Übersichtsarbeiten - OUP 05/2017

Posterior stabilisierte Knieprothese
Neues Design und klinisches OutcomeNew design and clinical outcome

Mit der Einführung des neuen PS-Implantats wollten wir feststellen, ob sich signifikante Vor- bzw. Nachteile gegenüber dem als Standard verwandten Oberflächenersatz ergeben.

Material und Methodik

In einer prospektiven Studie wurden insgesamt 40 Patienten mit primärer Gonarthrose aufgenommen. Im Rahmen eines geplanten bikondylären Kniegelenkersatzes wurden präoperativ die Patienten mittels Oxford Knee Score und Knee Society Score evaluiert. Die Patienten sind im Zeitraum Januar bis Mai 2015 in der Parkklinik Weißensee endoprothetisch versorgt worden: alternierend wurden 20 Patienten mit einem bikondylären Oberflächenersatz Typ e.motion UC (ultra congruent) und 20 Patienten mit einer posterior stabilisierenden Knie-Totalendoprothese (e.motion PS-Pro) versorgt (B. Braun/Aesculap). Ein Retropatellarersatz wurde bei keinem der Patienten implantiert. In der UC-Gruppe wurden 12 weibliche und 8 männliche Patienten in Durchschnittsalter von 68 Jahren (55–85 Jahre), in der PS-Pro Gruppe 13 weibliche und 7 männliche Patienten in Durchschnittsalter von 71 Jahren (59–88 Jahre) erfasst. Intra- und postoperativ (bis zum zweiten postoperativen Tag – Drainagenentfernung) wurde der Blutverlust in Milliliter dokumentiert. Die postoperativen Ergebnisse wurden nach 6 Wochen, 6 Monaten und einem Jahr nach Implantation ebenfalls mittels Oxford Knee Score und Knee Society Score evaluiert. Die Ergebnisse der beiden Gruppen wurden mittels Mann-Whithney-U-Test und Chi-Quadrat-Test ausgewertet.

Ergebnisse

Aus beiden Gruppen ist jeweils ein Patient wegen frühpostoperativer Infektion und gefolgter TEP-Explantation (in den ersten 7 Monaten postoperativ) von der Studie ausgeschieden. Somit blieben in jeder Gruppe jeweils 19 Patienten, die nach 6 Wochen, 6 Monaten und einem Jahr postoperativ beobachtet wurden. Vier Patienten aus der PS-Pro Gruppe beklagten nach dem 6. Monat führende retropatellare Beschwerden. Davon wurden 2 Patienten nach 9 und 10 Monaten postoperativ mit einem retropatellären Ersatz versorgt. Es zeigte sich eine signifikante Häufigkeit der retropatellaren Beschwerden in der PS-pro Gruppe (p = 0,03).

Knee Society Score

Die präoperativen Ergebnisse im KSS waren sehr ähnlich: in der UC-Gruppe betrug der KSS 69 Punkte, in der PS-Pro Gruppe 71 Punkte. In der ersten postoperativen Kontrolle nach 6 Wochen zeigte die UC-Gruppe eine deutlich bessere Punktzahl (134) im Vergleich zu der PS-Pro Gruppe (123). Auch nach 6 Monaten bestand ein Unterschied zugunsten der UC-Gruppe (169 Punkte) mit einer Differenz von 11 Punkten zu der PS-Pro Gruppe (158). Nach einem Jahr näherten sich die Werte weiter an, UC-Gruppe 186 Punkte; PS-Pro Gruppe 182 Punkte. Statistisch waren die Differenzen nicht signifikant.

Oxford Knee Score

Die präoperativen Ergebnisse im Oxford Knee Score waren in beiden Gruppen mit 20 Punkten identisch. Auch in der ersten postoperativen Kontrolle nach 6 Wochen zeigten die beiden Gruppen ähnliche Ergebnisse: UC-Gruppe 31 Punkte und PS-Pro Gruppe 30 Punkte. Nach 6 Monaten bestand zwischen den Gruppen eine Differenz von 4 Punkten (UC-Gruppe 38 Punkte, PS-Pro Gruppe 34 Punkte). Nach einem Jahr war diese Differenz geringer, die UC-Gruppe hatte 49 und die PS-Pro Gruppe 47 Punkte im Oxford Knee Score (Abb. 3). Es bestand kein signifikanter Unterschied.

