Medien - OUP 07-08/2013

Moderne Tauchmedizin
Christoph Klingmann, Kay Tetzlaff (Hrsg.) Moderne Tauchmedizin – Handbuch für Tauchlehrer, Taucher und Ärzte, 2. vollst. überarb. Auflage 2012, Gentner Verlag Stuttgart, geb., 5-farbig, 848 Seiten, 219 Abbildungen, 41 Tabellen, ISBN 978-3-87247-744-6, 65,

Orthopäden und Unfallchirurgen haben traditionell immer einen sehr engen Bezug zum Sport und zur Sportmedizin, viele Kollegen betreuen selbst auch Sportvereine. Speziell beim Tauchsport sind regelmäßige medizinische Untersuchungen erforderlich, um bei den Tauchbasen Pressluftgeräte ausleihen zu können. Tauchsport findet auch, dank der verhältnismäßig günstigen Pauschalreisen, eine zunehmende Verbreitung und hat die Expertennische zu Zeiten des Tauchpioniers Hans Hass schon lange verlassen.

Vor diesem Hintergrund ist es den Herausgebern sehr zu danken, die moderne Tauchmedizin in einem äußerst umfassenden Werk darzustellen. Es erscheint jetzt in einer gründlich überarbeiteten 2. Auflage.

Es soll herausgehoben werden, dass sich das Buch nicht nur auf die reine Tauchmedizin beschränkt, sondern auch die physikalischen Grundlagen, Technik, reisemedizinische Aspekte und juristische Gegebenheiten mitbehandelt.

Die einzelnen Kapitel sind von verschiedenen Autoren aus ganz Deutschland verfasst worden. Im ersten Kapitel geht es nach einem historischen Überblick zu den physikalischen Grundlagen, die beim Tauchen eine entscheidende Rolle spielen und deshalb sehr gründlich dargestellt werden. Damit verbunden sind der Temperaturhaushalt und die Dekompressionsphänomene. Ein extra ausführlicher Abschnitt befasst sich mit den neuesten Ergebnissen der Dekompressionsforschung.

Tauchen und Technik bzw. Ausrüstung sind untrennbar miteinander verbunden. In einem extra Abschnitt wird mit 4 Kapiteln diesem Aspekt Rechnung getragen, einschließlich dem Apnoe-Tauchen, wo die ganze Variationsbreite vom Schwimmbad-Blackout bis zu den physiologischen Phänomenen beim Erreichen extremer Tiefen dargestellt wird. Spannend ist der eingestreute Erlebnisbericht eines Höhlentauchgangs.

Nach diesen einleitenden Kapiteln, die schon 170 Seiten umfassen, geht es dann weiter mit einer umfassenden Darstellung über die typischen Erkrankungen, wie Dekompressionserkrankung, HNO-Probleme, Lungenödem, Ertrinkungsunfall, Tiefenrausch und giftige Organismen des Meeres.

Der nächste Abschnitt behandelt den Umgang mit Tauchunfällen, wie die Rettung, die Erste Hilfe, intensivmedizinische Aspekte und den wichtigen Einsatz der Rekompressionsbehandlung. Ein Kapitel über die Tauchunfallstatistiken hebt die speziellen Risiken hervor, auch hier werden durch ein Fallbeispiel die beschriebenen Gesichtspunkte plastisch vertieft.

Recht umfassend wird auch mit 5 Kapiteln das professionelle Tauchen dargestellt, sei es bei der Feuerwehrhilfsorganisation, Bundeswehr, in der Forschung und im Gewerbe.

Es ist für einen Mediziner, der selber Sporttaucher ist, packend zu lesen, in welchem Grenzbereich der Technik und auch der körperlichen Belastung sich die Berufstaucher bewegen müssen. Natürlich kann die komplexe Technik der Schwimm- und Schiffstaucher mit dem Helmtauchgerät nur kurz gestreift werden.

