Übersichtsarbeiten - OUP 02/2023

Osteochondrale Läsionen des Talus
Ein aktuelles Review

Atesch Ateschrang, Steffen Schröter

Zusammenfassung:
Osteochondrale Läsionen kommen häufig im Zuge einer akuten Sprunggelenksdistorsion vor, wohingegen die Ursache der Osteochondrosis dissecans immer noch diskutiert wird. Die konservative Therapie kann bei Zufallsbefunden, insbesondere im Kindesalter, realisiert werden. Kommt es zu Beschwerden oder besteht der Verdacht, dass es sich um instabile osteochondrale Fragmente handelt, sollte die operative Intervention erfolgen. Wenn möglich sollte dem Erhalt des ursprünglichen osteochondralen Herdes der Vorzug gegeben werden. Operativ stehen unterschiedliche Optionen zur Verfügung, wobei es keinen therapeutischen Goldstandard gibt, da die bisherige Studienlage wegen geringer Fallzahlen und verhältnismäßig kurzer Beobachtungszeiten Interpretationseinschränkungen mit sich bringt.

Schlüsselwörter:
Osteochondrosis dissecans, Talus, Osteochondrale Läsion, Flake-Fraktur, Sprunggelenksdistorsion

Zitierweise:
Ateschrang A, Schröter S: Osteochondrale Läsionen des Talus. Ein aktuelles Review
OUP 2023; 12: 56–60
DOI 10.53180/oup.2023.0056-0060

Summary: Osteochondral lesions of the talus are often caused by ankle sprains. There is still an ongoing discussion concerning the differentiation of osteochondritis dissecans who are thought to be the result of repetitive micro trauma or vascular disturbances. Surgical intervention is recommended for mobile osteochondral fragments. Surgical options should aim to restore the original fragment. Different surgical options are available whereas there is still no gold standard identifiable.

Keywords: osteochondritis dissecans, talus, osteochondral lesion, flake fracture, ankle sprain

Citation: Ateschrang A, Schröter S: Osteochondral talar lesions. Current concepts review
OUP 2023; 12: 56–60 DOI 10.53180/oup.2023.0056-0060

A. Ateschrang: Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Akad. Lehrkrankenhaus der Universitätsmedizin der JG-U Mainz, Ev. Stift St. Martin, Koblenz

S. Schröter: Diakonie Klinikum GmbH, Siegen

Einleitung

Häufig kommt es nach Distorsionsverletzungen des oberen Sprunggelenkes (OSG) zu osteochondralen Läsionen (OCL). Diese können knorpelige oder kombinierte Flake-Frakturen darstellen. Von diesen gut sichtbaren Verletzungen sollten Mikrofrakturen des Talusdoms abgegrenzt werden, die in der MRT als Ödeme sichtbar werden. Diese OCL können teilweise nur sehr schwer von einer Osteochondrosis dissecans (OCD) differenziert werden. Die OCD kann in eine juvenile und adoleszente Form subgruppiert werden. Zusätzlich wird die Interpretation der vorliegenden Studienlage durch nicht einheitliche Begrifflichkeiten der OCL und OCD erschwert [1, 2]. Die Mehrzahl der Artikel beinhaltet die Behandlung der OCD des Talus. Eine pragmatische Unterteilung ist die Differenzierung in traumatisch bedingte knorpelige und kombinierte Knorpelknochen-Flakes (OCF) sowie in die atraumatisch vorkommende OCD. Als Überbegriff kann die OCL verstanden werden [3].

Bereits 1951 wurde von Coltart die Inzidenz analysiert, wobei 25.000 Distorsionen analysiert wurden [4]. Man kam damals zu dem Ergebnis von 0,09 %. Die Angaben der Inzidenzen variieren teilweise relativ stark und werden in bis zu 6,5 % angegeben [5].

Die traumatische Ursache wurde experimentell von Berndt und Harty 1959 dargestellt [6]. Die Mehrzahl der OCL befindet sich im medialen Talusdom mit ca. 53–58 % der Fälle. Der laterale Talusdom ist in ca. 34–42 % betroffen. Sehr selten bestehen zentrale Läsionen oder tibiale Beteiligungen.

