Arzt und Recht - OUP 01/2019

Wirtschaftliche Aufklärungspflicht gegenüber dem Privatpatienten
GOÄ-Abrechnung

Allerdings soll mit diesem Artikel die Sensibilisierung für alltägliche Leistungen in der Orthopädie und Unfallchirurgie erreicht werden, bei denen die Ausgangssituation im Hinblick auf die PKV-Erstattung nicht konstant klar ist. Beispielhaft seien – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – die ACP-Therapie, Orthokin-Therapie, Magnetfeldresonanztherapie, Stoßwellentherapie (indikationsabhängig), sämtliche Injektions- und Infusionstherapien (abhängig von den jeweils zu applizierenden Arzneimitteln und/oder Medizinprodukten) erwähnt.

Für den Fall, dass auf Seiten des Behandlers Zweifel an der Erstattungsfähigkeit aufkommen, sollte im ureigenen Interesse unbedingt darauf geachtet werden, dem Patienten einen „Kostenvoranschlag“ in Textform vor Beginn der Behandlung zur Verfügung zu stellen, zu übergeben und dies ausreichend zu dokumentieren bzw. sich den Erhalt durch Unterschrift des Patienten bestätigen zu lassen.

Konsequenz des Unterlassens einer erforderlichen wirtschaftlichen Aufklärung in Textform ist schließlich, dass der Patient die Behandlungsrechnung nicht wird bezahlen müssen. Die juristische Herleitung hierzu ist unterschiedlich, jedoch im Ergebnis gleich. Nach einer – nach Auffassung des Verfassers – abzulehnenden Ansicht steht dem Patienten wegen Nichtigkeit des Behandlungsvertrags ein bereicherungsrechtlicher Anspruch gegen den Arzt in Höhe des geltend gemachten Rechnungsbetrags zu. Diese Ansicht verkennt jedoch, dass der Behandlungsvertrag gerade nicht nichtig ist, sondern der Behandler es lediglich unterlassen hat, eine ihm obliegende Informationspflicht zu erfüllen. Die Wirksamkeit des (Behandlungs-)Vertrags vermag dies aber nicht zu beeinflussen.

Die Rechtsprechung indes nimmt aufgrund der unterlassenen wirtschaftlichen Aufklärung einen Schadenersatzanspruch des Patienten in Höhe des Rechnungsbetrags an, mit dem der Patient gegen den Zahlungsanspruch des Behandlers in voller Höhe aufrechnen kann.

Da das Gesetz Textform (§ 126b BGB) und nicht Schriftform (§ 126 BGB) vorsieht, bedarf es bei der Erstellung des „Kostenvoranschlags“ weder einer eigenhändigen Unterschrift noch einer elektronischen Signatur. Es genügt, dass die Nachricht den Namen des Erklärenden enthält. Auch eine SMS oder Whatsapp-Nachricht würde an dieser Stelle ebenso ausreichend sein wie eine E-Mail.

Fazit

Auch wenn insoweit eine gewisse vereinfachte Bearbeitung bzw. vereinfachte Erstellung der Angaben zur voraussichtlichen Höhe der zu erwartenden Kosten gegeben ist, muss an dieser Stelle noch herausgestellt werden, dass ein nur allgemeiner Hinweis auf die mögliche Nichtübernahme der Kosten durch die PKV nicht ausreichend sein kann7 . In Anbetracht des § 5 GOÄ in Verbindung § 10 GOÄ ist eine Pauschalierung der zu erwartenden Kosten wohl unzulässig. Vielmehr ist – wie auch bei der Berechnung der voraussichtlichen Kosten im Vorfeld einer IGe-Leistung bei GKV-Patienten die Abrechnungsziffer, der Leistungstext und die Faktorisierung bestmöglich aufzuführen und – sofern erforderlich – angemessen zu antizipieren.

Es ist dringend angeraten, für standardisierte, wiederkehrende Behandlungsformen Vordrucke zu verwenden, um im medizinischen Alltag den Workflow gewährleisten zu können. Auch besteht die Möglichkeit, Patienten auf den „schriftlichen Kostenvoranschlag“, also die wirtschaftliche Aufklärung, verzichten zu lassen (§ 630c Abs. 4 BGB). In diesem Fall sollten Patienten den Verzicht zu Beweiszwecken unbedingt unterschreiben.

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Rechtsanwalt Heiko Schott

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Heiko Schott: Kanzlei Schmelter & Schott, Gelsenkirchen

1 Lang § 1 GOÄ Rn. 15; Brück § 1 GOÄ Anm. 7.1; Uleer/Miebach/Patt § 1 GOÄ Anm. 2.2

2 BT-Drucks 17/ 10488 vom 15.08.2012, S. 22 3 BT-Drucks 17/ 10488 vom 15.08.2012, S. 22

4 Vgl. Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 5. Aufl. 2018, P30

5 So zutreffend: Spickhoff/Spickhoff, 3. Aufl. 2018, BGB § 630c Rn. 36

6 So insb. Rehborn, MDR 2013, 497, 500.

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