Übersichtsarbeiten - OUP 06/2016

Wertigkeit der intraoperativen Röntgenkontrolle in der primären Hüftendoprothetik

Lennard Loweg1, Karl Philipp Kutzner1, Philipp Rehbein1, Herbert Stephan1, Joachim Pfeil1, Michael Schneider1

Zusammenfassung: Eine intraoperative Röntgenkontrolle während einer Hüft-TEP Implantation ist bisher kein Standard in Deutschland. Im Rahmen einer prospektiven Studie wurde überprüft, ob sich dadurch Änderungen in Bezug auf Auswahl, Größe und Positionierung der Prothesenkomponenten ergaben. Nach Implantation der definitiven Pfannenkomponente erfolgte mindestens eine intraoperative Röntgenkontrolle im Rahmen der Probereposition mit Raspel, Probehals und Probekopf. Die Prothesenkomponenten sowie die resultierende Beinlänge bzw. das resultierende Offset wurden beurteilt und entsprechende Änderungen durchgeführt. Die Häufigkeit bzw. Gründe der intraoperativen Änderungen und die entsprechenden Korrekturmaßnahmen wurden dokumentiert und analysiert.

Die Ergebnisse zeigen, dass die intraoperative Röntgenkontrolle für die Dimensionierung und Positionierung vor allem der Schaftkomponente entscheidend ist, Fehlimplantationen verhindern kann und dementsprechend aus unserer Sicht unverzichtbar ist.

Schlüsselwörter: intraoperative Röntgenkontrolle, Hüft-TEP, Kurzschaft

Zitierweise
Loweg L, Kutzner KP, Rehbein P, Stephan H, Pfeil J, Schneider M: Wertigkeit der intraoperativen Röntgenkontrolle in der primären
Hüftendoprothetik.
OUP 2016; 6: 334–338 DOI 10.3238/oup.2016.0334–0338

Summary: Intraoperative radiography during total hip arthroplasty (THA) is not a standard procedure in many hospitals. We present the preliminary results of a prospective study to ascertain the advantage of intraoperative radiographs with respect to choice and positioning of prosthetic components. In the course of trial reposition of the rasp, trial neck and trial head with final cup already inserted, at least one intraoperative radiograph was assessed. Mechanical failure of THA is multifactorial and depends on positioning, size, resulting limb-length and offset. Adjustments were done in accordance with the radiological findings and indications documented respectively. Our data suggests that intraoperative radiography is essential for sizing and positioning, especially of the stem and helps to prevent malalignment.

Keywords: intraoperative radiography, THA, short-stem

Citation
Loweg L, Kutzner KP, Rehbein P, Stephan H, Pfeil J, Schneider M:
Intraoperative radiography in primary total hip arthroplasty.
OUP 2016; 6: 334–338 DOI 10.3238/oup.2016.0334–0338

Einleitung

Die Hüftendoprothetik gehört zu den erfolgreichsten Operationen der letzten Jahrzehnte [1]. Heutzutage stellt die Implantation von Hüftprothesen eine Standardoperation dar [2]. Gerade in den letzten Jahren haben immer neue Entwicklungen im Materialbereich, Prothesendesign sowie die Etablierung minimalinvasiver Zugänge dazu beigetragen, die Ergebnisse stetig zu verbessern [3]. Gleichzeitig ist die Indikationsstellung zunehmend auf junge und aktive Patienten ausgeweitet worden und der Anspruch dieser Patienten in Bezug auf die Hüftgelenkfunktion sowie das postoperative Aktivitätsniveau ist deutlich gestiegen [1].

Im Zuge der Entwicklung der letzten Jahre haben kalkar-geführte Kurzschaftprothesen zunehmend an Bedeutung gewonnen [4, 5]. Diese haben, im Vergleich zu den konventionellen und langjährig erprobten Geradschaftprothesen, zum Ziel, eine knochensparende und weichteilschonende Operation zu ermöglichen. Zusätzlich ist auf Grund des Designs dieser Implantate eine individuelle Positionierung des Schafts in einer großen Bandbreite von Varus- bzw. Valgus-Stellungen möglich [6].

Die Rekonstruktion der individuellen Anatomie des Hüftgelenks besitzt in diesem Zusammenhang eine große Bedeutung [6]. Eine adäquate Wiederherstellung des femoro-azetabulären Offsets sowie der Beinlänge bzw. einer gewünschten intraoperativen Korrektur von anatomischen Varianten oder Pathologien, hängt entscheidend von der präzisen Positionierung der Implantatkomponenten ab [7].

Es herrscht heutzutage ein breiter Konsens, dass eine moderne und erfolgreiche Hüftendoprothetik eine präoperative Planung erfordert (Abb. 1). Eine präoperative zweidimensionale, digitale Planung gehört heute flächendeckend zum Standard [8, 9]. Sie ermöglicht es, präoperativ die individuelle Anatomie des Patienten zu berücksichtigen und mögliche intraoperative Probleme bereits vor der Operation zu erkennen und zu adressieren. Beinlängendifferenzen oder unerwünschte Veränderungen des Offsets sollen so vermieden werden [9].

Um die präoperative Planung intraoperativ mit dem nach der Probereposition erreichten Ergebnis abzugleichen, besteht die Möglichkeit einer intraoperativen Kontrolle mittels Bildverstärker [10]. Bis heute wird die intraoperative Röntgenkontrolle jedoch nicht regelhaft genutzt. Vor allem der Zeitaufwand stellt ein häufiges Argument dar.

In einer prospektiven Studie wurde erfasst, ob sich durch eine intraoperative Röntgenkontrolle Änderungen in Bezug auf Auswahl, Größe und Positionierung der Prothesenkomponenten ergeben. Die Häufigkeit bzw. Gründe der intraoperativen Änderungen und die entsprechenden Korrekturmaßnahmen wurden analysiert.

Methoden

In der vorliegenden prospektiven, monozentrischen Studie wurden 120 konsekutive Hüft-TEP-Implantationen eingeschlossen, durchgeführt im Februar und März 2016 im St. Josefs-Hospital Wiesbaden. Alle Patienten gaben präoperativ ihre schriftliche Einverständniserklärung zur Teilnahme an der Studie. Ein Ethikvotum der zuständigen Ethikkommission lag vor Beginn der Studie vor.

Die Operationen wurden von 10 erfahrenen Haupt- oder Senior-Hauptoperateuren im Rahmen eines zertifizierten Endoprothesenzentrums der Maximalversorgung durchgeführt.

Präoperativ wurde eine standardisierte tiefe Beckenübersichtsaufname mit einer 30-mm-Planungskugel angefertigt, um eine genaue präoperative Skalierung der 2-dimensionalen Planung zu gewährleisten. Die präoperative Planung erfolgte mittels mediCAD Classic Software (Version 3.50.0.1, Firma Hectec).

Alle Operationen wurden über einen minimalinvasiven, modifizierten anterolateralen Zugang in Rückenlage durchgeführt [11].

Es wurde ausschließlich die kalkar-geführte Kurzschaftprothese Optimys (Fa. Mathys, Bettlach, Schweiz) implantiert. Es handelt sich um einen Kurzschaft der neuesten Generation. Der Schaft verfügt über 2 Offset-Varianten (Standard Offset und laterales Offset), wobei die laterale Variante das Offset um 5 mm vergrößert, ohne die Beinlänge zu verändern. Für beide Offsetvarianten liegen 12 verschiedene Prothesengrößen vor.

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