Übersichtsarbeiten - OUP 11/2017

Sicherheit ambulanter Operationen an der Schulter

Erhan Basad1

Zusammenfassung: Die operative Behandlung der Schulter hat sich mithilfe arthroskopischer und minimalinvasiver Techniken zunehmend in den ambulanten Bereich verlagert. Ambulante Operationen stellen eine Kosteneinsparung im Gesundheitssystem dar. Effizienz und Risiken dieser Entwicklung müssen daher genau untersucht werden. Das Ziel des vorliegenden Übersichtsartikels ist die Darstellung peri- und postoperativer Risiken in Verbindung mit ambulanten Operationen an der Schulter. Hierzu wurde eine
Literaturanalyse zu unerwünschten Ereignissen nach ambulanten Schulteroperationen durchgeführt. Diese zeigte, dass die ambulante Schulterchirurgie – auch für komplexere
Operationen – bei probater Patientenauswahl effizient und sicher durchführbar ist. Die häufigsten Gründe (1,8–2 %), die zu einer ambulanten oder stationären Behandlungsnotwendigkeit führen, sind unbeherrschbare Schmerzen, Nachwirkungen der Narkose (postoperative nausea and vomiting – PONV) oder oberflächliche Wundheilungsstörungen. Schwerwiegendere behandlungspflichtige Probleme wie
tiefe Infekte, Blutungen und Nervenschäden sind wesentlich seltener (0,04–0,1 %). Statistisch nachweisbare Prädiktoren für potenziell behandlungsnotwendige Probleme sind längere OP-Zeiten (< 45 Min.), offene Eingriffe und internistische Risikofaktoren (Diabetes, Hypertonie, COPD). Patientenauswahl, eine effiziente Schmerztherapie und spezialisierte OP-Zentren mit interdisziplinär arbeitenden Teams können diese Risiken deutlich reduzieren.

Schlüsselwörter: Arthroskopie, Schulter, ambulante Operation, Sicherheit, Komplikationen, unerwünschte Ereignisse

Zitierweise
Basad E: Sicherheit ambulanter Operationen an der Schulter.
OUP 2017; 11: 544–548 DOI 10.3238/oup.2017.0544–0548

Summary: The operative treatment of the shoulder has increasingly shifted to the ambulatory area with the help of arthroscopic and minimally invasive techniques. Outpatient surgeries save costs for the health system. The efficiency and risks of this development must therefore be examined carefully. The aim of this review article is the presentation of peri- and postoperative risks in connection with outpatient surgeries. For this purpose, a literature analysis was carried out on adverse events after ambulatory shoulder surgery. It showed that ambulatory shoulder surgery – even for more complex surgeries – can be performed efficiently and safely with a probable patient selection. The most common factors leading to an outpatient treatment or hospital admission (1.8–2 %) are uncontrollable pain, after-effects of anesthesia (postoperative nausea and vomiting – PONV) or superficial wound healings. More severe treatment-related problems such as deep infections, bleeding and nerve damage are significantly less frequent (0.04–0.1 %). Statistically verifiable predictors of potential treatment problems are longer operating times (> 45 minutes), open surgery and internal medicine risk factors (diabetes, hypertension, COPD). Patient selection, efficient pain therapy and specialized surgical centers with interdisciplinary teams can reduce these risks significantly.

Keywords: arthroscopy, shoulder joint, ambulatory surgery, safety, complications, adverse events

Citation
Basad E: Safety in ambulatory shoulder surgery.
OUP 2017; 11: 544–548 DOI 10.3238/oup.2017.0544–0548

Einleitung und Grundlagen

Operationen an der Schulter werden überwiegend arthroskopisch oder minimalinvasiv (mini-open) durchgeführt. Die Arthroskopie bietet eine überlegene Diagnostik und Techniken zur Durchführung komplexerer Maßnahmen. Typische, häufige Indikationen für ambulante Schulteroperationen sind Impingement-Syndrome, subacromiale Bursitiden, Tendinosis calcarea, Rotatoren-Manschetten-Läsionen, Schulter-Arthrofibrosen, Schulter-Eckgelenk-Verletzungen, Schulter-Eckgelenk-Arthrosen, Bizeps-Sehnen-Läsionen, chronische Synovialitis, chondrale und osteochondrale Defekte, freie Gelenkkörper, traumatische Abrisse des Tuberculum, Schulterluxationen und die ganze Bandbreite akuter und chronischer Schulterinstabilitäten.

