Übersichtsarbeiten - OUP 09/2014

Übersicht über die Operationsverfahren bei rheumatisch bedingten Pathologien des Fußes

B. Mai1

Zusammenfassung: Es gibt eine Vielzahl von operativen Verfahren, die sich bei rheumatisch veränderten Füßen bewährt haben. Es gilt, für jeden Patienten individuell die richtigen Maßnahmen zu bestimmen ohne Anspruch auf definitive Heilung des Grundleidens. Das Therapie-Team, idealerweise in einem Rheumazentrum, sollte über spezialisierte Erfahrung verfügen.

Schlüsselwörter: Rheuma, Fußpathologien, operative Techniken

Zitierweise
Mai B. Übersicht über die Operationsverfahren bei rheumatisch bedingten Pathologien des Fußes.
OUP 2014; 9: 407–413 DOI 10.3238/oup.2014.0407–413

Abstract: A great variety of operative procedures are proved in rheumatic deformities of the feet. It has to be an individual decision, which method may give the best results. Treatment in highly specialized centres is recommended.

Keywords: rheumatology, foot pathologies, operative techniques

Citation
Mai B. Overview of operative procedures in rheumatic pathologies of the foot.
OUP 2014; 9: 407–413 DOI 10.3238/oup.2014.0407–413

Einleitung

Die Füße sind aufgrund ihrer statischen Belastung und komplizierten Anatomie schon bei geringeren Veränderungen ein limitierender Faktor für ein schmerzfreies Gehen. So können sich geringfügige morphologische Befunde an belasteten Regionen für den Betroffenen viel immobilisierender auswirken als z.B. eine ausgeprägt Hüft- oder Kniearthrose.

Bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises sind die Füße, besonders die Vorfußregion, fast ebenso häufig betroffen wie die Hände. Prädilektionsstellen sind zunächst die Metatarsalgelenke (MTP), später auch die proximalen Interphalangealgelenke (PIP). Insbesondere das Talonaviculargelenk (TNG), welches als Schlüsselgelenk für die Statik des rheumatischen Fußes angesehen wird, kann seine Stabilität verlieren. Im Laufe der Zeit kann es dann zu erheblichen Achsenfehlstellungen des Rückfußes kommen, typischerweise im Sinne einer Lateralisation des Calcaneus, also eine valgische Rückfußausrichtung mit Tiefertreten des Taluskopfs. Die Zehen entwickeln sich im Laufe der Zeit im Sinne einer Lateraldeviation, manchmal mit erheblicher Torsion in der Längsachse.

Pathologisches Agens sind in erster Linie die Synovialitiden, welche sich an den Sehnenscheiden und den Gelenkinnenhäuten abspielen. Persistierend chronische Entzündungen mit hoher Aktivität führen dann zu Veränderungen oder Verlust der Sehnenfunktion mit Rupturen, aber auch an den Gelenken zu subchondralen Usuren, Knorpeldestruktion, Insuffizienzen der ligamentären Verbindungen bis hin zu grotesken Veränderungen der Gelenkanatomie.

Wie an anderen Körperregionen auch, unterscheidet man bei rheumatischen Gelenken einen „Lose Type“ und einen „Stiff Type“. Beide Verlaufsformen können auch nebeneinander auftreten. Besonders im letzten Jahrzehnt haben immer früher eingesetzte, effektive pharmakologische Maßnahmen die Morbidität und das klinische Bild so verändert, dass die rasch destruktiven Verlaufsformen früherer Jahre nicht mehr häufig beobachtet werden. Hier ist der rasche Therapiebeginn kurz nach Stellung der Diagnose eines rheumatischen Leidens mit niedrigdosiertem Cortison (5–10 mg Prednisolon/Tag), Methotrexat (MTX 10–20 mg pro Woche) und insbesondere der Einsatz von Biologika zu erwähnen. Es verbleibt aber immer noch ein erhebliches Kollektiv von Rheumapatienten mit Fußdeformitäten, entweder als Spätfolgen bei langjährigem Verlauf, bei den medikamentösen Non-Respondern oder auch bei Patienten, die aus anderen Ländern mit schlechterem Versorgungsstatus zu uns gekommen sind.

