Übersichtsarbeiten - OUP 10/2018

Qualitätsmanagement in der Schmerztherapie: KEDOQ-Schmerz

Hans-Raimund Casser1

Zusammenfassung: Das Qualitätsmanagement in der Schmerzmedizin hat trotz der Vielfältigkeit der Schmerztherapie und ihrer erforderlichen Interdisziplinarität große Fortschritte erzielt. Sowohl in der akuten als auch in der chronischen Schmerztherapie stehen wissenschaftlich solide Verfahren für die Struktur-, Prozess- und auch Ergebnisqualität zur Verfügung. Die Zertifizierungsverfahren zeigen erste Erfolge. Für eine flächendeckende sektorenübergreifende Implementierung bedarf es verbindliche Richtlinien, einen interdiziplinären Konsens und entsprechende finanzielle
Anerkennung.

Schlüsselworte: Qualitätsmanagement, Schmerzmedizin, QUIPS/PAIN-OUT, KEDOQ-Schmerz

Zitierweise
Casser HR: Qualitätsmanagement in der Schmerztherapie:
KEDOQ-Schmerz.
OUP 2018; 7: 506–509 DOI 10.3238/oup.2018.0506–0509

Summary: Quality management in pain medicine has made great progress despite the variety of pain therapy and it’s required interdisciplinary nature. Both in acute and chronic pain therapy, scientifically solid procedures are available for structural, process and result quality. The certification procedures are showing initial success. Comprehensive cross-sectoral implementation requires binding guidelines, interdisciplinary consensus and appropriate financial recognition.

Keywords: quality management, pain medicine, QUIPS/PAIN-OUT, KEDOQ-Schmerz

Citation
Casser HR: Quality management in pain medicine –
KEDOQ-Schmerz.
OUP 2018; 7: 506–509 DOI 10.3238/oup.2018.0506–0509

1 DRK Schmerz-Zentrum Mainz

Einführung

Gemäß Verlautbarung der Deutschen Schmerzgesellschaft ist die Situation in der Schmerzversorgung in vielen Kliniken verbesserungsfähig. Dies betrifft zunächst die Akutschmerztherapie, die bei unzureichender Handhabung, z.B. nach Operationen, zu einer vermeidbaren späteren Chronifizierung beitragen kann. Dabei kommt es nicht darauf an, dass diese automatisch in den Verantwortungsbereich der Anästhesisten gestellt wird, vielmehr ist es das Ziel, dass sämtliche Fachbereiche die Grundprinzipien der Schmerztherapie vermitteln, beherrschen und praktizieren.

Der Begriff des Qualitätsmanagements in der Medizin ist von der Qualitätssicherung in der Medizin abzugrenzen. Hierzu erlies der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Qualitätsmanagement-Richtlinien nach § 135 Abs. 2 Nr. 2 SGB V und nach § 92 i.V. m. § 137 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, die wiederum ab 2016 sektorenübergreifende Qualitätsmanagement-Richtlinie lautet. Es wird deshalb empfohlen, hierfür das Wort Qualitätssicherung zur Vermeidung von Verwechslungen nicht mehr zu benutzen [5].

In der internationalen Norm EN ISO 8402 wird der Begriff „Qualitätsmanagement“ definiert als: „Alle Tätigkeiten des Gesundheitsmanagements, die im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems die Qualitätspolitik, die Ziele und Verantwortung festlegen sowie diese durch Mittel wie Qualitätsorientierung, Qualitätslenkung, Qualitätssicherung/Qualitätsmanagement-Darlegung und Qualitätsverbesserung verwirklichen“.

Ein zentrales Ziel des Qualitätsmanagements liegt in der Qualitätsverbesserung der ärztlichen und der pflegerischen Abläufe. Sie dienen einem bedarfsgerechten und einem wirtschaftlichen Betrieb von Einrichtungen des Gesundheitswesens. Kern des Qualitätsmanagements ist die interne systematische Führung der Serviceprozesse. Dagegen beschränkt sich die externe Qualitätsüberwachung auf die retrospektive Analyse.