Morphologie

Hochauflösende Analysen mittels MRT zeigten für die Kriterien Breite der Malleolengabel und Länge des Talusdoms signifikante Unterschiede für die idiopathische OCD und traumatische OCL, verglichen mit unauffälligen Individuen [7]. Eine auf einer Computer-Tomografie (CT) basierende Studie konnte anatomische prädisponierende Faktoren zeigen. Neben signifikant geringeren Flächen und knöcherne Volumina des medialen Malleolus wurden größere Öffnungswinkel des Talus im Vergleich zur Kontrollgruppe gesehen [8].

Biomechanische Überlegungen

Biomechanische Studien zeigten, dass im OSG Belastungen von bis zum 5-fachen Körpergewicht aufkommen [9]. Die durchschnittliche tibiotalare Kontaktfläche beträgt dabei ca. 4,4 cm2. Der mechanische Druck kann damit mit ca. 650 N/cm2 berechnet werden. Bei dynamischen Belastungen wie rennen werden die letztgenannten Belastungen vervielfacht [2].

Trauma-Simulationen des OSG zeigten, wie sich die artikulierenden Gelenkflächen von zentral nach medial bei Supinationstraumen und lateral bei Pronationstraumen verschieben [10]. Neben diesen Gelenkkontaktveränderungen wurden allerdings keine zusätzlich dynamischen Kräfte berücksichtigt.

Weitere interessante Analysen zeigten unterschiedliche biomechanische Charakteristika des Knorpels. Der tibiale Knorpel zeigte sich biomechanisch betrachtet deutlich steifer gegenüber dem talaren Knorpelüberzug (1,19 MPa versus 1,06 MPa). Der postero-mediale und postero-laterale talare Knorpelüberzug wurde als die weichste Knorpelzone im OSG identifiziert (0,92 MPa). Werden die anterioren und posterioren medialen wie lateralen tibialen Knorpelflächen mit der korrespondierenden talaren Knorpelbeschaffenheit verglichen, so zeigt sich der tibiale Knorpel 18–37 % steifer als der talare Überzug [11].

Zusammenfassend kann dadurch für die kausale Betrachtung von Unfallereignissen im Zuge einer OSG-Supination nachvollzogen werden, dass fibulare Bandläsionen mit medialen Talusödemen einhergehen können.

Diagnostik

Neben der sorgfältigen Anamnese und klinischen Untersuchung stellt die konventionell radiologische Bildgebung des OSG in 2 Ebenen die Basisdiagnostik dar. Die Beschwerdesymptomatik bei OCL ist unspezifisch. Neben blockadeähnlichen Phänomenen werden Belastungsschmerzen, die lokalisiert oder diffus sind, angegeben wie auch Schwellneigung.

Neben der ap-Röntgen Aufnahme (Mortice view) und der streng seitlichen Projektion können Schrägaufnahmen erwogen werden. Allerdings sollte bei verdächtigen und weiter klärungsbedürftigen Befunden eine Schnittbildgebung mittels MRT oder CT angeschlossen werden. Die CT erlaubt eine sehr gute knöcherne Analyse. Für Frakturen und Planung einer knöchernen Rekonstruktion einschließlich Abbildung von osteophytären Anbauten bei Impingement ist diese sehr gut geeignet.

Zur Abbildung von trabekulären Mikrofrakturen, Darstellung des Knorpels sowie der angrenzenden Bandstrukturen eignet sich das MRT. Idiopathische OCD-Herde können im MRT je nach zeitlichem Intervall zu einem Trauma teilweise nur noch schwer von einer traumatischen Genese differenziert werden, wenn es um die kausale Zusammenhangsfrage geht.

Im klinischen Alltag sollte ggf. die Möglichkeit der CT-Arthrographie nicht außer acht gelassen werden, da diese im Vergleich zur MR-Arthrographie im Rahmen einer retrospektiven Studie eine höhere Reliabilität in der Erfassung von Knorpelläsionen des Talus, der Tibia und Fibula zeigte [12].