Allerdings gilt es unbedingt darauf hinzuweisen, dass auch in Deutschland die flächendeckende Versorgung mit internistischen Rheumatologen nicht gegeben ist und auch bei erhöhtem persönlichen Einsatz von Orthopäden oder orthopädischen Rheumatologen in nächster Zeit noch immer eine Versorgungslücke verbleiben wird.

Typische pathologische
Veränderungen des
rheumatischen Fußes

Hier wird als wichtigster Vertreter die Rheumatoide Arthritis herangezogen, früher auch PCP genannt. Das Bild einer Psoriasis-Arthritis, Kollagenose als auch Kristall-Arthropathie kann im Detail davon abweichen. Als Diagnostikum wird neben der Klinik und Anamnese, dem Röntgen und Ultraschall zunehmend auch das MRT eingesetzt, um früh entzündliche Prozesse zu detektieren und zu lokalisieren.

Die häufigste Deformität ist der Pes plano valgus mit dem Tiefertreten des Os naviculare und der inneren Metatarsaleköpfchen, die im Zusammenhang mit der ausgedünnten Haut und plantaren Bursitiden erhebliche Schmerzen bereiten können. Typischerweise findet sich eine Bursitis medial am Metatarsale-I-Köpfchen, aber auch oft lateral am Metatarsale V. Bursitiden können als Reaktion auf lokale Druckbelastung im Sinne eines Schuhkonfliktes ausgelöst werden, treten aber auch spontan z.B. neben der Achillessehne oder am Calcaneus auf. Rheumaknoten werden im Gegensatz zu den Händen und Ellenbogen eher selten beobachtet, können aber auch, z.B. neben der Achillessehne, zu lokalen Druckschmerzen führen. Nicht selten stellt der Pathologe eine mit Rheumaknoten durchmischte Bursitis nach Schleimbeutel-Exstirpation fest (Abb. 1).

Durch das Nachlassen der ligamentärer Strukturen kommt es zu einem erheblichen Spreizfuß mit einem intermetatarsalen Winkel von 15°–20° und Hallux valgus von 20°–70°, das Endstadium ist der „pied rond rhumatismale“. Dabei können sich die Zehen komplett übereinanderlegen (Abb. 2).

Die valgische Deformität des Rückfußes wird insbesondere durch die Ruptur der Tibialis-posterior-Sehne beschleunigt bis hin zum Kollaps der Fußwurzel, die nach medial tritt in Verbindung mit einem seitlichen Abscheren des Calcaneus. In ausgeprägten Fällen erreicht so der Malleolus medialis die plantare Ebene. Durch die Vorfuß Pronation/Abduktion werden die Kleinzehen von hinten sichtbar (more-toes sign) (Abb. 3). Infolge der Fehlstellung kommt es zu ausgeprägten Schwielenbildungen, die selbst wieder Schmerzursache sein können. Durchaus stellt auch der orthopädische Schuhmacher die Indikation zu operativen Maßnahmen, wenn es ihm nicht mehr gelingt, durch schuhtechnische Maßnahmen oder orthopädische Stiefel die Statik des Fußes zu halten. Folgen sind druckbedingte Ulcerationen, die operativ achsenkorrigierende Maßnahmen erzwingen (Abb. 4).

Rheumatypische Operationen

Wie in anderen Körperregionen auch, unterscheidet man prophylaktische von rekonstruktiven Eingriffen, Eingriffe erster und zweiter Ordnung sowie eine dringliche und aufschiebbare Indikation.

Dringliche Eingriffe sind der plötzliche Verlust der Statik mit unerträglichen Schmerzen oder drohende Infektion durch Exulzeration der Haut.