Ambulante Operationen bieten die Chance für Einsparungen in unserem Gesundheitssystem. Sie sind daher förderungswürdig und kassenärztlich außerbudgetär – das heißt: sie sind nicht gedeckelt. Neben der Kostenersparnis sind es die technischen Fortschritte in der immer weniger invasiven operativen Medizin, welche zu einer steigenden Tendenz bei ambulanten Operationen führen. Auch die postoperative Reha gestaltet sich im Rahmen der „fast track surgery“ schneller und effizienter [30]. Zwischen den Jahren 2003 und 2007 ist in Deutschland die Anzahl der ambulant durchgeführten Operationen in Krankenhäusern um 159 % gestiegen (lt. Bundesverband für ambulantes Operieren 2010).

Bei ambulanten Operationen ist der Patient jedoch am Tag der Operation auf sich gestellt, sobald er das OP-Zentrum oder die Klinik verlässt. Auf die Vermeidung von peri- und postoperativen Komplikationen – bzw. unerwünschte Ereignisse (UE) – ist daher besonders zu achten. Ziel dieser Übersichtsarbeit ist es, aufzuzeigen, welche UE bei ambulanten arthroskopischen und minimalinvasiven Operationen an der Schulter auftreten können. Durch diese Kenntnis können UE rechtzeitig erkannt, behandelt bzw. vermieden werden. Dieser Artikel befasst sich mit intraoperativen oder unmittelbar postoperativen Ereignissen, wobei langfristig auftretende Probleme wie Therapieversagen oder Arthrofibrosen nicht berücksichtigt werden.

Patientenauswahl

Ambulante Eingriffe an der Schulter waren anfänglich elektiven und Patienten mit wenig komplexen Operationen vorbehalten. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Operateuren und der Anästhesie ermöglichte die Verfeinerung von Behandlungspfaden, auf denen präoperative Patientenselektion, präoperative Lagerung, intraoperatives Druckmanagement und postoperative Schmerztherapie Hand in Hand ablaufen. Voraussetzung für ambulante Chirurgie sind präselektierte Patienten, bei denen kardiale, hämatologische (z.B. Gerinnungsstörungen), metabolische (z.B. Diabetes, renale Störungen) oder pulmonale Komorbiditäten erkannt, konsiliarisch abgeklärt und ggf. ausgeschlossen wurden. Als weiterer Risikofaktor zählt ein hoher BMI (> 40), da bei solchen Patienten längere OP-Zeiten und größere intraoperative periartikuläre Gewebsödeme durch Flüssigkeitsaustritt zu erwarten sind. Darüber hinaus ist auch das Infektionsrisiko bei Patienten mit Adipositas signifikant erhöht. Eine vorbestehende chronische Schmerzmitteleinnahme (Opioide) birgt das Risiko einer opioidinduzierten Hyperalgesie und somit erschwerten postoperativen Schmerztherapie bis hin zur Notwendigkeit einer stationären Aufnahme. Patienten, bei denen eine kognitive Funktionsstörung das Verstehen der Operation und der Nachbehandlung verhindert oder Angstzustände vor Schmerz (Anamnese) sollten erkannt und ausgeschlossen werden. Als Nebenwirkung einer Narkose können vorbestehende kognitive Dysfunktionen noch weiter verstärkt werden. Eine weitere Nachwirkung von Narkosen stellt das Auftreten von Blutdruckabfällen, Übelkeit mit Erbrechen dar – auch bekannt als PONV (postoperative nausea and vomiting). Bei älteren Patienten werden Delirien mit Verwirrtheit und Psychosen gefürchtet. Patienten mit o.g. Vorfällen nach einer Narkose in der Anamnese sollten im Rahmen der Patientenauswahl auffallen [4].

