Übersichtsarbeiten - OUP 12/2015

Unterschiede bei der Höhenrekonstruktion nach Behandlung osteoporotischer Wirbelkörperkompressionsfrakturen
Eine KadaverstudieA cadaveric study

Die Höhen der Wirbelkörper wurden sowohl an den Vorderkanten und Hinterkanten als auch zentral nach der 6-Punkt-Methode gemessen (Abb. 1). Um projektionsbedingte Messungenauig keiten zu minimieren, wurden Computertomografien angefertigt. Die Frakturen wurden unter Zuhilfenahme einer Belastungsmaschine generiert (Universal Testing Machine, Instron 5566). Die Kraft wurde auf eine um einen Drehpunkt bewegliche Platte auf die Wirbelkörperdeckplatte zentriert. Um eine Keilkompressionsfraktur zu erzielen, wurde die Deckplatte in der mitt-sagittalen Ebene ausgemessen und die Länge des Wirbelkörpers bestimmt. Der Hauptkraftvektor wurde in der mittleren sagittalen Linie am Ende des vorderen Viertels (25 % der Wirbelkörperlänge) zentriert (Abb. 2).

Die axiale Last wurde kontinuierlich erhöht (1 mm/min Vorlauf der Maschine) bis die Vorderkantenhöhe um 40 % der zuvor anhand von CT-Scans bestimmten Höhe reduziert ist. Hierfür wurden optische Marker an der Vorderkante genutzt. Die Distanz dieser Marker wurde auf 60 % der ursprünglichen Werte reduziert. In vorausgegangenen Studien wurde eine deutliche Reexpansion der Wirbelkörper nach Entfernung der Last beobachtet (Spontanreponierung durch viskoelastische Rückfederung). Um diese Spontanreponierung zu reduzieren, wurde die Traverse nach Erreichen der Fraktur für 15 Minuten angehalten. Nach 15 Minuten wurde die Kraft auf 100 N verringert. In dieser Position wurden die Wirbelkörper mit einer eigens dafür konstruierten röntgendurchlässigen Apparatur fixiert. Durch diese Halterung war es möglich, CT-Scans unter Vermeidung der viskoelastischen Rückfederung der belasteten Wirbelkörper durchzuführen. Nach Computertomografie wurden die zuvor beschriebenen Messverfahren erneut durchgeführt (Abb. 1). Die Daten wurden in das hauseigene PACS-System überführt und alle Messwerte wurden in der mitt-sagittalen Ebene erhoben (Agfa
Healthcare Impax EE CD Viewer).

Kurzbeschreibung der
OP-Techniken

Ballon-Kyphoplastie (Kyphon, Medtronic)

Alle Arbeitsschritte erfolgen unter Bildwandlerkontrolle. Bei der Ballon-Kyphoplastie werden 2 als Führungsdraht dienende Kirschner-Drähte beidseits transpedikulär über Jamshidi-Nadeln eingebracht. Nach Einsetzen zweier Arbeitstrokare werden 2 aufblasbare Ballons in den frakturierten Wirbelkörper eingebracht. Beide Ballons werden nach Lagekontrolle simultan mit Kontrastmittel dilatiert. Hierdurch werden durch Verdrängung, insbesondere der Spongiosa, 2 Kavitäten geschaffen. Die Ballons werden im Anschluss entleert und entfernt. Der Hohlraum wird im Anschluss mit PMMA-Zement (KyphX HV-R High Viscosity, Radiopaque Bone Cement) den Herstellerempfehlungen entsprechend gefüllt.

SpineJack (Vexim)

Der Zugang in den Wirbelkörper erfolgt beim SpineJack identisch zur Ballon-Kyphoplastie. Nach Einbringen zweier Kirschner-Drähte wird über diese Drähte bis in den Wirbelkörper aufgebohrt und 2 Arbeitskanäle positioniert. Nach Ausfräsen mit einer Handfräse wird ein der Größe des Implantats entsprechender Platzhalter eingebracht und die Position unter radiologischer Kontrolle verifiziert. Der Platzhalter wird beidseits durch SpineJacks ersetzt, deren Lage erneut radiologisch in 2 Ebenen kontrolliert wird. Das Implantat wird so positioniert, dass es in kranio-kaudaler Richtung geöffnet werden kann. Das simultane, sequenzielle Öffnen des SpineJack wird ebenfalls radiologisch kontrolliert. Nach Öffnen des Implantats wird das Expansions-Instrumentarium entfernt und der Wirbelkörper mit Zement augmentiert (Cohesion, Vexim).