Eingriffe erster Ordnung sind Eingriffe, die mit einem relativ geringen Risiko und überschaubarem Aufwand den Patienten aller Voraussicht nach einen großen Nutzen bringen werden. Dabei hat sich insbesondere bei der Erstkontaktaufnahme eines Operateurs mit dem Rheumapatienten der Leitspruch von Willi Souter bewährt: „Start with a winner“, d.h. der Eingriff sollte für den Patienten wenig belastend sein und sofort als gewinnbringend empfunden werden. Dabei ist sorgfältig zu beachten, dass nicht nur aufgrund des inflammatorischen Grundleidens, sondern auch durch immunsuppressive Medikamente die Gefahr postoperativer Wundheilungsstörungen erhöht ist. Grundsätzlich ist sowieso die Infektionsrate bei Eingriffen an den Füßen höher als an den Händen. Aus diesem Grund muss unbedingt ein Rauchverbot perioperativ eingefordert werden.

Die Füße können auch postoperativ nie so ruhig gestellt werden wie die oberen Extremitäten. Im Behandlungsplan müssen immer Prioritäten gesetzt werden, die den Patienten als Ganzes mit einbeziehen. Auf die verschiedenen Pathologien des Fußes heruntergebrochen, gilt es, den Verlauf der nächsten Jahre mitzubedenken und, wenn mehrere Eingriffe erforderlich sind, diese sinnvoll zu terminieren. Grundsätzlich ist es für den Patientenkomfort hilfreich, wenn viele einzelne Eingriffe in einer Sitzung durchgeführt werden können. Allerdings erhöht sich damit das Risiko von Schwellung, venöser Stase und Wundheilungsstörungen, sodass es manchmal sicherer ist, z.B. Eingriffe am Vorfuß, erst nach einem zeitlichen Abstand zu Rückfußeingriffen durchzuführen. Es ist auch möglich, dass Beschwerden am Vorfuß durch achsenkorrigierende Eingriffe des Rückfußes bedeutend gebessert werden.

Die OP-Planung bezüglich der Indikation kann man folgenderweise untergliedern:

  • 1. Dringlich
  • 2. Präventiv
  • 3. Rekonstruktiv

a) Weichteile

b) RAP (Resektionsarthroplastik)

c) RIAP (Resektionsinterpositionsar throplastik)

d) Achsenkorrektur

e) Prothese

f) Arthrodese

  • 4. Palliativ

Präventive Eingriffe

Hier ist als Wichtigstes natürlich die Synovialektomie zu erwähnen, besonders das Befreien der Tibialis-posterior-Sehne, aber auch der Flexor-hallucis-longus-Sehne und der Peronealsehnen von hochfloridem synovialitischen Gewebe, weil hier die Gefahr von Sehnenrupturen droht. Insbesondere das Versagen der Zugkraft des Tibialis posterior leitet den medialen Kollaps des rheumatischen Fußes ein. Bei entsprechender Symptomatik kann auch eine Neurolyse des Nervus tibialis erfolgen, da er nicht selten durch den valgischen Rückfuß unter Spannung kommt.

Bei den Gelenksynovialektomien bietet sich in erster Linie das obere Sprunggelenk an, welches heutzutage arthroskopisch in allen Abschnitten gut erreicht werden kann. Eingeschränkt lässt sich auch arthroskopisch das subtalare Gelenk behandeln.

Im Gegensatz zu den Fingergrundgelenken ist die isolierte Synovialektomie der MTP-Gelenke wenig verbreitet, sollte aber im Rahmen einer Hallux-valgus-Chirurgie am Großzehengrundgelenk und bei der Weil-Osteotomie an den MTP-Gelenken II bis V unbedingt mit durchgeführt werden, um einer Progression der Gelenkdestruktion vorzubeugen. Chronische Synovialitiden können an den Sehnen am oberen Sprunggelenk zu erheblichen Verschwartungen führen, die auch eine Spätsynovialektomie rechtfertigen. Die histologischen Untersuchungen des synovialen Gewebes kann die Floridität der rheumatischen Aktivität einschätzen und so die Effizienz der Basistherapie beurteilen (Stadieneinteilung nach V. Krenn).

Palliative Indikationen

Hierunter versteht man kleine Eingriffe, die Schmerzen und Beschwerden rasch verbessern ohne Anspruch auf anatomische Rekonstruktionen. Beispielhaft die Amputation von dislozierten Zehen, Glättung prominenter Knochenkanten, subcutane Tenotomien, Helal-Osteotomien und die mediale MT-I-Köpfchenreduktion nach Scheede. Idealerweise soll der Patient nach dem Eingriff sofort wieder voll belasten dürfen.