Ein wesentlicher Unterschied zu Qualitätsmanagementmaßnahmen in der Industrie (beispielsweise die ISO 9000) ist, dass es für die Medizin kein mechanistisches Modell gibt, das eine zuverlässige Messung von Prozessabläufen begründen könnte. Ebenso ist eine zuverlässige Messung der Ergebnisqualität in der Medizin im Vergleich zur Industrie nur eingeschränkt möglich, da keine unumstrittenen oder allgemein gültigen Indikatoren zur Messung von Behandlungserfolgen existieren. Im Gegensatz zu einem standardisierten Industrieprodukt lässt sich die Behandlungsqualität nur unter Berücksichtigung des individuell betroffenen Menschen beurteilen.

Die Grundelemente des Qualitätsmanagements umfassen:

die Erhebung und Bewertung des Ist-Zustands

die Definition von Zielen

die Beschreibung von Prozessen und Verantwortlichkeiten

die Ausbildung und Anleitung aller Beteiligten

die Durchführung von Änderungsmaßnahmen

die wiederholte Erhebung des Ist-Zustands

die praxisinterne Rückmeldung über die Wirksamkeit von Qualitätsmanagementmaßnahmen

die Maßnahmen zur Verbesserung der Patientensicherheit

die Festlegung des Mindeststandards für Risikomanagement- und Fehlermeldesysteme

Bekannt ist der PDCA-Zyklus (Plan – Do – Check – Act), der die Phasen im kontinuierlichen Verbesserungsprozess beschreibt, der die Grundlage aller Qualitätsmanagementsysteme darstellt [4].

In jüngster Vergangenheit ist noch das Critical Incident Reporting System (CIRS) hinzugekommen, ein Berichtssystem zur anonymisierten Meldung von kritischen Ereignissen und Beinahe-Schäden in Einrichtungen des Gesundheitswesens. Es stammt ursprünglich aus der Luftfahrt.

Wir unterscheiden ein Qualitätsmanagementsystem im Krankenhaus von Qualitätsmanangement in der ambulanten Versorgung, wozu die Vertragsärzte und -psychotherapeuten in ihren Praxen verpflichtet sind. Eines der für niedergelassene Ärzte entwickelten Systeme ist „Qualität und Entwicklung in Praxen“ (QEP).

Im stationären Bereich besteht ein externes Qualitätsmanagement, in dem Krankenhäuser, die nach § 108 zugelassen sind, jährlich Statistikdaten im Rahmen der externen stationären Qualitätssicherung melden müssen. Das unabhängige AQUA-Institut wertet diese Qualitätsberichte auf Bundesebene aus.

Um dies zu erreichen, werden nach Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vergleichbare Daten in allen Krankenhäusern für ausgewählte Operationen und Diagnosen gesammelt, auf Basis festgelegter Qualitätsmerkmale anonymisiert ausgewertet und jährlich als Bericht an die Krankenhäuser zurückgesandt. Einbezogen in die externe Qualitätssicherung sind zurzeit 30 Operationen und Diagnosen, z.B. Gallenblasenentfernung und Hüftgelenkendoprothesen.

Bei wesentlichen Abweichungen vom Referenzbereich schließt sich ein sogenannter „strukturierter Dialog“ mit einzelnen Krankenhäusern bzw. Abteilungen an. Vom G-BA ausgewählte Ergebnisse der externen Qualitätssicherung, z.B. Komplikationsraten, müssen die Krankenhäuser in einem jährlich zu erstellenden Qualitätsbericht veröffentlichen.

Nur eine Minderheit von deutschen Krankenhäusern erfasst bisher Prozessdaten fortlaufend mit dem Ziel eines mitlaufenden (kontemporären) Qualitäts- oder Risikomanagements im Sinne eines internen Qualitätsmanagements. Gesetzliche Vorgaben über die Weitergabe von Statistikdaten hinaus fehlen, sodass diesem Ansatz keine besondere Bedeutung beigemessen wird.

