfrakturen erhoben wurden.

Material und Methoden

Ziel der beiden Arbeiten war es, bundesweit alle operativen Fachdisziplinen der Unfallchirurgie, Orthopädie, gemeinsame Abteilungen aus Unfallchirurgie und Orthopädie, Neurochirurgie und interdisziplinäre Wirbelsäulenchirurgie zu erfassen. In der ersten Untersuchung wurden in einem Zeitraum von Oktober 2008 bis Juni 2009 insgesamt 1.330 Zielabteilungen kontaktiert. Die Kontaktdaten der ersten Erhebung 2008 resultierten aus den Mitgliederverzeichnissen der DGU und DGOU sowie aus dem bundesweiten Krankenhausverzeichnis Deutschlands des Statistischen Bundesamts. Die genaue Erhebungsmethodik ist in der Veröffentlichung der Ergebnisse dieser Arbeit nachzulesen [3].

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