Eine prospektive Studie zur Erfassung des diagnostischen Wertes der MRT und CT verglichen mit klinischen Symptomen und der konventionellen Röntgenbildgebung mit arthroskopisch evaluierten Befunden konnte keine Unterschiede zwischen MRT und CT gegenüber der Arthroskopie zeigen. Allerdings zeigten sich signifikante Unterschiede der klinischen Symptomatik zu der konventionellen Bildgebung [13]. Eine weitere ähnlich aufgebaute retrospektive Untersuchung verglich die CT-Arthrographie und MRT mit intra-operativen Befunden [14]. Es zeigte sich, dass durch die CT-Arthrographie Knorpeldefekte verbessert identifiziert wurden.

Für den klinischen Alltag und übereinstimmend mit eigenen Erfahrungen sollte die Studie von Yasui et al. nicht unerwähnt bleiben, die Knorpelschäden mittels MRT und der arthroskopischen Befunde hinsichtlich der tatsächlichen Ausmaße verglichen haben [15]. In der Mehrzahl der Fälle wurde der Knorpelschaden im MRT deutlich größer eingeschätzt als tatsächlich arthroskopisch nachweisbar.

Zusammenfassend stellt neben der Anamnese mit klinischer Untersuchung die konventionelle Bildgebung in 2 Ebenen die Basis-Diagnostik dar. Werden chondrale oder ligamentäre okkulte Verletzungen vermutet, so sollte möglichst zeitnah ein MRT erfolgen. Können knöcherne Beteiligungen nicht ausge-schlossen werden, so sollte auch großzügig die Indikation für ein ergänzendes CT gestellt werden. Das MRT und CT sollten als sich ergänzende Techniken betrachtet werden. Die CT-Arthrographie kann als eine sinnvolle Alternative zur nativen CT gesehen werden.

Konservative und operative Therapie

Bestehen insbesondere nach einem Trauma isolierte Ödeme oder konservativ zu behandelnde ligamentäre Begleitverletzungen ohne Knorpel-Läsionen, so sollte die konservative Therapie erfolgen. Zeigen sich kleinere isolierte Ödeme bei idiopathischen OCD-Herden ohne Knorpelschäden, so kann auch eine konservative Therapie erfolgen.

Definierte und wissenschaftlich begründete Therapieansätze stehen nicht zur Verfügung. Allerdings kann bei akuter Symptomatik eine zeitlich befristete Entlastung oder Teilbelastung für 4–6 Wochen erfolgen mit einer notwendigen Thromboseprophylaxe. Die Ruhigstellung wird kontrovers betrachtet, da hierdurch funktionelle Einschränkungen resultieren können. Zusätzlich helfen nicht-steroidale Antiphlogistika.

Die konservative Behandlung sollte ein Kontroll-MRT beinhalten mit einem aussagefähigen Zeitabstand von ca. 6 Monaten.

Insbesondere bei kindlichen OCD zeigten klinische Untersuchungen, dass die Erfolgsrate der konservativen Behandlung bei ca. 42 % liegt, so dass für die Mehrheit der Kinder eine operative Intervention notwendig wurde [16].

Einige Untersuchungen zeigten jedoch, dass bei radiologisch nachweisbaren ausgeprägten Läsionen gute Ergebnisse erzielt werden können. Die Nachbeobachtungszeiträume waren verhältnismäßig kurz. Ein weiteres Problem dabei ist, dass persistierende Beschwerden die jeweils behandelnden Kolleginnen und Kollegen zur Intervention zwangen und damit in der Praxis Patientinnen und Patienten ohne wesentliche Beschwerden konservativ behandelt werden konnten und umgekehrt bei persistierenden Beschwerden ungeachtet vom Stadium der OCL eine operative Intervention notwendig wurde.

Der Nutzen einer extrakorporalen Stoßwellenbehandlung ist aktuell noch unklar und sollte weiter untersucht werden.