Es existiert eine Reihe von Organisationen, die das Qualitätsmanagement initiieren, koordinieren und auswerten sollen. So existieren ein Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (AQuMed/ÄZQ), die Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen (KTQ), das Institut für Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen (IQMG), das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und des Weiteren zahlreiche Qualitätsinstitutionen im Gesundheitswesen, die sich mit Qualitätsmanagement befassen, z.B. die Ärztekammer und die Bundesärztekammer, die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR), die Kassenärztliche Vereinigung und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), das BQS Institut für Qualität & Patientensicherheit, die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKD), der Deutsche Rentenversicherungsbund (DRB), der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK und MDS) sowie zahlreiche Qualitätszirkel im niedergelassenen ärztlichen Bereich.

Qualitätsmanagement-Instru- mente in der Schmerzmedizin

Im ambulanten Bereich wird die Zulassung zur Schmerztherapie und auch zur Sicherung der Qualität in der „Qualitätssicherungsvereinbarung zur schmerztherapeutischen Versorgung schmerzkranker Patienten niedergelegt, wo auch die Vorgaben für die Ausbildung zur Führung der Zusatzbezeichnung „Spezielle Schmerztherapie“ festgelegt sind.

Die genannte Qualitätssicherungsvereinbarung enthält neben den Qualifikationsanforderungen an den Leistungserbringer und strukturelle Anforderungen an die Einrichtung keine Vorgaben für den eigentlichen Behandlungsprozess, sodass nicht von einheitlichen Behandlungskonzepten ausgegangen werden kann. Entsprechend inhomogen stellt sich die Struktur- und Prozessqualität der befragten Einrichtungen dar [8].

Für den stationären Versorgungssektor werden anhand der Prozedurziffern zur multimodalen Schmerztherapie Vorgaben zur Struktur- als auch zur Prozessqualität gemacht. Insbesondere die OPS-Ziffer 8–91c.xx (teilstationäre multimodale Schmerztherapie) ist differenziert ausformuliert.

Weniger homogen und wohl auch weniger effektiv stellt sich die multimodale Schmerztherapie im vollstationären Sektor dar, die über die OPS-Ziffer 8–918.xx definiert wird. Hier wurden bei der Einführung der Ziffer strukturelle und prozessuale Kriterien zunächst nicht exakt genug definiert, um der obigen Definition für die interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie (IMST), wie sie von der entsprechenden Kommission der Deutschen Schmerzgesellschaft definiert wurde, Rückhalt zu geben. Über Suchmaschinen wie dem AOK-Gesundheitsnavigator oder Gesundheits-Kompass der DAK lässt sich die Anzahl der Krankenhäuser, die in Deutschland Leistungen nach der OPS-Ziffer 8–918.xx anbieten konnten, gut darstellen. Bei genauerer Betrachtung fällt jedoch auf, dass die Mehrzahl der abrechnenden Krankenhäuser nur eine sehr geringe Fallzahl angibt – häufiger weniger als 10 Fälle. In diesen Fällen ist eine Fehlkodierung sehr wahrscheinlich, da die geringe Fallzahl die Bereitstellung des spezialisierten ärztlichen und psychologischen Personals nicht trägt. Strukturen, die den Vorgaben der OPS-Ziffer entsprechen, dürfen damit nur bei geschätzt 200 Krankenhäusern deutschlandweit gegeben sein [2].

Im Auftrag der schmerzmedizinischen/psychologischen Fachgesellschaften, der Selbsthilfeorganisation der Schmerzpatienten und des Berufsverbands der Schmerztherapeuten und Psychologen hat die „Gemeinsame Kommission der Fachgesellschaften und Verbände für Qualität in der Schmerzmedizin“ überprüfbare Struktur- sowie Prozesskriterien entwickelt, um schmerzmedizinische Einrichtungen in Deutschland klassifizieren zu können. Grundlage ist das in Deutschland etablierte System der abgestuften Versorgung sowie bestehende Qualifikationen, Weiterbildungen und Zusatzbezeichnungen. Anhand von Kriterien werden 5 Ebenen von der Einrichtung mit Fachkunde Schmerzmedizin über spezialisierte Einrichtungen bis zum Zentrum für interdisziplinäre Schmerzmedizin definiert. Ziel der Empfehlungen ist, verbindliche und überprüfbare Kriterien zur Qualitätssicherung in der Schmerzmedizin zu etablieren und die Versorgung zu verbessern [11].