Als soziale Kontraindikation sind Situationen zu sehen, in denen Patienten allein leben und nicht auf eine nahestehende Person zurückgreifen können, die beim Transport begleitet oder im häuslichen Umfeld behilflich ist. Die Benutzung der operierten oberen Extremität ist zumindest in der ersten Nacht, durch den häufig verwendeten Schlingenverband an der Schulter, nicht möglich. Bei weiter Anreise ist aus praktischen Gründen die Übernachtung in einem benachbarten Hotel einer belastenden Fahrt vorzuziehen. Hilfreich ist es hierbei, wenn das ambulante OP-Zentrum dem Patienten bei Bedarf eine Auswahl an Unterkünften empfehlen kann. Zur präoperativen Selektion und Vorbereitung zählt auch, dass bereits im Vorfeld der Operation mit der unmittelbar nachbehandelnden Reha-Einrichtung und dem Hausarzt Termine vereinbart werden. Weitere Ausschlusskriterien für ambulante Operationen sind funktional neurologische Defizite (z.B. M. Parkinson), ASA-Klassifikation > III, bekannte Schlafapnoe (ohne häusliche Versorgung mit CPAP-Beatmung), körperliche-hygienische Verwahrlosung und die geringe Akzeptanz einer ambulanten Operation beim Patienten. Bei den o.g. Problemen ist der Ausschluss von Patienten von ambulanten Operationen an der Schulter gerechtfertigt, um unerwünschte Ereignisse zu vermeiden.

Technisch-organisatorische Voraussetzungen und Schmerztherapie

Komplexe arthroskopische und minimalinvasive Operationen an der Schulter sind technisch-apparativ anspruchsvoll. Voraussetzung ist ein standardisiertes Set-up, welches dem Operateur flüssige Abläufe bei den Operationsschritten ermöglicht. Bei Schulteroperationen ist überwiegend eine bewegliche Abdeckung erforderlich. Als Lagerungen üblich sind entweder die Beach-chair-Lagerung (Liegestuhl-Position) oder die Seitlagerung. Bei einer Seitlagerung ist das Ziehen des Arms in Längsrichtung mit ca. 2 bis max. 5 kg nötig, um das Schultergelenk zu erweitern. Die Arthroskopie der Schulter erfordert ein Fluidmanagement, welches vorzugsweise mittels einer Rollenpumpe mit steuerbarer Druck- und Fluss-Regulation (70–90 mmHg) ausgestattet ist. Da für die Sicht mit Flüssigkeitsdruck gegen den mittleren Blutdruck des Patienten gearbeitet werden muss, findet ein Flüssigkeitsaustritt in das umliegende Gewebe statt. Umgekehrt besteht ein Zusammenhang zwischen Sichtverhältnissen und diastolischem Blutdruck durch Reduktion von Einblutungen. Daher spielen Flüssigkeitsdruck und Blutdruck des Patienten eine wichtige Rolle für gute Sichtverhältnisse in der Schulterarthroskopie. Konsequenterweise ist die hypotensive Anästhesie, so wie die Flüssigkeitsregulation, ein wichtiges Mittel, um den Flüssigkeitsaustritt in das Gewebe zu steuern. Die Allgemeinnarkose ist wegen des regulierbaren Druckes die bessere Wahl bei Schulterarthroskopien. Einen wichtigen Faktor zur Vermeidung von Flüssigkeitsaustritt in das Gewebe stellen die Portale dar. Bei länger dauernden Operationen sind daher Kunststoffkanülen in die Arbeitsportale einzusetzen, die den Flüssigkeitsaustritt verhindern und das atraumatische Einführen arthroskopischer Instrumente oder Anker wesentlich erleichtern. Pathologische Veränderungen, die eine Schulteroperation erfordern, sind häufig mit entzündlichem Gewebe verbunden, welches stark bluten kann. Elektrische Ablationsinstrumente dienen bei Arthroskopien zur effizienten Blutungskontrolle. Bevorzugt werden sollten modernere bipolare Plasmaelektroden, die aufgrund der geringeren Temperaturerhöhung weniger Gewebe schädigen. So wurde bereits die irreversible Schädigung von Chondrozyten durch Flüssigkeitserwärmung über 45 °C durch Radiofrequenzinstrumente beschrieben [12, 13]. Eine integrierte Absaugung an der Elektrode ist ebenfalls hilfreich, um die Flüssigkeit kühl zu halten und Schmauch sowie Debris effizient zu entfernen. Neben elektrothermischen Instrumenten bergen auch intraartikulare Schmerzpumpen mit Bupivacain die Gefahr einer chemischen Knorpelschädigung [2, 10, 27] und sollten daher vermieden werden.

