Übersichtsarbeiten - OUP 12/2016

Taluskantenläsionen

zusätzliche Literatur finden Sie unter diesem Link

Richard Brill1, Harald Hempfling2

Zusammenfassung:

Hintergrund: Eine exakte Diagnose ist sowohl für eine
adäquate Therapie als auch für eine ausstehende Begutachtung erforderlich. Dies ist von Bedeutung, da bei Taluskantenläsionen bisher keine exakten Bezeichnungen eingesetzt werden.

Methode: Zur Klärung dieser Problematik wird die zur Verfügung stehende Literatur ausgewertet.

Ergebnisse: Unter Würdigung der Pathomechanik, der
heute möglichen diagnostischen Verfahren und unter Verwendung einheitlicher Bezeichnungen, ist meist eine klare Diagnose herbeiführbar.

Schlussfolgerung: Osteochondrale Läsionen können in
rezente und veraltete Verletzungen, in Verletzungsfolgen und sonstige Schäden (z.B. OD) unter Abgrenzung der sogenannten Pseudozysten eingeteilt werden.

Schlüsselwörter: Taluskanten, Pathomechanik, osteochondrale Läsionen, chondrale Läsionen, Pseudozyste

Zitierweise
Brill R, Hempfling H: Taluskantenläsionen.
OUP 2016; 12: 708–715 DOI 10.3238/oup.2016.0708–0715

Summary:

Background: An accurate diagnosis is required for adequate therapy as well as for medical expert opinion. This becomes extremely important because an exact definition of the lesions of the talar dome does not exist at the current state of research.

Methods: Our analysis of the available literature shall solve this problem.

Results: An accurate diagnosis can be made considering the pathomechanics, the established examination methods and if standard descriptions are introduced.

Conclusion: Osteochondral lesions can be classified in recent and old injuries, in consequences of injuries and in other defects, for example the OD, and pseudocysts.

Keywords: talar dome, pathomechanics, osteochondral lesion, chondral lesion, talar pseudocysts

 

Citation
Brill R, Hempfling H: Talar dome lesions.
OUP 2016; 12: 708–715 DOI 10.3238/oup.2016.0708–0715

Anatomie

Das obere Sprunggelenk als Scharniergelenk wird medial durch die Innenbandstrukturen (oberflächliche und tiefe Schicht) und lateral durch die 3 Außenbänder stabilisiert. Einen wesentlichen Halt für die Sprunggelenkgabel liefert die Syndesmose, insbesondere mit den Ligg. fibulotalare anterius et posterius. Am Talus unterscheidet man den Körper (Corpus tali), den Hals (Collum tali) und den Taluskopf (Caput tali). Aufgrund der fehlenden Ansatzstellen von Sehnen ist der Talus mit seinen multiplen Gelenkflächen größtenteils von hyalinem Knorpel bedeckt. Die angrenzenden Gelenkflächen sind die Tibia und die Fibula und im unteren Sprunggelenk das Fersenbein. Der Taluskopf artikuliert mit dem Os naviculare.

Im oberen Sprunggelenk findet die Dorsalflexion (etwa bis 20°) und die Plantarflexion (bis 30°) statt. Die Dorsalflexion ist eine reine Scharnierbewegung, die Plantarflexion entspricht einer Schraubenbewegung. Dies resultiert aus der unterschiedlichen Breite der anterioren Anteile der Talusrolle mit etwa 30 mm im Vergleich zum posterioren Durchmesser von ca. 25 mm [49]. Die Knorpeldicke wird mit 1,2 mm (1,0–1,6) eingeschätzt, diese Knorpeldicke korreliert mit der Kongruenz des Gelenks [96]. Die tibiotalare Kontaktfläche wird mit 440 mm2 angegeben [84], variiert aber bei Belastung: Sie beträgt beim Aufsetzen der Ferse 270 mm2 , in der mittleren Standphase 415 mm2 und beim Abheben der Ferse 335 mm2 [112]. Der hyaline Knorpel zeigt ein elastisches Verhalten, unter Druck strömt Wasser aus dem Knorpel aus, unter Entlastung kommt es zum Rückstrom. Über einen 4-Zonen-Aufbau steht der Knorpel mittels subchondraler Schicht mit dem Knochen in Verbindung. Die Grenzlamelle – so sie intakt ist – erlaubt die Knorpelflüssigkeitsumverteilung von belasteten in unbelastete Anteile im Sinne eines Wasserkissens. Die Talusdurchblutung [35, 78, 94, 70, 16, 114] zeigt eine Gefäßbesonderheit an der medialen Taluskante [83] unter Hinweis auf den Ramus deltoideus, der aus der A. tibialis posterior oder aus der A. canalis tarsi entspringt und im Endeffekt eine Endarterie darstellt, sodass bei einer Verletzung dieses Gefäßes mit einer Minderung der Durchblutung des medialen Talusecks zu rechnen ist.