Unter Qualitätsmanagement im engeren medizinischen Sinne werden Maßnahmen verstanden, die dazu beitragen, dass eine Behandlung definierten Anforderungen gerecht wird. Darunter versteht man die Gesamtheit aller Prozesse, die zu einer kontinuierlichen Qualitätsverbesserung von Behandlungen führen. Im weiteren Sinne können alle Arten von Aus-, Fort- und Weiterbildungen, Dokumentationssystemen, Leitlinien, Empfehlungen, Projekten zu deren Implementierung, Zertifizierungen, Fehlervermeidungssystemen und andere Aktivitäten zu einer besseren Qualität beitragen. Im Folgenden soll auf eine Auswahl von Instrumenten eingegangen werden, die schmerzspezifische Inhalte haben [10].

Häufig werden im Kontext von Qualitätsmanagement Begriffe verwandt, die im Bereich der Schmerztherapie näher zu definieren sind:

Strukturqualität: Was ist vorhanden? Zum Beispiel qualifiziertes Personal, apparative Voraussetzungen, Dokumentationssysteme, CIRS

Prozessqualität: Wie wird es gemacht? Zum Beispiel Messung und Dokumentation von Schmerzen, Befolgen von Algorithmen, rechtzeitige Gabe von Medikamenten

Ergebnisqualität: Was kommt dabei heraus? Zum Beispiel Schmerzintensität, Funktionsgrad, Nebenwirkungen, Komplikationen, Zufriedenheit, Lebensqualität

Im Gegensatz zu anderen Gebieten der Medizin können viele Ergebnisqualitätsparameter in der Schmerztherapie nur aus der Patientenperspektive berichtet werden. Deshalb muss bei der Auswahl geeigneter Messinstrumente, z.B. Schmerzskalen oder Fragebögen, unbedingt auf eine ausreichende Validierung und standardisierte Erhebungsbedingungen geachtet werden.

Gute Qualität in der Schmerztherapie ist mehr als nur Schmerzlinderung. Eine Einbeziehung der funktionellen Auswirkungen, insbesondere der Berücksichtigung schmerztherapie- bedingter Nebenwirkungen, sind Bestandteile der ganzheitlichen Beschreibung von Qualität. Eine ausschließliche Orientierung des Therapieerfolgs am Parameter Schmerzintensität kann zu einer Fehlsteuerung der Therapie und damit zu einer unangebrachten Einschätzung der Gesamtqualität beitragen, z.B. hohe Opioiddosierungen, die zu Schmerzfreiheit, aber starker Sedierung führen. Im Bereich der Akutschmerztherapie sind das deutsche Benchmarkprojekt QUIPS und sein internationales Pendant PAIN- OUT zu nennen, die ein valides Feedback der Ergebnisqualität in der postoperativen Schmerztherapie aus Patientenperspektive ermöglichen.

Ziel der Initiative „Certkom“ als Zertifizierungsprojekt ist die Einhaltung bzw. das Einreichen definierter Qualitätsstandards. Sie steht am Ende eines Prozesses, bei dem geprüft wird, ob festgelegte Qualitätsmerkmale erfüllt werden. Der Zertifizierungsvorgang selbst erfolgt in Form von Visitationen, die durch eine eigenständige Zertifizierungsorganisation (PAEN CERT GmbH) durchgeführt werden. Certkom wird durch mehrere Fachgesellschaften unterstützt (www.certkom.com).

KEDOQ-Schmerz – ein Projekt zur Qualitätssicherung in der chronischen Schmerztherapie

Voraussetzung für die o.g. Effektivität der MMST sind hohe Anforderungen an die Struktur- und Prozessqualität der Behandlung, wie sie von der Ad-hoc-Kommission „Multimodale Schmerztherapie“ der Deutschen Schmerzgesellschaft definiert wurde [2]. Die Deutsche Schmerzgesellschaft initiierte daher 2008 das Qualitätssicherungsprojekt KEDOQ-Schmerz [3].

Zielsetzung ist eine bundesweite und sektorenübergreifende externe Qualitätssicherung und die Entwicklung von Qualitätsindikatoren in der spezialisierten Schmerztherapie. Zudem soll eine breite Datenbasis generiert werden, die eine unabhängige Versorgungsforschung frei von Partikularinteressen ermöglicht.