Rekonstruktive Versorgung des oberen Sprunggelenks

Hier stellt sich oft differentialtherapeutisch die Frage einer Arthrodese oder einer endoprothetischen Versorgung. Die modernen zementfreien Dreikomponenten-OSG-Prothesen haben sich insbesondere bei Rheumapatienten recht gut bewährt, erlauben sie doch noch eine wertvolle Restbeweglichkeit in Zusammenhang mit anderen eingesteiften Gelenken. Gute Indikationen sind annähernd anatomische Verhältnisse im Bereich der Sprunggelenkgabel ohne zu große Achsenfehler, eine präoperativ erhaltende Beweglichkeit des Gelenks und belastbare Knochenverhältnisse des Talus. Zum Ausschluss einer Talusnekrose ist die präoperative Durchführung eines MRT sinnvoll. Die OSG-Prothese kann auch rascher belastet werden als eine Arthrodese. Problematisch ist immer die Wundheilung des ventralen Zugangs. Nur aus diesem Grund empfiehlt sich konsequente Ruhigstellung des OSG in Neutralstellung bzw. leichter Dorsalextension mit einem Gips oder einer Orthese über 2–4 Wochen.

Für die Arthrodese spricht die langjährige Erfahrung, die man mit diesem Verfahren hat. Viele Patienten haben mit einer Mittelfußrolle ein absolut akzeptables und durchaus auch unauffälliges Gangbild. Wenn die Arthrodese durchbaut ist, hat man eine definitive Lösung, die über Jahrzehnte anhält, allerdings mit dem Risiko der Entwicklung von Anschlussarthrosen. Die reine Arthrodese des OSGs wird vorteilshaft arthroskopisch mit einer Schraubenosteosynthese durchgeführt, vorausgesetzt man muss keine größeren Achsenfehler korrigieren. Diese erfordern eine Arthrotomie mit entsprechend großer Exploration der artikulierenden Knochenpartner.

Das Subtalargelenk

Ein zunehmend valgisch lateralisierter Calcaneus gefährdet die ganze Fußstatik, sodass hier auch frühzeitig eingegriffen werden sollte. Im frühen Stadium bis etwa 15° Achsenfehlstellung könnte eine Calcaneus-Verschiebeosteotomie erwogen werden. Als Osteosynthesenmaterial kommen kanülierte Schrauben oder auch eine von lateral eingebrachte Stufenplatte in Frage.

Wenn die Schmerzen von einer subtalaren Arthrose herrühren, ist die reponierende subtalare Arthrodese mit kanülierten Schrauben das Verfahren der Wahl. Besteht gleichzeitig eine postarthritische Arthrose beider Gelenke mit Achsenfehler, ist die reponierende Arthrodese des oberen und unteren Sprunggelenks mit einem intramedullären Marknagel als Kraftträger das Verfahren der Wahl (Abb. 5). Bei starken Achsenfehlern empfiehlt sich der laterale Zugang mit Entfernung des Malleolus lateralis, der auch als Knochendonator für verbleibende Defekte genutzt werden kann. Bei gravierenden Fehlstellungen muss manchmal auch durch einen zweiten Zugang der Malleolus medialis osteotomiert oder entfernt werden. Seine Spongiosaqualität ist besser als die der distalen Fibula und kann sehr gut als Donator für laterale Defekte bei varisierenden Korrekturen herhalten. Bei größeren Substanzverlusten insbesondere des Talus oder nach OSG-Prothesenausbau können die mit einem Verriegelungsnagel aufgefädelten Trabecular Metal Spacer aus Tantalum die Beinlänge erhalten (Abb. 6).

Die Gelenke der
Chopart-Gelenklinie

Hier ist, wie schon oben erwähnt, in erster Linie medial das TNG für die Erhaltung des Fußlängsgewölbes von Bedeutung (Schlüsselgelenk des Rheumafußes). Bei einer Arthrose insbesondere mit einer Fehlstellung kommt die reponierende Arthrodese nach vorheriger Anfrischung der Knochenflächen in Betracht. Als Implantate kommen kanülierte Schrauben, evtl. in Kombination mit Blount‘schen Klammern infrage. Manchmal ist das Os naviculare so schmal geworden, dass der Eingriff technisch schwierig ist.