Die Talusschäden wurden bis vor kurzem an dem posteromedialen und dem anterolateralen Taluseck lokalisiert [6, 15, 28, 100, 111]. Aktuell nennt man als bevorzugte Lokalisation den medialen und lateralen Äquator im zentralen Drittel [82, 37].

Pathogenese

Die Bevorzugung der medialen Taluskante wird weiterhin aufrechterhalten mit 63–65 % im Vergleich zu 32–33 % lateral [23, 82, 37]. Die betroffene Gelenkfläche überwiegt an Flächenausdehnung medial. Bei der Beurteilung der Taluskantenschäden müssen der Knorpelbelag, die subchondrale Schicht und der darunter gelegene knöcherne Anteil gewertet werden. Somit gibt es isolierte Knorpelschäden, Knorpelschäden mit Beteiligung der subchondralen Schicht und osteochondrale Schäden, aber auch zunächst isolierte subchondrale Schäden bei direkter Krafteinwirkung unter Ausbildung eines Knochenmarködems. Bezüglich der Ätiologie unterscheidet man die Verletzung rezent versus veraltet, den Überlastungsschaden (sogenannter Overuse) und die Osteochondrosis dissecans als Schadenanlage, dazu resultiert aus diesen Ursachen die Arthrosekrankheit.

Eine nicht abschließend beurteilbare Veränderung ist die Knorpeldelamination, die einmal durch oberflächliche Schermechanismen, aber auch ohne Verletzung, erklärt wird [27, 32, 41]. Bei den Knorpel- sowie den Knorpel-Knochen-Verletzungen ist für die Beurteilung der Zeitabstand vom Unfall bis zur Untersuchung von eminenter Wichtigkeit. Eine isolierte Knorpelfissur kann, wenn die subchondrale Schicht mit verletzt ist, zum Flüssigkeitseintritt in die subchondrale Region führen mit der Ausbildung eines flüssigkeitsgefüllten Hohlraums (sogenannte Pseudozyste). Dies trifft insbesondere für das Sprunggelenk zu, da es sich hier um eine weitgehend kongruente Gelenkführung handelt [109], sodass im Gegensatz zum Knie als inkongruentes Gelenk vermehrt Flüssigkeit in den Knorpel und die darunter liegende subchondrale Schicht eingepresst werden kann, da die Flüssigkeit bei Gelenkbelastung nicht in die Reserveräume ausweichen kann. Derartige Knorpelfissuren können verletzungsbedingt bei Overuse und Arthrose entstehen. Osteochondrale Läsionen gehen an den Taluskanten mit Frakturen einher in einer Häufigkeit von 71 % [102], sind die Folge von lateralen oder medialen Bandverletzungen bei etwa 20 %, entstehen aber auch im Verlauf rezidivierender Instabilitäten in bis zu 56 % der Fälle [102].

Bei den Supinationstraumen am oberen Sprunggelenk, vergleichbar auch bei der Pronation, ist die Stabilität der Syndesmose entscheidend. Bei stabiler Syndesmose kommt es bei der Ruptur des Lig. fibulotalare anterius (Lfta), aber auch in Verbindung mit der Ruptur des Lig. fibulocalcaneare (Lfc) zu einer Schrägstellung des Talus, was zur Kompression zwischen lateralem Taluseck und der Fibula führt, sekundär aber auch in Abhängigkeit vom Aufklappungsgrad zur Kompression des medialen Talusecks an der Unterseite des Plafond tibial bis hin zur Kompression des Innenknöchels an die mediale Talusfläche (Abb. 1, 2). Die Folge ist entweder eine Kontusion des lateralen Talusecks oder die laterale Flake fracture durch den Abschermechanismus. Diese Mechanismen entsprechen auch denjenigen, die zu Sprunggelenkfrakturen führen [99]. Die osteochondralen Schäden sind also die Folge des Schweregrads entsprechender Pathomechanismen (Abb. 3, 4).