Organisatorische Maßnahmen bei ambulanten OP-Patienten sind wichtig, damit der Patient vor und nach der Operation richtig geführt werden kann. Dabei werden die planerischen Aufgaben seitens des Patienten häufig unterschätzt. Bereits vor OP muss der Patient sich um Termine für Physiotherapie, Transportplanung und häusliche Begleitung kümmern. Rezepte für Schulterschiene, Schmerzmedikation oder Bewegungsschiene sollten spätestens am OP-Tag ausgehändigt werden. Damit der Patient und die Angehörigen mit der Situation nicht überfordert sind, empfehlen wir die Aushändigung einer Checkliste mit Punkten vor Operation, am OP-Tag und nach Operation. Die Erläuterung von Verhaltensmaßnahmen und Aufwand der Reha sowie der berufsabhängige absehbare Arbeitsausfall müssen Bestandteil des Aufklärungsgesprächs sein. Das postoperative Schmerzmanagement ist außerordentlich wichtig, da bereits etwa 2 bis 3 Stunden nach Ausleitung die Entlassung ansteht. Die Schmerztherapie gliedert sich in 2 Abschnitte: In der unmittelbar postoperativen Phase wird, abhängig von der visuellen Schmerzskala, Novaminsulfon und Paracetamol und Pritramid intravenös gegeben. In der 2. Phase, nach Entlassung des Patienten, wird oral ein NSAR (z.B. Ibuprofen) und ein vom Patienten titrierbares Schmerzmittel empfohlen (Tilidin/Naloxon) [4].

Positionsbedingte UE

Arthroskopische oder offene Schulterchirurgie kann in hochsitzender Lagerung (Beach-chair-Lagerung) oder Seitenlagerung (Lateral-decubitus-Position) mit Traktion am Arm erfolgen. Die Seitenlagerung bietet mit Traktion eine bessere Visualisierung und ein reduziertes Risiko für eine zerebrale Minderdurchblutung. Bei der Seitenlagerung können demgegenüber eher traktionsbedingte Plexusschäden, periphere Nervenschäden und thromboembolische Komplikationen auftreten. Auch ist die Technik der Seitenlagerung anspruchsvoller als bei der hochsitzenden Lagerung [21]. Die Seitenlagerung mit längeren OP-Zeiten hat gravitationsbedingt ein etwas höheres Risiko für eine Kompression der Atemwege durch extravasale Flüssigkeit [4, 8]. Bei der hochsitzenden Operationslagerung kann es hingegen nach der Einleitung, unmittelbar nach dem Aufsetzen, zu einem Blutdruckabfall kommen, da die vaskulären Regulationsmechanismen durch Hypnotika, Analgetika und Relaxantien beeinträchtigt sind [26]. So sind hierbei Schäden an kranialen Nerven mit Erblindung beschrieben worden [8]. Im Extremfall kann durch die zerebrale und kardiale Minderperfusion eine Reanimation erforderlich sein. Der Vergleich beider Lagerungen zeigte in spektroskopischen Untersuchungen mit Messung der zerebralen Sauerstoffsättigung eine signifikante Reduktion bei der hochsitzenden Beach-chair-Lagerung [25]. Hinzu kommt, dass der Operateur sich eine hypotensive Anästhesie wünscht, da diese für gute Sichtverhältnisse – besonders im subacromialen Raum – sorgt. Zur Sicherheit sollte daher im Rahmen der Narkose regelhaft der Blutdruck kontrolliert werden und bei Bedarf eine engmaschige zeitnahe Gabe von Antihypotonika erfolgen. Vorsorglich wird daher häufig eine präoperative intravenöse Volumengabe durchgeführt. Die sitzende Lagerung birgt das Risiko einer seitlichen Kippung mit Dislokation der Larynxmaske, sodass Intubationsnarkosen bevorzugt werden. Ein zum Glück seltenes Ereignis, welches ebenfalls für die Intubationsnarkose spricht, stellt die tracheale Kompression durch periartikulären Flüssigkeitsaustritt dar [8]. Kopf und Hals müssen daher in einer neutralen Position gelagert werden (Kopfhalter), damit die zerebrale Blutversorgung nicht eingeschränkt und keine Halsnerven (N. hypoglossus, Neurapraxie von Hautnerven) geschädigt werden. Operateur und Anästhesist sollten zur Vermeidung lagerungsbedingter Probleme die Technik der jeweiligen Lagerung mit ihren Risiken kennen und beherrschen.

Thromboembolische
und vaskuläre UE

Vaskuläre Verletzungen bei Schulteroperationen sind selten, solange die Zugänge nicht zu weit medial bzw. kaudal im Bereich der Gefäß-Nerven-Stränge liegen. Bei Eingriffen medial des Acromioclaviculargelenks ist ebenfalls die Nähe zum Gefäß-Nerven-Strang und das Vorhandensein eines stark blutenden Venenplexus zu berücksichtigen [29].