Die Konsensus-Konferenz aus 2017 für akute nicht dislozierte OCL wurde wie folgt vorgeschlagen [17]:

Ruhigstellung und Sohlenkontakt für 4–6 Wochen

nicht steroidale Antiphlogistika bei Schmerzen und Schwellungszuständen

mäßige Evidenz besteht für die intra-artikuläre Injektion von Platelet-Rich-Plasma (PRP) oder konzentriertes Knochenmarksaspirat bei Beschwerdepersistenz nach 6 Wochen

Operative Therapieoptionen

Debridement, Mikrofraktur und AMIC (Autologe Matrixinduzierte Chondrogenese)

Durch systematische Reviews wurde das Debridement mit Kürettage gegenüber dem Debridement und Mikrofraktur verglichen. Es zeigten sich deutlich höhere Erfolgsraten für das Debridement mit der Mikrofraktur von ca. 85 % gegenüber 78 % [1, 2, 18]. Die niedrigste Erfolgsrate wurde für singuläre Exzisionen mit 38–54 % angegeben [1, 2, 18]. Diese verfügbaren Studien haben ein sehr heterogenes Patientengut zusammengefasst, so dass die Aussagefähigkeit streng genommen eingeschränkt ist.

Die antegrade bzw. transchondrale Bohrung ist nicht komplikationslos. Es werden Knochenzysten neben Knorpeldefekten erzeugt [19]. Um knöcherne Ödeme durch Entlastungsbohrungen zu behandeln, sollte daher eher die retrograde Anbohrung erfolgen mit simultaner Kühlung [2]. Alternativ können manuell dirigierte Alen retrograd eingeschlagen werden [19]. Die Erfolgsrate lag bei ca. 80 %, wobei Einschränkungen wegen unterschiedlicher Behandlungskonzepte mit heterogenem Patientenkollektiv beachtet werden sollten [20].

Das Hauptproblem der antegraden Bohrung und auch der Mikrofraktur des Subchondralen Knochens (SCK) ist das Eindringen von Gelenkflüssigkeit, welche Enzyme beinhaltet und den eigentlichen Heilungsprozess stört. Weitere Untersuchungen konnten zeigen, dass sich die Biologie des SCK nach einem Beobachtungszeitraum von 6 Jahren mittels MRT verschlechtert mit irreversiblen Schäden und dadurch Einschränkung der knöchernen Lastaufnahme [21].

Experimentelle Studien zeigten, dass die Nutzung von dünnen Bohrern bzw. Kirschnerdrähten (1–1,2 mm) Vorteile gegenüber dickeren Bohrern (> 2 mm) bieten [22].

Bei mobilen aber vitalen osteochondralen Herden kann die Anhebung mit Anfrischung der knöchernen Oberfläche, Anbohrung und Refixation erfolgen (LDFF-Technik). Einige Autoren haben die LDFF-Technik zur Mikrofraktur (MF) verglichen und kamen zu dem Ergebnis, dass sich die subchondrale Knochenqualität nach LDFF besser erholt habe. Allerdings ist nur ein geringer Prozentsatz der OCL der LDFF-Technik zugänglich.

Durch die Kombination der retrograden Anbohrung mit Fragment-Refixation können Erfolgsquoten von bis zu 90 % erzielt werden.

Für die MF zeigte eine ausgedehnte zusammenfassende Übersichtsarbeit, mit 1105 Patientinnen und Patienten eine Gesamterfolgsrate von 79 % [5]. Dabei zeigte sich für OCD-Läsionen mit dem Stadium I-III nach Berndt und Harty bessere Ergebnisse mit 82–86 %. Für das Stadium IV und zystische Läsionen werden komplexere Verfahren notwendig. Es handelte sich um retrospektive Studien mit einem heterogenen Patientengut [5].

Eine weitere Arbeit, welche die Gesamtergebnisse nach dem chirurgischen Verfahren und unabhängig vom Ausgangsbefund analysierte, zeigte die Erfolgsraten für Transplantationsverfahren in 84 %, Fragment-Refixation in 82 %, MF in 76 % und alleinigem Debridement in 71 % der Fälle [2].

Ob die AMIC gegenüber der singulären MF bessere Resultate liefert, konnte bisher keine Studie zeigen.

Auf Grund dieser wissenschaftlichen Datenlage kann man für die Praxis aktuell die MF für kleine OCD-Läsionen mit einem Durchmesser von bis zu 10 mm und einer Tiefe von weniger als 5 mm anwenden [23].

