Übersichtsarbeiten - OUP 10/2018

Qualitätsmanagement in der Schmerztherapie: KEDOQ-Schmerz

Hans-Raimund Casser1

Zusammenfassung: Das Qualitätsmanagement in der Schmerzmedizin hat trotz der Vielfältigkeit der Schmerztherapie und ihrer erforderlichen Interdisziplinarität große Fortschritte erzielt. Sowohl in der akuten als auch in der chronischen Schmerztherapie stehen wissenschaftlich solide Verfahren für die Struktur-, Prozess- und auch Ergebnisqualität zur Verfügung. Die Zertifizierungsverfahren zeigen erste Erfolge. Für eine flächendeckende sektorenübergreifende Implementierung bedarf es verbindliche Richtlinien, einen interdiziplinären Konsens und entsprechende finanzielle
Anerkennung.

Schlüsselworte: Qualitätsmanagement, Schmerzmedizin, QUIPS/PAIN-OUT, KEDOQ-Schmerz

Zitierweise
Casser HR: Qualitätsmanagement in der Schmerztherapie:
KEDOQ-Schmerz.
OUP 2018; 7: 506–509 DOI 10.3238/oup.2018.0506–0509

Summary: Quality management in pain medicine has made great progress despite the variety of pain therapy and it’s required interdisciplinary nature. Both in acute and chronic pain therapy, scientifically solid procedures are available for structural, process and result quality. The certification procedures are showing initial success. Comprehensive cross-sectoral implementation requires binding guidelines, interdisciplinary consensus and appropriate financial recognition.

Keywords: quality management, pain medicine, QUIPS/PAIN-OUT, KEDOQ-Schmerz

Citation
Casser HR: Quality management in pain medicine –
KEDOQ-Schmerz.
OUP 2018; 7: 506–509 DOI 10.3238/oup.2018.0506–0509

1 DRK Schmerz-Zentrum Mainz

Einführung

Gemäß Verlautbarung der Deutschen Schmerzgesellschaft ist die Situation in der Schmerzversorgung in vielen Kliniken verbesserungsfähig. Dies betrifft zunächst die Akutschmerztherapie, die bei unzureichender Handhabung, z.B. nach Operationen, zu einer vermeidbaren späteren Chronifizierung beitragen kann. Dabei kommt es nicht darauf an, dass diese automatisch in den Verantwortungsbereich der Anästhesisten gestellt wird, vielmehr ist es das Ziel, dass sämtliche Fachbereiche die Grundprinzipien der Schmerztherapie vermitteln, beherrschen und praktizieren.

Der Begriff des Qualitätsmanagements in der Medizin ist von der Qualitätssicherung in der Medizin abzugrenzen. Hierzu erlies der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Qualitätsmanagement-Richtlinien nach § 135 Abs. 2 Nr. 2 SGB V und nach § 92 i.V. m. § 137 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, die wiederum ab 2016 sektorenübergreifende Qualitätsmanagement-Richtlinie lautet. Es wird deshalb empfohlen, hierfür das Wort Qualitätssicherung zur Vermeidung von Verwechslungen nicht mehr zu benutzen [5].

In der internationalen Norm EN ISO 8402 wird der Begriff „Qualitätsmanagement“ definiert als: „Alle Tätigkeiten des Gesundheitsmanagements, die im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems die Qualitätspolitik, die Ziele und Verantwortung festlegen sowie diese durch Mittel wie Qualitätsorientierung, Qualitätslenkung, Qualitätssicherung/Qualitätsmanagement-Darlegung und Qualitätsverbesserung verwirklichen“.

Ein zentrales Ziel des Qualitätsmanagements liegt in der Qualitätsverbesserung der ärztlichen und der pflegerischen Abläufe. Sie dienen einem bedarfsgerechten und einem wirtschaftlichen Betrieb von Einrichtungen des Gesundheitswesens. Kern des Qualitätsmanagements ist die interne systematische Führung der Serviceprozesse. Dagegen beschränkt sich die externe Qualitätsüberwachung auf die retrospektive Analyse.