Instrumentation

Alle Operationen wurden von einem Operateur unter Verwendung eines Bildverstärkers durchgeführt. Die Positionierung der Kirschner-Drähte erfolgte unter radiologischer Kontrolle in 3 Ebenen (anterior-posterior, lateral and kranio-kaudal) durch entsprechendes Drehen der „geklammerten“ Wirbelkörper unter dem Bildwandler.

Wie zuvor beschrieben, wurden die Wirbelkörper nach Fraktur und Reduktion der Last auf 100 N in einer röntgendurchlässigen Klammer (siehe Abb. 1) fixiert. Im Anschluss an die Computertomografie wurden die Kirschner-Drähte positioniert und die „geklammerten“ Wirbelkörper in den dafür konstruierten Belastungsrahmen überführt. Dieser Rahmen erlaubte eine radiologische Kontrolle in 2 Ebenen unter Belastung von 100 N (Abb. 3). Die axiale Kraft wurde erneut auf der mittleren Sagittal-Ebene am Ende des vorderen Viertels des Wirbelkörpers zentriert. Nach Überführung in den Belastungsrahmen und Belastung mit 100 N wurde die Klammer entfernt. Die Kraft von 100 N wurde kontinuierlich während des gesamten Verfahrens bis zum kompletten Aushärten des Zements belassen. Alle Verfahren wurden durch den gleichen Operateur durchgeführt. Die Ballons und SpineJacks wurden entsprechend klinischer Einschätzung des Operateurs dilatiert bzw. geöffnet. Ein genauer Endpunkt der Expansion konnte, entsprechend der klinischen Praxis, nicht definiert werden. Nach komplettem Aushärten des Zements wurde die Klammer erneut geschlossen, und eine postoperative Computertomografie schloss sich an.

Um ein relevantes Ergebnis zu erzielen, wurde auch bei der Zementaugmentation die klinische Einschätzung des Operateurs als Grundlage zum Beenden der Augmentation genutzt. Ziel der Sudie war es, den Unterschied der beiden Verfahren hinsichtlich intraoperativer Höhenrekonstruktion zu untersuchen. Daher wurde bei Zementaugmentation in dieser Studie versucht, den Wirbelkörper mit so viel Zement wie möglich zu füllen, um Repositionsverluste vor der CT zu vermeiden. Hartes Abbruchkriterium für die Zementaugmentation war die beobachtete Zementleckage.

Ergebnisse

Für alle untersuchten Parameter wurden die Ergebnisse als Mittelwert und Standardabweichungen (± SD) angegeben. Gruppenunterschiede mittels Wilcoxon-Mann-Whitney-Test oder Student’s T-Test mit einem Signifikanzniveau von p < 0,05 ausgedrückt.

Bei allen Wirbelkörpern konnten Keilkompressionsfrakturen generiert werden. Entsprechend der AO/OTA-Klassifikation lagen ausschließlich Typ-A Frakturen vor [13]. Die durchschnittliche Kraft, die zur Fraktur führte, betrug 2784,2 N (range 1444,7–4879,6 N; ± 937,01). Der durchschnittliche anteriore Höhenverlust betrug 7,88 (± 2,40 mm) in der BKP- und 7,34 ± 1,22 mm in der SJ-Gruppe. Die Werte wurden zusätzlich als Prozentwerte der ehemaligen unfrakturierten Höhen angegeben (Abb. 4 und Tab. 1). Es lag kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen vor (p = 0,495). Alle chirurgischen Interventionen konnten ohne technische Probleme durchgeführt werden. Das Equipment für beide Verfahren funktionierte ebenfalls ohne technische Schwierigkeiten.

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