Kerndatensatz KEDOQ-Schmerz

Grundlage von KEDOQ-Schmerz ist ein breit konsentierter Kerndatensatz, der wesentliche schmerzrelevante Parameter umfasst, die zu Therapiebeginn, bei Abschluss der Behandlung sowie im Follow-up erhoben werden sollen.

Als Datenbasis zu Therapiebeginn dient der von der Deutschen Schmerzgesellschaft entwickelte Deutsche Schmerzfragebogen (DSF) [6], der standardisierte Fragen zur Schmerzbeschreibung (Auftreten, Häufigkeit und Intensität), ihren Auswirkungen auf das Alltagsleben sowie zu psychologischen (Depressivität, Angst und Lebensqualität) und sozialen Aspekten (Status, Bildung, Arbeit, Familienleben) enthält. Der DSF wurde in einer umfangreichen multizentrischen Studie validiert, die verwendeten psychometrischen Tests sind international etablierte und validiert (DASS [12]. FW7 [7], Von-Korff-Schwereindex [13], VR-12) [9]. Ärztliche Informationen (Schmerzchronifizierung) [14], Hauptschmerzlokalisation, bisherige medikamentöse Therapie und relevante somatische und psychologisch/psychiatrische Diagnosen) ergänzen die Angaben aus dem DSF.

Am Ende der Behandlung werden die durchgeführten diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen erfragt und der Patient gibt in einem Verlaufsfragebogen (VFB) [6] Auskunft zu seinem körperlichen und seelischen Befinden, der Veränderung der Schmerzen, der schmerzbedingten Beeinträchtigung und dem subjektiven Behandlungserfolg.

3–6 Monate nach Therapieende wird der Patient im Follow-up nochmals gebeten, einen Verlaufs-Fragebogen auszufüllen.

Zielsetzung von KEDOQ-Schmerz

Externe Qualitätssicherung: KEDOQ-Schmerz stellt den teilnehmenden Einrichtungen unmittelbare Auswertungen als Online-Abbildungen mit Benchmarks gegenüber den anderen Teilnehmern zur Verfügung. Filter ermöglichen dabei eine Differenzierung nach Chronifizierung sowie Alter und Geschlecht der Patienten. Zudem kann auch nach dem Therapiesetting (ambulant, tagesklinisch, stationär) differenziert werden. Die Teilnehmer erhalten so für das eigene Qualitätsmanagement eine Orientierung hinsichtlich der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der eigenen Einrichtung.

Unabhängige Versorgungsforschung: Die Schmerztherapie in Deutschland benötigt dringend Daten zur Situation der Schmerzpatienten wie auch zur diagnostischen und therapeutischen Qualität ihrer spezialisierten Schmerzversorgungseinrichtungen. Nur so können chronische Schmerzerkrankungen adäquat beschrieben und der Versorgungsaufwand dargestellt werden. Immer noch haben Gesprächspartner bei Krankenkassen oder Politik nur eine vage Vorstellung über die biopsychosozialen Auswirkungen chronischer Schmerzen. Die aktuell zur Verfügung stehenden Daten sind nicht ausreichend. Durch Aufbau einer KEDOQ-Schmerz-Datenbank soll die Voraussetzung für eine aussagekräftige Versorgungsforschung geschaffen werden. Ein Ethikrat KEDOQ-Schmerz garantiert dabei die wissenschaftliche Qualität und Unabhängigkeit der Forschung. Der Ethikrat ist nicht weisungsgebunden, Art und Auswahl der Forschungsprojekte werden durch Berichte des Rates transparent.

