Übersichtsarbeiten - OUP 02/2016

Vermeidbare Fehler in Hüft- und Kniegelenkendoprothetik aus der Praxis des Medizinischen Sachverständigen
Nach einem Kurzvortrag auf der 63. Jahrestagung der VSOUBased on a paper for the 63rd VSOU-Congress

Das Management von Komplikationen im Anschluss an die Knieendoprothetik ist von großer Bedeutung. Eine periprothetische Fraktur nach einer Narkosemobilisation ist zum einen vermeidbar, zum anderen kann ihr gegebenenfalls zügig sowie unter Erhalt der liegenden Endoprothese begegnet werden (Abb. 9a–c).

Ein Poplitealarterienverschluss während oder kurz nach einer Knieendoprothese ist in aller Regel schicksalhaft (Abb. 10a–b). Hinsichtlich der Folgen kommt es dabei aber in besonderem Maße auf das Notfallmanagement an. Wenn Fußpulse nicht getastet werden und eine Reperfusion sich aus organisatorischen Gründen verzögert, sodass schließlich ein Kompartmentsyndrom entsteht, das trotz mehrfacher Folgeeingriffe zu einem dauerhaften, funktionellen Defizit führt, dann handelt es sich dabei um durchaus vermeidbare Komplikationen.

Zusammenfassung

Die Endoprothetik an Hüft- oder Kniegelenk ist kein Anfängereingriff. Viele der hier dargestellten Komplikationen wären bei einer ausreichenden Expertise des Operateurs vermeidbar gewesen. Die präoperative Risikoaufklärung hat umfassend zu erfolgen – sowie gegebenenfalls unter Hinweis auf individuelle Gefahren, die in den einschlägigen Standardformularen eventuell nicht aufgeführt sind. Der primäre Gelenkersatz kann weitgehend vereinheitlicht werden. Von jenem „Pfad der Tugend“ [4] sollte allenfalls in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden. Indikationsstellung, Aufklärung, Durchführung der Operation, Röntgendurchleuchtung auf dem Operationstisch und Nachbehandlung haben mit der gebotenen Sorgfalt zu erfolgen – wobei jeder dieser einzelnen Schritte zu dokumentieren ist. Herstellervorgaben für die verwendeten Endoprothesenkomponenten sind zu beachten. Sofern es dennoch zu intra- bzw. perioperativen Komplikationen kommt, muss zügig und zielgerichtet gehandelt werden.

Interessenkonflikt: Keine angegeben

Korrespondenzadresse

Dr. med. Jürgen Hettfleisch

Darmstädter Straße 29

64331 Weiterstadt

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Literatur

1. AWMF-Leitlinie Endoprothese bei Gonarthrose, Registernummer 012 – 008, Stand: 01.06.2009 (in Überarbeitung), gültig bis 30.06.2014.

2. Bundesärztekammer: Statistische
Erhebung der Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen für
das Statistikjahr 2013. Berlin, 23.06.2014

3. Claes L, Kirschner P, Herker C, Rudert M (Hrsg.): AE-Manual der Endoprothetik. Heidelberg: Springer Verlag, 2012

4. Fuhrmann R. Fehlerursachen bei der Implantation von Hüftendoprothesen. Pressekonferenz der Bundesärztekammer, Berlin 11.06.2009

5. Hoffmeister HM, Bode C, Darius H, Huber K, Rybak K, Silber S, Unterbrechung antithrombotischer Behandlung (Bridging) bei kardialen Erkrankungen. Kardiologe 2010; 4: 365–374

6. Kraft C: Aktueller Stand der Knieendoprothetik. https://www.aekno.de/downloads/ aekno/iqn-arthroskopie03.pdf; Vortrag für die Ärztekammer Nordrhein, Köln 30.03.2011

7. Nandi S, Aghazadeh M, Talmo C, Robbins C, Bono J: Perioperative clopidogrel and postoperative events after hip and knee arthroplasties. Clin Orthop Rel Res 2012; 470: 1436–1441

Fussnoten

1 medexpert, Begutachtung des Stütz- und Bewegungsapparates, Darmstadt-Weiterstadt

2 Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität, Mainz

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