Bewegungsausmaß

Bei der Betrachtung der postoperativen Bewegungsausmaße nach 6 Wochen, 6 Monaten und einem Jahr zeigten sich ähnliche Ergebnisse. Nach den ersten 6 Wochen postoperativ war die durchschnittliche Flexion in der UC-Gruppe 108° und in der PS-Pro Gruppe 104°. In den Kontrollen nach 6 Monaten (UC-Gruppe 118° und PS-Pro Gruppe 117°) und einem Jahr (UC-Gruppe 125° und PS-Pro Gruppe 124°) ergab sich kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen (Abb. 4).

Postoperativer Blutverlust

Der intra- und postoperative Blutverlust in der UC-Gruppe war im Durchschnitt 940 ml, bei der PS-Pro Gruppe betrug er 1221 ml. Die PS-Pro Gruppe zeigte so im Mittel einen um 281 ml größeren Blutverlust als die UC-Gruppe. Dieser Unterschied war statistisch signifikant.

Diskussion

Die Studie zeigt ein ähnliches postoperatives Outcome in beiden Gruppen. Im Knee Society und im Oxford Knee Score sowie das Bewegungsausmaß betreffend fanden sich in beiden Gruppen vergleichbare Ergebnisse. Obwohl in der frühen postoperativen Phase die UC-Gruppe tendenziell bessere Werte zeigte, ergab sich kein signifikanter Unterschied. Ab dem 6. postoperativen Monat glichen sich die Werte in beiden Gruppen an. Bezüglich der veränderten Kinematik im Kniegelenk nach Implantation einer Oberflächenersatzprothese verweisen Yue et al. auf eine Überdehnung des hinteren Kreuzbands in der späteren Flexionsphase [20]. Diese Überdehnung korreliert mit einer Reduktion des femoralen Rollbacks [21]. Dagegen beschreiben Carvalho et al. eine Verbesserung des femoralen Rollback nach Implantation von Knieendoprothesen, bei denen das hintere Kreuzband reseziert wird [22]. Bisherige Publikationen zeigten ebenfalls im Ergebnis die Vergleichbarkeit der beiden Prothesentypen [23, 24]. Signifikant war in unserer Studie die Differenz des postoperativen Blutverlusts. Dieser war in der PS-Pro Gruppe signifikant höher als in der UC Gruppe. Trotz verändertem Design mit volumetrisch reduzierter Knochenresektion im Notchbereich muss weiterhin bei der PS-Prothese von einer höheren Weichteiltraumatisierung im Poplitealbereich ausgegangen werden.

Ebenfalls signifikant gehäuft war in der PS-Pro Gruppe ein anteriorer Knieschmerz festzustellen. Vier Patienten aus der PS-Pro Gruppe entwickelten ab den 6. postoperativen Monat Schmerzen, sodass 2 der Patienten bereits im 9. und 10. postoperativen Monat einen retropatellaren Ersatz bekamen. Ursächlich ist die veränderte Kinematik des Kniegelenks nach Resektion des hinteren Kreuzbands zu diskutieren. Matsumoto et al. betonen den besonderen Einfluss der intraoperativen Weichteilbalance der PS-Endoprothesen und dessen Auswirkung auf den Patellaranpressdruck [25]. Skyhar et al. beschreiben eine Druckerhöhung im Femuropatellargelenk nach Verletzungen und Veränderungen des hinteren Kreuzbands [26]. Bei Flexion der PS-Endoprothese kommt es im Unterschied zur physiologischen Anspannung des hinteren Kreuzbands ab 40° Flexion erst ab 70° Flexion zum Kontakt vom Post und Cam-Mechanismus, sodass sich die Frage stellt, ob dies nicht zur Erhöhung des Anpressdrucks auf die Patella führt [27]. Es bleibt somit zu diskutieren, ob primär bei der Implantation einer PS-Prothese die Versorgung mit einem Retropatellarersatz erfolgen sollte.

Fazit

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