KEDOQ-Schmerz ist dadurch charakterisiert, dass die Datenerhebung

programmübergreifend ist, d.h., mehrere Anbieter den Kerndatensatz in ihren Softwareprogrammen umsetzen und Schnittstellen für den Export in die KEDOQ-Schmerz-Datenbank schaffen,

sektorübergreifend ist, d.h., die Parameter werden in gleicher Form in der Ambulanz, bei der Tagesklinik und im stationären Bereich zu Beginn und im Therapieverlauf erhoben,

anspruchsvollen Vollständigkeitskriterien unterliegt, die eine wissenschaftlich repräsentative Auswertung der Daten ermöglichen,

patientenbezogen ist, d.h., jeder einzelne Anamnesedatensatz kann ein bzw. mehreren Verlaufsdatensätzen zugeordnet werden, die Datensätze sind pseudonymisiert ohne Möglichkeit, auf einen konkreten Patienten rückzuschließen. Das Datenschutzkonzept wurde vom Landesschutzbeauftragten geprüft und akzeptiert.

Das Qualitätsmanagement in der Schmerzmedizin hat sich in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt und konkretisiert. Die Voraussetzungen für eine Umsetzung in der täglichen Versorgungspraxis sind damit geschaffen. Der Implementierung stehen in erster Linie verbindliche Vorgaben und finanzielle Anreize entgegen, leider auch häufig in der fehlenden Innovationsbereitschaft und der fehlenden Einigkeit der Schmerztherapeuten untereinander.

Interessenkonflikt: Keine angegeben.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Hans-Raimund Casser

DRK Schmerz-Zentrum Mainz

Ärztlicher Direktor

Auf der Steig 16

55131 Mainz

hans-raimund.casser@
drk-schmerz-zentrum.de

Literatur

1. Arnold B: Versorgungskonzepte in der Schmerzmedizin. In: Casser HR et al.: (Hrsg.): Rückenschmerzen und Nackenschmerzen. Heidelberg: Springer Verlag, 2016: 551–6

2. Arnold B et al.: Multimodale Schmerztherapie, Konzepte und Indikationen. Schmerz 2009; 23: 112–20

3. Casser HR et al.: Deutscher Schmerzfragebogen (DSF) und standardisierte Dokumentation mit KEDOQ-Schmerz – Auf dem Weg zur gemeinsamen Qualitätsentwicklung in der Schmerztherapie. Schmerz 2012; 26: 168–75

4. Deming WE: Out of the Crisis. Massachusetts Institute of Technology, Cambridge 1982; 88

5. Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V.: Begriffe zum Qualitätsmanagement (= Deutsche Gesellschaft für Qualität: DGQ-Schrift. Nr. 11–04). Neu bearbeitet durch den DGQ-Lenkungsausschuss Gemeinschaftsarbeit (LAG). 6. A. Berlin: Beuth, 1995

6. Deutsche Schmerzgesellschaft: www.dgss.org/deutscher-schmerzfragebogen

7. Herda CA et al.: Marburger Fragebogen zum habituellen Wohlbefinden. Medizinisches Zentrum für Methodenwissenschaften und Gesundheitsforschung. 1998; Band 91; Band 98 vom Arbeitspapier

8. Kayser H et al.: Struktur der ambulanten Schmerztherapie in Deutschland. Ergebnisse einer Umfrage. Schmerz 2008; 22: 424–38

9. Kazis LE et al.: Dissemination of methods and results from the veterans health study: final comments and implications for future monitoring strategies within and outside the veterans healthcare system. The Journal of ambulatory care management 2006; 29: 310–9

10. Meißner W: Qualitätssicherung in der Schmerzmedizin. In: Baron et al. (Hrsg.): Praktische Schmerzmedizin 3. Auflage. Heidelberg: Springer Verlag, 2013: 527–32

11. Müller-Schwefel G: Struktur der medizinischen Versorgung in Deutschland: Klassifikation schmerzmedizinischer Einrichtungen. Schmerzmedizin 2015; 31: 4

12. Nilges P et al.: Die Depressions-Angst-Stress-Skalen 2015; Der DASS – ein Screeningverfahren nicht nur für Schmerzpatienten

13. Von Korff M et al.: Grading the severity of chronic pain. Pain 1992; 50: 133–49

14. Wurmthaler C et al.: Chronifizierung und psychologische Merkmale – Die Beziehung zwischen Chronifizierungsstadien bei Schmerz und psychophysischem Befinden, Behinderung und familiären Merkmalen. Zeitschrift für Gesundheitspsychologie 1996; 4: 113–36

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