Thromboembolische Komplikationen nach arthroskopischen Schulteroperationen sind sehr selten [17, 14] und müssen bei Auftreten hinsichtlich ihrer Ursachen untersucht werden. Wenn keine Gerinnungsstörung oder anatomische Formvariante (z.B. Halsrippe – Costa cervicalis) vorliegt, kann von einer Irritation der Vena subclavia durch mechanische Kompression, Zug oder Arthroskopieinstrumente (Shaver) als Ursache ausgegangen werden. Die Traktion wird auch als Ursache für eine Minderperfusion der Extremität gesehen [14]. Zur Vermeidung sollte bei einer Lagerung mit Traktion auf einen schonenden Zug geachtet werden. Generell besteht nach operativen Eingriffen an der Schulter ein niedriges Risiko einer tiefen Venenthrombose (VT) von 0,5 % und 0,23 % für eine Lungenembolie. Die VT-Inzidenz ist nach arthroskopischen Operationen mit 0,038 % wesentlich niedriger [18]. Eine weitere retrospektive Studie bei Schulterarthroskopien (N = 15.033) fand eine Thromboserate von 0,15 % [28]. Die Seitenlagerung hat ein etwas höheres Risiko für VT. Als Risikofaktoren für VT werden Trauma, hohes Alter und Karzinomerkrankungen gesehen. Die S3-Leitlinien der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) empfehlen bei arthroskopischen und minimalinvasiven Schulteroperationen, über die Frühmobilisation als Basismaßnahme hinaus, keine medikamentöse Thromboseprophylaxe, sofern nicht Risikofaktoren vorliegen.

Neurologische UE

Neurologische Schäden können im Rahmen der Lagerung durch Druck oder Zug entstehen bzw. im Rahmen der Operation durch Zugänge, Instrumente und unabsichtliches Vernähen von Nerven auftreten. Der Nervus suprascapularis versorgt den M. supraspinatus sowie den M. infraspinatus und ist aufgrund seiner anatomischen Nähe zur Scapula (suprascapular notch) gefährdet, durch Flüssigkeitsdruck oder Instrumente geschädigt zu werden. Die Schädigung dieses Nervs führt zu Schmerzen und Sensibilitätsstörungen im Scapulagebiet. Die Schädigung des motorischen Versorgungsgebiets kann zu Abduktions- und Außenrotationsschwäche sowie Muskelatrophie führen. Der Nervus axilaris bzw. Nervus circumflexus entspringt axillar aus dem Plexus brachialis, enthält Fasern aus C5 bis C6 und versorgt den proximalen Oberarm sensibel. Er verläuft unterhalb des Musculus subscapularis und kann durch axillaren Druck oder Instrumente geschädigt werden. Motorisch werden der M. teres minor und der Deltoidmuskel versorgt, weshalb bei einer Schädigung Abduktion und Rotation in der Schulter beeinträchtigt sein können. Weitaus seltener kann der N. musculocutaneus durch Druckschädigung betroffen sein. Er versorgt (C5–C7) den ventralen Unterarm und sorgt motorisch für Flexion und Supination im Unterarm. Laut einer Untersuchung von Boardman kann es bei Schulteroperationen zu Schädigungen der genannten Nerven nach Rotatoren-Manschetten-Reparatur (1–2 %) und ventraler Stabilisierung (1–8 %) kommen [6]. Ausreichende Polsterung der Armablage am OP-Tisch, vorsichtiges Hantieren mit dem Arm durch den Assistenten (oder Armhalter) und das „stumpfe“ Anlegen der Portale gehören zu den allgemeinen Empfehlungen zur Vermeidung von Nervenschäden. Bei Arthroskopien ist das anterio-inferiore Portal wegen der Gefahr von Schädigungen des N. musculocutaneus und des N. axillaris mit äußerster Vorsicht anzuwenden. Bei postoperativen anhaltenden Hautveränderungen, Schmerzen und Funktionseinschränkungen muss auch an Reflexdystrophie (komplexes regionales Schmerzsyndrom) gedacht werden. Als Entstehungsmechanismus wird eine neuronale Entzündungsreaktion diskutiert. Die Behandlung mittels Schmerztherapie, Physiotherapie und ggf. lokaler Blockaden sollte interdisziplinär erfolgen.