Eine Einteilung traumatischer Knorpelschäden mit Beteiligung der subchondralen Schicht finden sich bei Kehr [51], Morscher [69], Jakob [46] und Hempfling [38]. Es wird unterschieden zwischen Knorpelkontusion, Impression und Knorpelfraktur sowie bei Beteiligung der subchondralen Schicht zwischen osteochondraler Fraktur und Impressionen. Bei der oberflächlichen Knorpelschädigung wird die Abschilferung von kleinen Knorpelteilchen von der Abscherung und der subchondralen Einblutung einschließlich Fissur bis zur subchondralen Ausdehnung (Abb. 5) beschrieben. Die Folge der Knorpelschäden rezenter Art ist in Spätstadien vergleichbar mit der Einteilung in nichttraumatische Knorpelschäden nach Fründ [30] und Outerbridge [74]:

  • Grad 1: Knorpelschwellung und -erweichung bei intakter Oberfläche
  • Grad 2: Knorpelläsion und -erosion
  • Grad 3: Knorpelerosionen bis zum subchondralen Knochen

Kommt es zur Schädigung der Grenzlamelle, so können durch Flüssigkeitseintritt im Sinne der hydrostatischen Ätiologie subchondrale Pseudozysten entstehen [80, 90]. Es werden 2 Mechanismen diskutiert:

Beim Intrusionsmodell [56, 18, 48, 91, 92, 110, 80] entsteht ein Defekt im Gelenkknorpel und Flüssigkeit gelangt durch den Knorpeldefekt bis nach subchondral mit folgender hydraulischer Destruktion des subchondralen Knochens.

Beim Kontusionsmodell [86, 115, 31, 91, 65, 19, 1, 89, 80] führen repetitive Mikrotraumen primär zu einer fokalen Knochennekrose mit sekundärer Ausbildung einer subchondralen Pseudozyste.

Ist die subchondrale Grenzlamelle durch eine Mikrofraktur nicht mehr intakt, sondern durchlässig, kann Flüssigkeit unter Belastung des Knorpels in den subchondralen Knochen eindringen [109]. Je kleiner der Defekt in der subchondralen Grenzlamelle ist, desto größer ist der Druck auf die Läsion unter Belastung und es kommt zum Flüssigkeitsaustritt aus dem Knorpel in den subchondralen Knochen. Dies führt zu einer hydrostatischen Destruktion des subchondralen Knochens mit Osteonekrosebildung, aber auch Knochenresorption und Ausbildung von subchondralen Pseudozysten [109]. Die Morphologie des Defekts ergibt sich aus dem hydrostatischen Druck der einströmenden Flüssigkeit. Bei Entlastung kann es zu einer passiven Rückdiffusion in den Knorpel kommen. Durch den permanenten Druck bei Belastung wird der Pumpvorgang in den subchondralen Knochen verstärkt. Der primäre Defekt der Grenzlamelle ist dabei der Ausgangspunkt der Destruktion des subchondralen Knochens und im Weiteren der Destruktion des darüber liegenden Knorpels.

Überlastungsschäden (Overuse) zeigen primär eine Knorpelerweichung (z.B. Chondromalacia patellae) mit der Fortführung der Schadensentwicklung zur Arthrose. Auch hier kann sich in einer Endstrecke eine Geröllzyste entwickeln, entsprechend dem Mechanismus der Intrusions- und Kontusionstheorie mit hydrostatischer Flüssigkeitsumverteilung.

Die Osteochondrosis dissecans ist als eigenständiges Krankheitsbild zu werten. Hier kommt es im Wachstumsalter zu einer Wachstumsstörung im Gelenk-Epiphysen-Knorpel-Komplex mit der Folge eines Ossifikationsdefekts des wachsenden Skeletts [105]. Beim normalen Wachstum ist an der Gelenkfläche eine Blutversorgung der Epiphyse durch perichondrale Gefäße festzustellen, die mit Zunahme des Längenwachstums Anastomosen mit den Kanalgefäßen des Knorpels ausbilden. Kommt es bei dieser Anastomosierung zu einem Gefäßverschluss, so bleibt das epiphysäre Wachstum zurück und es entsteht eine Chondronekrose und im Verlauf eine Osteochondronekrose, die sich sklerotisch zum Untergrund absetzt und die Entstehung einer Gelenkmaus zulässt [64, 117, 118, 119, 25, 58]. Diese Entwicklung zur Osteochondrosis dissecans verläuft in 3 Stadien:

  • 1. Osteochondrosis latens (lokale Knorpelnekrose des artikulären Epiphysenknorpels)
  • 2. Osteochondrosis manifesta (lokale Störung der enchondralen Ossifikation)
  • 3. Osteochondrosis dissecans (Dissekatbildung im Areal des nekrotischen Knorpels mit Ausbreitung und Defektentstehung am Gelenkknorpel)

Diagnostik

Taluskantenläsionen werden durch bildgebende Verfahren erfasst und differenziert.