Autologe Knorpelzell-
Transplantation (ACT)

Bei Betrachtung der ACT sollte die Periostlappen basierte von der matrix-assoziierten Technik (MACT – matrixassoziierte autologe Chondrozyten Transplantation), die sich mittlerweile in der 4. Generation befindet, differenziert werden.

Im Zuge des Konsensus-Treffens 2017 wurde eine gute Übereinkunft erzielt für die Anwendung der MACT bei Knorpelschäden mit einer Größe von mehr als 1 cm2 für die primäre Behandlung als auch die Revisionssituation, auch wenn kein Containment mehr besteht [24].

Osteochondraler Transfer (Transplantation) – OCT

Der osteochondrale Transfer wird auch als OATS bezeichnet (Osteochondral Autograft transplantation System). Als Mosaikplastik werden mehrere transplantierte Knorpelknochenzylinder gemeint. In vereinzelten Arbeiten werden diese Verfahren sogar synonym bezeichnet. Allerdings sollte man diese Verfahren differenziert betrachten, da bei der OATS ein oder mehrere Zylinder in einer Lückenfreien Technik eingesetzt werden, wohingegen bei der Mosaikplastik Lücken bzw. Spalten zwischen den implantierten Zylindern bestehen. In letztere kann Synovialflüssigkeit eindringen und den subchondralen Knochen (SCK) beeinträchtigen [21].

Einzelne Studien zeigten sehr gute und gute Ergebnisse nach Mosaikplastik in 34 von 36 Fällen und befriedigende in 2 von 36 Fällen mit einem mittleren Beobachtungszeitraum von 4,2 Jahren [25]. Vergleichbar gute Ergebnisse wurden durch mehrere Arbeitsgruppen bestätigt [26, 27]. Lediglich 1 Studie aus der Schweiz kam zu weniger guten Ergebnissen mit moderaten Ergebnissen und postoperativ nachweisbaren subchondralen Zysten in 66 % der Fälle [28].

Die Zusammenfassung von 11 Studien mit 500 Sprunggelenken zeigte nach OCT mit einem Beobachtungszeitraum von durchschnittlich 62,8 Monaten gute und sehr gute Resultate in 87 % [29]. In 6,2 % (31 von 500 Gelenken) musste revidiert werden. In 1 % kam es zum Therapieversagen (5 von 500 Fällen). An der Entnahmestelle kam es in insgesamt 3,6 % der Fälle (18 von 500) zu Beschwerden [29].

Weitere Untersuchungen betrachteten insbesondere die Entnahmemorbidität, welche 6,7–10,8 % beinhaltete [30].

Der Gelenkbinnentransfer eines osteochondralen Zylinders (OCT) wurde erstmals 2002 berichtet mit guten Ergebnissen für alle 12 Patientinnen und Patienten mit einer Beobachtungszeit von 2 Jahren [31]. Allerdings besteht hier die technische Grundproblematik, dass die Entnahme und zu rekonstruierende Zone sehr nahe liegen, so dass sich diese Technik nicht flächendeckend durchgesetzt hat.

Hinsichtlich der Anwendung von konzentriertem Knochenmarksaspirat und Platelet Rich Plasma (PRP) gibt es nur vereinzelte Studienergebnisse mit einer sehr geringen Patientenzahl, so dass man sich im Zuge des internationalen Konsensus-Treffens zu diesen Optionen nicht äußerte.

Minced Cartilage zur Knorpelrekonstruktion oder zusätzliche Knorpel-Knochen-Rekonstruktion mittels autologer Knochen und Knorpel-Transplantation mit Minced Cartilage (Autologous Dual-Tissue Transplantation) [33]:

Dieses Behandlungsprinzip wurde erstmals bereits von Albrecht 1982 deutschsprachig publiziert [32]. Das Behandlungsprinzip beruht darauf, dass im Zuge der Knorpelrekonstruktion bzw. Arthroskopie Knorpelgewebe entnommen und kontrolliert fragmentiert wird. Anschließend werden letztere in den Knorpeldefekt eingebracht. Da die Knorpelzellen vital bleiben, können diese im Weiteren eine hyalin-ähnliche Knorpelmatrix bilden [33].