Die Arthrodese des Calcaneo-Cuboid-Gelenks ist selten erforderlich, evtl. im Fall einer komplexen rotierenden Neuausrichtung des Fußes im Bereich der Fußwurzel. Nach Möglichkeit sollte versucht werden, die Arthrodesen ohne autologe Spongiosaplastik durchzuführen, da der Knochen des Beckenkamms im Laufe der Jahre für stabilisierende Eingriffe an den oberen Kopfgelenken und der HWS wichtig werden könnte.

Bei allen Arthrodesen des Rückfußes ist eine postoperative Ruhigstellung mit einem US-Gips oder einer Orthese über
3 Monate empfehlenswert, davon die ersten 6 Wochen mit Teilbelastung 10–20 kg. Nicht selten ist weiterhin ein orthopädischer Stiefel nach Maß sinnvoll.

Die Gelenke der
Lisfranc‘schen Linie

Bei ausgeprägtem Spreizfuß mit einem intermetatarsalen Winkel von etwa 20° kommt hier in erster Linie die reponierende Arthrodese des ersten Strahles nach Lapidus in Frage. Zunehmend populär und auch schon gut bewährt hat sich der Einsatz von plantaren winkelstabilen Platten, die eine frühe Belastungsfähigkeit des Fußes ermöglichen sollen. Bei den TMT-Gelenken 2, 3 und 4 mit postentzündlichen Arthrosen ist zu beachten, dass nach Anfrischen der Arthrodesenknochenpartner Knochenlücken verbleiben, weil sich diese Metatarsalia nicht so gut proximalisieren lassen wie es beim MT I der Fall ist. Hier muss deshalb oft auf eine Spongiosaplastik zurückgegriffen werden, die in den Spalt unter der stabilisierenden winkelstabilen Platte eingebracht wird.

Eingriffe am Vorfuß

Auch bei Rheumapatienten kann sich ein Hallux valgus und ein Spreizfuß in seiner Morphologie ähnlich wie bei einem degenerativen Krankheitsbild entwickeln, sodass hier die üblichen Verfahren aufklappende Basisosteotomie, distale Chevron-Osteotomie, Weichteilmanagement nach Roger Mann, Scarf-Osteotomie und auch die Akin-Osteotomie Verwendung finden. Allerdings ist zu beachten, bedingt durch das Grundleiden und auch die Cortisontherapie, dass der Knochen selbst bei jüngeren Patienten schon recht osteoporotisch sein kann und Schrauben nicht gut halten, bzw. Osteotomien nicht so schnell konsolidieren.

Bei dem Vollbild eines erosiven rheumatischen Vorfußes mit Spreizfuß, Hallux valgus, multiplen plantaren Bursitiden, Clavi- sowie Klauenzehen II, III und IV (d.h. die dorsale Subluxation der Grundphalanx, welche auf dem MT-Köpfchen reitet), kommt nur die Resektionsarthroplastik infrage mit Entfernung der Metatarsalia-Köpfchen, welche oft rheumatische Destruktionen aufweisen und eine korrigierende Osteotomie nur mit hohem Risiko persistierender Beschwerden durchzuführen ist. Auf eine harmonische, lateral kürzer werdende Linie der MT-Stümpfe ist zu achten (Majestro-line, Abb. 7). Bei den resezierenden Verfahren der Metatarsale-Köpfchen II bis V gibt es den dorsalen Zugang nach Hoffmann, der es erlaubt, die nicht selten verkürzten langen Strecksehnen Z-förmig zu verlängern mit Tenotomie der kurzen Strecksehne. Außerdem ist es dadurch möglich, vielleicht doch das eine oder andere Köpfchen zu retten, im Sinne einer proximalisierenden Weil-Osteotomie, sollte sich der Knochen und Knorpel als erhaltenswürdig herausstellen. Auch von dorsal können, wenn auch schwieriger, plantare Bursitiden entfernt werden. Da die Wundheilung der dünnen Fußrückenhaut vulnerabel ist, erscheint es günstig zu sein, den Fuß mit einer Unterschenkelorthese in Dorsalextension
2 Wochen ruhig zu stellen (S. Rehart).