Nativ-Röntgenbild

Die Untersuchung mittels Röntgenbild stellt die Basisdiagnostik dar und die Entwicklung kann historisch gesehen werden [76, 68, 75, 52].

König dachte an eine entzündliche Ätiologie im Knorpel-Knochen-Verbund, die zu einer spontanen Osteonekrose führt und prägte die „Osteochondritis dissecans“, obwohl histologische Studien die entzündliche Genese nicht unterstützen konnten [95]. Die Bezeichnung „Osteochondrosis dissecans“ am Sprunggelenk führte Kappis [50] ein, Howald bestätigte dies [42]. Ein Fall einer intraartikulären Fraktur des Talus im Röntgenbild wurde von Rendu [85] beschrieben, er bemerkte einen gleichen Läsionstyp wie Kappis [50]. Seitdem werden osteokartilaginäre Läsionen oder osteochondrale Läsionen häufig als Fraktur oder als Osteochondritis dissecans bezeichnet, obwohl das gleiche Korrelat gemeint ist [6]. Sie selbst nannten ihre experimentell induzierten osteochondralen Läsionen „transchondrale Frakturen“ und setzten in Klammern den Begriff „Osteochondritis dissecans“ des Talus, was im Folgenden für Unklarheit in der Literatur sorgte, weil ihre Läsionen traumatisch induziert wurden, ihre Klassifikation aber fälschlicherweise für die OD verwendet wird.

„Osteochondrosis dissecans“ und „Osteochondritis dissecans“ werden beide bis heute synonym verwendet, unabhängig von der Ätiologie.

Klassifikationen der traumatischen Knorpelschäden, die auf optischen und röntgenologischen Befunden beruhen, gehen auf Kehr [51] und Morscher [69] zurück.

CT und CT-Arthrographie

Durch die Einführung der CT wurde die Diagnostik reformiert und es gab für die im konventionellen Röntgenbild detektierten Läsionen neue Klassifikationen, die weitgehend an die Klassifikationen im Röntgenbild angelehnt wurden, die sogenannte subchondrale Zyste wurde ergänzt [3].

Die Klassifikation von Ferkel [26] beschreibt ebenso 4 Arten, wobei es hierbei vorwiegend um zystische Defekte in den Taluskanten (Talus dome) geht. Stadium I ist die Zyste mit intakter Wand, das heißt, der darüber liegende Knorpel ist intakt. Im Stadium IIA zeigt die Zyste eine Kommunikation mit dem Gelenk, Stadium IIB mit großem zystischen Defekt, im Stadium III findet sich ein undisloziertes Kantenfragment und im Stadium IV ein freies, disloziertes Fragment.

Eine weitere CT-Klassifikation ist die von Loomer [61], der die Klassifikation von Berndt und Harty übernahm und ein Stadium V ergänzte, das der subchondralen Zyste.

MRT und MRT-Arthrographie

Die Ätiologie der OD ist nach Ytrehus [118, 120] am Schwein belegt und kann auf den Menschen in identischer Form übertragen werden. Es handelt sich um eine Ossifikationsstörung des wachsenden Skeletts, wobei Mikrotraumen mit der Folge einer Durchblutungsstörung eine führende Rolle zugeschrieben wird, Makrotraumen sind als eigene Entität zu sehen [17, 3, 24, 71, 21, 54, 44, 103, 40, 8, 67].

Die Klassifikation von Clanton [17] zeigt in den 5 Stadien (I–V) den klassischen Verlauf der OD, weitere Klassifikationen bestätigen dies. Die Gabe von intravenösem Kontrastmittel wird zur Beurteilung der Vitalität des separierten Fragments eingesetzt, aber auch zur Bewertung der Grenzzone und zur Differenzierung, ob in der Grenzzone Flüssigkeit vorhanden ist [8].

Die MR-Arthrographie (intraartikuläre KM-Gabe) kann hochauflösend Kontrastmittel im Frakturspalt nachweisen und so eine Rissbildung im Knorpel mit beginnender Separation beweisen [67].