Infektionsbedingte UE

Oberflächliche Infekte nach Schulteroperationen sind selten und werden mit 0,16 % bis 1,9 % angegeben. Sie können leicht erkannt und behandelt werden. Tiefe, im Gelenk oder subacromial sitzende bakterielle Entzündungen sind seltener, laufen jedoch Gefahr, erst spät erkannt zu werden. Es ist daher wichtig, dass man tiefe Infekte von oberflächlichen unterscheidet. Klinische Zeichen einer tiefen Infektion sind schmerzhafte Bewegungseinschränkung, lokale Überwärmung, Erythem, teigige Schwellung und fibrinöse Exsudation. Auch können in schweren Fällen allgemeine Infektzeichen mit Erschöpfung bis hin zur Sepsis auftreten. Zielführend sind Infektparameter wie CRP-Anstieg und wesentlich seltener die Leukozytenerhöhung im Blut. Bei Verdacht auf eine Infektion sollte eine subacromiale oder glenohumerale Gelenkpunktion zwecks Gramfärbung und mikrobiologischer Kultivierung erfolgen. Die häufigsten nachgewiesenen Keime sind Propionibacterium acnes, Staphylococcus epidermidis und Staphylococcus aureus [1, 20]. Die Behandlung bei Infektnachweis muss zügig durch Debridement und resistenzgerechte intravenöse Antibiotikatherapie erfolgen, damit Langzeitfolgen wie Knorpeldestruktion und Arthrofibrosen vermieden werden [19].

Diskussion
und Schlussfolgerungen

Nach Erkenntnissen im Rahmen der vorliegenden Arbeit kann davon ausgegangen werden, dass die ambulante Schulterchirurgie bei geeigneten Voraussetzungen und der richtigen Patientenauswahl sicher und effizient ist. Von einem weiteren Zuwachs ambulanter Operationen ist auszugehen. Ein Grund für den zu erwarteten Anstieg ist die Kostenersparnis. Die wesentlichen DRGs (diagnosis related groups = diagnosebezogene Fallgruppen) stellen „Andere Eingriffe“ und „Komplexe Eingriffe am Schultergelenk“ dar. Die Verweildaueranalysen dieser DRGs haben gezeigt, dass die Zahl der Kurzlieger mit ca. 1–3 % sehr gering ist. Aus diesem Grund kann von einem hohen „ambulanten Potenzial“ ausgegangen werden.