Bestehen zusätzliche Knochendefekte, können diese durch autologe Knochenübertragung aufgefüllt und mit dem Minced Cartilage Prinzip gedeckt bzw. rekonstruiert werden [34]. Die Abbildungen 1–3 zeigen ein Fallbeispiel (Abb. 1–3).

Talarer Teilersatz (Hemi CAP®)

Für biologische Therapieversager und insgesamt guter Gelenkfunktion kann als limitierte Indikation ein talarer Mini-Teilersatz (Hemi CAP®) gesehen werden, insbesondere wenn keine relevante Arthrose besteht und das Gelenk erhaltenswürdig ist.

Die Studienlage ist nachvollziehbarerweise auf Grund der seltenen Konstellation noch überschaubar. Einzelne Arbeitsgruppen haben über verhältnismäßig unbefriedigende Ergebnisse berichtet mit Revisionsraten von bis zu 70 % [35]. Nur zwei Arbeitsgruppen mit 31 und 38 Fällen konnten gute Ergebnisse feststellen [35, 36]. Die sportliche Rehabilitation konnte in ca. 77 % der Fälle erreicht werden [37].

Diskussion und
Schlussfolgerungen

Die konservative Therapie kann für mechanisch stabile und nicht sklerosierend abgegrenzte OCD-Herde erfolgen mit einer Entlastungszeit von 4–6 Wochen, wobei auch die Ruhigstellung erfolgen sollte. Bei relevanter Schwellung oder Schmerzen helfen nicht steroidale Antiphlogistika. Kontroll-MRTs sind zu empfehlen. Patientinnen und Patienten sollten über die eher mäßigen Erfolgsaussichten der konservativen Therapie informiert werden, so dass gemeinsam eine individualisierte Entscheidung getroffen werden kann.

Für isolierte stabile OCD-Herde sollte im Zuge der operativen Therapie immer eine Staging-Arthroskopie erfolgen.

  • 1. Zeigt sich ein stabiler Knorpelüberzug ohne subchondrale Zysten, so kann die retrograde Anbohrung erfolgen.
  • 2. Zeigt sich ein stabiler Knorpelüberzug mit subchondralen Zysten, so sollte die retrogarde Anbohrung mit Debridement der Zyste erfolgen und autologer Spongiosaplastik. Im eigenen Vorgehen favorisieren wir die Beckenkamm-Spongiosa gegenüber der Entnahme am Tibiakopf, da die Konzentration der mesenchymalen Stammzellen am Beckenkamm höher ist.
  • 3 . Besteht ein Knorpelschaden mit einer Läsionsgröße < 10 mm im Durchmesser, so kann die Mikro- bzw. Nano-Fraktur erfolgen, wobei wir im eigenen Vorgehen Kirschner-Drähte mit 1,2 mm favorisieren.
  • 4. Besteht ein Knorpelschaden mit einer Läsionsgröße > 10 mm im Durchmesser ohne subchondrale Defekte, so können die MACT, die AMIC oder das Minced Cartilage (Autocart®) Verfahren angewandt werden. Alternativ ist auch der OCT geeignet.
  • 5. Besteht ein Knorpelschaden mit einer Läsionsgröße > 10 mm im Durchmesser mit subchondralem Knochendefekt (größer als 5 mm), so sollten die autologe Spongiosa-Plastik oder cortico-spongiöse Rekonstruktion erfolgen, um mittels MACT, AMIC, oder Minced Cartilage gedeckt zu werden im Sinne eines Autologous Dual-Tissue Transplantations-Verfahrens. Alternativ kann die Rekonstruktion mit einem OCT erfolgen.
  • 6. Bei Therapieversagen sind die OCT und MACT grundsätzlich gut geeignet. Alternativ kann als nicht-biologischer Ersatz das Hemi CAP® erwogen werden bei guter Gelenkfunktion und erhaltenswürdigem Gelenk.

Interessenkonflikte:

Keine angeben

Das Literaturverzeichnis zu
diesem Beitrag finden Sie auf:
www.online-oup.de.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Atesch Ateschrang

Klinik für Orthopädie und

Unfallchirurgie

Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein

Ev. Stift St. Martin

Johannes-Müller-Str. 7

56068 Koblenz

atesch.ateschrang@gk.de

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