Die MRT-Einteilung von Knorpel-Knochen-Schäden geht auf Mink [66] zurück. Es wird zwischen folgenden Schadentypen unterschieden:

· Typ A: subchondraler Schaden mit intakter Knorpeloberfläche

· Typ B: chondraler und osteochondraler Schaden mit Knorpelriss

Bohndorf [7] modifizierte diese Einteilung und ging dabei auf den Knorpel (isolierter Knorpelschaden), den subchondralen Knochen (isolierter subchondraler Schaden) und den Knorpel-Knochen-Komplex (Knorpel-Knochen-Fraktur) ein. Die vollständige Einteilung der traumatischen Schäden der Gelenkfläche nach Bohndorf [9] ist gegliedert in:

  • 1. subchondrale Fraktur

a. traumatisches Knochenödem ohne Frakturlinie

b. subchondrale Fraktur mit Frakturlinie

  • 2. chondrale Fraktur

a. chondrale Fraktur mit Erweichung des Knorpels

b. chondrale Fraktur mit Knorpelfragment

  • 3. osteochondrale Fraktur

a. osteochondrale Fraktur (Kompressionsfraktur)

b. osteochondrale Fraktur (osteochondrales Fragment)

  • 4. Gelenkfraktur

Die bisher verborgen gebliebenen Defekte, Verletzungen und Schäden am Knochen, wie Ödeme, Blutungen oder Flüssigkeitsverschiebungen, werden durch die MRT-Ergebnisse als Bone bruise, Mikrofrakturen oder trabekuläre Frakturen, das heißt als Knochenödem, sichtbar und sind Bestandteile der MRT-Schadenseinteilung mit dem Nachweis sogenannter intra- und subchondraler Schäden.

Bei einer hochauflösenden MRT-Untersuchung von osteochondralen Läsionen des Talus (Taluskantenläsionen) erarbeitete Griffith [33] eine neue Klassifikation unabhängig von der Entstehung bzw. Ätiologie dieser Läsionen.

Arthroskopie

Mehrere Autoren haben Arthroskopie-Klassifikationssysteme entwickelt, um den Knorpel oder ein osteochondrales Fragment bzw. Dissekat zu evaluieren und die Stabilität zu prüfen [34, 81, 47, 26, 14, 63, 43]. Beurteilbar ist aber nur die Knorpeloberfläche.

Diskussion

Ausgehend von rezenten (frischen) Verletzungen unterscheidet man die direkt und indirekt einwirkende Kraft auf ein Gelenk, die vom Mikrotrauma bis hin zur Impressionsfraktur reicht.

Die Gesamtkraft kann durch eine senkrecht auf die Oberfläche einwirkende Kraft (axiale Kraft) und eine quer bzw. tangential zur Oberfläche wirkende Kraft (Scherkraft) zerlegt werden (Vektorparallelogramm). Diese Kraft ist im eigentlichen Sinne ein Kraftstoß und ist abhängig davon, wie schnell die Kraft ansteigt und welche Maximalkraft erreicht wird. Der Kraftstoß wirkt auf eine Fläche, woraus sich der Druck errechnet, der die entscheidende physikalische Einheit ist.

Eine axiale Krafteinwirkung (Kraftstoß) führt zur Kompression von Knochen und Knorpel mit viskoelastischer Verformung und zur plastischen Verformung bei zunehmender Kraft. Der Knorpel ist elastischer als der subchondrale Knochen [11, 98, 12], deshalb bricht als erstes der subchondrale Knochen (Mikrofraktur). Mit zunehmender Kraft folgen trabekuläre Makrofrakturen und bei weiter zunehmender Kraft kommt es zu oberflächlichen Knorpelrissen bis hin zur Knorpel-Knochen-Fraktur, der sogenannten Impressionsfraktur [11]. Scherverletzungen haben primär Knorpelrisse oder die Abscherung eines chondralen oder osteochondralen Flakes [104] zur Folge.

Die Einteilung des Verletzungsmechanismus [5] am Sprunggelenk ist Folgende: Außenrotation, Abduktion, Adduktion und Kompression in der Beinachse. In Abhängigkeit von der Stellung des Talus in der Sprunggelenkgabel ist der Talus in Extension rotationsstabil fixiert bei nicht größenkonstanter Talusrolle [49], in der Plantarflexion teilweise rotationsfähig, sodass daraus eine Supinations- und Pronationsverletzung entsteht. Die Klassifikation nach dem Unfallmechanismus erfolgt nach Lauge-Hansen [59], die Klassifikation der Sprunggelenkfrakturen mit der Syndesmose als stabilisierendes Element nach Weber [113].

Traumatisches Knochenödem und Bandverletzungen

Bandverletzungen sind eine der häufigsten Verletzungen im Sport unabhängig vom Alter und vom sportlichen Niveau [106, 107, 108] und sind in hohem Maße mit einem Bone bruise (Knochenmarködem) vergesellschaftet [53, 36]. Dies gilt sowohl für die Bänder am Kniegelenk als auch für diejenigen am Sprunggelenk [62].