Da die Anzahl ambulanter und besonders arthroskopischer Schulteroperationen sich in den letzten 20–30 Jahren erheblich gesteigert hat [24], gibt es mittlerweile einige Studien mit höheren Probandenzahlen, welche auf Datenerhebungen mittels Befragungen basieren. In älteren Studien waren die Angaben zu UE bei arthroskopischen Schulteroperationen mit 4–10 % angegeben [3]. In früheren Studien wurden noch schwerwiegende Ereignisse wie N.-phrenicus-Lähmungen, Pleuraperforationen, Instrumentenbrüche, Pneumomediastinum, Pneumothorax, subkutanes Emphysem und größere iatrogene Sehnen- und Knorpelschäden erwähnt. In einer Fallbeschreibung kam es beispielsweise zu einer postoperativen notfallmäßigen Reintubation wegen paravasaler Flüssigkeitskompression auf die Trachea. Auch die Erweiterung des Eingriffs (offener Eingriff) aufgrund von Problemen in der arthroskopischen Technik wird als Grund angeführt, der zu einer ungeplanten Aufnahme mit Behandlungsnotwendigkeit führen kann. Auffällig war in der vorgenannten Studie von 1998 die durchschnittlich verhältnismäßig lange OP-Zeit von 110 Minuten (min. 25 bis max. 180 Minuten) [3]. Die OP-Zeiten haben sich dagegen in der heutigen Zeit deutlich reduziert. In einer aktuelleren Multicenter-Kohorten-Studie [22] wurde bei 103.476 ambulanten Schulteroperationen (2011–2013) in 1,8 % eine notfallmäßige Krankenhausbehandlung innerhalb von 7 Tagen erforderlich. Als häufigste Ursache wurden Schmerzen im OP-Gebiet (23,78 %) festgestellt, wovon fast die Hälfte (43,49 %) innerhalb der ersten 24 Stunden nach OP auftrat. Zentren mit hohen OP-Zahlen und der Einsatz von augmentierter Regionalanästhesie (Nervenblock) waren mit geringeren Risiken einer Notfallbehandlung assoziiert. Ein weiteres signifikantes Risiko stellten lange OP-Zeiten über 2 Stunden dar. Eine wichtige in Deutschland durchgeführte Erhebung von 21.975 ambulanten Schultereingriffen zwischen den Jahren 2002 und 2012 erfolgte mit Hilfe des Qualis-/BVASK-Registers (Bundesverband für Arthroskopie e.V.). Erfasst wurden oberflächliche Wundheilungsstörungen (0,31 %), tiefe Wundinfektionen (0,16 %), revisionspflichtige Blutungen (0,11 %) und punktionspflichtige Ergüsse (0,41 %). Zu dokumentierten Gefäßverletzungen kam es in 2 Fällen (0,009 %), zu Instrumenten-/Materialbruch in 14 Fällen (0,067 %), zu Narkosezwischenfällen in 3 Fällen (0,0001 %) und einer stationären Behandlungsnotwendigkeit in 10 Fällen (0,048 %). Wundheilungsstörungen und Infekte treten auch generell an der Schulter selten auf und werden in der Literatur variierend mit 0,04–3,4 % [5] bzw. 0,3 bis 1,9 % angegeben [1, 15]. Wie sich in einer umfangreichen Kohortenstudie zu Rotatoren-Manschetten-Reparaturen zeigte (N = 903), ist das Risiko einer Wundinfektion bei offenen Techniken (2,5 %) höher als bei arthroskopischen (1,8 %) [16]. Bei der Rotatoren-Manschetten-Naht steht die Schulterteilsteife als häufiges postoperatives UE im Vordergrund [9]. Im Ergebnis sind Komplikationsraten [23] mit einer Notfallbehandlung nach ambulanten Schulteroperationen nach aktuellem Stand mit 1–1,8 % relativ niedrig. Die häufigste Ursache für UE (ca. die Hälfte) bilden postoperative Schmerzen und PONV, was darauf hinweist, dass die Anästhesie eine besonders wichtige Rolle spielt [20]. In einer weiteren aktuellen Studie [7] wurden 33.095 arthroskopische Schultereingriffe auf postoperative Komplikationen untersucht und in Gruppen mit OP-Zeiten (bis 45 Min., bis 90 Min. und > 90 Min.) aufgeteilt. Mithilfe von multivariaten Analysemethoden konnte statistisch gezeigt werden, dass in den Gruppen mit OP-Zeiten von mehr als 45 bzw. 90 Minuten ein erhöhtes Auftreten stationärer Behandlungsnotwendigkeiten und oberflächlicher Wundinfekte vorlag. Als weitere Prädiktoren für stationäre Aufnahmen wurden Diabetes mellitus, Hypertonie und chronisch obstruktive Lungenerkrankungen ausgemacht. Als Ausblick ist davon auszugehen, dass entsprechend der Ergebnisse einer aktuellen Studie [11] auch die ambulante Schulter-Endoprothetik eine weitere Verbreitung finden könnte.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die ambulante – vor allem arthroskopische – Schulterchirurgie sich als sicheres Verfahren etabliert hat. In Bezug auf die therapeutische Effizienz konnten keine Studien gefunden werden, die gegen die ambulante Therapie sprechen. Im Vergleich zu früheren Studien sind unerwünschte Ereignisse und Krankenhauseinweisungen heute seltener geworden. Nach geeigneter Patientenauswahl und bei entsprechenden technischen und organisatorischen Voraussetzungen ist die ambulante Schulterchirurgie sicher und darüber hinaus für den Versicherer kosteneffizient. Faktoren, die Klinikaufnahmen und UE verhindern, sind im Wesentlichen die kontrollierte Schmerztherapie, normaler BMI, kurze OP-Zeiten, geringe Invasivität und spezialisierte Zentren mit erfahrenen Teams.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

PD Dr. med. Erhan Basad

ATOS-Klinik

Zentrum für Hüft-, Knie-Endoprothetik und Regenerative Gelenkchirurgie

Bismarckstraße 9–15, 69115 Heidelberg

basad@atos.de

Literatur

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Fussnoten

1 ATOS-Klinik Heidelberg – Zentrum für Hüft- und Knie-Endoprothetik, Regenerative Gelenkchirurgie

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