Ein wesentlicher Unterschied zu Qualitätsmanagementmaßnahmen in der Industrie (beispielsweise die ISO 9000) ist, dass es für die Medizin kein mechanistisches Modell gibt, das eine zuverlässige Messung von Prozessabläufen begründen könnte. Ebenso ist eine zuverlässige Messung der Ergebnisqualität in der Medizin im Vergleich zur Industrie nur eingeschränkt möglich, da keine unumstrittenen oder allgemein gültigen Indikatoren zur Messung von Behandlungserfolgen existieren. Im Gegensatz zu einem standardisierten Industrieprodukt lässt sich die Behandlungsqualität nur unter Berücksichtigung des individuell betroffenen Menschen beurteilen.

Die Grundelemente des Qualitätsmanagements umfassen:

die Erhebung und Bewertung des Ist-Zustands

die Definition von Zielen

die Beschreibung von Prozessen und Verantwortlichkeiten

die Ausbildung und Anleitung aller Beteiligten

die Durchführung von Änderungsmaßnahmen

die wiederholte Erhebung des Ist-Zustands

die praxisinterne Rückmeldung über die Wirksamkeit von Qualitätsmanagementmaßnahmen

die Maßnahmen zur Verbesserung der Patientensicherheit

die Festlegung des Mindeststandards für Risikomanagement- und Fehlermeldesysteme

Bekannt ist der PDCA-Zyklus (Plan – Do – Check – Act), der die Phasen im kontinuierlichen Verbesserungsprozess beschreibt, der die Grundlage aller Qualitätsmanagementsysteme darstellt [4].

In jüngster Vergangenheit ist noch das Critical Incident Reporting System (CIRS) hinzugekommen, ein Berichtssystem zur anonymisierten Meldung von kritischen Ereignissen und Beinahe-Schäden in Einrichtungen des Gesundheitswesens. Es stammt ursprünglich aus der Luftfahrt.

Wir unterscheiden ein Qualitätsmanagementsystem im Krankenhaus von Qualitätsmanangement in der ambulanten Versorgung, wozu die Vertragsärzte und -psychotherapeuten in ihren Praxen verpflichtet sind. Eines der für niedergelassene Ärzte entwickelten Systeme ist „Qualität und Entwicklung in Praxen“ (QEP).

Im stationären Bereich besteht ein externes Qualitätsmanagement, in dem Krankenhäuser, die nach § 108 zugelassen sind, jährlich Statistikdaten im Rahmen der externen stationären Qualitätssicherung melden müssen. Das unabhängige AQUA-Institut wertet diese Qualitätsberichte auf Bundesebene aus.

Um dies zu erreichen, werden nach Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vergleichbare Daten in allen Krankenhäusern für ausgewählte Operationen und Diagnosen gesammelt, auf Basis festgelegter Qualitätsmerkmale anonymisiert ausgewertet und jährlich als Bericht an die Krankenhäuser zurückgesandt. Einbezogen in die externe Qualitätssicherung sind zurzeit 30 Operationen und Diagnosen, z.B. Gallenblasenentfernung und Hüftgelenkendoprothesen.

Bei wesentlichen Abweichungen vom Referenzbereich schließt sich ein sogenannter „strukturierter Dialog“ mit einzelnen Krankenhäusern bzw. Abteilungen an. Vom G-BA ausgewählte Ergebnisse der externen Qualitätssicherung, z.B. Komplikationsraten, müssen die Krankenhäuser in einem jährlich zu erstellenden Qualitätsbericht veröffentlichen.

Nur eine Minderheit von deutschen Krankenhäusern erfasst bisher Prozessdaten fortlaufend mit dem Ziel eines mitlaufenden (kontemporären) Qualitäts- oder Risikomanagements im Sinne eines internen Qualitätsmanagements. Gesetzliche Vorgaben über die Weitergabe von Statistikdaten hinaus fehlen, sodass diesem Ansatz keine besondere Bedeutung beigemessen wird.

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