Die Häufigkeit von Bandverletzungen mit Bone bruise variieren bei den Autoren unterschiedlicher Studien zwischen 7 % und 40 % (7 % [60], 7 % [116], 7 % [57], 17 % [79], 20 % [121], 27 % [2], 28 % [13], 40 % [72] sowie 39 % in den ersten 3 Wochen, 44 % 4–12 Wochen und 25 % nach 12 Wochen [55]). Knorpelverletzungen sind in einem hohen Prozentsatz (66–90 %) mit Außenbandverletzungen kombiniert, aber nicht alle Knorpelverletzungen sind mit einem Bone bruise assoziiert [101, 106, 107]. Ein Bone bruise ist eine subchondrale Knochenkontusion, also ein subchondrales Knochenmarködem bei Krafteinwirkung auf den subchondralen Knochen [20, 66, 7, 8, 9]. Der Beginn eines Bone bruise ist entweder durch ein einmaliges Makrotrauma oder durch repetitive Mikrotraumen am Sprunggelenk verursacht, zusätzlich kann es zu einer Weichteilschwellung und einem Ödem am Periost kommen [13, 121]. Die Prognose eines Bone bruise am Sprunggelenk ist generell gut und es normalisiert sich 6–12 Monate nach dem Trauma, nach Sijbrandij [97] in bis zu 4 Monaten und nach Labovitz [55] in 9 Wochen bis zu 1 Jahr. Subchondraler Knochen ist reich an Nervenfasern. Diese Tatsache führt bei Verletzungen zu Schmerzen im Knochen und die Heilung kann bis zu 1 Jahr dauern [121, 2, 73]. Osteochondrale Defekte am Sprunggelenk können folgenlos ausheilen oder teilweise in eine subchondrale Zyste übergehen. Die Entwicklung eines symptomatischen Defekts hat viele Ursachen, die entscheidende Rolle hierbei spielt die insuffiziente Heilung der subchondralen Grenzlamelle [109].

Die Ätiologie unterscheidet eine rezente Verletzung (mediales oder laterales Aufklappen, Kompression und Rotation), die veraltete Verletzung bzw. Schäden am Sprunggelenk bis hin zur OD [39]. Schäden an den Taluskanten entstehen durch 2 Mechanismen: laterales und mediales Aufklappen [99]. Voraussetzung für die Verletzung der Taluskanten ist immer eine intakte Syndesmose, wodurch ein Abschermechanismus der Taluskanten resultieren kann [4, 122].

Außenbandverletzungen mit dem Mechanismus der Supination/Inversion [6, 88, 122] sind häufiger als die der Pronation/Eversion. Supinations-/Inversionstraumen sind durch Außenbandverletzungen mit zunehmender Kraft und typischen Verletzungsmechanismen [6] belegt. Ein osteochondraler Flake an der lateralen Talusschulter kann nur entstehen, wenn eine Zwei-Band-Verletzung – vorderes und mittleres Außenband (Lfta, Lfc) – vorliegt und es zum Abschermechanismus der anterioren Taluskante kommt [22, 45]. Der osteochondrale Flake kann dabei lateral einreißen, sich ganz separieren oder dislozieren oder invertiert in seinem Bett liegen. Die Geometrie des Flakes richtet sich nach der Anatomie und Physik beim Abschermechanismus und der Stellung des Talus in der Sprunggelenkgabel. Zusätzlich kann sich bei weiterem Aufklappen im OSG ein Anschlagödem an der medialen Talusschulter gegenüber dem Tibiaplateau ergeben (Kissing Läsion) und ein Anschlagödem der medialen Talusfacette gegen den Innenknöchel mit begleitender Quetschung bzw. Verletzung der tiefen Schichten des Innenbands. Je nach Schwere der Kraft müssen nicht zwangsläufig alle Anschlagödeme nachweisbar sein; es gibt unterschiedliche Unfallbilder, die aber dem gleichen Mechanismus gefolgt sind unter Voraussetzung der Zwei-Band-Verletzung (Lfta und Lfc) [93]. Bei Scherbelastungen an der lateralen Taluskante entsteht ein schmaler osteochondralen Flake in Abhängigkeit vom Aufklappwinkel.