Das Stainsby-Verfahren zur Korrektur von Klauenzehen kann bei intakten MT-Köpfchen auch bei Rheumapatienten mit Erfolg angewendet werden (Chr. Seyfert, Vortrag Rheumakongress Oita/Japan 2013). Hierbei wird die Basis der Kleinzehe durch weichteilige Techniken nach plantar gezügelt.

Alternativ zum dorsalen Zugang gibt es den zunächst von A. Kates beschriebenen und von K. Tillmann modifizierten Zugang von plantar mit Exzision der Schwielen und Durchführung der zehenflektierenden Dermodese. Von plantar her können die befallenen Köpfchen, die oft bis zur Haut durchgetreten sind, relativ einfach entfernt und die Bursitiden, welche manchmal eine Größe von 2 x 2 x 1 cm haben, gut exstirpiert werden. Die Gelenkkapsel, wenn sie noch vorhanden sein sollte, wird dabei nur längs eröffnet und später raffend vernäht. Die seitlich weggerutschten Beugesehnen müssen sorgfältig geschont werden. Im Gegensatz zu dem dorsalen Zugang hat man jetzt einen Hautüberschuss, der die Naht begünstigt, zumal die Plantarhaut wesentlich fester und dadurch leichter zu nähen ist.

Als resezierende Maßnahme am Großzehengrundgelenk ist die Basis-Exstirpation der Grundphalanx nach Keller-Brandes beim Rheumafuß fast vollständig verlassen worden, da hier die kurze Beugesehne in ihrem Ansatz geopfert werden muss. Dadurch wird die Großzehe kraftlos und in ihrer Achse nicht mehr beeinflussbar. Günstiger ist in jedem Falle die Modellierung des MT-I-Köpfchens nach Hueter-Mayo mit einer distalen Resektion von etwa 6–10 mm. Der Entschluss dazu wird erleichtert durch die typische erosive Durchlöcherung des MT-I-Köpfchens. Automatisch erreicht man eine Glättung des Sesambeingleitlagers durch Abtragung von plantaren Osteophyten. Der immer nachzuweisende dorsomediale sensible Nerv kann dabei auch aus Verklebungen gelöst werden.

Die MT-I-Köpfchen-Reduktionsarthroplastik hat sich bei uns gut bewährt. Seit 2004 verwenden wir als kissenartiges Interponat einen biodegradierbaren Polylactidspacer (RegJoint, Fa. Scaffdex), der sich innerhalb von 2 Jahren in einen bindegewebigen Puffer umwandelt und verhindert, dass die Knochenflächen direkt artikulieren. Temporär wird der Spacer in dem ersten Strahl 4 Wochen durch einen Kirschnerdraht fixiert. Die mediale Gelenkkapsel wird sorgfältig erhalten und transossär gerafft refixiert (Abb. 8). Hartmaterialendoprothesen des Großzehengrundgelenks haben sich zumindest beim Rheumapatienten nicht bewährt, da sich diese sehr rasch in dem weichen Knochen lockern und dann zu sehr gravierenden Komplikationen führen können. F. Kerschbaumer und St. Rehart verfügen über langjährige Erfahrungen mit Silastic-Spacern (Swanson), die auch nach ihrer Explantation eine stabile, belastungsfähige Kapselfibrose hinterlassen.

Die Krallenzehen-Flexionskontraktur in den PIP-Gelenken kann durch die bewährte Resektionsarthroplastik nach Hohmann korrigiert werden, wobei peinlich genau darauf zu achten ist, dass die beiden Ansätze des längs gespaltenen medianen Sehnenzügels nicht kompromittiert werden, sonst erfährt der Zeh eine Deviation von der Längsachse. Propagiert wird auch die PIP „Peg-in-hole“-Arthrodese, um einem Krallenrezidiv vorzubeugen, alternativ auch die Verwendung eines modernen PIP-Arthrodesenimplantats. Die Arthrodese des PIP-Gelenks ist aber nur ratsam bei völlig freier Plantarflexion in dem MTP-Gelenk.