Ganz umfassend wird das Problem der Tauchtauglichkeit in vielen Kapiteln bearbeitet. Man übernimmt hier als Arzt, der eine Tauchfähigkeit bescheinigt ausstellt, eine hohe Verantwortung.

Praktisch alle medizinischen Fachgebiete werden in eigenen Kapiteln dargestellt, auch die Psyche, das Alter und nicht zuletzt die orthopädischen Aspekte. In diesen für uns besonders wichtigen Kapiteln werden die typischen aseptischen Osteonekrosen als Spätfolgen des Presslufttauchens beschrieben. Gründlich wird eingegangen auf das tauchtypische Verhalten nach überstandenen Operationen, Frakturen, Luxationen, Weichteilverletzungen an Gelenken und die speziellen Aspekte der Rückenerkrankungen, wie Skoliose und chronischen Wurzelreizsyndrome. Auch hier wieder ein bereicherndes Fallbeispiel eines Tauchers mit Bandscheibenvorfall vor einigen Jahren. In diesem Zusammenhang wird die Auswirkung der Kräfte einer etwa 50 kg schweren Pressluftflasche auf den Rücken über und unter Wasser gut bebildert dargestellt. Auch wird der Umgang mit Behinderten beim Tauchen behandelt.

Ein eigenes Kapitel widmet sich der Tauchtauglichkeit bei ausgewählten Erkrankungen, wobei ein sehr breites Spektrum dargestellt wird von HIV über Tumore, Silikonimplantate, Adipositas, Struma und Hernien und viele weitere Erkrankungen zumindest mit ihren wichtigsten Kapiteln .

Extra herausgestellt wird in einem Abschnitt der Aspekt der Spätschäden, die durch Tauchen an Ohr, Lunge, Knochen und am Nervensystem entstehen können.

Im letzten Abschnitt werden organisatorische Aspekte besprochen, wie allgemeine reisemedizinische Gesichtspunkte, die Reiseapotheke und der Versicherungsschutz einschließlich juristischer Aspekte. Hier wird insbesondere auch auf die Haftungsmöglichkeit des Arztes hingewiesen.

Im Anhang findet sich ein ausführliches Register. Nach den einleitenden Vorworten am Anfang des Buches ist ein umfassendes Abkürzungsverzeichnis vorangestellt.

Das Buch enthält auf seinen 848 Seiten 219 überwiegend farbige Abbildungen und 41 Tabellen, die sehr übersichtlich gestaltet sind. Immer wieder werden im Schriftbild abgehobene Falldarstellungen eingestreut, die praktisch den theoretischen Stoff ergänzen und das Verständnis vertiefen.

Die Literaturangaben sind immer im Sinne eines eigenen Verzeichnisses als Anhang an die einzelnen Kapitel angefügt, sodass es insgesamt zu einem sehr umfassenden und ausführlichem Hinweis zu weiterführender Literatur führt.

Zusammengefasst handelt es sich bei dem vorliegenden Werk der modernen Tauchmedizin um ein außerordentlich ausführliches Fachbuch, das alle medizinischen Aspekte behandelt, einschließlich der physikalischen Grundlagen der Ausrüstung und der reisemedizinischen Aspekte.

Das Buch ist unverzichtbar für Tauchlehrer, Taucher und Ärzte, die Tauchsportler betreuen wollen.

Es ist trotz der vielen Seiten im Format noch gut handlich und kann im Urlaub mitgenommen werden. Es ist sehr gut aufgemacht und angenehm zu lesen. Wenn man dieses Buch mit dem Standardwerk aus den 70er Jahren von Dr. O. F. Ehm vergleicht, „Tauchen – noch sicherer!“, merkt man, welcher Quantensprung sich in der Tauchtechnik und Tauchmedizin ereignet hat. Dieses darzustellen ist den Herausgebern in perfekter Weise gelungen und es ist dem Buch eine weite Verbreitung zu wünschen.

B. Mai, Kassel

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