Die Pronationsverletzung des Talus [77] ist durch ein mediales Aufklappen des Talus gekennzeichnet. Der Innenknöchel reicht weniger weit nach kaudal (ist kürzer) und es ergibt sich hierbei nicht zwangsläufig eine osteochondrale Verletzung an der medialen Talusschulter, wenn der Talus aus der Gabel gedreht wird. Bei zunehmender Drehung kann es zum Anschlagödem der lateralen Talusschulter gegen das Tibiaplateau und des lateralen Talus gegen den Außenknöchel kommen. Voraussetzung hierfür ist eine Verletzung des Innenbandkomplexes [6, 122, 29].

Die Verletzungen der posterioren medialen Taluskante [6] durch plantare Flexion, Inversion und Rotation führen über das Stadium der Kompression und Scherbelastung hin zur Dislokation eines osteochondralen Flakes. Die Begleitverletzungen, Kontusionsareale, Frakturen, Bandverletzungen und Weichteilschwellungen geben Rückschluss auf den Unfallmechanismus.

Ein Ödem in den Weichteilen existiert bei einer frischen Verletzung. Bänder können nach einem Trauma verdickt, schmächtig oder nicht mehr nachweisbar sein [10]. Absklerosierte Knochenfragmente sind von einer frischen osteochondralen Fraktur oder einem osteochondralen Flake abzugrenzen.

Verdickter oder reduzierter Knorpel und der begleitende Kollaps des subchondralen Knochens entstehen als Folgen einer alten Verletzung.

Die subchondralen Pseudozysten haben als Ursache immer eine defekte Grenzlamelle mit konsekutiver Umverteilung der Knorpelflüssigkeit nach subchondral [109]. Die subchondralen Geröllzysten mit teils freiliegendem Knorpel sind Zeichen der Arthrose.

Die OD als Ossifikationsstörung beim wachsenden Skelett tritt nur bei Kindern auf [87]. Es gibt aber auch klinisch stumme Formen der OD, die im Erwachsenenalter symptomatisch werden. Aufgrund der Ätiologie der Erkrankung ist das OD-Areal zur Knorpeloberfläche konvex [117, 118, 199, 120] und nicht wie ein Abscherfragment konfiguriert. Da es sich bei der OD auch um eine subchondrale Pathologie handelt, ist der darüber liegende Knorpel intakt und bricht erst im Stadium der beginnenden Separation auf. Sowohl die OD als auch der alte osteochondrale Flake können sklerosieren und nekrotische Areale aufweisen. Der dislozierte osteochondrale Flake und das Dissekat der OD sind in Abhängigkeit des Alters nicht mehr zu unterscheiden. Es resultiert ein Algorithmus (Abb. 6):

Der Typ 1, die rezente/frische Verletzung der lateralen Taluskante – laterales Aufklappen – präsentiert sich durch ein Ödem an der lateralen Taluskante. In Abhängigkeit der einwirkenden Kraft und Stellung des OSG beim Unfallmechanismus zeigt sich zusätzlich zum Ödem eine Verletzung des Knorpels und Knochens bis hin zum osteochondralen Flake mit begleitender Zwei-Band-Ruptur (Lfta und Lfc). Das osteochondrale Fragment disloziert hierbei in Abhängigkeit vom Aufklappwinkel oder es invertiert in seinem Bett. Bei weiter aufgeklapptem OSG ist zusätzlich eine Kissing Läsion (medialer Talus und Tibiaunterkante) und eine Quetschung der tiefen Schichten des Innenbands mit korrespondierendem Anschlagödem am Innenknöchel und der medialen Talusfacette möglich. Je nach Ausprägung kann die mediale Taluskante auch eine Fraktur bzw. Impressionsfraktur aufweisen, wie auch lateral ein osteochondraler Flake bzw. eine Fraktur entstehen kann.

Der Typ 2 beschreibt eine rezente/frische Verletzung der medialen Taluskante, die durch mediales Aufklappen entsteht. Beim medialen Aufklappen zeigt sich immer eine Innenbandverletzung, die in Abhängigkeit der Krafteinwirkung erst die tiefen, dann die oberflächlichen Schichten des Innenbands betrifft und zu einem lateralen Knochenödem oder einem Knochenödem mit begleitendem Knorpelriss führt. Die mediale Taluskante kann beim medialen Aufklappen unverletzt sein, eine reine chondrale oder eine osteochondrale Verletzung aufweisen. In Abhängigkeit von der Stellung des Talus im Sprunggelenk ist eine Verletzung der medialen und der lateralen Taluskante denkbar. Alternativ gibt es ein Ödem mit Knorpel- und Knochenbeteiligung bis hin zur Fraktur an der medialen Taluskante bei einer Kompressions-Scher-Verletzung.