Bei der typischen Hammerzehe, d.h. der Flexionskontraktur im Endgelenk mit Clavus an der Zehenspitze, ist nach Anfrischung die Arthrodese zwischen der Mittel- und Endphalanx sinnvoll. Hier reicht manchmal die selbstbohrende Schraube, wie man sie von der Weil-Osteotomie kennt. Alternativ kann eine 2-mm-Minischraube im Kompressionsschraubenprinzip verwendet werden.

Auch sehr gut bewährt hat sich bei Achsenfehlern und Schmerzen die Arthrodese in dem Großzehenendgelenk unter Verwendung einer KFI-Spongiosaschraube. Allerdings ist dieses Verfahren nur eingeschränkt möglich bei einem rigiden Großzehengrundgelenk.

Die Arthrodese des MTP-I-Gelenks ist durchaus ein anerkanntes Verfahren zur Behandlung des Spreizfußes und der Großzehengrundgelenkarthrose. Durch die Arthrodese in einem vom Patienten mitzuentscheidenden Winkel kommt es oft zur Spontankorrektur des Spreizfußes als auch zur Verbesserung des Kleinzehen-Alignments. Bewährt hat sich die Einstellung mit Restvalgus von 10° und einer Dorsalextension von etwa 20° zur plantaren Ebene. Zwei gekreuzte Schrauben sind weichteilschonender als eine Platte. Eine resultierende Verkürzung des 1. Strahls ist günstig, besonders in Kombination mit MTP-II bis MTP-V-Resektionsathroplastiken (Abb. 9).

Erwähnt werden sollte noch die interphalangeale Korrektur des Hallux valgus im Grundglied nach Akin. Hier muss auf die häufig anzutreffende Osteoporose hingewiesen werden. Als Osteosynthesematerial kommt ein 2mal transossär geführter, langsam resorbierbarer Faden in Frage oder die Ministapler aus Titan. Recht großzügig kann bei Korrekturen im Bereich des ersten Strahls dieser mit einem Kirschnerdraht temporär für etwa 4 Wochen ruhiggestellt werden, um die Knochen- und Wundheilung zu begünstigen.

Fazit

Zusammengefasst können selbst geringe Pathologien des Fußes dem Rheumapatienten erhebliche Beschwerden bereiten und die Mobilität stark beeinträchtigen. Die operativen Verfahren müssen dem rheumatischen Grundleiden angepasst werden, insbesondere ist hier die oft erhöhte allgemeine Morbidität des Patienten zu beachten, aber auch die nicht selten gegebene Unmöglichkeit, eine untere Extremität mit Gehstützen zu entlasten, bedingt durch Pathologien an Schulter, Ellenbogen oder Händen. Der langjährig erkrankte Rheumapatient erwartet oft nur eine Linderung seiner Beschwerden, nicht eine umfassende postoperative Heilung. Auch der erfahrene Rheumachirurg entwickelt ein Bewusstsein für das in der älteren Rheumaliteratur beschriebene „limited goal“. Im Zentrum des operativen Wirkens steht immer das sorgfältige Erarbeiten einer erfolgversprechenden Indikation, wobei durchaus auch nicht selten der Entschluss gefasst wird, keine Operation durchzuführen oder zunächst einige Monate abzuwarten. Die Erwartungen und Erfahrung der Patienten müssen gewürdigt werden. Die Aufklärung muss empathisch erfolgen mit Hinweisen auf mögliche Komplikationen. Der Operateur sollte profunde Erfahrungen im Umgang mit Rheumapatienten besitzen. Am besten dürfte internistische und chirurgische Fachkompetenz in einem Rheumazentrum gegeben sein.

Interessenkonflikt: Der Autor erklärt, dass keine Interessenkonflikte im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors bestehen.

Korrespondenzadresse

Dr. Burkhard Mai

Orthopädische Rheumatologie

Vitos Orthopädische Klinik Kassel gGmbH

Wilhelmshöher Allee 345, 34131 Kassel

burkhard.mai@vitos-okk.de

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Fussnoten

1 Orthopädische Rheumatologie, Vitos Orthopädische Klinik Kassel

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