Der Typ 3 als veraltete Verletzung lateral und der Typ 4 als veraltete Verletzung medial sind auch Folgen von Mikrotraumen bzw. Overuse und der Knorpel ist ausgedünnt mit teils freiliegender Grenzlamelle entsprechend den Stadien 2 und 3 nach Fründ [30].

Die Verletzungsfolgen, korrelierend mit den frischen Verletzungen Typ 1 und 2, zeigen teilweise einen ausgedünnten Knorpel mit Knorpeldefekten, teilweise einen verdickten, hypertrophen oder einen ausgedünnten Knorpel mit intaktem oder teils kollabiertem subchondralen Knochen. Die Lokalisation der Defekte (medial und lateral) entspricht den frischen Verletzungen wie oben beschrieben.

Der Typ 5, die isolierte subchondrale Pseudozyste, ist an der lateralen Talusschulter anzutreffen und immer Folge eines Defekts in der subchondralen Grenzlamelle. Die Größe ist variabel, auch in Verbindung mit einem Kollaps des darüber liegenden Knochens und Knorpels. Gruppierte kleine subchondrale Pseudozysten mit freiliegender Grenzlamelle sind Zeichen der Arthrose.

Der Typ 6, die Osteochondrosis dissecans, entsteht medial und verläuft entsprechend den klassischen Stadien von der Knorpelnekrose über die Demarkation bis hin zum freien Dissekat mit abschließender Gelenkmaus und resultierendem Mausbett. Die Demarkationslinie ist zur Oberfläche des Knorpels konvex.

Ergebnis

Traumatische, rezente und veraltete Defekte an den Taluskanten, sogenannte Scherverletzungen, entstehen vorwiegend lateral, seltener medial; Voraussetzung ist eine intakte Syndesmose. In Dorsalextension ist der Talus in der Sprunggelenkgabel fixiert. Die anteriore Talusrolle ist breiter als die posteriore. In Plantarflexion hat der Talus Spiel in der Sprunggelenkgabel und es ergeben sich hieraus unterschiedliche geometrische Formen des Scherfragments (chondral/osteochondral).

Laterale Läsionen imponieren meist als osteochondrale, seltener als chondrale Verletzungen mit begleitender Zwei-Band-Ruptur (Lfta, Lfc); mediale als chondrale, seltener als osteochondrale Verletzungen mit Beteiligung der tiefen, dann der oberflächlichen Schichten des Innenbands. Je nach Aufklappwinkel kommt es zu Kissing Läsionen am Tibiaplateau und an der gegenüberliegenden Taluskante bei Scherverletzung und Kompression bis hin zur Impressionsfraktur.

Zu den Verletzungsfolgen zählt auch die lateral liegende isolierte Pseudozyste, die von der verletzten subchondralen Grenzlamelle ausgeht. Der darüber liegende Knorpel ist intakt oder eingerissen. Je nach Größe und Geometrie können der darüber liegende Knorpel und Knochen kollabieren. Multiple, gruppierte kleine subchondrale Pseudozysten mit angrenzenden Knorpeldefekten sind Zeichen der Arthrose, der angrenzende Knorpel ist ausgedünnt, teils destruiert.

Die OD liegt medial und zeigt den typischen Verlauf über das Stadium der OD latens, der OD manifesta über das gebundene, freie Dissekat bis hin zur Gelenkmaus und resultierendem Mausbett.

Die Geometrie der OD zur Oberfläche des Knorpels ist konvex, bogig im Gegensatz zur geraden Bruchlinie des Scherfragments. Die OD ist eine Ossifikationsstörung des wachsenden Skeletts, tritt aber klinisch nicht immer in Erscheinung und kann beim erwachsenen Skelett klinisch reaktiviert werden und ist schwer von einer veralteten Verletzung zu unterscheiden. Die Entstehung der Pseudozysten ist unabhängig von der Ätiologie der Unterbrechung der Grenzlamelle, das heißt, Pseudozysten gibt es nach Verletzungen, aber auch bei Überlastungsschäden, z.B. rezidivierenden Mikrotraumen. Ganglien zeigen ihren Ursprung im Bindegewebe und sind daher an den Taluskanten medial oder lateral nicht existent.

 

Interessenkonflikt: Keine angegeben

 

 

 

Die vollständige Literatur finden Sie unter:
www.online-oup.de

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Harald Hempfling

Büro: Gabriele-Münter-Platz 2

82418 Murnau

hempfling@online.de

Fussnoten

1 Klinikum Augsburg, Abteilung Radiologie

2 Büro Murnau

 

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